Auswirkungen der Jugendarbeitslosigkeit
In: Aus Politik und Zeitgeschichte: APuZ, Band 27, S. 20-29
ISSN: 0479-611X
"Die Jugendarbeitslosigkeit hat, wie zahlreiche empirische und sozialgeschichtliche Untersuchungen beweisen, vielfältige Auswirkungen. Zwei Millionen arbeitslose Jugendliche Anfang der dreißiger Jahre haben erheblich zur politischen Radikalisierung und zum Scheitern der Weimarer Republik beigetragen. Dennoch lassen sich die Erfahrungen einer historischen Epoche nicht ohne weiteres auf andere Epochen übertragen. Die Auswirkungen müssen im Rahmen des kulturellen, ideologischen, gesellschaftlichen und politischen Kontextes beobachtet und gedeutet werden. Jugendarbeitslosigkeit führt für die Betroffenen heute nicht mehr zu derartiger wirtschaftlicher Verelendung wie während der Weltwirtschaftskrise, ist aber auf dem Hintergrund einer verbreiteten Wohlstandsgesellschaft subjektiv kaum erträglicher. Deshalb könnte bei zunehmender Jugendarbeitslosigkeit auch heute ein gewichtiges, frei fluktuierendes 'Protestpotential von unten' entstehen, wenn auch eine unmittelbare Bedrohung der Demokratie zur Zeit nicht zu erkennen ist. Jugendliche Arbeitslose sind in ihrer Parteipräferenz anfällig für 'Protestparteien' von links und rechts. Das zumeist diffuse Protestpotential schwankt von einer extremen Partei zur anderen. Unter den Jugendlichen der neuen Bundesländer hat das kommunistische Regime Orientierungslosigkeit und ein Sinnvakuum hinterlassen, das bei zunehmender Arbeitslosigkeit demagogisch mißbraucht werden kann." (Autorenreferat)