Ethnizität als Fundament der Nation?: zur Kritik des ethnischen Gemeinsamkeitsglaubens
In: Staat und Nation: die Theorien der Nationalismusforschung in der Diskussion, S. 149-163
Die Nationen bedürfen der Legitimation durch sich selbst und durch andere, um in der politischen Wirklichkeit institutionell und funktionell prägend wirken zu können. Zur Herstellung einer solchen Formation von Legitimität integrieren nationale Identifikationsangebote eine Reihe von Faktoren, die identitäts- und sinnstiftend wirken und überdies der Nation die Aura des Sakrosankten verleihen sollen. Einen besonderen Stellenwert im Rahmen der Selbstlegitimation nationaler Politikkonzepte nimmt das Konzept der Ethnizität ein, also die Annahme, dass Nationen und Nationalstaaten auf ethnischen Grundlagen basieren. Im vorliegenden Beitrag wird versucht, die Annahme eines "ethnischen Gemeinsamkeitsglaubens" (Max Weber) als Fundament der Nation kritisch zu hinterfragen. Es wird verdeutlicht, dass durch die wissenschaftstheoretische Differenzierung zwischen essenzialistischen und konstruktivistischen Positionen in der Nationen- und Ethnizitätsdebatte die Möglichkeit eröffnet wird, eine über diese Dichotomisierung hinausweisende, ideologiekritische Position zu formulieren, die transparent werden lässt, warum ethnische Nationskonzepte auf der gegenwärtigen politischen Agenda so erfolgreich sind, obwohl sie lediglich auf der Basis eines gemeinsamen Glaubens basieren, der irrational ist und zu einer falschen Naturalisierung des Sozialen beiträgt. (ICI2)