2019 beginnt, wie 2018 aufgehört hat: mit zusätzlichen Rentenleistungen. Brexit, Handelskonflikte, analoger und digitaler Investitionsstau? Die zuweilen ziemlich alt aussehende Regierung eines alternden Landes meint: Deutschland braucht dringend eine Grundrente. Damit klagt sich die Große Koalition selbst an: Die Regierung gesteht damit offiziell ein, dass es sich bei den Rentenpaketen 2014 und 2018 um kaum fassbar teure Geschenke handelte, die weit überwiegend schon wohlsituierten Rentnern zugutekamen und zur Bekämpfung von Altersarmut kaum geeignet waren. Es ist zum Davonlaufen - und eine erschreckend große Zahl junger Menschen macht genau das, wie der Publikation "Rente und Demographie" zu entnehmen ist. Vielleicht mögen die politisch Verantwortlichen in diesem noch jungen Jahr auch einmal bei den Zukunftsinvestitionen sowie den notwendigen Strukturreformen klotzen statt vornehmlich bei der Altersversorgung?
Ältere gehen eher zur Wahl. Zudem wächst ihr Anteil an den Wahlberechtigten. Spätestens bei der Bundestagswahl 2021 werden mehr als die Hälfte der Wähler über 55 Jahre alt sein. Was das bedeuten kann, zeichnete sich schon im Rentenwahlkampf 2013 ab. Beim TV-Duett 2017 sprachen die Bundeskanzlerin und ihr Herausforderer viel über die Vergangenheit und Gegenwart, wenig über die Zukunft. Einig waren sie sich darin, Ältere zu beruhigen: Keine Rente mit 70 - über wachsende Lebenserwartung und die Überforderung der Jüngeren durch die Finanzierung eines zunehmend unfairen Generationenvertrags wurde leider nichts gesagt. Wird Stillstand zum Staatsziel? Für Deutschland sind derzeit weniger die (überbewerteten) Unterschiede zwischen "arm" und "reich" das Problem, sondern die wachsende Kluft zwischen den Generationen und die Umverteilung von Jung zu Alt.
Aus dem Editorial: "Negativzuwanderung" wählten die Österreicher zu ihrem Unwort des Jahres 2005. Dieser Begriff verdeutlicht einen Aspekt des gesamtgesellschaftlichen Problems des demografischen Wandels, der nicht nur in Österreich seit einiger Zeit für jeden zu spüren ist. Verstanden wird darunter die quantitative und qualitative Veränderung der Bevölkerungsstruktur, die sich für Deutschland und die meisten westeuropäischen Länder mit drei Schlagworten beschreiben lässt: weniger Kinder, mehr Alte, also insgesamt weniger Menschen. Allein für Deutschland wird bis 2050 ein Bevölkerungsrückgang um 20% erwartet. Davon betroffen sind alle Politikfelder, unter anderem die Bildungs- und Sozialpolitik sowie die Arbeitsmarkt- und Infrastrukturpolitik. Eine Herausforderung, die für Politik und Verwaltung gleichermaßen einmalig in der jüngeren Geschichte ist. Als "unterste" Ebene sind die Kommunen und ihre Einrichtungen besonders stark betroffen, denn sie halten die Mehrzahl der infrastrukturellen und sonstigen öffentlichen Einrichtungen für die Menschen vor, sie sind über einwohnerbezogene Finanzzuweisungssysteme abhängig von "ihren Menschen" und haben gleichzeitig wenig Einfluss auf die wirtschaftlich bedingten Zu- oder Wegzüge der Einwohner. Sind diese Entwicklungen seit längerer Zeit bekannt und werden intensiv diskutiert, so sind in letzter Zeit eine Reihe von Strategien und Handlungskonzepten entwickelt worden, um mit diesem Problem umgehen zu können. Das Kommunalwissenschaftliche Institut der Universität Potsdam (KWI) veranstaltete am 3. April 2006 eine Fachtagung "Demografie im Wandel. Herausforderungen für die Kommunen". Zum 12. Mal trafen sich seit der Gründung des Institutes ca. 250 Vertreter der Wissenschaft, der Politik, der Verbände, insbesondere aber der Kommunen, um über aktuelle Demografieprobleme zu diskutieren. Dabei standen sowohl die wissenschaftliche Analyse als auch politische Handlungsstrategien im Fokus der Diskussion. Wichtige Ergebnisse dieser Tagung sind im nachfolgenden KWI-Arbeitsheft festgehalten und werden durch weitere Beiträge zum Thema ergänzt.
