Sammelrezension von: 1. Birgit Becker / David Reimer (Hrsg.): Vom Kindergarten bis zur Hochschule. Die Generierung von ethnischen und sozialen Disparitäten in der Bildungsbiographie. Wiesbaden: VS Verlag für Sozialwissenschaften 2009 (316 S.; ISBN 978-3-5311-6224-9; 39,95 EUR); 2. Heinz-Hermann Krüger / Ursula Rabe-Kleberg / Rolf-Torsten Kramer / Jürgen Budde (Hrsg.): Bildungsungleichheit revisited. Bildung und soziale Ungleichheit vom Kindergarten bis zur Hochschule. Wiesbaden: VS Verlag für Sozialwissenschaften 29,9 (324 S.; ISBN 978-3-5311-6672-8; 29,95 EUR).
This book analyses the ways collective, especially ethnic identities are constructed and reconstructed in modern societies. It argues that these construction processes and the relative stability of many of these groups can only be understood if linked to their relation to the cultural fabric of a community. Here, the use and identification with cultural objects in widespread use (Weber´s Massenkulturgut, e.g. language and religion) is of crucial importance. These objects fulfil a variety of vital functions at individual and group level e.g. for language in framing the way the world is experienced, the importance of mass communication for community building, (written) language as ´cultural capital´ being a prerequisite for success in the industrialised world etc. They account for the stability of ethnic communities even if the culture that often allegedly binds them together (shared history, customs and so on) may rapidly change or even be invented.The analysis is then expanded to the present postcolonial situation where ethnic communities are crossing national borders and the feeling of belonging is being displayed in transnational spaces. On this basis, the question of ethnic and minority rights is reconsidered. ´Hard´ constructivist positions of ethnic identity tend to have problems in advocating group rights, e.g. for immigrant groups, as in this framework ethnic identity does not differ greatly from membership of other groups. The position developed in this book may help to solve this dilemma as it argues that whilst constructed, ethnic identity is not freely chosen, the roots of its persistency being deeply interwoven within the organisation of modern societies.Finally, the theoretical approach is used to analyse the role of mass communications for the Turkish minority in Germany. It is argued that, in contrary to political fears, the sometimes explicit attempt of linking this minority to Turkey does not form an obstacle to integration into German society.
Als Sri Lanka 1948 die Unabhängigkeit erlangte, übernahm es als Vermächtnis der Kolonialherrschaft ein zentralisiertes politisches Verwaltungssystem. Und obwohl dieses System große Widerstände erzeugte und Entwicklungshemmnisse mit sich brachte, die von den Politikern der nachfolgenden Regierungen öffentlich beklagt wurden, hat sich bis heute nichts geändert. T. A. S. Vimalan plädiert in unserem Artikel für eine dezentralere Regierungsverantwortung und eine lokale Verwaltungshoheit.
U članku predstavljam analizu odziva slovenske osnovne škole na prisutnost različitih etničkih skupina i zajednica u slovenskom prostoru. Zanima me reagira li osnovnoškolski sustav u smislu suvremenog shvaćanja interkulturalnosti i teži li prema omogućavanju jednakih mogućnosti za "autohtone" i "novodobne" manjine. Analiza je potvrdila hipotezu da se u javnoj slovenskoj osnovnoj školi vodi asimilacijska, a ne integracijska školska politika, što etničkim manjinama onemogućuje ravnopravan obrazovni razvoj. Integracija je izražena više deklarativno nego u zbilji. ; In this article we present the analysis of Slovenian elementary school's response to the presence of different ethnic groups and communities in Slovenia. Does the elementary school system react along the lines of contemporary concept of interculturality and does it seek to enable equal opportunities for "native" and "new" minorities. The analysis confirmed the hypothesis that Slovenian public elementary schools implement the assimilative and not the integrative school politics, which prevents the ethnic minorities to achieve equal educational development. The integration is more declarative than real. ; In diesem Artikel wird eine Analyse vorgenommen, die sich mit der Reaktion der slowenischen Grund schule auf die Anwesenheit verschiedener Volksgruppen und ethnischer Gemeinschaften in Slowenien beschäftigt. Dabei stellte ich mir die Frage, ob das slowenische Grundschulsystem moderne interkulturelle Ansätze aufnimmt und sich um die Chancengleichheit "autochtoner" und "neuzeitlicher" Minderheiten bemüht. Die Analyse hat meine Ausgangshypothese bestätigt, dass an den öffentlichen slowenischen Grundschulen eine assimilatorische, und nicht integrative Schulpolitik betrieben wird, wodurch ethnische Minderheiten an einer gleichberechtigten Entfaltung und Ausbildung gehindert werden. Die Integration findet nur deklarativ, und nicht im Schulalltag statt.
