Buch(elektronisch)2011

Viktor Franz Freiherr von Andrian-Werburg: Österreich wird meine Stimme erkennen lernen wie die Stimme Gottes in der Wüste, Tagebücher 1839–1858, Band 1: Einleitung Tagebücher 1839-1847

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Abstract

Viktor Franz Freiherr von Andrian-Werburg (1813-1858) was and still is primarily known as the author of Österreich und dessen Zukunft, the most important programmatic brochure of the estatist opposition in the late Vormärz. But it is almost unknown, that he kept a diary for most of his adult life. These diaries are now presented in a scholarly edition.
Between the first entry of 20 October 1839 and the last surviving entry of 10 March 1858 lie 19 years which transformed Andrian from a young subordinate public servant in Northern Italy, Istria and Vienna to the idol of the Vormärz opposition, from a respected member and vice-president of the National Assembly in Frankfurt and German envoy in London to the proscribed demolisher of the pre-revolutionary paradise, from the advisor of the Austrian politicians in the years past 1849 to the member of the boards of capitalist railway companies in the 1850s. Throughout this whole time, Andrian saw himself as an unrecognized genius who could have rescued society from the oppression and stagnancy of the Vormärz and from the chaos of the revolution and lead it towards a better future. During all these years, the diaries show a mixture of private and public events. Reflections on family, friends, and personal developments are blended with statements and reflections on politics and policy and Andrian's own role in public life. While focus and denseness of the entries change along with Andrian's private and political situation, at center stage is always the interest in the developments in Austria and her future constitution in close connection with his personal conditions. It is this interaction between public interest and private experience that make the Andrian diaries one of the most impressive private sources on Austrian history from the Vormärz through the revolutionary years of 1848/49 well into the last years of the Neoabsolutism.
Narratives about financial problems and strategies for a solution, for example through a rich marriage, alternate with analyses of internal and foreign politics and plans on the re-creation of Austria. Phases of active political involvement change with periods of voluntary and enforced retreat. Therefore, there are entries on discussions with leading politicians and court dignitaries and on audiences with Emperor Francis Joseph as well as accounts of journeys from Helgoland to Rome, from the French Atlantic coast to the South of Egypt. But the central aspect is always the interplay between private experience and public influence.
Viktor Andrian felt to be a born leader, not a subordinate, and believed that he could wait for the moment when he was called to lead. Therefore he remained, with the exception of the revolutionary period of 1848/49 when he got actively involved in politics, an observer, adviser and critic at the fringes, waiting for the moment when the reins of power would fall to him. Although he realized in his later years that this was an illusion, Andrian was complacent with his personal development: "Thank God, I never had to blame myself for wicked, vicious things."
This edition in three volumes contains the annotated diary entries, an introduction on Viktor Andrian's life and works, an account of the history of the diaries, and, for the first time, a complete listing of Andrian's publications. Numerous excerpts from Andrian's preserved correspondence in the commentary complement and broaden the diaries. An annotated index refers to more than 2.800 persons mentioned in the entries. - Viktor Franz Freiherr von Andrian-Werburg (1813-1858) war und ist vor allem als Autor der bedeutendsten Programmschrift der ständischen Opposition des späten Vormärz, Österreich und dessen Zukunft bekannt. Kaum bekannt ist, dass er Zeit seines erwachsenen Lebens Tagebuch geführt hat. Nunmehr liegen seine gesamten erhaltenen Tagebücher in einer wissenschaftlichen Edition vor.
Zwischen dem ersten Eintrag vom 20. Oktober 1839 bis zum letzten erhaltenen Eintrag liegen 19 Jahre, die Andrian vom jungen subalternen Beamten in Norditalien, Istrien und Wien zum Idol der vormärzlichen Opposition, vom geachteten Abgeordneten und Vizepräsidenten der Frankfurter Nationalversammlung und deutschen Reichsgesandten in London zum geächteten Zerstörer des vorrevolutionären Paradieses, vom Berater österreichischer Politiker der Jahre nach 1849 zum Verwaltungsrat kapitalistischer Eisenbahngesellschaften der 1850er Jahre machten. Dabei sah sich Andrian als verkanntes Genie, das es in der Hand gehabt hätte, die Gesellschaft aus der Unterdrückung und dem Stillstand des Vormärz und dem Chaos der Revolution in eine bessere Zukunft zu führen. Während all dieser Jahre vermischen sich in den Tagebüchern private und öffentliche Ereignisse, Reflexionen über familiäre und freundschaftliche Verhältnisse und persönliche Entwicklungen mit politischen Aussagen und Betrachtungen über die eigene Rolle im öffentlichen Leben. Die Schwerpunkte und die Dichte der Einträge verändern sich je nach Andrians Lebenslage. Als Konstante bleibt aber das unmittelbare Interesse an der Entwicklung Österreichs und seiner zukünftigen Gestaltung in direkter Verbindung mit der eigenen Situation. Diese Wechselwirkung von öffentlichem Interesse mit persönlichem Erleben machen die Tagebücher so zu einer der eindrucksvollsten privaten Quellen zur österreichischen Geschichte vom Vormärz über die Revolution von 1848/49 bis zur Spätphase des Neoabsolutismus.
Schilderungen von finanziellen Problemen und Strategien zu ihrer Lösung, etwa durch eine reiche Heirat, wechseln mit Analysen der innen- und außenpolitischen Verhältnisse und Plänen zur Neugestaltung Österreichs. Phasen aktiven politischen Gestaltens wechseln mit Zeiten freiwilliger und erzwungener Zurückgezogenheit. Daher finden sich Einträge über Diskussionen mit führenden Politikern und höchsten Würdenträgern des Hofes bis hin zu Audienzen beim Kaiser ebenso wie Berichte von Reisen von Helgoland bis Rom und von der französischen Atlantikküste bis in den Süden Ägyptens. Zentral bleibt dabei immer das Wechselspiel zwischen privatem Erleben und öffentlicher Einflussnahme.
Viktor von Andrian fühlte sich zum Führer, nicht zum Untergebenen berufen und meinte, auf jenen Zeitpunkt warten zu können, an dem man ihn rufen müsste. So blieb er mit Ausnahme des Jahres 1848, als er für kurze Zeit aktiv in das politische Geschehen eingriff, ein Beobachter, Ratgeber und Kritiker von außen, der auf den richtigen Zeitpunkt wartete, an dem ihm die Zügel der Macht zufallen sollten. Obwohl er sich in seinen letzten Lebensjahren bewusst war, dass es sich hierbei um eine Illusion handelte, war Andrian mit dem Verlauf seiner persönlichen Entwicklung zufrieden: "Schlechtes, Gemeines habe ich Gottlob mir nie vorzuwerfen gehabt."
Die dreibändige Edition enthält neben dem kommentierten Text der Tagebücher eine Einleitung zu Leben und Werk Viktor von Andrians, eine Darstellung der Überlieferung der Tagebücher sowie erstmals ein exaktes Werkverzeichnis Andrians. Ergänzt und erweitert wird das Tagebuch durch zahlreiche Auszüge aus seinem erhaltenen Briefwechsel im Kommentar. Erschlossen ist die Edition durch ein kommentiertes Personenregister mit über 2.800 Einträgen.

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