Das Statistische Bundesamt prognostiziert für die Bundesrepublik Deutschland in seiner 10. Koordinierten Bevölkerungsvorausschätzung nach einem geringen Anstieg der Bevölkerung von derzeit rund 82,5 Millionen auf 83 Millionen Einwohner im Jahr 2013 bis zum Jahr 2050 ein Absinken der Bevölkerung auf das Niveau des Jahres 1963 (75 Millionen Einwohner). Gleichzeitig ergeben sich starke Verschiebungen im Altersaufbau der Bevölkerung. Der Altenquotient - das Verhältnis zwischen Personen im Rentenalter (ab 60 Jahren) und Personen im Erwerbsalter (20 bis 59 Jahre) - steigt von derzeit 44 bis auf 78 im Jahr 2050. Das heißt, dass heute auf 100 Personen im erwerbsfähigen Alter 44 Rentner kommen, während im Jahre 2050 100 erwerbsfähigen Personen 78 Rentner gegenüberstehen werden. Bemerkenswert ist, dass die Bevölkerungsdynamik bezogen auf die Gesamtzahl erst jenseits von 2015 spürbar wird, während der Strukturwandel der evölkerung bereits voll im Gang ist und sich noch weiter verschärft. Die Auswirkungen des demographischen Wandels auf die Sozialversicherungssysteme und den Arbeitsmarkt sind Gegenstand einer Vielzahl wissenschaftlicher Arbeiten und politischer Diskurse geworden. Die Auswirkungen einer veränderten Altersstruktur auf die Nachfragestruktur und Nachfragehöhe der privaten Haushalte ist bisher noch kaum untersucht worden. Hier besteht noch erheblicher Forschungsbedarf (Deutscher Bundestag, Enquete-Kommission "Demographischer Wandel", 2002, S. 78)
Im Spannungsfeld steigenden Kostendrucks, ökonomischer Effizienzorientierung und des sozialen Auftrags, die gesellschaftliche Gleichstellung von Menschen mit Behinderung zu stärken und jene zu autonomer Lebensweise zu befähigen, stossen Arbeitnehmende im Handlungsfeld des stationären Behindertenwesens zunehmend an die Grenzen der Machbarkeit. Die Rahmenbedingungen der Arbeit werden als Belastung wahrgenommen und mindern die Attraktivität des Arbeitsfeldes. Die Konzentration der Organisationen auf zielgruppenorientierte Dienstleistungserbringung gerichtet, werden personalpolitische Entwicklungen vernachlässigt. Ziel dieser Arbeit ist es, auf dieses Versäumnis hinzuweisen sowie auf die Gefahr bevorstehender Einschnitte durch verstärkten demographisch bedingten Fachkräftemangel sowie den sich wandelnden Wertorientierungen, Anspruchshaltungen und Konstitutionen nachrückender Generationen auf dem Arbeitsmarkt. Die zentrale Frage lautet: Welche Entwicklungen sollten Organisationen des stationären Behindertenwesens anstreben, um für künftige Arbeitnehmende als attraktive Arbeitgebende zu gelten und um als soziale Organisationen längerfristig auf dem Markt zu bestehen? Zur Ergründung des Themenkomplexes werden theoretische wie empirische Zugänge geschaffen. Basierend auf der Strukturationstheorie Giddens' werden Wert- und Generationenkonzepte sowie soziodemographische Veränderungen erkundet, organisationssoziologische Gedankenlinien verfolgt und das Zusammenwirken dieser Dimensionen auf die Arbeitswelt Sozialer Arbeit und den Handlungskontext des stationären Behindertenwesens übertragen. Eine deskriptiv-explorativ angelegte Untersuchung im Mixed-Methods-Design erschliesst Wertorientierung, Arbeitseinstellung, sowie Resilienz- und Gesundheitserleben von 502 Auszubildenden und Studierenden der Sozialen Arbeit unterschiedlicher Altersstufen. Ergänzend eröffnen semistrukturierte, leitfadengestützte Interviews mit sieben Fach- und Führungspersonen aus vier Organisationen für Menschen mit Behinderung, Zugänge zur organisationalen Wahrnehmung der sich wandelnden Personalsituation und erkundet diesbezüglich initiierte strategische Ausrichtungen der Organisationen. Die Resultate bestätigen, dass junge und künftige Arbeitnehmende dem Berufsleben geringere Bedeutung beimessen, sich distanzierter positionieren und gleichzeitig ein höheres Belastungsempfinden anzeigen. Betriebe sehen sich stärker gefordert, enge Führungsarbeit zu leisten und erkennen die Zunahme psychischer Belastungen ebenso wie es sich herausfordernder gestaltet, Fachkräftelücken zu schliessen. Die unterschiedlichen Ausrichtungen und Konstitutionen der Organisationen lassen keine universellen Lösungen greifen. So schliesst die Arbeit mit Handlungsimpulsen, welche zur organisationsspezifischen Sensibilisierung und Massnahmenprüfung anregen, denn: Es besteht Handlungsbedarf!
