Sammelwerksbeitrag(gedruckt)2006

Europa vor dem Sprung?: die europäische Rüstungsindustrie ist kein Papiertiger

In: Die Weltunordnung von Ökonomie und Krieg: von den gesellschaftlichen Verwerfungen der neoliberalen Globalisierung zu den weltumspannenden politischen Ansätzen jenseits des Casinokapitalismus, S. 188-204

Abstract

Der Verfasser zeigt, dass die Warnungen vor einem hoch gerüsteten EU-Europa durchaus eine reale Grundlage haben: in dem Willen der Regierungen der EU, den USA auch in militärischer Hinsicht "auf gleicher Augenhöhe" gegenübertreten zu können, in der Größe der zusammengefassten Militärhaushalte der 25 EU-Staaten, in der beachtlichen Stellung der EU-Rüstungsindustrie auf den internationalen Waffenmärkten und in den zahlreich vorhandenen Rüstungsproduktionskapazitäten in den EU-Staaten. Die heute schon recht ansehnlichen europäischen Rüstungsanstrengungen werden auch von neutralen Beobachtern und Analytikern "von außen" in der Regel ernster genommen bzw., höher bewertet als in Deutschland. Die europäische Rüstungsindustrie spielt, so der Autor, in der Weltliga der Waffenschmiede zwar nicht die erste Geige, hat aber in vielerlei Hinsicht ein gewichtiges Wort mitzureden. Einschätzungen, welche die europäische Rüstungsindustrie fast nur noch mitleidsvoll in der Vergangenheitsform erwähnen, haben sich selbst überlebt. Es wird argumentiert, dass der europäischen Rüstungsindustrie erstens die wieder ansteigenden Militärhaushalte der EU-Staaten entgegenkommen, die von der Industrielobby seit langem gefordert wurden. Zum zweiten befinden sich die meisten europäischen Armeen, insbesondere die deutsche Bundeswehr, auf dem Weg der Transformation von Verteidigungsarmeen zu Interventionsstreitkräften, die einer in großen Teilen neuen und neuartigen Ausrüstung, Bewaffnung und Logistik bedürfen. Drittens muss die Neuaufstellung und Ausrüstung europäischer Eingreiftruppen und der so genannten Battle Groups in Betracht gezogen werden. Viertens gibt es einen großen Umstrukturierungsbedarf bei Streitkräften und Bewaffnung der Neumitglieder der EU, die allerdings zu einem guten Teil im Rahmen der NATO und zu Gunsten US-amerikanischer Rüstungslieferanten verlaufen wird. Eine offene Frage bleibt, was aus den Rüstungsbetrieben und Beschäftigten in den mittel- und osteuropäischen Staaten wird. (ICG2)

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