Bestrafung der Armen?: zu Zusammenhängen zwischen Armut, Kriminalität und Strafrechtsstaat
In: Gerechte Ausgrenzung?: Wohlfahrtsproduktion und die neue Lust am Strafen, S. 111-129
Abstract
Der expressive Gebrauch der Freiheitsstrafe lässt sich weder als global-punitiver Trend interpretieren, noch verweist er auf einen kausalen Zusammenhang zwischen neoliberaler Politik und einer bestimmten Bestrafungspraxis. Die Unterschiede in der Nutzung der Freiheitsstrafe zeigen vor allem, dass es weder ein globales neoliberales Projekt der Reduzierung des Staates auf einen Strafrechtsstaat noch ein transnationales Netzwerk von Akteuren gibt, aus dem heraus ein solches Projekt betrieben würde. Eher ist die Entwicklung eines präventiven Sicherheitsstrafrechts zu konstatieren, für das die beständige Thematisierung von Sicherheitslücken charakteristisch ist und das sich auf Personengruppen konzentriert, deren gemeinsames Merkmal nicht mehr Armut ist, sondern die Zuschreibung des Risikos extremer Gewalt. Eine solche Kriminal- und Sicherheitspolitik trifft nur bedingt die Bedürfnisse der Öffentlichkeit, deren Angst und Ungewissheit eher einer Sorge um die Zukunft entspringen, in der die soziale Sicherheit - und damit die eigentliche Grundlage für alle anderen Sicherheiten - verloren geht. (ICE2)
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