Die demographische Krise Russlands kann dessen ökonomische, regionale und militärische Sicherheit, aber auch die Attraktivität des Wirtschafts- und Investitionsstandortes Russland langfristig gefährden. In den kommenden Jahren werden der russischen Volkswirtschaft deutlich weniger Arbeitskräfte zur Verfügung stehen; die Zahl der für die russischen Streitkräfte verfügbaren Rekruten wird bereits 2008 unter die Bedarfsgrenze sinken. Regionale Differenzierung und Abwanderung tragen dazu bei, dass der Anspruch Russlands als zurückkehrende Großmacht erheblichen Einschränkungen unterliegt. Trotz Ressourcenreichtums und des vorläufig hohen Ölpreises befürchtet der Kreml, dass Russland in der eigenen Region an strategischer Bedeutung verliert, zumal angesichts des wachsenden chinesischen Bevölkerungs- und Wirtschaftspotentials. Schon jetzt kann die Zentralregierung Chancengleichheit und Wohlfahrt als Dimensionen stabiler Staatlichkeit nicht mehr für das gesamte russische Territorium gewährleisten. Welche Zukunftsrisiken erwachsen Russland aus der demographischen Krise? Wie reagieren die russische Führung und die Öffentlichkeit darauf? Welche Kooperationschancen mit der EU und einzelnen europäischen Staaten wie Deutschland ergeben sich?
ZusammenfassungDiese Diplomarbeit beschäftigt sich mit der Geschichte der Stadt Saloniki in den Jahren 1912 bis 1922, insbesondere mit dem Themen der kriegerischen Auseinandersetzungen, der Demographie und der Stadtentwicklung. Der erste Teil der Diplomarbeit thematisiert die Kriege und bezieht sich auf den Ersten und Zweiten Balkankrieg in den Jahren 1912 und 1913 und beleuchtet, wie diese zum Schicksal Salonikis beitrugen. Das Kapitel vermittelt einen Überblick über die Geschehnisse vor und nach den Balkankriegen und fokussiert sich auf Griechenland, im Besonderen auf die Stadt Saloniki. Der zweite Teil der Diplomarbeit widmet sich dem großen Brand in Saloniki im Jahre 1917 und legt dar, wie nach diesem Brand die Stadt völlig neu aufgebaut wurde. Im Genaueren wird in diesem Kapitel der neue Stadtplan vorgestelltund erklärt, wie dieser zur Entstehung einer neuen modernen Metropole beigetragen hat. Der letzte Teil der Diplomarbeit befasst sich mit dem obligatorischen Bevölkerungsaustausch zwischen Griechenland und der Türkei in den Jahren 1922/23. Dieses Kapitel erklärt den politischen Hintergrund der Migrationsbewegungen und versucht anhand von Zeitzeugenberichten darzustellen, wie dieser durchgeführt wurde. Den Abschluss der Diplomarbeit bildet eine Zusammenfassung der städteplanerischen und demographischen Veränderungen in Saloniki. ; AbstractThis thesis deals with the history of the city of Salonika in the time of 1912 until 1922. It focuses especially on the terms war, demography and city-development. The first part of the thesis deals with the topic of war and focuses on the First and Second Balkan Wars in the years 1912 and 1913 and how they contributed to the fate of Salonika. This chapter gives an overview of the events before and after the Balkan Wars and focuses on Greece, especially on the city of Salonika. The second part of the thesis covers the Great Fire of Salonika in 1917 and how the whole city was reconstructed after this fire. Particularly, the chapter focuses on the new plan of the city and describes how Salonika became a modern metropolis. The last part of this diploma thesis deals with the compulsory population exchange between Greece and Turkey in 1922/23. This chapter explains this population exchange and tries to recapitulate it on the basis of contemporary witnesses. The end of the thesis gives an overview in terms of urban planning and demography how the city Salonika has changed between the years 1912 and 1922. ; vorgelegt von Antonia Strohmeier ; Zusammenfassungen in Deutsch und Englisch ; Abweichender Titel laut Übersetzung des Verfassers/der Verfasserin ; Karl-Franzens-Universität Graz, Diplomarbeit, 2018 ; (VLID)2685110
