Die Arbeitswelt in Agrargesellschaften
In: Kölner Zeitschrift für Soziologie und Sozialpsychologie: KZfSS, Volume 43, Issue 1, p. 1-17
ISSN: 0023-2653
Die Arbeit in vorindustriellen Agrargesellschaften und die Arbeit in der Industriegesellschaft werden üblicherweise mit Kategorien der Entgegensetzung beschrieben. Hervorgehoben werden drei Dichotomien: 1. "reine", d. h. industrielle Arbeit versus "eingebettete" Arbeit in Weide, Feld und Haus; 2. "natürliche" versus "künstliche" Ziele der Arbeit und 3. Arbeit versus Spiel und Muße. Gestützt auf Forschungen über das Arbeitsverhalten afrikanischer Nomaden und Feldbauern zeigt der Autor, daß Arbeit zeitlich stärker ausgegrenzt ist, als es diese Dichotomie wahrhaben will. Die Zeitstruktur agrarischer Arbeit läßt sich nicht aus natürlichen und aufgabenbezogenen Bedingungen ableiten, sondern wird weitgehend autonom festgesetzt, Arbeit löst sich auch nicht in Spiel und Muße auf, sondern nimmt einen zentralen Platz in Agrargesellschaften ein. Die dichotomische Gegenüberstellung von industrieller und nichtindustrieller Arbeit sei auch insofern unzulässig, als innerhalb der Agrargesellschaften große Unterschiede bestehen, die sich kaum zu einem einheitlichen Typ zusammenfassen lassen. So unterscheide sich Arbeit in geschichteten und ungeschichteten, in islamischen und "antisemitischen", in kriegerischen und bäuerlichen Gesellschaften. (pka)