An allen Schaltstellen von Gesellschaft, Partei und Staat waren in der DDR ehemalige Nationalsozialisten vertreten. Der Autor Olaf Kappel kam ihnen bereits 1981 mit der Erstauflage dieses Buches auf die Spur. Staatssicherheitsminister Erich Mielke persönlich erklärte ihn daraufhin zum Staatsfeind und trachtete ihn durch eine Sondereinheit auszuschalten. Doch das Treiben ehemaliger Mitglieder der NSDAP in der DDR war damit keineswegs beendet. Bis zur Wende konnten sie weiter aufsteigen. Sie saßen im SED-Zentralkomitee, dem DDR-Ministerrat, der Volkskammer, den Schulen und Hochschulen, bei der Armee, der Polizei sowie in den Chefredaktionen der Zeitungen, beim Radio und Fernsehen und in der volkseigenen Wirtschaft. Einige dieser Ex-Nazis retteten Ämter und Einfluss 1989/90 durch Eintritt in die PDS und bis heute sind diese Leute im Ältestenrat der Partei "Die Linke" vertreten. Diese Zusammenstellung von über 1.000 Personen schließt eine Forschungslücke in der Aufarbeitung der SED-Diktatur und ist ein Dokument deutsch-deutscher Geschichte.
"'Goldbroiler' und 'Verkaufsstelle': zwei Wörter aus dem Alltag der DDR. Belegen sie, daß sich eine eigene 'Sprache der DDR' entwickelte? Oder stehen diese Neuschöpfungen für eine 'deutsche Sprache in der DDR'? Diese Debatten, die die DDR jahrzehntelang begleiteten, können freilich in die Irre führen. Denn ist nicht wichtiger, wie Herrschaft in und durch Sprache gestützt oder gar produziert wurde - wie Menschen Zumutungen oder Anforderung 'von oben' sprachlich aufnahmen oder auch ausmanövrierten? Wie weit reichten Sprachregelungen? Welche Bedeutung hatten 'öde Phrasen'? Welche Rolle spielten Schriftsteller - wie balancierten sie Engagement mit jener Distanz, die für kritische Sprache und Sprache der Kritik unerläßlich scheint?" (Autorenreferat)
Untersucht werden soll der erreichte Grad der Demokratie in einer Wirtschaft eines Übergangssystems (DDR), das perspektivisch die freie kommunistische Gesellschaft ansteuert. Dabei muß diese Gesellschaftsformation an ihrem eigenen Anspruch gemessen werden, wobei wesentlich die Überwindung der materiellen Knappheit zählt. Doch nicht nur der Entwicklungsstand der Produktivkräfte darf Gradmesser eines solchen Systems sein, auch die Frage nach der beim gegebenen Stand der Entwicklung möglichen Freiheiten für den einzelnen sollte bei der Bewertung mitentscheiden. Im weiteren folgt eine Analyse des Wirtschaftssystems einer Übergangsgesellschaft, in der drei Grundprobleme zentrale Bedeutung erlangen: 1. Planung. Sie trägt den Doppelcharakter einerseits darauf aufgerichtet zu sein, die noch aus dem Kapitalismus vorhandenen Warenverhältnisse durchbrechen zu müssen, womit sie auf Emanzipation gerichtet ist, andererseits erhält sie als Funktionsmechanismus der Wirtschaft einen instrumentellen Charakter, womit Planung als repressives Instrument bürokratischer Herrschaft eingesetzt werden kann. 2. Überwindung der Warenverhältnisse. Die Problematik einer Übergangsgesellschaft, also auch der DDR-Gesellschaft, besteht in der gleichzeitigen Existenz von Waren- und Planverhältnissen, wobei der Planung in einer tendenziell sozialistischen Gesellschaft die Aufgabe zufällt, als wirtschaftlicher Regulator die Warenverhältnisse zurückzudrängen. 3. Die Position der Betriebe. Erhalten die Beziehungen der Arbeiter zum Betrieb die Gestalt von Lohnverhältnissen und die der Betriebe zueinander den Charakter von Marktbeziehungen, so reproduzieren sie die Warenverhältnisse ständig. Erst eine Delegation von Entscheidungsbefugnissen auf unterster Ebene könnte, gesamtwirtschaftlich organisiert, Herrschaftsstrukturen abbauen. Abschließend werden drei Aufsätze untersucht, die sich mit dem Wirtschaftssystem der DDR auseinandersetzen. Die zwei erstgenannten Arbeiten liefern eine DDR-offizielle Selbstdarstellung bzw eine immanente Kritik der bestehenden Verhältnisse. Die dritte Arbeit kommt dagegen zur Erkenntnis, daß die in der DDR noch vorhandenen Warenverhältnisse nicht nur wirtschaftliche Funktionsmechanismen widerspiegeln, sondern Ausdruck existierender gesellschaftlicher Verhältnisse seien. Materielle Anreize auf Betriebsebene haben die Arbeiter zwangsläufig voneinander isoliert, Konkurrenzsituationen produziert und die Restauration des Kapitalismus tendenziell ermöglicht. Allerdings sind die Rezentralisationstendenzen in der DDR seit 1967 langfristig in der Lage, die Warenverhältnisse zurückzudrängen. Eine positiv zu bewertende Entwicklung, die aber nur vollendet werden kann durch die Rekonstruktion des revolutionären Subjekts. (MM)