Die demographische Entwicklung und der medizinisch-technische Fortschritt gelten als die beiden wichtigsten Gründe für den Anstieg der Gesundheitsausgaben. Der vorliegende Übersichtsartikel betrachtet den Einfluss der Alterung auf die Gesundheitsausgaben anhand der so genannten Medikalisierungs- und Kompressionsthese und zieht zur Verdeutlichung der Argumentation die Krankheitskosten nach Alter sowie die Leistungsausgaben der Gesetzlichen Krankenversicherung hinzu. Aufgrund der aus der gesetzlichen und der privaten Krankenversicherung folgenden Innovationsanreize ist vom medizinisch-technischen Fortschritt im Vergleich zum allgemeinen technischen Fortschritt eine übermäßige Produktion kostenverursachender Innovationen zu erwarten. Die existierenden Untersuchungen zur Wirkung des medizinisch-technischen Fortschritts auf die Gesundheitsausgaben lassen sich differenzieren in Untersuchungen, die den medizinisch-technischen Fortschritt als Residuum bestimmen, in Untersuchungen, die sich ihm mittels eines Proxies (etwa der Forschungs- und Entwicklungsausgaben) annähern bzw. Untersuchungen, die ihn durch einzelne Beispiele konkretisieren. Der Beitrag endet mit einer kurzen Diskussion einiger gesundheitspolitischer Lösungsansätze zur Verringerung der zu erwartenden wachsenden Diskrepanz zwischen Ausgaben und Einnahmen im Gesundheitswesen. ; Demographic development and technical progress in the health care system are considered as the two major reasons for rising health care expenditures. This paper discusses the influence of aging on health expenditures by focusing on the respective two competing views (expenditures may rise due to increased morbidity and they may stay constant because of smaller costs of mortality at higher age). The argumentation is based on cost-of-illnesses-data and expenditure-data from the German Social Health Insurance. The existence of social and private health insurances causes an overproduction of cost-intensive technical progress in the health system as compared to technical progress in other fields of the economy. The existing studies of the impact of technical progress on health care expenditures can be differentiated in studies treating technical progress as residuum, studies approximating the progress via certain variables such as research and development expenses and studies which focus on specific examples of medical innovations. The paper closes with a discussion of possible regulatory measures to reduce the growing discrepancy between expenditures and revenues in the health care system.
Der vorliegende Essay betrachtet den aktuellen Zulauf zu rechten Politikangeboten aus Sicht einer kritischen Stadtforschung. Mit Blick auf demographische Prozesse – insbesondere Binnenmigration – reflektiert er die These, dass rechte Ideen und Gruppierungen vor allem in ländlichen 'abgehängten Gebieten' eine hohe Zustimmung finden, während als 'kosmopolitisch' und 'modernisierungsbefürwortend' beschriebene großstädtische Lebenswelten dafür weniger empfänglich seien. Unter Bezugnahme auf deutsche wie amerikanische Debatten wird dafür plädiert, die Verräumlichung politischer Einstellung stärker dynamisch und relational zu konzeptualisieren und ein Augenmerk auf kleinräumige Differenzierungen innerhalb von Städten und Regionen zu richten. Damit gerät das emanzipatorische Potential des Munizipalen als politische Bezugsgröße jenseits des Nationalstaates in den Blick.
