Der internationale Liberalismus versteht sich als Förderer und Wegbereiter liberaler und demokratischer Entwicklungen. Er will global zur demokratischen Solidarität zwischen Nord und Süd beitragen. Ein Kennzeichen des Liberalismus ist es, die nationalen Eigenheiten des jeweiligen Landes zu akzeptieren. Im speziellen Fall Lateinamerikas wird der Frage nachgegangen, warum in der Liberalen Internationale die Präsenz Lateinamerikas in ihrer parteipolitischen und auch geographischen Zusammensetzung noch so ungenügend ist. - Urs Schoettli: Vizepräsident von Liberal International (LI). (AuD-Hrn)
Vor dem Hintergrund recht unterschiedlicher Wahlerfolge in der Gegenwart skizziert der Aufsatz die sehr ähnliche Entwicklung, Ideologie und Situation des skandinavischen Liberalismus und fragt nach seiner Zukunft. Seit der Jahrhundertwende ist die Geschichte des organisierten Liberalismus in Dänemark, Norwegen und Schweden gekennzeichnet von einer Reihe von Spaltungen, die entlang von zwei Trennungslinien erfolgten: dem Gegensatz zwischen Stadt und Land und zwischen lutherischer Staatskirche und Freikirchen. Nach 1910 verloren die liberalen Parteien zunehmend an Wählern und wurden zu Minderheitsparteien, die gemeinsam mit Christdemokraten und Bauernparteien um die politische Mitte kämpften. In programmatischer Hinsicht waren die skandinavischen Liberalen eher sozialliberal, sie zielten auf die Entfaltung des Individuums innerhalb des Wohlfahrtsstaats-Systems und unterschieden sich deshalb wohl ideologisch, nicht aber in der Praxis von den Sozialdemokraten. In der Gegenwart besteht das Hauptproblem aller liberalen Parteien darin, von den anderen, besser organisierten und ideologisch geschlosseneren Parteien genügend Wechselwähler zu gewinnen, um das politische Überleben zu sichern. Ob diese auf Dauer zu Stammwählern gemacht werden können, hängt von einer Weiterentwicklung des Sozialliberalismus zu einer "kohärenten Ideologie der Mitte" ab, wie dies ansatzweise bereits in Schweden geschehen ist und zu beachtlichen Wahlerfolgen der Liberalen geführt hat. (JF)
"Phasenverschoben" wird das Verhalten der Liberalen im Frankreich der Julimonarchie und im Deutschland der Reichsgründungszeit gegenüber der Handwerker- und Arbeiterfrage miteinander verglichen und nach den Ursachen für die unterschiedliche Entwicklung gefragt. Gegenstand der Untersuchung sind die Einschätzung und Bewertung des Handwerks durch den Liberalismus sowie die liberalen Initiativen zur Überwindung der sozialen Probleme des Handwerks. Dabei lassen sich für Deutschland in Form der Genossenschaftsbewegung Ansätze zu einer genuin liberalen Sozialpolitik feststellen, die dafür sorgten, daß sich die Handwerker dort mehrheitlich mit dem Liberalismus und seinen Zielen identifizierten und ihn bis weit in die 60er Jahre politisch unterstützten. Dagegen trennten sich in Frankreich, wo die Liberalen den Handwerkern weder beim Wahlrecht noch sozialpolitisch entgegenkamen, schon vor 1840 die Wege von Liberalismus und Handwerkern, die in der republikanischen Partei einen neuen politischen Ansprechpartner fanden. Die Autoren führen die sehr unterschiedliche "Integrationskraft" des Liberalismus nicht auf verschiedene sozialpolitische Orientierungen als vielmehr auf Differenzen in den politischen Rahmenbedingungen zurück: In Deutschland existierte für die Liberalen keine Konkurrenz auf der Linken, zudem verfügten sie vor 1871 mit ihren nationalpolitischen Zielen über ein sehr attraktives und integrierendes politisches Programm. (JF)
In Anlehnung an den englischen Sprachgebrauch wird in dieser Darstellung Ideologie wertfrei im Sinne von "Weltanschauung" oder "Überzeugung" verwandt. Es werden die Ideologien vorgestellt, die im 19. und 20. Jahrhundert in der Politik wirksam waren und Deutschland mitgeprägt haben: Liberalismus, Sozialismus, Konservativismus und die christlich-demokratischen Positionen. (SCH)
Die Aufhebung der deutsch-deutschen Trennungslinie und mit ihr das Ende des Ost-West-Konfliktes belebt die Argumentation über Deutschlands geographische bzw. geopolitische Mittellage zwischen Osten und Westen. Dazu sollen im folgenden Beitrag weniger aktuelle oder historische Strategien oder Modelle diskutiert werden, die Deutschlands Einheit mit den Erfordernissen europäischer Stabilität und dem Wunsch nach Garantien von einem abermals mächtigen Deutschland zur Deckung bringen. Vielmehr wird hier ein Aspekt herausgegriffen und erörtert, der für das Selbstverständnis und die Politik Deutschlands künftig von Relevanz sein wird. Der Topos von Deutschland als der Mitte Europas, aufgetreten bereits in den 80er Jahren, hat im damaligen Umfeld der Friedens- und Protestbewegung - wenn auch ungewollt - eine Wiederholung erfahren. Mit dem Argument, Deutschland sei durch die US-Aufrüstung im Mitteleuropa der 80er Jahre besonders gefährdet, knüpfte die Friedensbewegung an ein altes Stück deutscher Ideologie an. Die Gefahren solcher Argumentation manifestieren sich besonders in der Herauslösung Deutschlands aus dem westeuropäischen Bündnisfeld sowie in der Enttabuisierung des nationalen Gedankenguts. (ICE)
