Die "ausgebeutetsten aller Proletarierinnen": Dienstmädchen in Hamburg vor dem Ersten Weltkrieg
In: Arbeiter in Hamburg: Unterschichten, Arbeiter und Arbeiterbewegung seit dem ausgehenden 18. Jahrhundert, S. 319-329
In dem Beitrag werden die Arbeits- und Lebensverhältnisse der Dienstmädchen in Hamburg während des Kaiserreichs analysiert, um daraus die nur mäßigen Erfolge von sozialdemokratischen und gewerkschaftlichen Organisationsversuchen dieser Berufsgruppe zu erklären. Der Analyse lagen vorwiegend Archivalien aus dem Staatsarchiv Hamburg zugrunde. Neben der quantitativen Entwicklung seit Beginn des 19. Jahrhunderts wurden die qualitativen Veränderungen im Dienstbotenberuf einhergehend mit der ökonomischen Entwicklung und Differenzierung geschlechtsspezifischer Tätigkeitsbereiche beschrieben, die Gesindeordnungen in ihren Auswirkungen auf die Arbeits- und Lebensverhältnisse der Dienstmädchen sowie die Entwicklung der gewerkschaftlich organisierten Dienstbotenbewegung ab Ende des 19. Jahrhunderts dargestellt. War der sozialdemokratisch initiierte "Verein für Dienstmädchen, Wasch- und Scheuerfrauen" in Hamburg hinsichtlich der Mitgliederzahl und seines Modellcharakters für weitere Vereinsgründungen erfolgreich, so mißlangen andererseits Bemühungen um die Entwicklung eines Klassenbewußtseins bei den Dienstmädchen. Der Verein wies hohe Fluktuationsraten auf; das aktive Engagement der Dienstmädchen fehlte. Dies wird erklärt mit dem persönlichen Abhängigkeitsverhältnis im Hausdienst und der hohen Fluktuation im Dienstbotenberuf, der ländlichen Herkunft und konservativen Einstellung des Hauspersonals. (AG)