Die Unparteilichkeit des Richters im Strafverfahren unter Berücksichtigung von Art. 6 Abs. 1 S. 1 EMRK
In: Kölner Kriminalwissenschaftliche Schriften Band 66
In: Duncker & Humblot eLibrary
In: Rechts- und Staatswissenschaft
Die Unparteilichkeit des Richters ist ein wesentliches Merkmal des Rechtsstaats. Sie ist in der Gesellschaft mit der Vorstellung von richterlicher Tätigkeit untrennbar verbunden und Voraussetzung für das Vertrauen der Bürger in die Rechtsprechung. Im Strafverfahren soll der Richter nur aufgrund der Hauptverhandlung über die Strafbarkeit des Angeklagten urteilen. Wie aber kann es sein, dass nach der Strafprozessordnung derselbe Richter regelmäßig bereits zuvor Entscheidungen zu Lasten des Angeklagten getroffen hat? So kann er beispielsweise während der Ermittlungen die Untersuchungshaft des Beschuldigten anordnen. Er beschließt, ob das Hauptverfahren überhaupt eröffnet wird und muss dabei entscheiden, ob die Verurteilung des Angeklagten überwiegend wahrscheinlich ist. Ist er danach noch unparteilich? Die Untersuchung anhand Art. 6 Abs. 1 der Europäischen Menschenrechtskonvention zeigt: Die Ausgestaltung des Strafverfahrens ist mit dem Recht auf einen unparteilichen Richter unvereinbar. / »The Impartiality of the Judge in Criminal Proceedings in Consideration of Art. 6 § 1 ECHR« -- The impartiality of a judge is an essential characteristic of a constitutional state. Nevertheless under the code of criminal procedure a judge frequently makes decisions to the disadvantage of the accused before he delivers a judgement in the main proceedings. The examination of the requirements of the code of criminal procedure concerning the impartiality of judges by those of Art. 6 § 1 ECHR points out: The course of criminal proceedings is not compatible with the right to an impartial judge