Wie in den Nachrichten berichtet wird, ist der Anteil der Armen an der Gesamtbevölkerung im Zeitraum 1992/93 bis 1998/99 deutlich zurückgegangen. Wenn über die Zahlen auch Uneinigkeit besteht, stimmen die vietnamesische Regierung und die UNDP doch darin überein, daß »Mitglieder ethnischer Minoritäten wahrscheinlich eher arm sind und unter Unterernährung leiden, während Frauen wegen ihres Geschlechts gehindert werden bessere Arbeit oder Kredite zu bekommen«. (BP 19.10.99, S. 5)
Das 19. Jahrhundert erweist sich seit einigen Jahren als begehrtes Forschungsfeld deutschsprachiger Theaterhistoriographie. Peter Marx, seit kurzem Professor am Institut für Theaterwissenschaft in Bern, legt mit seinem über 400 Seiten starken Band eine Arbeit vor, die – wie er schreibt – das Resümee seiner langjährigen Forschungen zu eben jener Epoche ausmacht. Ein theatralisches Zeitalter gilt es zu entdecken und zu kartographieren. Im Zentrum dieser "Forschungsreise-Aufzeichnungen" aus Deutschland stehen bürgerliche Illusionen im und Projektionen auf das Theater. Bewusst arbeitet Marx mit dem in die Umgangssprache eingegangenen Begriff "theatralisch", da sich gerade im alltäglichen Gebrauch eben jenes "Zur-Schau-Stellen" offenbart, das über die Bühne hinaus verweist. "Denn die hier behauptete kulturelle Zentralstellung von Theater und theatralen Praktiken wird sich schließlich nur dann einlösen lassen, wenn es gelingt, die Wechselwirkungen und Verwindungen unterschiedlicher Gesellschafts- und Lebensbereiche nachzuzeichnen." (S. 44f.) Diesen Begriff des Theatralischen setzt Marx einem Diskurs von Öffentlichkeit entgegen, in dem von kulturpessimistischem Gestus getragen, gerade das Massenhafte und Populäre als Zeichen des Verlusts eines idealistischen Öffentlichkeitsbegriffs gedeutet wurde. Aber, so Marx, eben das Warenhafte und der Konsum von Kultur, seien ein "Akt kultureller Teilhabe" (S. 46), das Theatralische "Ausdruck und Katalysator sozialer Mobilität". (S. 47) Öffentlichkeit wird bei ihm dezidiert als nicht mehr idealistisch besetzter Begriff gedeutet. "Um 1900" ist ein ebenfalls bewusst gesetzter, unscharfer zeitlicher Rahmen, das sogenannte bürgerliche Jahrhundert wird als Spannungsfeld zwischen den Konstruktionen von Bürgerlichkeit und Ethnizität in nationalstaatlichen Konzepten angeordnet. So stellt eine wesentliche historiographische Grundlage die These von Shulamit Volkov dar, die Antisemitismus als "sozialen Code" definiert und fordert, "dass es der Anspruch einer umfassenden Historiographie sein müsse, die Auseinandersetzungen von Majorität und minoritären Gruppen nicht länger als 'Sonderfall' zu begreifen, sondern als konstitutiven Bestandteil von Geschichte." (S. 49) Unter dieser Prämisse untersucht Marx die kulturelle Funktion und Bedeutung des Theaters für affirmative Identifikationsangebote bzw. für gesellschaftliche und identifikatorische Gegenentwürfe. Der Bereitwilligkeit des bürgerlichen Publikums bzw. der bürgerlichen Gesellschaft, sich täuschen zu lassen, ist das einleitende Kapitel über den Hochstapler Harry Domela gewidmet, der als "falscher Prinz" in den gehobenen Kreisen Deutschlands reüssierte. Der Hochstapler als Projektionsfläche für die Sehnsüchte der Anderen stellt die Verdichtung der Bedeutungsebenen von Theater und Schauspielkunst für identitätspolitische Konstruktionen des 20. Jahrhunderts dar. Demzufolge analysiert Marx paradigmatische Rollen und ihre Verkörperungen, wie