This comparative study examines the emergence and political significance of lunatics' rights activism in Europe between 1870 and 1920. In writing the history of the criticism of psychiatry, scholars have so far mainly focused on the second half of the twentieth century. This chapter, however, shows that the decades around 1900 already saw a widespread criticism 'from below' accompanying the professionalisation and modernisation of European psychiatry. The comparative analysis of the careers of two key campaign leaders, Louisa Lowe (1820–1901) in England and Adolf Glöklen (1861–c.1935) in Germany, reveals the similarities and differences in their motives, ways of campaigning, mobilisation success and political agency at the individual and collective level. Drawing on concepts from the political sociology of social movements and disability history, the chapter highlights the connections between early lunatics' rights activism and socio-historical categories like 'class', 'gender' and 'body' and identifies these campaigns as political predecessors of the contemporary consumer/survivor/ex-patient movement.
Friedrich Krauß (1791–1868) is the author of "Nothschrei eines Magnetisch- Vergifteten" (A Cry of Distress by a Victim of Magnetic Poisoning) which was published in 1852. In the history of psychiatry this thousand-page work was considered to be the most comprehensive 19th century self-description of a partly psychotic experience written in the German language. Recently discovered sources reveal a hitherto unknown side of the author: employed as a chancery clerk from 1812 onwards, Krauss published two portfolios of calligraphy in 1822 and in 1849. Particularly the 1822 collection bears clear evidence of his typical fears of being manipulated. We will summarize the current state of biographical research on Krauss while also analyzing his calligraphic work with respect to the author's aesthetic production in the context of the general socio-cultural significance of calligraphy. Up until now the then popular theory of "animal magnetism" was considered to be Krauß' primary point of reference. With our approach we will establish new links, especially with the esoteric and occultist literature of those days. The calligraphic artwork enables a broader perspective on Krauss and his oeuvre, for instance with respect to preliminary psychodynamic hypotheses on the triggering erotic conflict and his personality as well as to the compensatory social role of calligraphy in his life.
Mit dem Projekt "Zukunft im Alter" wurde 2001 in Berlin-Steglitz ein mobiler psychologischer Beratungsdienst für Menschen über 60 ins Leben gerufen. In dieser Fachpublikation werden die Erfahrungen aus diesem Projekt zusammengefasst. Das Buch ist in 2 Teile gegliedert. Der 1. Abschnitt widmet sich Theorie und Praxis der Beratungsarbeit und führt in diesem Zusammenhang in das Konzept der "verstehenden Beratung" ein, liefert theoretische Grundlagen und stellt die aktuelle Projektarbeit vor. Diverse Fallbeispiele verdeutlichen das Spektrum möglicher Krisen und notwendiger Intervention. Im 2. Teil werden auf 30 Seiten einige auf einer Fachtagung gehaltene Beiträge abgedruckt. Zielgruppe der Veröffentlichung sind Mitarbeiter der Gemeindepsychiatrie, der Altenhilfe und der sozialen Arbeit. (3)
Die Autoren lehren an der Hochschule Niederrhein. Prof. Dr. Dieter Wälte ist Psychologischer Psychotherapeut und lehrt Klinische Psychologie und Persönlichkeitspsychologie. Prof. Dr. Michael Borg-Laufs ist Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeut, Psychologischer Psychotherapeut und lehrt Theorie und Praxis psychosozialer Arbeit mit Kindern. Prof. Dr. Burkhart Brückner ist Psychologischer Psychotherapeut und hat in der Lehre den Schwerpunkt Sozial- und Gesundheitspsychologie.
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In: Die Natur der Gesellschaft: Verhandlungen des 33. Kongresses der Deutschen Gesellschaft für Soziologie in Kassel 2006. Teilbd. 1 u. 2, S. 1602-1609
"Der Vortrag beschreibt ein Konzept zur Analyse von historischen, autobiographischen Dokumenten, in denen die Autoren über selbst erlebte Erfahrungen des 'Deliriums' und des Wahns berichten. Grundlage ist eine aktuelle Studie (Brückner 2006) über 121 Fälle von psychischen Grenzerfahrungen aus dem europäischen Raum seit der Antike bis 1900. Das methodische Design soll vorgestellt werden und wird mit Fallvignetten aus dem 18. und 19. Jahrhundert illustriert. Im Zentrum steht eine methodologisch und kulturhistorisch begründete Argumentation für die Realisierung der Subjektperspektive in der Psychiatriegeschichte. Die medizingeschichtliche Biographieforschung zielt traditionell entweder auf die Viten 'großer' Ärzte oder auf die Pathographien 'berühmter' Persönlichkeiten. Erst in den letzten 25 Jahren haben sich auch patientengeschichtliche Untersuchungen durchgesetzt (vgl. Porter 1987). Um die Sichtweise der historischen Subjekte von Krankheitserfahrungen zu erschließen, bieten sich Selbstzeugnisse und persönliche Dokumente als empirisches Material an. Mit dem inhaltlichen Fokus auf das Gebiet der Psychosen und speziell auf die Erfahrung des Wahns, kann die Perspektiventriangulation zum kritischen Leitprinzip einer gültigen und zuverlässigen Auswahl der subjektiven Texte werden. Im Kern handelt es sich um eine qualitative Stichprobenziehung; charakteristisch dafür ist die ständige Verfeinerung der Auswahlkriterien im laufenden Forschungsprozess durch die Wechselwirkung zwischen Einzelfallrekonstruktion, Hypothesenbildung und Stichprobenerstellung. Am Anfang stehen begriffsgeschichtliche Untersuchungen: Wahnphänomene wurden vor dem 19. Jahrhundert noch nicht mit dem heute geläufigen, psychiatrischen Wahnbegriff bezeichnet, sondern seit dem 16. Jahrhundert mit dem umfassenden Begriff des 'Deliriums'. Zu kurz griffe nun eine Selektion des Materials am Maßstab von heutigen diagnostischen Kriterien (retrospektive Diagnostik) oder aber allein am Maßstab der früheren historischen Begrifflichkeiten, ersteres würde die historischen Bedeutungsgehalte 'präsentistisch' unterschlagen, letzteres würde Erkenntnisfortschritte 'kontextualistisch' nivellieren. Demgegenüber gilt es, die Sichtweise der Autoren, das Urteil ihrer nahen Zeitgenossen und die heute möglichen Interpretationen systematisch zu vergleichen, um entscheiden zu können, ob ein Text relevante Passagen enthält und damit zur Stichprobe gehört oder nicht. Die Quellen sollten zudem weiteren Gütekriterien genügen. Die Untersucherperspektive geht als Expertenperspektive in die Beurteilung ein. Dabei kommt es nicht darauf an, zu entscheiden, ob eine bestimmte Person tatsächlich krank war, sondern darauf, entsprechende Hypothesen methodengeleitet zu produzieren und die Kriterien zu explizieren. Auf diese Weise kann eine heterogene Vorauswahl von fraglichen Texten in eine vergleichbare Stichprobe überführt werden, die dann weiter untersucht werden kann, etwa hinsichtlich der sozialen Bedingungen des Schreibens, der subjektiven Krankheitstheorien der Autoren, ihres Sprachverhaltens oder ihrer Bezüge auf die zeitgenössische Theoriebildung." (Autorenreferat)