Das 2007 verabschiedete Altersgrenzenanpassungsgesetz stellt den bisherigen Höhepunkt eines rentenpolitischen Paradigmenwechsels hin zu einem längeren Verbleib im Erwerbsleben dar und geht mit tiefgreifenden Veränderungen und Leistungseinschränkungen für die Versicherten einher. Ein abschlagsfreier Rentenbezug wird künftig für den Großteil der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten erst mit dem Erreichen des 67. Lebensjahres möglich sein. Um Rentenkürzungen bei einem vorzeitigen Renteneintritt und damit teilweise prekäre Einkommensverhältnisse im Alter zu vermeiden, sind Arbeitgeber wie Beschäftigte vor neue Herausforderungen gestellt. Insbesondere für Frauen, die strukturell eine schwächere Position auf dem Arbeitsmarkt einnehmen, bestehen hier spezifische Unterstützungsbedarfe. Vor diesem Hintergrund wurde im Auftrag der Initiative Neue Qualität der Arbeit (INQA) vom Institut für Gerontologie an der Technischen Universität Dortmund in Kooperation mit TNS Infratest 2007 eine bundesweite repräsentative Befragung von 1.800 Arbeitnehmerinnen der Geburtsjahrgänge 1947 bis 1964 durchgeführt, die erstmals von der Anhebung der Altersgrenze ab 2012 betroffen sein werden. Neben strukturellen Daten wurden dabei die Einschätzung der derzeitigen Arbeits- und Weiterarbeitsfähigkeit bis zur Regelaltersgrenze sowie spezifische Arbeitsbedingungen bzw. -belastungen erhoben. Die Ergebnisse der Studie zeigen, dass mehr als 40 % der befragten Arbeitnehmerinnen die Voraussetzungen, ihre derzeitige Tätigkeit bis zur für sie geltenden gesetzlichen Altersgrenze ausüben zu können, negativ beurteilen. Ursachen für eine mäßige bis schlechte individuelle Arbeitsfähigkeit und damit die Gefahr, vorzeitig aus dem Erwerbsleben ausscheiden zu müssen, liegen unter anderem in arbeitsspezifischen Belastungsformen, die wiederum in bestimmten Branchen und Berufsgruppen kumulieren. Die Schaffung alter(n)sgerechter Arbeitsplätze und die Implementierung einer demografi esensiblen und lebenslauforientierten Personalpolitik in den Betrieben können einen Beitrag zur Erhaltung und Förderung der Arbeitsfähigkeit dieser Beschäftigten über den Erwerbsverlauf leisten.
Die individuelle Lage im Alter resultiert aus einem Zusammenspiel von Entwicklungen und Entscheidungen im Lebenslauf mit den Institutionen und Regelungen des Wohlfahrtsstaates. Gegenwärtig durchlaufen sowohl nationale Alterssicherungssysteme als auch individuelle Erwerbsbiografien in modernen Wohlfahrtsstaaten Wandlungs- und Reformprozesse. Vor diesem Hintergrund untersucht die vorliegende Arbeit die sozio-ökonomische Lage älterer Personen in Europa mit Fokus auf das Zusammenspiel von individuellem Lebensverlauf, insbesondere Erwerbsbiografie, und institutionellen Kontextbedingungen von Wohlfahrtsstaat und Rentensystem. Die Arbeit umfasst vier empirische Studien, die auf einem gemeinsamen theoretischen Erklärungsmodell basieren, sich jedoch in Konzeption und Methode unterscheiden. Zur Anwendung kommen Mehrebenanalysen, eine Längsschnittanalyse von zwei Ländern sowie eine explorative Sequenzmusteranalyse. Das theoretische Modell bringt soziologische und sozialpolitische Erklärungsansätze der individuellen Lage im Alter anhand des Konzepts der 'Lebenslaufpolitik' zusammen. Während sich die individuellen Einflussfaktoren in allen Studien auf die Erwerbsbiografie beziehen, variieren die individuellen Ergebnisvariablen. In Kapitel zwei und drei steht die Einkommenslage (Armutsrisiko und Renteneinkommen), in Kapitel vier und fünf die Arbeitsmarktlage (Erwerbsverlauf und Erwerbssituation am Ende der Karriere) im Mittelpunkt. Insgesamt verdeutlichen die Ergebnisse der Arbeit, dass die Wirkung von sozialpolitischen Instrumenten und Institutionen immer erst in Zusammenspiel mit den vorherrschenden Mustern individueller Lebensverläufe deutlich wird. Zudem ist als übergreifendes Ergebnis festzuhalten, dass mögliche negative Auswirkungen von destandardisierten Erwerbsbiografien auf die Lage im Alter durch aktive wohlfahrtsstaatliche Politik, insbesondere bezüglich der Gestaltung des Rentensystems und der Arbeitsmarktpolitik, ausgeglichen werden können.
