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Anhand vorhandener Literatur beschreibt der Autor die historische Entwicklung der österreichischen Friedensbewegung von 1891 bis 1936. Die 1891 von B. von Suttner gegründete und von H. Fried theoretisch fundierte österreichische Friedensgesellschaft ging von einem sich automatisch vollziehenden Friedensorganisationsprozeß aus, dessen Beschleunigung nicht gelang. Der Erste Weltkrieg unterbrach die Friedensarbeit, die S. Freud u. a. mit Bezug auf seine Trieblehre in der Intoleranz gegenüber kulturentwicklungsfeindlichen Einflüssen wie Krieg begründet sieht, führte aber zu anschließend verstärkter Politisierung des Friedensproblems unter Aufspaltung der Bewegung in verschiedene politische Richtungen und zu besonderem Einfluß von Katholizismus und Frauenorganisation in Österreich und zur 1924 entstehenden Paneuropabewegung. 1936 wurde die österreichische Friedensbewegung aufgrund von Legalitätsproblemen einiger ihr angehörender politisch Linker verboten. (HD)

Der Autor stellt das Spektrum sozial, national und konfessionell bestimmter Parteien vor dem Hintergrund der österreichischen Geschichte dar, analysiert den engen Zusammenhang des durch einen hohen Grad von Konzentration, Organisation und Partizipation gekennzeichneten österreichischen Parteiensystems mit dieser Tradition und schildert die Entwicklung zum Parteienstaat. Das Auseinanderbrechen der Großen Koalition 1966 führte zur Verschiebung der traditionellen Konfliktlinien und zur Entstehung der Volksparteien. Die in den 80er Jahren eintretenden Veränderungen des Parteiensystems können mit dem Begriff "Reideologisierung" beschrieben werden, wobei die neuen inhaltlichen Konfliktlinien einen Generationenkonflikt zur Folge haben. Die Entwicklung führte insgesamt zu einem Bedeutungsverlust der Rekrutierungs- und Legitimationsfunktionen der Parteien und damit zu einem Bedeutungsverlust des Parteienstaates. (KS)

Im vorliegenden Beitrag wird der schwierige Neubeginn der österreichischen Politikwissenschaft im Rahmen der Gründungen des Instituts für Höhere Studien und der drei Universitätsinstitute - auch vor dem Hintergrund der Folgen der Vertreibung eines Teils der österreichischen Intellektuellen während des Ständestaates und NS-Regimes - thematisiert. Detailliert werden die Umstände der Entwicklung der politikwissenschaftlichen Abteilungen und Institute beschrieben, ebenso wie die Schwierigkeiten einer Dynamisierung und Normalisierung. Dabei zeigen sich die langfristigen Auswirkungen des Zweiten Weltkrieges ebenso wie der Ressourcenmangel, der die Disziplin stets begleitete und zu einer verspäteten Internationalisierung der Politikwissenschaft in Österreich mit beigetragen hat. Die spezifische Entwicklung der Disziplin steht ferner in Zusammenhang mit der Entwicklung der österreichischen Wissenschafts- und Forschungspolitik insgesamt. Ihre vier großen Etappen in der Zweiten Republik können wie folgt skizziert werden: Die restaurative Phase der 1950er Jahre, die hochschulpolitische Reformphase zwischen Mitte der 1960er bis Mitte der 1970er Jahre, die strukturkonservative Phase des Ausbaus der Wissenschafts- und Forschungslandschaft bis Mitte der 1990er Jahre, und die nicht zuletzt durch den EU-Beitritt stimulierte Phase der forcierten Steigerung von Wissenschaftsleistung. (ICI2)

