Die Theorie der moralischen Entwicklung und Erziehung von Lawrence Kohlberg ist in der seit einigen Jahren verstärkten bundesdeutschen Rezeption nicht unkritisiert geblieben. Der hier vorgelegte Literaturbericht soll einen Ansatzpunkt dokumentieren, der in der Aufnahme des Kohlberg-Ansatzes zu kurz gekommen ist: die mit ihm verbundene konkrete pädagogische Praxis. Der Bericht wird eingeleitet mit einer kurzen Skizze und Kritik anderer Strömungen in der (anglo-)amerikanischen Diskussion zur Wert- und Moralerziehung. Die Literaturübersicht unterscheidet zwischen angloamerikanischer und deutschsprachiger Literatur und bezieht sich auf Aufsatzsammlungen, Monographien und Sondernummern von Zeitschriften. (UH2)
An Hand einer Besprechung geschichtswissenschaftlicher Neuerscheinungen will der Aufsatz neuere Tendenzen in der auch 25 Jahre nach der berühmten sog. "Fischer-Kontroverse" anhaltenden Diskussion über die Kriegsschuld von 1914 aufzeigen. Rezensiert werden vier Werke und Aufsätze aus der Bundesrepublik aus den Jahren 1983 bis 85 sowie die Aufsatzsammlung eines Schweizer Historikers und eine wiederaufgelegte Broschüre aus dem Jahre 1925. Thematischer Schwerpunkt ist der Anteil des Deutschen Kaiserreiches am Ausbruch des Ersten Weltkrieges, daneben wird auch auf die Debatte um die sog. "Riezler-Tagebücher", eine der zentralen Quellen für die deutsche Politik im Juli 1914, eingegangen. Der bundesdeutschen Geschichtswissenschaft bescheinigt der Rezensent dabei verstärkte Neigungen, die alte Diskussion wiederaufleben zu lassen und zu den überkommenen Positionen der Zwischenkriegs- und unmittelbaren Nachkriegszeit zurückzukehren. Dies lasse die Einsichts- und Diskussionsfähigkeit der Zunft in "keinem guten Licht" erscheinen. (JF)
Sich mit dem Konservatismus der jüngeren Gegenwart auseinandersetzen zu können, setzt nach Meinung der Autoren die Berücksichtigung eines Dilemmas voraus, indem nicht versucht wird, "den" Konservatismus zu betrachten, sondern stattdessen verschiedene Konservatismen in ihren jeweiligen historischen und nationalen Besonderheiten zu vergleichen. Dem trägt die vorliegende Aufsatzsammlung Rechnung, indem sie sich zum einen auf Vergleiche zwischen Deutschland und den USA und zum anderen auf eher mikrologische Studien konzentriert. Sie versucht, nähere Differenzbeschreibungen der deutschen und amerikanischen Wege zu liefern, was auch bedeutet, die wechselseitigen Wahrnehmungen, Beeinflussungen oder Kooperations- bzw. Imitationsversuche zu reflektieren. Dies wiederum setzt voraus, die spezifischen historischen Entwicklungsbedingungen und -linien des Konservatismus in Deutschland und den USA im Blick zu behalten. An der Rezeption von Leo Strauss und Erik Voegelin ist zum Beispiel abzulesen, dass Denkmotive des deutschen Konservatismus im Rahmen der amerikanischen Nachkriegssituation relevant wurden. Dabei zeigt der andauernde Streit um Strauss in den Vereinigten Staaten, dass die Kompatibilität seiner Ideen mit der demokratischen Tradition US-Amerikas vor allem von links-liberalen Interpreten bestritten wird. Die Autoren geben in ihrer Einleitung einen Überblick über die Entwicklungen des deutschen und amerikanischen Konservatismus nach 1945 und kommentieren ausgewählte deutsch-amerikanische Dialoge und Konvergenzen. (ICI2)
In: Soziale Ungleichheit, kulturelle Unterschiede: Verhandlungen des 32. Kongresses der Deutschen Gesellschaft für Soziologie in München. Teilbd. 1 und 2, S. 3662-3672
"Die Frage der Massenloyalität ist eines der zentralen Themen in Claus Offes Aufsatzsammlung 'Contradictions of the Welfare State' (1984). Als Massenloyalität bezeichnet Offe dabei die 'Fähigkeit des administrativen Systems (...) zu bewirken, dass die Strukturen und Prozesse dieses Systems sowie die faktischen policy outcomes in ihrer sozialen Inzidenz faktisch akzeptiert werden' (1973: 219 [1984: 60]). Mit dieser Definition setzt Offe sich deutlich von naiven Legitimitätskonzepten ab. Zum einen wird eine Gleichsetzung von (normativer) Legitimität und empirisch beobachtbarer Zustimmung energisch zurückgewiesen: Massenloyalität ist keine echte (normativ konsensuale), sondern nur eine 'prätendierte Legitimität' (Narr/ Offe 1975:33). Zum anderen wird Massenloyalität nicht als unabhängige, sondern als eine abhängige Variable begriffen. Sie ist weniger Bedingung politischen Handelns als vielmehr eine Eigenleistung des politischen Systems - wenn auch eine, die 'in letzter Instanz von den integrativen Normen und Symbolen' abhänge. In der Beschaffung von Massenloyalität sieht er dabei die neben der Wirtschaftssteuerung zentrale Aufgabe, die das politische System für das Gesamtsystem erfülle. Offe konstatierte nun eine Reihe von Entwicklungen, die die wohlfahrtsstaatliche Erzeugung von Massenloyalität erschweren. Hierzu zählte er u.a. (vgl. 1973: 220 [1984: 61]): das letztlich aus den sozialpolitischen Erfolgen resultierende 'gesteigerte Prätentions-Niveau', das dazu führe, dass sich die (Sozial)Politik 'dem permanenten Realitätstest gegenüber der Masse des Wählerpublikums' aussetze, was zu immer größeren Erwartungsenttäuschungen führe; die 'Erosion vor industrieller, primärgruppenbezogener Normen'; sowie die z.T. dekommodifizierende Wirkung von Sozialpolitik, die sich erst als paradoxe Folge aus der funktionalen Notwendigkeit einer Kommodifizierung der Arbeitskraft ergebe. Die theoretische Plausibilität und empirische Tragfähigkeit dieser und weiterer Entwicklungsszenarien ist schon früh kritisiert worden - letzteres jedoch, ohne dass hinreichende Daten zur Prüfung dieser Annahmen zur Verfügung gestanden hätten. Mit größerem zeitlichen Abstand soll in diesem Beitrag daher erneut der Versuch unternommen werden, die zentralen Annahmen Offes einer sich krisenhaft entwickelnden Massenloyalität (bzw. ihrer Generierungsbedingungen) auf ihren empirischen Gehalt hin zu befragen." (Autorenreferat)