Das 2007 verabschiedete Altersgrenzenanpassungsgesetz stellt den bisherigen Höhepunkt eines rentenpolitischen Paradigmenwechsels hin zu einem längeren Verbleib im Erwerbsleben dar und geht mit tiefgreifenden Veränderungen und Leistungseinschränkungen für die Versicherten einher. Ein abschlagsfreier Rentenbezug wird künftig für den Großteil der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten erst mit dem Erreichen des 67. Lebensjahres möglich sein. Um Rentenkürzungen bei einem vorzeitigen Renteneintritt und damit teilweise prekäre Einkommensverhältnisse im Alter zu vermeiden, sind Arbeitgeber wie Beschäftigte vor neue Herausforderungen gestellt. Insbesondere für Frauen, die strukturell eine schwächere Position auf dem Arbeitsmarkt einnehmen, bestehen hier spezifische Unterstützungsbedarfe.Vor diesem Hintergrund wurde im Auftrag der Initiative Neue Qualität der Arbeit (INQA) vom Institut für Gerontologie an der Technischen Universität Dortmund in Kooperation mit TNS Infratest 2007 eine bundesweite repräsentative Befragung von 1.800 Arbeitnehmerinnen der Geburtsjahrgänge 1947 bis 1964 durchgeführt, die erstmals von der Anhebung der Altersgrenze ab 2012 betroffen sein werden. Neben strukturellen Daten wurden dabei die Einschätzung der derzeitigen Arbeits- und Weiterarbeitsfähigkeit bis zur Regelaltersgrenze sowie spezifische Arbeitsbedingungen bzw. -belastungen erhoben. Die Ergebnisse der Studie zeigen, dass mehr als 40 % der befragten Arbeitnehmerinnen die Voraussetzungen, ihre derzeitige Tätigkeit bis zur für sie geltenden gesetzlichen Altersgrenze ausüben zu können, negativ beurteilen. Ursachen für eine mäßige bis schlechte individuelle Arbeitsfähigkeit und damit die Gefahr, vorzeitig aus dem Erwerbsleben ausscheiden zu müssen, liegen unter anderem in arbeitsspezifischen Belastungsformen, die wiederum in bestimmten Branchen und Berufsgruppen kumulieren. Die Schaffung alter(n)sgerechter Arbeitsplätze und die Implementierung einer demografiesensiblen und lebenslauforientierten Personalpolitik in den Betrieben können einen Beitrag zur Erhaltung und Förderung der Arbeitsfähigkeit dieser Beschäftigten über den Erwerbsverlauf leisten. ; The Age Limit Adjustment Act, which was adopted in 2007, constitutes a climax in the developments of a paradigm shift in pension policy towards remaining at work for longer. This development entails profound changes and restrictions on benefits for assured persons. In future, many of the insurable employed will not receive a pension without incurring deductions until they reach the age of 67. Both employers and employees are faced with new challenges if they wish to avoid pension reductions in the event of an early retirement and consequently possible precarious incomes at old age. Especially women need particular support in this regard, given that in structural terms, they are in a weaker position on the labour market.Against this background, a representative nationwide survey of 1,800 female workers born between 1947 and 1964 was commissioned by the New Quality of Work Initiative (INQA) and conducted by the Institute of Gerontology at the Technical University of Dortmund in cooperation with TNS Infratest in 2007. These cohorts are to be affected by the increase of the age limit from 2012 onwards. In addition to structural data, this survey studied the respondents' assessment of their current ability to work and to continue to work until reaching the standard age limit. Further, the survey explored specific working conditions and strains of work. The results show that more than 40 % of the female respondents are sceptical about the conditions of being able to continue their current work until reaching their statutory age limit. The only moderate to poor workability and the consequential danger of having to leave work result e.g. from work-related strains which accumulate in certain sectors and professional groups. The creation of appropriate jobs for older workers as well as the implementation of a staff policy in companies, which is sensitive to demographic developments and individual circumstances, can contribute to maintaining and nurturing the workability.