Schillers Wilhelm Tell, Lessings Nathan der Weise und Shakespeares Shylock im Kaufmann von Venedig. Es geht ihm dabei darum, Teile eines "kollektiven Imaginären" zu untersuchen, indem er das Verhältnis von Theater und kanonischer Literatur analysiert. Der Bühnengenealogie des Tell als Affirmationsangebot werden Bühnengenealogien des Shylock und Nathan als Exklusion, als "Fremd-Bilder" entgegen gestellt. Interpretationen des Tell durch Schauspieler wie Hans Marr (in der Folge dann Attila Hörbiger und Heinrich George) als Projektionen eines germanischen Urgrunds von Männlichkeit sind angeordnet neben Leopold Jessners Versuch von 1919 – mit Fritz Kortner als Gessler und Albert Bassermann als Tell –, diese nationalistisch motivierte Kanonisierung zu durchbrechen. Die Genealogie der "Judenrollen" Shylock und Nathan, die Marx analysiert, wird anhand der jüdischen Burgschauspieler Bogumil Dawison und Adolf von Sonnenthal erläutert. Ihre Schauspielkunst wurde unter dieser "ethnischen" Prämisse rezipiert. Die Folie dafür bietet Ludwig Devrients Interpretation der "Judenrollen" aus dem frühen 19. Jahrhundert, deren stereotypisierte Stilisierung in Körperausdruck (gebückt) und Stimme ("Mauscheln") zum antisemitischen Bühnenkanon von Shylock- und Nathan-Darstellungen avancierte. Dawison galt beispielsweise für Karl Emil Franzos als Vorzeigepersönlichkeit für gelungene Assimilation, dessen "Ethnie" als paradigmatisches Zeichen in die Geschichte der Schauspielkunst einfloss. Als geniale Spielart des "Dämonischen", bereichert um das "Fremde", andere "Blut" werden Dawisons Shakespearedarstellungen etwa von Adolf Winds in seiner Entwicklungsgeschichte des Schauspielers 1919 gewürdigt. Allerdings sei Dawisons Schauspielstil laut Winds – eben aufgrund dieser "ethnischen", rassistischen Argumentation – für den deutschen Dichterheros Schiller ungeeignet. Im Übrigen eine Argumentationslinie, die dann der NS-Wissenschaftler Heinz Kindermann in seinem Burgtheaterbuch 1939 übernahm und als dezidiert "rassisch-volkhafte" Theatergeschichtsschreibung betrieb. Marx interessiert, wie jüdische Bühnenrollen im Verlauf des 19. Jahrhunderts in den Kanon bürgerlichen Bildungstheaters integriert wurden. Diese Integration erfolgte stets "um den Preis des Verschwindens der jüdischen Identität der Figuren, die nur noch als Metapher einer sozialen oder psychologischen Situation verstanden wurden, aber nicht mehr den Anspruch auf Eigenständigkeit erheben konnten." (S. 157) Mit den Shylocks von Rudolf Schildkraut und Alexander Granach widmet sich Marx den nächsten Generationen. Eine Gegenbewegung ist festzustellen, nämlich die Suche nach und die Manifestationen von "authentischer" jüdischer Identität. Die Interpretationen eines Schauspielers wie Werner Krauß - dessen antisemitische Stereotype in Veit Harlans Jud Süß (1940) beispiellos den Zusammenhang von Holocaust und Schauspielkunst vorführte - werden untersucht mit Blick auf die Frage, inwiefern sich bereits 1921 in Max Reinhardts Kaufmann von Venedig-Inszenierung im Großen Schauspielhaus in Berlin diese stereotype antisemitische Gestaltung durch Krauß nachweisen lässt. Mit Fritz Kortner, "Inbegriff jüdischer Teilhabe an den Bemühungen um eine neue, republikanische Kultur" (S. 193) und dadurch prominentes Ziel antisemitischer, nationaler Angriffe, beendet Marx den Abschnitt "Kanon und Politik". Durch Peter Marx' genealogische Darstellung von Kanonisierung wird ein weiteres