Frauenarbeit im Kalten Krieg
In: Sozialwissenschaftliche Informationen: Sowi, Band 28, Heft 1, S. 13-21
ISSN: 0932-3244
"Seit Beginn des Kalten Krieges, also noch vor der Gründung der beiden deutschen Staaten, war die unterschiedlich hohe Einbeziehung von Frauen in das Erwerbsleben ein prominentes Thema deutsch-deutscher Auseinandersetzungen. Tatsächlich waren die differenten Frauenarbeitspolitiken nicht nur wirtschaftspolitisch, sondern ebenso geschlechter- und deutschlandpolitisch motiviert. Nur unter Berücksichtigung dieses komplexen zeitgenössischen Legitimationsgefüges läßt sich heute im Zeitalter von Quoten und anderen Anstrengungen der 'Frauenförderung' nachvollziehen, warum das Ideal der Hausfrauenehe im Westdeutschland der fünfziger Jahre eine so prominente Rolle spielen konnte, daß es für viele junge Frauen und Männer der Nachkriegsgeneration eine ersehnte, freilich gar nicht so leicht zu realisierende Lebensform wurde. Die bundesrepublikanische Gesetzgebung unterlegte die Hausfrauenehe als Norm- und Zielvorstellung nicht nur den ehe- und familienrechtlichen, sondern auch wesentlichen arbeits- und sozialpolitischen Entscheidungen und trug damit zu den bis heute wirksamen geschlechtsspezifischen Segmentierungen des Arbeitsmarktes bei. Bis in die sechziger Jahre hinein legitimierte sich diese Geschlechterpolitik mit dezidierter Absetzung vom NS-Regime und zugleich mit Frontstellung gegen die 'Diktatoren' im 'anderen Teil Deutschlands'. Sie verband sich mit der Anprangerung des 'Erwerbszwangs' der Frauen in der DDR und dessen Gleichsetzung mit den nationalsozialistischen Dienstverpflichtungen im Zweiten Weltkrieg (vgl. Stoehr 1997). Die Frauenpolitik der DDR folgte freilich dem gleichen Legitimationsmuster - nur mit umgekehrten Vorzeichen. Das Ideal der vollerwerbstätigen Ehefrau und Mutter galt dort nicht nur als Vollzug sozialistischer Frauenemanzipation, sondern zugleich als Abkehr von der 'faschistischen' Mutterideologie und ihrer 'reaktionär-kapitalistischen' Nachfolgerin im Westen (Sachse 1997). im Vergleich mit ihrem östlichen Gegenpol soll die bundesrepublikanische Frauenarbeitspolitik der fünfziger und frühen sechziger Jahre auch unter der Fragestellung skizziert werden, warum sie allem Anschein nach von vielen Frauen nicht nur geduldet, sondern mitgetragen wurde, bevor eine neue Frauenbewegung den bis dahin weithin gültigen geschlechterpolitischen Normvorstellungen offensiv entgegentrat." (Autorenreferat)