Die vorliegende Strukturanalyse "Personalentwicklung und Weiterbildung 40plus" verfolgt (…) das Ziel, auf Anforderungen und Maßnahmen aufmerksam zu machen, die für eine altersgerechte Qualifizierung und Personalentwicklung förderlich sind und es erleichtern, älter werdende ArbeitnehmerInnen gleichberechtigt mit anderen Beschäftigtengruppen in die betriebliche Personalpolitik zu integrieren und ihre Beschäftigungsaussichten zu verbessern. Zu diesem Zweck werden nach einem einführenden Problemaufriss (Kapitel 1) zunächst die spezifischen betrieblichen Qualifizierungsrisiken, denen ältere ArbeitnehmerInnen ausgesetzt sind, dargestellt (Kapitel 2). Daran anschließend wird näher auf die vorhandenen Konzepte und Modelle zur Qualifikations- und Kompetenzentwicklung im Erwerbsverlauf eingegangen (Kapitel 3). Abschließend werden Fragestellungen formuliert, anhand derer die Umsetzung der vorgestellten Ansätze in der betrieblichen Praxis überprüft bzw. angestoßen werden kann (Kapitel 4). (DIPF/ Orig.)
Das im folgenden vorgestellte Projekt Stabilitäts- und Flexibilitätsorientierungen in ostdeutschen Lebensverläufen wurde am Institut für Soziologie der Universität Leipzig im Rahmen eines Lehrpraktikums durchgeführt. In dem Projekt wurden berufliche Stabilitäts- und Flexibilitätsorientierungen ostdeutscher Beschäftigter vor dem Hintergrund individueller Ressourcen und Gelegenheitsstrukturen untersucht. Anhand von 68 biographischen Interviews älterer und jüngerer Kohorten sollte gezeigt werden, in welchem Maße individuelle Merkmale sowie familiäre, arbeitsmarktliche, sozialpolitische und betriebliche Gelegenheitsstrukturen die individuellen Handlungsorientierungen beeinflussen. Vor dem Hintergrund der \"Entstandardisierung\" von Lebenslaufmustern und der \"Flexibilisierung\" von Erwerbsverläufen wurde dabei nach den Ursachen und Veränderungen kohortenspezifischer Unterscheidungen berufsbiographischer Entwürfe gefragt.:Vorbemerkung; Stabilität und Flexibilität im Lebensverlauf; Analytisches Modell und methodisches Vorgehen; Ergebnisse; Bewältigungsstrategien – Eine Zusammenfassung; Literatur, Anhang
Die Lebenserwartung der deutschen Bevölkerung steigt nicht nur im Zeitverlauf, sondern divergiert auch innerhalb der Jahrgänge zunehmend. Untersuchungen auf Basis von Administrativdaten der deutschen Rentenversicherung für westdeutsche, männliche Arbeitnehmer erlauben Rückschlüsse darauf, wie sich deren Lebenserwartung entwickelt, je nachdem wieviel Lohneinkommen über den Erwerbsverlauf erzielt wurde. Die Lebenserwartung der Geburtsjahrgänge 1926 bis 1928 liegt im Alter von 65 im obersten Lebenslohndezil vier Jahre höher als im untersten Dezil. Dieser Unterschied vergrößert sich auf sieben Jahre für die Geburtsjahrgänge 1947 bis 1949. Aufgrund der unterschiedlichen erwarteten Rentenbezugsdauer ergeben sich daraus relevante Verteilungswirkungen in der Gesetzlichen Rentenversicherung. Westdeutsche Arbeitnehmer können umso mehr Rentenzahlungen im Verhältnis zu ihren geleisteten Beiträgen erwarten, je mehr Lohneinkommen sie erzielt haben. Dass Menschen mit niedrigen Löhnen nicht nur weniger, sondern aufgrund der geringeren Lebenserwartung kürzer Rente beziehen, widerspricht dem Äquivalenzprinzip der deutschen Rentenversicherung und ist ein Argument für eine Aufwertung geringer Rentenansprüche, wie es aktuell politisch diskutiert wird.