Unter politischen Ideologien werden in dem Beitrag die politischen Weltanschauungen des Liberalismus, des Sozialismus und des Konservatismus im wertneutralen Sinn verstanden. Diesen politischen Grundhaltungen ist je ein Kapitel gewidmet und nur die christlich-demokratische Variante des Konservatismus, wie sie sich in der Weimarer Republik und nach 1945 herauskristallisiert hat, wird in einem gesonderten Kapitel abgehandelt. Referiert werden einerseits Entstehung und typische Denkweisen, andererseits Einfluss und Auswirkungen auf die Gestaltung der Politik, aufgezeigt an den entscheidenden Epochen im 19. und 20. Jh., naemlich an der gescheiterten Revolution 1848/49, an der Bismarck- Aera, an der Weimarer Republik und der Entwicklung nach 1945. Die Uebersicht ueber die Literatur ist in fachwissenschaftliche Sekundaerliteratur und Materialien fuer den Unterricht unterteilt. Unterrichtsgegenstand: Politische Ideologien.
Ausgehend von zeitgenössischen Definitionen analysiert der Vortrag die Rolle des Liberalismus in der Parteipolitik der Dritten Republik um die Jahrhundertwende. Im Mittelpunkt stehen der Vergleich zwischen den verschiedenen Spielarten des bürgerlichen Republikanismus sowie deren Beziehungen untereinander. Der erste Teil skizziert Ideologie und politische Praxis der republikanischen Parteien, wobei sich der Verfasser insbesondere gegen die Auffassung von einer starken parteipolitischen Polarisierung in der gängigen Geschichtsschreibung zur Dritten Republik wendet; anschließend werden die Positionen und politischen Aktionen von gemäßigten Republikanern und Radikalen in der Aufrüstungsdebatte am Vorabend des Ersten Weltkrieges und ein Vergleich zum deutschen Liberalismus gezogen. Es kann dabei gezeigt werden, daß die französischen Liberalen trotz einer eher konservativen Programmatik in der parlamentarischen Praxis zur politischen Mitte hin tendieren und hier immer Kontakt zu den bürgerlichen Linksparteien hielten. Dieser "republikanische Grundkonsens" ging erst nach 1918 verloren, wodurch dann die Stabilität der Dritten Republik unterhöhlt wurde. (JF)
Gesellschaftliche Krisen finden auch in theoretischen Debatten ihren Ausdruck, wie im vorliegenden Beitrag am Beispiel des Liberalismus und des Kommunitarismus dargelegt wird. Die Konzeption des Kommunitarismus entstand Anfang der 80er Jahre in der Kontroverse zwischen amerikanischen Sozial- und Rechtsphilosophen, wie verbindliche Maßstäbe für "Gerechtigkeit" in einer modernen differenzierten Gesellschaft gesetzt bzw. gefunden werden können. Die Vertreter des Liberalismus wollen dies durch formale Verfahren und Fairneßregeln gewährleistet sehen, die gleichsam aufgrund eines Vertrages zwischen Individuen zustande kommen, die nur von ihrem zweckrationalen Kalkül geleitet sind, wie sie ihre Interessen optimal verwirklichen können. Die Kommunitaristen dagegen betonen, daß nur durch den Bezug auf gemeinschaftlich geteilte Werte die Frage nach der gerechten Ordnung einer Gesellschaft sinnvoll entschieden und deren moralische Ansprüche gegenüber dem einzelnen Bürger sinnvoll begründet werden können. Diese sozialphilosophische Diskussion wird von den Autoren in antithetischer Form nachgezeichnet, um so einige Bezüge zu realen Problemen der demokratischen Industriegesellschaften der Gegenwart herausarbeiten zu können. (psz)
"Nach einem gelungenen Friedens- und Transitionsprozess wird Mosambik gerne als afrikanische Erfolgsgeschichte zitiert. Eine Analyse der sozioökonomischen und politischen Situation zeigt jedoch, dass zweistellige Wachstumsraten der Wirtschaft darüber hinwegtäuschen, dass ca. 65 Prozent der Bevölkerung noch immer in absoluter Armut leben und sich die gravierenden regionalen Disparitäten weder durch wirtschaftliche Großprojekte reduzieren noch sich mit diesen eine nachhaltige Entwicklung realisieren lassen wird. Eine politische Kultur, geprägt von neopatrimonialen Netzwerken und durchzogen von Korruption stellt darüber hinaus eine Konsolidierung demokratischer Strukturen verstärkt in Frage. Zunehmende Schwächen der Opposition, sich als politische Alternative zu präsentieren, bergen mittelfristig die Gefahr einer Rückentwicklung" (Autorenreferat)