Das akademische Jahr 2020/21 beschert der deutschen Zivilrechtslehre ein gleich dreifaches Jubiläum: Die Zivilrechtslehrervereinigung begeht ihren siebzigsten Geburtstag mit der vierzigsten Zivilrechtslehrertagung und unter Leitung ihrer ersten weiblichen Vorsitzenden. Zweifellos hat sich die deutsche Zivilistik in den sieben Jahrzehnten ihrer Institutionalisierung erheblich entwickelt. Doch für eine Analyse dieser Entwicklungslinien fehlt es bislang an Rechtstatsachen zum "Mikrokosmos" der Zivilrechtslehre – wie sie für die deutsche Staatsrechtslehre vor einiger Zeit Helmuth Schulze-Fielitz vorgelegt hat. Anlässlich des dreifachen Jubiläums erprobt der vorliegende Beitrag einige Ansätze zur datenbasierten Selbstreflexion der Zivilrechtslehre. Daraus könnten sich nützliche Impulse für die seit längerem eröffnete und unlängst wieder aufgeflammte Diskussion um das "Proprium" der deutschen Zivilrechtswissenschaft ergeben. Auch wenn daraus vielleicht noch nicht gleich eine "Soziologie und Theorie" der Zivilrechtswissenschaft erwächst (wie Schulze-Fielitz es von seinen rechtstatsächlichen "Bausteinen" für das öffentliche Recht erhoffte), mag der empirische Beitrag zum Dreifachjubiläum vielleicht zumindest erste Anregungen zur Selbstvergewisserung der Zivilrechtslehrervereinigung, aber auch der universitären Zivilrechtslehre in Deutschland insgesamt liefern.
Indiens lange Tradition der religiösen Toleranz ist in der Geschichte gut dokumentiert. Es entstanden vier große Weltreligionen: Hinduismus, Buddhismus, Sikhismus und Jainismus. Ebenso lebt in Indien eine beträchtliche Anzahl von Gläubigen der abrahamitischen Religionen, hier vor allem Christentum und Islam. Die religiöse Pluralität in einem Land mit etwa 1,3 Milliarden Menschen ist einzigartig, mit Tausenden ethnischer Gruppen und 22 Amtssprachen. Allerdings ist die säkulare Demokratie des unabhängigen Indien, dessen Verfassung die Religionsfreiheit garantiert, unter Druck geraten.
In diesem Arbeitspapier wird die Hypothese untersucht, dass die gesamtwirtschaftliche Leistungsfähigkeit unter dem Einfluss demographischer und bildungspolitischer Faktoren steht. Als erstes wird ein Überblick über die Entwicklung des Qualifikationsangebots und der Arbeitsproduktivität in Deutschland gegeben. In einem zweiten Schritt werden die stilisierten Fakten dieser Entwicklung mit Hilfe eines modifizierten Wachstumsmodells mit überlappenden Generationen analysiert. Es zeigt, dass Gesellschaften, die mit den Folgen eines demographischen Schocks konfrontiert werden, grundsätzlich zwei Optionen haben. Entweder sie nehmen in Kauf, dass ein geringeres Angebot an Qualifizierten zu weniger Wirtschaftswachstum führt. Oder sie schaffen die notwendigen Anreize dafür, dass das Humankapital einer schrumpfenden und alternden Bevölkerung kontinuierlich aktualisiert und stärker als bisher wachstumswirksamen Verwendungen zugeführt wird. ; This paper addresses the impact of demographic and educational factors on economic growth. First an overview of the market for skills and the evolution of labour productivity in Germany is given. Then the stylized facts of the German case are analyzed using a modified growth model featuring overlapping generations. It is shown that societies facing a demographic shock basically have two options. They either accept the growth-decreasing impact of a reduced supply of skilled labour or they create incentives for a continuous upgrading of the human capital of a shrinking and ageing population and for a growth-enhancing utilization of human resources.
Der demographische Wandel gefährdet die langfristige Tragfähigkeit der öffentlichen Finanzen in Deutschland. Der Beitrag illustriert dies mit Hilfe langfristiger Simulationen der staatlichen Ausgaben für Alterssicherung, Gesundheit und Pflege, Arbeitslose sowie Bildung und Familien, die auf aus heutiger Sicht plausiblen Annahmen beruhen. Auch nach einer in kurz- bis mittelfristiger Perspektive erforderlichen Haushaltskonsolidierung ergibt sich bei unveränderter Fortsetzung der gegenwärtigen Politik in den betrachteten Bereichen eine Tragfähigkeitslücke in Höhe von 3,1% des BIP. Um die Lücke zu schließen, müsste der Primärsaldo im gesamtstaatlichen Haushalt ab sofort und dauerhaft in diesem Maße erhöht werden. In zahlreichen Sensitivitätsanalysen mit geänderten Annahmen, die teilweise auch den Charakter von Risikoszenarien oder Untersuchungen politischer Gegenmaßnahmen haben, variiert die Höhe der Tragfähigkeitslücke. Mit Werten zwischen 1,9% und 6,2% bleibt sie aber stets positiv.