Es wird der Frage nachgegangen, wie die österreichische Arbeiterbewegung in ihrer Geschichte die nationale Frage und damit den Gedanken der österreichischen Nation betrachtet hat, um zu zeigen, wie langwierig und voller Brüche sich der Klärungsprozeß bis zur Akzeptierung des Gedankens der Eigenständigkeit einer österreichischen Nation vollzog. Bis 1907 wurden eigenartige Widersprüche konstatiert: propagandistisch hielt man an einem deklamatorischen Internationalismus fest, in der politischen Praxis hatte man spätestens mit dem Brünner Nationalitätenprogramm die Existenz des habsburgischen Vielvölkerstaates akzeptiert und im emotionalen Bereich fühlte man sich als Deutscher, soweit man deutschsprachig war. Mit der Entstehung des Austromarxismus konnte eine beachtliche Bereicherung der theoretischen Diskussion beobachtet werden, die politische Praxis änderte sich jedoch nicht. Die entscheidende Änderung wurde den Kommunisten zugeschrieben, die in Weiterführung der Theorie Stalins mit der Einführung ökonomischer Definitionskriterien als erste (neben den monarchistischen Legitimisten) den Begriff einer österreichischen Nation verwendeten (Alfred Klahr 1937). Diese ursprünglich kommunistische Konzeption zur Stärkung des Widerstandswillens gegen Ständestaat und Anschluß war nach Meinung des Autors 1945 innerhalb der demokratischen Parteienlandschaft unbestritten. (HRS)

"Aufgrund seiner geopolitischen Lage und Geschichte nimmt Österreich auf 'europäischer und internationaler Ebene eine besondere Rolle ein. Der vorliegende Beitrag unternimmt eine Positionsbestimmung der österreichischen Außen- und Sicherheitspolitik und versucht, Österreichs Interessen auf europäischer und internationaler Ebene zu definieren. Daraus werden die sich für die österreichische Außen- und Sicherheitspolitik ableitenden kurz-, mittel- und langfristigen Perspektiven aufgezeigt, um Österreich abschließend den seinem Selbstverständnis entsprechenden Akteursstatus einzuräumen." (Autorenreferat)

Die Geschichte der staatlichen Selbständigkeit des heutigen Österreich läßt sich in sechs abgrenzbare Phasen gliedern. Ausgehend von dieser These skizziert der Autor diese Zeitabschnitte und analysiert im folgenden die politischen und sozialen Faktoren sowie ihre Auswirkungen auf das aktuelle, auch wissenschaftliche, Geschichtsbild Österreichs. In der ersten Phase von 1918 bis 1934 wurde die staatliche Selbständigkeit Österreichs formal akzeptiert, von 1934 bis 1938 offiziell propagiert, von 1938 bis 1943 existierte Österreichs Selbständigkeit unter dem Nationalsozialismus nicht, die fünfte Phase 1945 bis 1955 bedeutete die Verwirklichung der Selbständigkeit, die letzte Phase ab der Unterzeichnung des Staatsvertrages garantiert Österreich die Selbständigkeit in der "europäischen Staatenwelt". (rk)

Der Beitrag beschäftigt sich mit der Frage, wann und warum den Frauen im Kaiserreich Österreich das Wahlrecht versagt wurde. Grundlage für die Untersuchung sind die Protokolle der Sozialdemokratischen Frauenrechtskonferenzen 1898ff., die Gesamtparteitagsprotokolle der SAPÖ 1903, 1905, 1908 sowie die auf das Frauenwahlrecht bezüglichen Protokolle des österreichischen Reichsrates von 1867-1907. Nach einer historischen Einführung über Gründung und Ziele der österreichischen Frauenwahlrechtsbewegung wird im wesentlichen anhand von Äußerungen ihrer Protagonistinnen, Adelheid Popp und Therese Schlesinger, die Entwicklung bis zu dem erklärten Verzicht der sozialdemokratischen Frauen auf das Wahlrecht 1905 nachgezeichnet. Dieser Verzicht resultierte aus der Einsicht, daß das Beharren auf dem Frauenwahlrecht die Durchsetzung des allgemeinen Wahlrechts für Männer verhindern würde. Neben der Geschichte des Frauenwahlrechts in Österreich, das 1918 realisiert wurde, enthält der Aufsatz noch die Argumente, die gegen die politische Partizipation der Frau vorgebracht wurden. Sie reichen von der ungenügenden Mündigkeit der Frauen bis zu der Behauptung, daß jemand, der nicht Soldat werden könne, auch nicht wählen dürfte. (LZ)

Es wird die Universitätskarriere von Mathilde Uhlirz beschrieben, die als erste Frau die venia legendi als Dozentin für Österreichische Geschichte erhielt (1932). Ihr wissenschaftlicher Standpunkt wird durch die Interpretation ihres Wortgebrauchs - besonders bezüglich ihrer Einschätzung Kaiser Otto III. - als "historisch charakterisiert. In der Weiterführung des "Handbuchs für die Geschichte Österreichs" wird die antisemitische Ausdrucks- und Denkweise von Mathilde Uhlirz nachgewiesen. Ihr programmatisches Manifest zur "neuen Geschichtswissenschaft" (1943) wird vollständig dokumentiert (S. 90). (RR)

