Dreieinhalb Jahrzehnte verlassen - zur Entstehung des neuen Selbstbewußtseins der Sinti
In: Zeitschrift für Kultur-Austausch, Band 31, Heft 4, S. 411-422
ISSN: 0044-2976
Die Diskriminierung der Sinti und Roma und Repressionsmaßnahmen von Polizei und Behörden setzten sich auch nach dem Zusammenbruch des Drittes Reiches in der Bundesrepublik fort. Vor allem die "geteilte Moral der Wiedergutmachung", die die Verfolgung von Roma und Sinti als "kriminalpräventive Maßnahme" ansah und rassistische Motivationen leugnete, schuf die Basis einer fortgesetzten Diskriminierung dieser ethnischen Minderheiten. Seit Ende der siebziger Jahre ist eine Bürgerrechtsbewegung der Sinti und Roma entstanden, die vor allem vom Verband Deutscher Sinti und der Gesellschaft für bedrohte Völker getragen wird. In einem Memorandum von 1979 fordern diese Organisationen das Eingeständnis des nationalsozialistischen Völkermordes durch die Bundesregierung sowie angemessene individuelle und kollektive Wiedergutmachung. Darüber hinaus wenden sie sich gegen die Kontinuität rassistischer Positionen in der bundesdeutschen Tziganologie, wie sie nicht nur von den "Rasseideologen" H. Arnold und S. Ehrhardt, sondern auch von den Mitarbeitern des "Projekt Tziganologie" der Universität Gießen M. Münzel und B. Streck verköpert wird. Nationalsozialistische Rassenideologien fließen über die Mitarbeit H. Arnolds auch in offizielle Publikationen des Bundesfamilienministeriums zur "Zigeunerfrage" ein. Aus grundsätzlichen Erwägungen lehnt die Sinti-Bürgerrechtsbewegung eine Zuständigkeit des Bundesfamilienministeriums generell ab und bemüht sich um Kontakte zum Innenministerium. (WZ)