Niedergang, Rückkehr oder Transformation?: Thesen zum Wandel des Staates
In: Renaissance des Staates?, S. 75-97
Abstract
Der Autor stellt fest, dass der Wandel des Staates häufig als zyklischer Prozess des Aufstiegs und Niedergangs beschrieben wird. Insofern könnte man die gegenwärtige Phase als "Renaissance" des Staates kennzeichnen. Tatsächlich spiegelt eine solche Beschreibung einen auf Macht und Durchsetzungsfähigkeit reduzierten Begriff des Staates wider. Der moderne Staat stellt jedoch eine komplexe Institutionenordnung dar, die der Schaffung wie der Begrenzung von Herrschaft dient. Diese Ordnung kann sich in ihren einzelnen Bestandteilen ungleichzeitig entwickeln, wobei die Dynamiken der gesellschaftlichen und der institutionellen Veränderungen immer Spannungen erzeugen. Mit zyklischen Modellen sind diese weder zu erfassen noch ihre Konsequenzen zu ermessen. Die Erklärung zum Wandel des Staates beruht auf einem institutionalistischen Verständnis und berücksichtigt zugleich gesellschaftliche Ursachen. Dazu wird einerseits auf die Theorie politischer Strukturierung zurückgegriffen. Andererseits kommen institutionentheoretische Ansätze zur Geltung, um Beharrungskräfte und Dynamiken der internen Strukturen des Staates zu identifizieren. Diese theoretischen Überlegungen sprechen dafür, den Blick von Niedergangs- und Wiederaufstiegsszenarien stärker auf die Herausbildung einer neuen Form von Staatlichkeit zu lenken. Der moderne Staat ist auf dem Weg zu einer multinationalen, verflochtenen Mehrebenenordnung. Eine derartige Herrschaftsordnung kommt allerdings nicht in allen Teilen der Welt in gleicher Weise zur Geltung - sie erfasst einzelne Staaten unterschiedlich -, und sie erzeugt erhebliche Spannungen in den Institutionen des demokratischen Verfassungsstaates. Eine politikwissenschaftliche Staatstheorie sollte diese Spannungen erkennen, indem sie die Mehrdimensionalität des Wandels angemessen begreift und analysiert. (ICF2)
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