Die Lebenserwartung der deutschen Bevölkerung steigt nicht nur im Zeitverlauf, sondern divergiert auch innerhalb der Jahrgänge zunehmend. Untersuchungen auf Basis von Administrativdaten der deutschen Rentenversicherung für westdeutsche, männliche Arbeitnehmer erlauben Rückschlüsse darauf, wie sich deren Lebenserwartung entwickelt, je nachdem wieviel Lohneinkommen über den Erwerbsverlauf erzielt wurde. Die Lebenserwartung der Geburtsjahrgänge 1926 bis 1928 liegt im Alter von 65 im obersten Lebenslohndezil vier Jahre höher als im untersten Dezil. Dieser Unterschied vergrößert sich auf sieben Jahre für die Geburtsjahrgänge 1947 bis 1949. Aufgrund der unterschiedlichen erwarteten Rentenbezugsdauer ergeben sich daraus relevante Verteilungswirkungen in der Gesetzlichen Rentenversicherung. Westdeutsche Arbeitnehmer können umso mehr Rentenzahlungen im Verhältnis zu ihren geleisteten Beiträgen erwarten, je mehr Lohneinkommen sie erzielt haben. Dass Menschen mit niedrigen Löhnen nicht nur weniger, sondern aufgrund der geringeren Lebenserwartung kürzer Rente beziehen, widerspricht dem Äquivalenzprinzip der deutschen Rentenversicherung und ist ein Argument für eine Aufwertung geringer Rentenansprüche, wie es aktuell politisch diskutiert wird.
How parents respond to changes in the price of childcare is an important, though not fully understood, public policy question. Our paper provides newcomprehensive evidence on howa home care subsidy jointly affects maternal labour market outcomes, childcare choices, and children's development. We examine a German reform from 2013 which introduced a home care subsidy of initially 100 Euros per month for families who do not use subsidised childcare. Exploiting a date-of-birth cut-off in eligibility and using administrative data on employment and child development alongside survey data on childcare usage, we show that the reform reduced mothers' likelihood to return to work within three years by only 1.4 percentage points, but decreased childcare enrolment for one- and two-year olds by 5 percentage points. We find no effect on children's skill development at age six. Our findings imply that the subsidy accrued almost completely as windfall gains to families whowould not have used formal childcare anyway. ; Wie Familien auf Kinderbetreuungskosten reagieren, ist für viele Politikentscheidungen relevant. Diese Studie untersucht daher die Effekte des 2013 bundesweit eingeführten Betreuungsgelds für Familien mit Kindern unter drei Jahren, die keine öffentlich geförderte Kinderbetreuung besuchen, auf die Erwerbsverläufe der Mütter, den Besuch geförderter Kinderbetreuung und die Fähigkeiten der Kinder. Administrative Daten zu den Erwerbsverläufen der Mütter und zur späteren Schuleignung der Kinder kombiniert die Studie mit Befragungsdaten zum Besuch geförderter Kinderbetreuung. Die Möglichkeit, Betreuungsgeld zu beziehen, verringerte den Anteil der Mütter, die innerhalb von drei Jahren nach der Geburt in Beschäftigung zurückkehren, um 1,4 Prozentpunkte. Der Anteil der Kinder, die im Alter von einem und zwei Jahren eine geförderte Kinderbetreuung besuchen, sank um etwa fünf Prozentpunkte. Es zeigen sich keine Effekte auf die Schuleignung der Kinder. Insgesamt flossen die Ausgaben für das Betreuungsgeld größtenteils Familien zu, die auch ohne das Betreuungsgeld keine geförderte Kinderbetreuung genutzt hätten.