Desiderat, nämlich die Analyse populärkultureller Phänomene, abgedeckt. Dem ethnischen Diskurs um 1900 fügt Marx eine bisher kaum beachtete Spielart hinzu, Produktionen von Bauerntheatern, wie den "Münchenern" und den "Schlierseern". Von Interesse ist hier ihr Beitrag zur ethnischen Identitätskonstruktion, verortet in "Heimat und sozialer Gemeinschaft". (S. 219) Subsumieren lassen sich diese Formen als Manifestationen der Antimoderne in einer urbanen Gesellschaft. Auch hier finden sich die Antagonismen des "Eigenen, Ursprünglichen" und "Fremden" bzw. der Nachweis, wie sehr sich diese Imaginationen vom "Authentischen" bedingen. Als weitere Beispiele für die Suche nach "Authentizität" zieht Marx den Zirkus und Völkerschauen heran. Parallel dazu werden theatrale Praktiken und dazugehörige Theatergebäude der großstädtischen Moderne beispielhaft vorgestellt. Mit den Begriffen "Schauwert" und "Schaulust" werden sowohl die Warenhaftigkeit des Konsumguts "Theater" als auch eine am Warenhaus geschulte Rezeption zusammengedacht. Dies stellt die Basis für einen Theater-Spektakelbegriff dar, der als einprägsames Zeichen des theatralischen Zeitalters gelten muss. So schließt dieser Band, an dessen Anfang die Selbstinszenierung des Hochstaplers als Repräsentant der Macht stand, mit der spektakelhaften Inszenierung von Macht, die Marx am Beispiel von Willhelm II. nachweist. Ein theatralisches Zeitalter führt Theaterhistoriographie jenseits der Prämisse teleologischer Entwicklungsphantasien vor, beugt sich auch nicht einem auf die Gründung der Nationalstaaten rekurrierenden Geschichtsbegriff, sondern arbeitet Widersprüche und Konflikte heraus, stellt Brüche zur Schau, um der "Polyphonie kultureller Selbstverortungen" (S. 49) gerecht zu werden. Peter Marx' Ein theatralisches Zeitalter muss sowohl aufgrund der methodischen Vorgangsweise als auch wegen der Fülle an neuen Quellen und Forschungsgegenständen als grundlegende Lektüre theaterhistorisch Interessierten ans Herz gelegt werden.
Die übergeordnete Fragestellung dieses Beitrags lautet, von welchen Faktoren die Bildungspolitik für ethnische Minderheiten bestimmt wird. Diese Frage wird am Beispiel des russischen Emigrantenschulwesens und des bildungspolitischen Umgangs mit ihm in verschiedenen Ländern Europas in den 1920er und 1930er-Jahren untersucht. Das Hauptergebnis der Studie ist: Schulpolitik für Minderheiten hängt nicht primär von den ethnischen Merkmalen oder dem Rechtsstatus der Minderheiten ab. Entscheidend scheinen vielmehr die (außen-)politischen und wirtschaftlichen Interessen der Mehrheitsgesellschaft zu sein sowie die vergangene historische Interaktion zwischen den beteiligten Mehr- und Minderheitengruppen. (DIPF/Orig.) ; The lorger question addressed in this article concerns the factors which determine educational policy regarding ethnic minorities. This question is examined by looking at the Russian emigrant school system and at the way this system was dealt with in the educational policies of different European countries during the 1920s and 30s. The study´s main result is that the educational policy regarding minorities does not depend primarily on ethnic characteristics od the minorities or their legal status. Rather, what seems to be decisive are the foreign-policy-related and economic interests of the majority population as well as the past historical interaction between the majority and minority groups involved. (DIPF/Orig.)
