"Revolutionäre im Schlafrock" und "Instrumente des Klassenkampfes": Konsumgenossenschaften in der österreichischen Arbeiterbewegung bis 1914
In: Arbeiterbewegung in Österreich und Ungarn bis 1914: Referate des österreichisch-ungarischen Historikersymposiums in Graz vom 5. bis 9. September 1986, S. 216-226
Abstract
Die Anfänge des Genossenschaftswesens und seine Verbindung zur Arbeiterbewegung werden beschrieben, wobei Parteitagsprotokolle der Sozialdemokraten als Quelle dienten. Zwei konkurrierende Tendenzen konnten bei den ersten Selbsthilfegenossenschaften ausgemacht werden: die "kleinbürgerlich-restaurative", die die zunehmende Proletarisierung des Mittelstandes, der Kleingewerbetreibenden und Handwerker im aufstrebenden Kapitalismus verhindern will; und die "proletarisch-sozialistische", die Konsumvereine als Organe des Proletariats ansieht und auf diesem wirtschaftlichen Gebiet die kapitalistische Wirtschaftsordnung und ihre Auswirkungen mildern bzw. unterhöhlen will. Die ablehnende Haltung in den ersten Arbeitervereinigungen setzte sich auch in den Parteitagsdiskussionen der österreichischen Sozialdemokratie fort, erst 1903 gab es einen offiziellen Kurswechsel und seit 1909 galten die Konsumgenossenschaften als ein "gleichwertiger Hebel im Befreiungskampf der klassenbewußten Arbeiterschaft neben politischen und gewerkschaftlichen Aktionen". Da Konsumvereine einen beinahe ausschließlich von Frauen ausgeführten Bereich berühren, wurde auf Unverständnis, Desinteresse und Geringschätzung von "Frauenfragen" zu dieser Zeit innerhalb der organisierten Arbeiterbewegung Österreichs hingewiesen. (HRS)
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