In this paper, I examine how family related employment interruptions for women in the FRG (Federal Republic of Germany) and the GDR (German Democratic Republic) looked like in the period prior to German reunification. Furthermore, I investigate how career interruptions developed after the German reunification in the old and new states and whether a convergence of re-entry behaviour can be observed. Following research questions are addressed: Which factors are more important: attitudes towards the employment of mothers, which were transferred through socialisation in childhood and adolescence, or institutional arrangements shaped by parental leave regulations? Based on data from the IAB ALWA study ('Working and Learning in a Changing World') the results show that even twenty years after the German reunification, significant differences between women in East and West Germany are found to exist with respect to family related employment interruptions. These interruptions are subject to strong institutional control. Women who were raised in the GDR and moved to one of the old federal states after the reunification do not behave differently than West German women. This result suggests that institutional arrangements including for example also childcare availability are more important for re-entry behaviour than socialisation. However, the results must be interpreted carefully: it could be that the willingness to move of East German women is also influenced by socialisation. ; In diesem Beitrag wird der Frage nachgegangen, wie sich familienbedingte Erwerbsunterbrechungen aufgrund der Geburt von Kindern vor der Wiedervereinigung in der Bundesrepublik und der DDR gestaltet haben. Weiterhin wird untersucht, wie sich Unterbrechungen nach der Wiedervereinigung in den alten und neuen Bundesländern entwickelt haben, und ob eine Annäherung des Wiedereinstiegsverhaltens stattgefunden hat. Folgende Forschungsfragen werden gestellt: Welche Faktoren sind wichtiger: Einstellungen zur Erwerbstätigkeit von Müttern, die durch die Sozialisation in Kindheit und Jugend weitergegeben wurden oder die institutionelle Ordnung, die durch Elternzeitregelungen beeinflusst wurde? Die Ergebnisse auf Basis der Lebensverlaufsstudie Arbeiten und Lernen im Wandel (ALWA) des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) zeigen, dass auch zwanzig Jahre nach der deutschen Wiedervereinigung deutliche Unterschiede zwischen Frauen in Ost- und Westdeutschland bezüglich der Dauer von familienbedingten Erwerbsunterbrechungen existieren. Familienbedingte Erwerbsunterbrechungen unterliegen einer starken institutionellen Steuerung. Frauen, die in der DDR aufgewachsen sind und nach der Wiedervereinigung in den Westen gezogen sind verhalten sich nicht anders als westdeutsche Frauen. Die deutet darauf hin, dass institutionelle Regelungen eine stärkere Bedeutung für das Wiedereinstiegsverhalten haben als Sozialisationsaspekte. Allerdings müssen die Ergebnisse mit einiger Vorsicht interpretiert werden. Es könnte sein, dass die Umzugsbereitschaft ostdeutscher Frauen ebenfalls durch die Sozialisation beeinflusst wird.
Wie können nun die vielfältigen Ergebnisse zur Einkommens- und Vermögensverteilung im Hinblick auf die Frage, ob es eine soziale Polarisierungstendenz gibt, zusammengefaßt werden? Angesichts des unklaren Begriffs der Polarisierung und der begrenzten Aussagekraft des Datenmaterials ist dies schwierig, zumal die empirische Analyse nicht nur Fragen beantwortet, sondern auch neue Fragen aufgeworfen hat und die vorliegenden Daten nicht sehr zeitnah sind. Trotz aller Einschränkungen lassen sich aber vielfältige Anzeichen einer Auseinanderentwicklung der Lebensverhältnisse einzelner Bevölkerungsgruppen feststellen. Diese äußern sich weniger in zusammenfassenden Verteilungsmaßen