Sammelwerksbeitrag(gedruckt)1992

Regelkreis und Steuerungssystem: institutionelle Politik und politische Individuen

In: Warum versagt unsere Politik?: Leistungsgrenzen politischer Institutionen in Deutschland, S. 157-187

Abstract

Der Autor erörtert die These, daß politische Institutionen heute nicht mehr in der Lage sind, offenkundig notwendige gesellschaftliche Weichenstellungen zu leisten und zur Lösung der entscheidenden Probleme beizutragen. Die Gründe werden allgemein - in Analogie zum Regelkreis in der Kybernetik - in einer doppelten Überforderung gesehen: (1) die Störgrößen sind zu umfangreich; (2) es gibt vermehrt Störungen, die außerhalb des Regelkreises liegen und somit von diesem nicht als Störungen erkannt werden können. Als konkrete Ursachen für die konstatierte Misere der politischen Institutionen nennt der Autor: (1) das Fehlen einer echten Gewaltenteilung in Deutschland; (2) unmittelbare Nähe und Verzahnung der Regierung mit der Bürokratie; (3) abnehmende Unterscheidbarkeit der politischen "Altparteien" (CDU, SPD, F.D.P.); (4) das Grundgesetz; (5) komplexer werdende Arbeitszusammenhänge und unüberschaubare Strukturen in politischen Institutionen. In der Folge übernehmen andere als die dafür vorgesehenen Institutionen die Neubestimmung gesellschaftlicher Zielvorgaben: (1) Justiz (Stichwort "Richterrecht"), insbesondere das Bundesverfassungsgericht; (2) Verbände, vor allem Wirtschaftsverbände; (3) Bürokratie. Eine Gefahr dieser Entwicklung wird darin gesehen, "daß die verfassungsmäßige Ordnung in Deutschland schleichend ausgehebelt wird". Als Konsequenzen empfiehlt der Verf. einerseits eine Angleichung der Verfassung an die Realitäten, jedoch nicht in Gestalt einer Festschreibung des kritisierten Zustands. Andererseits fordert er die Umwandlung äußerer Gefährdungen für das Gemeinwesen (z.B. Umweltproblematik) in Störgrößen innerhalb des Gemeinwesens (z.B. Einführung der Verbandsklage). Das Kernproblem, die Degenerierung der politischen Institutionen zu einem Regelkreis und ihr Verlust der politischen Steuerungskompetenz, sollte beseitigt werden. Der Handlungsspielraum politischer Individuen gegenüber politischen Institutionen sollte in mehrfacher Weise erweitert werden, wie auch der Impuls zur Neudefinition politischer Zielgrößen, wozu die politischen Institutionen in Deutschland nach Meinung des Autors längst nicht mehr in der Lage sind, von den politischen Individuen ausgehen müsse. (HA)

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