Prikaz narodnostnega porekla in migracij v romanu Sherko Fatah »Das dunkle Schiff« Predložena magistrska naloga obravnava prikaz narodnostnega porekla in migracij v romanu Sherka Fataha »Das dunkle Schiff«. Pri tem bomo raziskovali ne le vpliv političnega in družbenega okolja na posameznika, temveč tudi vpliv narodnostnega porekla na družbeni položaj in problematiko migracij ; režim se odraža na življenju prebivalstva, vpliva pa tudi na migracijske tokove. Analizirali bomo tudi vedenje književnih likov in rezultate analize podprli s primeri iz izvirne literature. Darstellung der Herkunftskultur und Migration in Sherko Fatahs Roman "Das dunkle Schiff" Die vorliegende Arbeit beschäftigt sich mit der Darstellung der ethnischen Herkunft und Migration in Sherko Fatahs Roman "Das dunkle Schiff". Ich beschränke mich dabei nicht nur auf die Auswirkungen des politischen und sozialen Umfeldes auf den Einzelnen, ich werde mich auch mit den Auswirkungen der ethnischen Herkunft befassen und über die soziale Lage und die Probleme der Migration sprechen ; das Regime hat einen Einfluss auf das Leben der Bevölkerung, sowie auf die Migrationsströme. Ich werde anhand von Beispielen aus der Originalliteratur das Verhalten von Charakteren im kulurellen Umfeld analysieren. ; Representation of the Cultural Background and Migration in Sherko Fatah's Novel 'Das dunkle Schiff' The given dissertation deals with the representation of the cultural background and migration in Sherko Fatah's Novel 'Das dunkle Schiff'. I did not concentrate only on the effect of political and social environment on an individual, but also on the effect of cultural background, on the social status and on migration related problems. The influence of the political regime reflects on the daily life of the population ; it affects also the migration flows. Furthermore, I will analyze the behavior of the characters in the cultural surrounding and support the results with examples.
Three country studies on Great Britain (C. Peach), the Netherlands (S. Musterd/W. Ostendorf), and Sweden (R. Andersson) outline key features of ethnic residential segregation and discuss their relevance for the integration of migrants. For all three countries the degree of settlement concentration is considered moderate. Empirical results are presented on links between neighbourhood and, e. g., labour market integration and inter-group relations. In a concluding chapter, Karen Schönwälder offers an assessment of the available evidence on neighbourhood effects and its relevance for the German situation. While it seems too early to draw firm conclusions, current knowledge suggests that the importance of socio-spatial structures for the integration of people with a migration background should not be overestimated. The evidence does not support a choice of political intervention strategies that focus on countering ethnic residential segregation. ; Drei Länderstudien zu Großbritannien (C. Peach), den Niederlanden (S. Musterd/W. Ostendorf) und Schweden (R. Andersson) skizzieren Grundmuster der ethnischen residenziellen Segregation und diskutieren deren Relevanz für die Integration von MigrantInnen. Übereinstimmend schätzen sie den Grad der Siedlungskonzentration als moderat ein. Zur Bedeutung des Wohnumfeldes für u. a. die Arbeitsmarktintegration oder Gruppenbeziehungen werden einige empirische Ergebnisse vorgestellt. Karen Schönwälder bilanziert deren Aussagekraft und Relevanz für Deutschland. Obwohl sichere Einschätzungen noch nicht möglich sind, spricht der heutige Kenntnisstand dafür, die Bedeutung sozialräumlicher Strukturen für Integrationsprozesse von Menschen mit Migrationshintergrund nicht zu überschätzen und sie nicht in den Mittelpunkt politischer Steuerungsbestrebungen zu stellen.