EINLEITUNG: Die im Juni 1999 von 29 europäischen Bildungsministern unterzeichnete Bologna-Declaration stellt die bisher umfassendste Reform der europäischen Ausbildungslandschaft dar. Ziel der Erklärung ist primär die EHEA (European Higher Education Area). Instrumente zur Erreichung dieses Zieles sind europaweite Harmonisierung und Anrechenbarkeit von Ausbildungseinheiten, möglichst bis zum Jahr 2010, zur Steigerung der individuellen und professionellen Mobilität und Arbeitsbefähigung in Europa. ZIELE: Da sich die Umsetzung der politisch motivierten Bologna-Declaration in der medizinischen Ausbildung schwierig gestaltet, untersucht die vorliegende Studie fachimmanente Ausgangsvoraussetzungen in Deutschland, Bulgarien und der Türkei. METHODEN: Die Arbeit dokumentiert und reflektiert zur Abschätzung der Umsetzungswahrscheinlichkeit der Bologna-Declaration die Bedeutung gesundheitsrelevanter Populationsdaten, wie demografische Entwicklungen und Ärtzedichte, setzt diese in Bezug zu Inzidenz- und Mortalitätsdaten, und diskutiert schließlich den Einfluss kultureller, nationaler Gegebenheiten. ERGEBNISSE: Die demografische Entwicklung in den untersuchten Ländern unterscheidet sich maßgeblich. Die Türkei wird in den kommenden Jahren einen erheblichen Bevölkerungszuwachs erfahren, während Deutschland und Bulgarien zunehmend überaltern. Schon hieraus folgern erheblich unterschiedliche Gesundheits- und Krankheitsentwicklungen in den jeweiligen Gesellschaften. Erhebliche Unterschiede bestehen schon jetzt und in Zukunft ebenfalls für die exemplarisch betrachteten Krankheitsbilder Tuberkulose, Malaria, AIDS, Hepatitis B, Ischämische Herzerkrankungen und Colorectales Carcinom. Kursorisch werden die nationalen und kulturellen Verschiedenheiten zwischen etablierten und neuen EU Mitgliedsländern beleuchtet, deren bedeutsame Einflüsse werden deutlich gemacht. SCHLUSSFOLGERUNGEN: Für die Länder Deutschland, Bulgarien und Türkei bestehen in den untersuchten Aspekten erhebliche epidemiolgisch, soziokulturell, politisch, und wirtschaftlich bedingte Unterschiede, welche für eine Umsetzung des Bologna-Prozesses in der medizinischen Ausbildung von tragender Relevanz sind. Um harmonisierte Ausbildungsplanungen im Sinne der Bologna-Declaration zu erzielen und umzusetzen, müssen solche Verschiedenheiten - nicht nur im Gesundheitsbereich - stärker als bisher angedacht, untersucht und berücksichtigt werden. Ohne solche weitergehenden Ausbildungsansätze wird es keine nachhaltig funktional harmonierte EHEA geben können, und der politisch vorgegebene Bologna-Prozess würde aus fachimmanenten und kulturellen Gründen zum Scheitern verurteilt sein.
ISBN 1-55922-050-3 ; The specter of "population explosion" is often invoked today and even to be convinced that it is possible to find in population growth the cause of poverty in many countries. In fact, abusive appeals to demography are often made to confer a kind of scientific justification on programs of action which have heavily ideological connotations. It is therefore necessary to keep in mind the findings of the science of population in order to understand the notably different situations, and to grasp the mechanisms which explain why and in what way demographic changes vary in time and space. These same findings call for an in-depth analysis of development policies. ; Il est encore fréquent que l'on évoque le spectre de l'" explosion démographique " et que l'on croie pouvoir trouver dans la croissance de la population la cause de la pauvreté dans de nombreux pays. En fait, la démographie est souvent invoquée abusivement pour donner une apparence de justification scientifique à des programmes d'action à forte connotation idéologique. Il est donc nécessaire de tenir compte des enseignements de la science de la population pour comprendre la diversité considérable des situations, ainsi que pour saisir les mécanismes expliquant pourquoi et comment les évolutions démographiques varient dans le temps et dans l'espace. Ces enseignements appellent eux-mêmes une analyse attentive des politiques de développement.