wie beispielsweise dem Gini-Koeffizienten als vielmehr in disaggregierten Betrachtungsweisen. So hat in Westdeutschland zwischen 1978 und 1993 sowohl der Bevölkerungsanteil, der in relativer Einkommensarmut lebt, als auch der Anteil der Reichen zugenommen. Dies könnte man als Polarisierungstendenz bezeichnen, wenn man Polarisierung allgemein als Prozeß der Herausbildung bzw. Vergrößerung von zwei weit auseinanderliegenden Einkommensgruppen versteht.32 Von der zunehmenden relativen Verarmung sind hauptsächlich Arbeitslosenhaushalte sowie Familien mit Kindern, insbesondere Alleinerziehende, betroffen, steigende gruppenspezifische Reichtumsquoten sind vorwiegend bei Selbständigen-, Angestellten- und Beamtenhaushalten sowie bei Paaren ohne Kinder zu beobachten. Die Gruppen der Alleinstehenden sind sehr heterogen, da sich hier sowohl überdurchschnittliche Armuts- als auch - mit Ausnahme der alleinstehenden älteren Frauen - überdurchschnittliche Reichtumsquoten zeigen; die Armutsquoten der jüngeren Alleinstehenden, insbesondere der Frauen, sind im Beobachtungszeitraum aber drastisch gestiegen, die Reichtumsquoten bei allen Alleinstehenden tendenziell gesunken. Neben diesen Tendenzen beinhaltet das nach wie vor starke West-Ost-Gefälle im Lebensstandard ein nicht zu unterschätzendes gesellschaftliches Spannungs- und Spaltungspotential. Die große Ungleichheit in der Einkommensverteilung wird von der Vermögensverteilung bei weitem übertroffen. Wenn man sich auf das Nettogrund- und Nettogeldvermögen (ausschließlich Zeitwerte der Kapitalversicherungsguthaben) beschränkt, verfügten 1988 die obersten 10% der Haushalte über fast die Hälfte des Gesamtvermögens, während die untere Hälfte der Haushalte weniger als 4% des Gesamtvermögens besaß. Diese krassen Gegensätze zeigen sich, obwohl die reichsten Haushalte in der Datenbasis nicht erfaßt sind. Für die Entwicklung der Konzentration der Vermögen zeigt sich im Zeitablauf keine eindeutige Tendenz. Die Ergebnisse für einzelne Jahre sind wegen unterschiedlicher Begriffsabgrenzungen nicht unmittelbar vergleichbar, die Erfassung des Vermögens ist generell unvollständig. In der Literatur wird eher von einer zunehmenden denn von einer abnehmenden Konzentration ausgegangen. Die bisher vorliegenden empirischen Verteilungsergebnisse decken allenfalls den Zeitraum bis 1993 ab. Seither hat sich die gesamtwirtschaftliche Situation aber deutlich verschlechtert. Die andauernden Arbeitsmarktprobleme und Kürzungen im Sozialleistungsbereich einerseits sowie "explodierende" Aktienkurse andererseits bergen zunehmende Gefahren einer nachhaltigen Spaltung der Gesellschaft. Es ist zu befürchten, daß unstetige Erwerbsverläufe mit der Folge unzureichender Sozialversicherungsansprüche künftig noch häufiger vorkommen werden und daß die Ungleichheit der Arbeitnehmereinkommen - auch durch die beobachtbare Zunahme untertariflicher Bezahlungen - steigen wird mit der Folge einer weiteren Verarmung insbesondere von Familien mit Kindern. Hinzu kommt, daß die von längerer Arbeitslosigkeit betroffenen Haushalte ihre Vermögensbestände aufzehren müssen oder sich gar verschulden, so daß ein Wiederaufstieg deutlich erschwert wird und auch die Vermögensverteilung noch ungleichmäßiger werden dürfte. Der Verteilungskonflikt wird sich darüber hinaus durch die in Gegenwart und Zukunft zu erwartenden Vererbungsvorgänge verschärfen. Hiervon profitieren nicht alle Haushalte gleichermaßen. Aufgrund sinkender Kinderzahlen ist mit einer Kumulierung von Vermögenswerten zu rechnen.33 Die in einigen politischen Kreisen befürwortete stärkere Einbeziehung der privaten Vermögensbestände zur Risikovorsorge, insbesondere für das Alter, ist angesichts der starken Vermögenskonzentration für den größten Teil der Bevölkerung wohl kaum eine realistische Alternative.