Innerhalb der zweiundvierzig Jahre ihrer Existenz (1948-1990) hatte die in der Volksrepublik Polen de facto alleinregierende Polnische Vereinigte Arbeiterpartei (PZPR) insgesamt fast vier Millionen Mitglieder. Die Partei mit ihrer Nomenklatur war bemüht alle wichtigen gesellschaftlichen, politischen und wirtschaftlichen Bereiche des Lebens im Staatssozialismus zu kontrollieren und zu steuern. Umso erstaunlicher ist es, dass es bis heute keine wissenschaftliche Monographie über die PZPR gibt. Der vorliegende Sammelband füllt diese Lücke insofern, als er den aktuellsten Forschungsstand über die PZPR präsentiert.[1] Sechszehn renommierte polnische ZeithistorikerInnen fassen ihre langjährigen Forschungen zusammen und stellen in fünfzehn Artikeln die Partei als eine "Herrschaftsmaschine" vor. Vier beschäftigen sich mit der Parteigeschichte aus biographischer Perspektive. Jerzy Eisler fasst bisherige Forschungen zu den Ersten Sekretären der Partei zusammen und bemerkt, dass ihre Lebensgeschichten sowie die Wechselwirkungen zwischen persönlichen Charakterzügen und der Art der Partei- und Staatsführung immer noch unzureichend beleuchtet bleiben. Andrzej Friszke und Leszek Gilejko befassen sich jeweils mit den in den Parteikomitees angestellten MitarbeiterInnen sowie mit "gewöhnlichen" Parteimitgliedern. Sie widmen sich dabei vor allem statistischen Daten über soziale und politische Herkunft, Bildung, Alter und Geschlecht, während eine weitergehende Interpretation der Daten nur kurz skizziert wird. Bożena Szaynok konzentriert sich auf die Problematik der jüdischen Mitglieder der PZPR und erinnert an eine vergessene Tatsache, dass die Kommunisten seit 1944 verschiedene jüdische Organisationen und Parteien zugelassen haben, während dies den anderen religiösen und ethnischen Minderheiten nicht erlaubt worden sei (S. 316). Spätestens seit dem Abbruch der diplomatischen Beziehungen zu Israel 1967 wurde der Antisemitismus in der Partei nicht nur offensichtlich, sondern auch zugelassen und beispielsweise in Form von der ...
Die Frage nach der Vererbbarkeit von epigenetischen Veränderungen, also von Änderungen nicht der Gene selbst, sondern ihrer Aktivität, wird schon lange und sehr kontrovers diskutiert. In ihrem Beitrag stellen Ali Jawaid und Isabelle M. Mansuy den gegenwärtigen Stand der Forschung zu generationsübergreifenden Auswirkungen von Traumata dar und diskutieren deren Bedeutung für Individuen und Gesellschaft. Traumata definieren sie als überwältigenden Stress, der die physische und psychische Gesundheit von Betroffenen dauerhaft schädigen und bspw. zu einer erhöhten Krankheitsanfälligkeit und posttraumatischen Belastungsstörungen führen könne. Die biologische Basis der Vererbung der Folgen psychischer Traumata liegt dem Autorenteam zufolge in der Übertragung epigenetischer Veränderungen auf die Fortpflanzungsorgane und die Keimbahn durch die traumabedingte Aktivierung bestimmter Signalwege. Ali Jawaid und Isabelle M. Mansuy fassen ihren Beitrag folgendermaßen zusammen: "Die Vorstellung, dass psychologische Traumata zu Effekten führen, die potenziell vererbbar sind, ist von großer Bedeutung für die Gesellschaft, wenn man bedenkt, wie viele Individuen durch gegenwärtige und jüngste menschliche Konflikte traumatisiert wurden. Dieses Kapitel diskutiert das Konzept der epigenetischen Vererbung im Zusammenhang mit Merkmalen, die aus einer solchen Traumaexposition resultieren, sowie deren Auswirkungen auf das Leben eines Individuums und auf die Gesellschaft. Es gibt einen Überblick über Studien an Tieren und Menschen zur inter- und transgenerationalen Weitergabe der Auswirkungen psychologischer Traumaexpositionen, indem es die Frage behandelt, wie Traumaexposition und damit verbundene emotionale und kognitive Störungen Spuren in der Keimbahn hinterlassen können. Auch die Frage nach 'Gelegenheitsfenstern' in verschiedenen Lebensabschnitten, von der Kindheit bis zum Erwachsenenalter, in denen die Vererbung von Traumafolgen verhindert werden kann, wird diskutiert. Insbesondere arbeitet das Kapitel die Implikationen der Forschung über die Vererbung von Traumafolgen im Zusammenhang mit politischen und ethnischen Konflikten heraus. Dabei geht es auch darum, was Menschen, die langfristig Frieden sichern wollen ('peace builder'), aus dem Gebiet der epigenetischen Vererbung lernen können und wie sie mit Wissenschaftler*innen zusammenarbeiten können, um Strategien und politische Entscheidungen mit biologischen Erkenntnissen zu bereichern und den Frieden zu fördern" (S. 278–279).