Anhand eines historischen Rückblicks über die jüngere Entwicklung Österreichs diskutiert der Beitrag die Frage der österreichischen Identität und ihr spannungsreiches Verhältnis zur deutschen Kultur. Um die Entwicklung der österreichischen Nation verstehen zu können, ist es notwendig, sich vom Nations-Verständnis des 19. Jahrhunderts im Sinne der Herderschen Tradition zu lösen. Neben dem Verständnis von Nation als Sprachnation traten später noch eine Reihe anderer Merkmale (Kultur, Geschichte, Territorium, Nationalbewußtsein, etc.) hinzu. Auf historischer Grundlage werden daher zunächst die Begriffe Nation und Ethnizität geklärt, bevor dann die Frage diskutiert wird, warum sich die Legende von der deutschen Nation, von der sich die österreichische abgespalten habe, so hartnäckig hält, wenn doch praktisch alle Nationen durch Verschmelzungen kleinerer Einheiten entstanden sind und keine durch Abspaltung. Daß Nationenbildung ein Prozeß ist, der die gesamte Bevölkerung umfaßt, Nationalismus und nationale Bewegungen hingegen gewöhnlich Anliegen kleiner intellektueller Gruppen sind, darin scheint die Lösung des Rätsels um die nationale Frage Österreichs zu liegen. Es wird nämlich u.a. aufgezeigt, daß die deutsch-nationale Anschluß-Politik der Ersten Republik, wie sie auch von den Sozialdemokraten unterstützt wurde, weitgehend eine Sache der politischen Eliten war. (ICH)

Der Verfasser stellt in seinem Beitrag aus verschiedenen Perspektiven die historische Entwicklung der österreichischen Verfassung und deren Bedeutung in der Politik der Sozialdemokratie dar. Das Verhältnis der sozialistischen Partei zum Staat wird untersucht, die rechtspolitischen Auseinandersetzungen in die Konflikte und Diskussionen der Arbeiterbewegung eingebettet und am Beispiel der verfassungspolitischen Entwicklung der Sozialdemokratie wird deren Rolle in den verschiedenen Phasen der österreichischen Nachkriegsgeschichte beschrieben. Zwar habe das grundsatzpolitische Interesse an Verfassungsfragen im Laufe dieses Jahrhunderts eher abgenommen, verfassungsrechtliche Positionen seien jedoch noch immer stark von sozialistischen Positionen der SPÖ geprägt, was sich vor allem im Parteiprogramm von 1978 zeige. Die Bedeutung der Wahrung einer fast einhundert Jahre andauernden Kontinuität sei vorrangig in Verfassungsfragen von größter Bedeutung, so der Autor. (KS)

In dem alten Streit zwischen verstehender bzw. individualisierender Historiographie und objektivierender bzw. theoretisierender Geschichtsauffassung sieht Botz die Chance der praktischen Überwindung dieses unfruchtbaren Gegeneinanders. Er entwickelt seinen Standpunkt, indem er einerseits die theoretischen Positionen der letzten Jahre rezipiert, andererseits neuen Strömungen in der praxisorientierten Geschichtsschreibung, insbesondere österreichischen Arbeiten nachspürt. Aufgrund der praktischen Erfordernisse der Geschichtswissenschaft werden durch neue Methoden und Quellenarten das Erkenntnisinteresse und die theoretischen Grundpositionen verändert. Annonciert wird dieser Paradigmenwechsel durch die Methoden der Quantifizierung bzw. der "oral history". Botz entwirft die Vision einer künftigen Zeitgeschichte, die sich quellenmäßig mehr und mehr auf EDV-Material als auf herkömmliche Akten stützen wird. Korrespondierend zu dieser materialbedingten Versachlichung trete gerade die mündliche Überlieferung, deren Erkenntnisinteresse sich vornehmlich auf die unterprivilegierten Schichten richte. Beide Methoden können komplementär wirken, wenn "oral history" quantifiziert wird und Quantifizierung verstehend durchdrungen wird. (VS)