Over the past decades population aging put retirement policies at the center of political debate and academic research. Women are at a higher risk of poverty in retirement across advanced societies and therefore a key target group for social policy. Yet, retirement research has largely concentrated on how employment histories determine labor market exit of men. In a comparison of West Germany and the United Kingdom this thesis addresses how gender inequality in old age emerges over the life course and which role institutions play in this process. Two main arguments are put forward. To advance our understanding of gender inequality in retirement it is necessary to (1) develop alternative retirement measures beyond labor force exit, and (2) include family events over the life course as predictors of retirement outcomes. Based on the conceptual foundation of differential life course sociology alternative measures of retirement are proposed and empirically explored with recent advances in sequence analysis. Divorce and child care periods are included as determinants of retirement outcomes in event history analysis. Based on household panel data, results from both methodological approaches underline the power of pension institutions in shaping retirement processes and pension consequences of family events. The thesis concludes that changing family arrangements call for a shift in the design of pension systems to compensate not only full employment histories of male breadwinners, but diversified work life histories of men and women. ; Das Thema Verrentung ist mit fortschreitender Bevölkerungsalterung immer mehr in das Zentrum politischer und akademischer Debatten gerückt. Frauen sind in praktisch allen fortgeschrittenen Gesellschaften einem höheren Armutsrisiko im Alter ausgesetzt und deshalb eine zentrale Zielgruppe für die Sozialpolitik. Dennoch beschränken sich wissenschaftliche Analysen zur Rententhematik bisher überwiegend darauf, wie Berufsverläufe den Arbeitsmarktaustritt von Männern beeinflussen. Die vorliegende Dissertation untersucht im Vergleich von Westdeutschland und Grossbritanien, wie Ungleichheit zwischen den Geschlechtern im Alter über den Lebenslauf entsteht und welche Rolle Wohlfahrtsstaatsinstitutionen dabei spielen. Die Untersuchung basiert auf zwei zentralen Argumenten: Um geschlechtsspezifische Ungleichheit im Alter besser zu verstehen, ist es notwendig: (1) über das Kriterium des Arbeitsmarktaustritts hinaus neue Konzepte der Verrentung zu entwickeln und (2) Familienereignisse über den Lebenslauf als Determinanten der Verrentung mit einzubeziehen. Im Rahmen einer differentiellen Lebenslaufsoziologie entwickelt die vorliegende Arbeit ein alternatives Konzept von Verrentung als Prozess, welches empirisch mittels neuer Entwicklungen der Sequenzanalyse untersucht wird. Scheidung und Kindererziehungszeiten als Determinanten der Verrentung werden mittels Ereignisdatenanalyse untersucht. Die Ergebnisse beider methodischer Ansätze unterstreichen den Einfluss von Wohlfahrtsstaatsinstitutionen auf die Beziehung zwischen Familienbiographien und Verrentungsprozessen. Als Schlussfolgerung ergibt sich, dass veränderte Familienstrukturen neue Renteninstitutionen erfordern, die nicht nur kontinuierliche Erwerbsverläufe von Männern, sondern diverse Erwerbs- und Familienbiographien von Frauen und Männern absichern.
Ökonomischer Unabhängigkeit, die insbesondere durch die Aufnahme einer ersten Erwerbstätigkeit im Lebensverlauf markiert wird, kommt auch für Prozesse der Familienbildung eine wichtige Rolle zu. Männer sind häufig nicht mehr die Alleinversorger der Familie. Hingegen gewinnt die Erwerbstätigkeit der Frau durch Veränderungen auf dem Arbeitsmarkt sowie zunehmende Bildungs- und Erwerbsbeteiligung an Bedeutung. Es kann deshalb erwartet werden, dass die Aufnahme einer Erwerbstätigkeit bei Frauen den Zeitpunkt der ersten Eheschließung - zumindest unter marktwirtschaftlichen Bedingungen - beeinflusst. Ziel des vorliegenden Beitrages ist es, diese Annahme empirisch für Deutschland zu überprüfen unter besonderer Berücksichtigung der speziellen gesellschaftlichen Kontexte der ehemaligen DDR und BRD. Dafür vergleichen wir die Erwerbs- und Heiratsverläufe von zwischen 1944 und 1988 geborenen ost- und westdeutschen Frauen über fünf Geburtskohorten.