Die in der DDR an den Hochschulen erstellten Dissertationen sind eine wichtige Grundlage für die Forschung in der Bundesrepublik über die DDR. Die Pflichtexemplare von DDR-Dissertationen müssen zwar nur in einer geringen Zahl von maschinenschriftlichen Kopien abgeliefert werden, aber dennoch sind diese Dissertationen nicht geheim und in der Bundesrepublik zugänglich. Von allen Dissertationen - außer solchen, in denen öffentliche Sicherheitsinteressen der DDR tangiert werden - geht aufgrund einer gesamtdeutschen Tauschvereinbarung ein Pflichtexemplar an die Deutsche Bibliothek in Frankfurt am Main. Hier sind etwa vier Fünftel aller DDR-Dissertationen vorhanden. (GF2)
Ausgehend vom Versuch, systemübergreifende Definitionsmerkmale von Jugendalter/Adoleszens aufzustellen, werden die Bemühungen der DDR-Gesellschaft beschrieben, Integration und Konformität der Jugendgeneration zu erreichen. Das in den Jugendgesetzen der DDR entworfene Wunschbild der "sozialistischen Persönlichkeit" wird skizziert und die Versuche, diese Zielvorstellungen durch Schulerziehung und in Jugendorganisationen zu verwirklichen, werden dargestellt. Die dysfunktionalen Momente dieser ständigen ideologischen Berieselung und umfassenden Verplanung und Kontrolle dokumentieren sich in zunehmenden Autonomiebestrebungen der Jugendlichen (Alternativ- und Aussteigerbewegung, Friedensbewegung). Das Verhalten des Staates ist durch Beunruhigung gekennzeichnet, da die üblichen Mittel der Einschüchterung aufgrund der wachsenden Öffentlichkeit der Bewegung versagen. (MB)
Untersucht werden Dissertationen aus der DDR als nützliche und zugängliche Forschungsquelle, der Verteilungsweg der Dissertationen wird rekonstruiert und in idealtypischer Weise das in dieser Schriftgattung steckende Informationspotential aufgezeigt. (BIOst)
"Jeder DDR-Bürger kannte es, doch im 'DDR-Handbuch' und in der gängigen Literatur über den SED-Staat spielt das 'Reisebüro der DDR' keine Rolle. Wenn überhaupt, findet sich der Ost-Berliner Staatsbetrieb nur im Zusammenhang mit Rückblenden über das Thema Urlaub in der DDR - meist mit ostalgischem Augenzwinkern. Dabei hätte das Unternehmen weitaus mehr Aufmerksamkeit verdient, fungierte es doch jahrzehntelang als eine Art getarnter Filialbetrieb des Ministeriums für Staatssicherheit (MfS). Die im Ausland eingesetzten inoffiziellen Mitarbeiter des MfS werden vom Verfasser in verschiedene Kategorien eingeteilt, die zukünftig eine genauere Erforschung der Auslandsaktivitäten des MfS erlauben. Diese Auslandsaktivitäten werden in diesem Aufsatz am Beispiel der Volksrepublik Bulgarien erläutert." (Autorenreferat)
Einblicke in neuere, bisher unzugängliche und auch jetzt noch "nicht ins kapitalistische Ausland" verleihbare DDR-Dissertationen lassen auf Diskrepanzen "zwischen der offiziösen Darstellung der Studierenden und deren realem Selbstverständnis" schließen. Umfassende Unterweisung im marxistisch-leninistischen Grundstudium führt bestenfalls zur "Erweiterung des Faktenwissens", nicht aber zu einer "Vertiefung der Erkenntnis"! "Die dirigistische staatliche Lenkung der Studierenden auf weniger gefragte Studienfächer wird erkennbar an der hohen Zahl von Studenten, die ursprünglich ein anderes Fach studieren wollten." Eine Untersuchung des elterlichen Sozialstatus ergibt "bemerkenswerte Abweichungen vom propagandistischen Klischee der studentischen Herkunft aus der 'Arbeiterklasse'". (WI)
Der Verfasser beschäftigt sich in diesem Beitrag mit Fragen der Familienplanung und Geburtenkontrolle in der DDR. Es werden die gesetzlichen Richtlinien zum Schwangerschaftsabbruch, die Anwendung von hormonellen Antikonzeptiva sowie verschiedene Ansichten zum Gebrauch dieser Empfängnisverhütungsmethode diskutiert.
Der Artikel skizziert Probleme der Schichtarbeit in der DDR, beleuchtet die ökonomische Seite des Problems, geht auf die bessere Ausnutzung des Grundfonds durch Schichtarbeit und das Arbeitszeitregime in seinen unterschiedlichen Ausprägungen ein, auf Entwicklung und derzeitigen Stand und die Stimulierung der Schichtarbeit. Ökonomische Vorteile werden der sozialen Benachteiligung gegenübergestellt. Dazu werden empirische Untersuchungen herangezogen. (IAB)