Appelle zu taktischem Wahlverhalten - effektive Werbung oder verfehlte Wahlkampfrhetorik?
In: Wirklich ein Volk?: die politischen Orientierungen von Ost- und Westdeutschen im Vergleich, S. 641-673
Abstract
Unter taktischem Wahlverhalten wird ein Verhalten verstanden, bei dem ein Bürger seine Stimmentscheidung nicht nur auf seine politischen Präferenzen stützt, sondern darüber hinaus die Erfolgsaussichten aller politischen Angebote einbezieht und auf Grund dieser Überlegungen gegen seine aktuelle Parteipräferenz votiert. Theoretisch bieten sich hier zwei erklärende Thesen an: die "wasted-vote-These", derzufolge ein Wähler seine Stimme keiner von vorne herein "verlorenen Sache" schenkt, und die "Stützstimmen"-These, derzufolge ein Wähler eine eigentlich nicht primär präferierte Partei aus taktischen Gründen ins Parlament "hievt". Am Beispiel der Bundestagswahl 1998, bei der Appelle zu einem taktischen Wahlverhalten im Vorfeld eine wichtige Rolle spielten, wird die Plausibilität dieser Thesen hinterfragt. Es zeigt sich, dass die Funktionsweise des Wahlsystems maximal der Hälfte der Wähler überhaupt bekannt ist, was die Bedeutung taktischen Wahlverhaltens stark einschränkt. Die Bedeutung taktischen Wahlverhaltens entsprechend der beiden überprüften Thesen kann, so das Fazit des Verfassers, als marginal gelten. (ICE)
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