Aufsatz(gedruckt)1975

Anthropologie am Scheideweg

In: Leviathan: Berliner Zeitschrift für Sozialwissenschaft, Band 1975, Heft 2, S. 213-234

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Abstract

Der Anthropologe, wie auch seine Objekte sind gegenwärtig der imperialen Zivilisation ausgesetzt. Der Anthropologe ist in dreifacher Hinsicht entfremdet: in der Zivilisation, in der er lebt, durch seinen Beruf und durch die Beziehung zu seinen Untersuchungsobjekten. Diamond definiert daher in Anschluß an Levi-Strauss den Anthropologen als Entropologen. Gegenstand seiner Untersuchung ist die Behauptung von Levi-Strauss, daß das Ziel der Anthropologie nicht eine Selbsterkenntnis sein könnte. Er stellt die Auseinandersetzung von Levi-Strauss mit Ricoeur zu diesem Punkt dar und untersucht die Rolle, die der Erkenntnis von primitiven Gesellschaften seit der Aufklärung von den unterschiedlichen Positionen aus zugesprochen wurde. Die Veränderung des Menschenbildes der Primitiven vom 'edlen Wilden' zum Untermenschen wird von Diamond in Verbindung mit der gesellschaftlichen Entwicklung, vor allem mit der Kolonialisierung gesehen. Repräsentativ für das 18. Jahrhundert wird die Position Rousseaus untersucht.Die Theorie von Marx und Engels enthält Spuren einer Anthropologie, ohne daß Marx eine Ethnologie entwickelt hat. Diamond faßt Marx als Nachfolger Rousseaus in der Frage der Beziehung ursprünglicher Zustand und Zivilisation. Prägend für das 20. Jahrhundert ist in der Anthropologie der Relativismus, hervorragend vertreten durch Levi-Strauss. Die Perspektiven der Ethnologie liegen für Diamond in einer Rückbesinnung auf die Traditionen von Rousseau und Marx. Eine solche Ethnologie kann zur Rekonstruktion der Anthrologie beitragen, die dann nicht allein nur Selbstzweck wäre. (BG)

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