Der von Stein Rokkan 1967 zusammen mit Seymour Martin Lipset herausgegebene Sammelband 'Party systems and voter alignments' ist zweifellos eines der einflußreichsten und meistzitierten Werke der Wahlsoziologie. Der vorliegende Beitrag geht der Frage nach, ob das von Rokkan und Lipset konzipierte Konfliktlinienmodell (cleavage) noch einen Beitrag zur Erklärung des Wahlverhaltens im neuen, größeren Deutschland leisten kann. Bei der Prüfung der Theorie stützen sich die Autoren hauptsächlich auf die Daten der Forschungsgruppe Wahlen und das ZDF-Politbarometer. Die gesellschaftlichen Subsysteme bergen nach Lipset/Rokkan folgende Konfliktpotentiale in sich, die in dem Parteiensystem ihren Niederschlag finden: die Spaltung Besitz-Arbeit, die Spaltung Staat-Kirche, die Spaltung Stadt-Land und die Ethnische/Linguistische Spaltung. Die Sekundäranalyse zeigt, daß die Theorie sozialstrukturell verankerter Konfliktlinien als Determinanten des Wahlverhaltens nach wie vor einen eigenständigen Beitrag zur Erklärung der individuellen Parteipräferenzen in Deutschland zu leisten vermag. ; Electoral behavior in West Germany on state and federal levels was characterized by remarkable stability until the late 80's. This could be explained for a long time by the so called 'cleavage theory' of Stein Rokkan and Seymour Martin Lipset which says that the more or less frozen party systems of western democraties are based on sociostructural conflicts in these societies. Since the late 80's we report a clear drop in the stability of voting results. In addition, the unification of the two german states raises the question whether the cleavage model still can explain individual party preferences although voters in West and East were brought up in very different social and political structures. To answer this question we analyse party preferences in West and East separately as well as for the whole unified Germany. It will be clear that even under the changed conditions of the united Germany the model of Lipset and Rokkan can still contribute an independent part of the explanation of voting behavior.
Cilj istraživanja bio je ispitati stavove srednjoškolskih učenika, njihovih roditelja i profesora o nekim europskim vrijednostima. Prihvaćenost pojedinih europskih vrijednosti ispitana je s obzirom na spol, dob, vrstu srednje škole koju pohađaju učenici, školsku spremu roditelja, regionalnu i nacionalnu pripadnost ispitanika. Uzorak čini 2143 učenika srednjih škola, 1027 roditelja srednjoškolaca te 181 profesor. Na temelju dobivenih rezultata može se zaključiti da postoji statistički značajna razlika među učenicima s obzirom na regionalnu pripadnost u stupnju prihvaćanja europskih vrijednosti. Najviši stupanj prihvaćanja iskazuju učenici Primorsko-goranske županije, koji se značajno razlikuju u stupnju prihvaćanja europskih vrijednosti od svojih vršnjaka iz Istarske županije. Učenici starije dobi pokazuju viši stupanj prihvaćanja europskih vrijednosti za razliku od mlađih učenika. Isto tako, srednjoškolke pokazuju viši stupanj prihvaćanja europskih vrijednosti u odnosu na svoje muške kolege. Postoji statistički značajna razlika između roditelja muškog i ženskog spola u stupnju prihvaćanja europskih vrednota u korist muških ispitanika, koji pokazuju viši stupanj prihvaćanja europskih vrednota od ženskih ispitanika. Na kraju, dobiveni rezultati pokazuju da ne postoji statistički značajna razlika u stupnju prihvaćanja europskih vrijednosti s obzirom na spol, dob i nacionalnu pripadnost profesora srednjih škola. ; The aim of this study was to examine the attitudes of high school students, their parents and teachers towards some European values. The acceptance of certain European values was examined in relation to subjects' gender, age, type of high school, parents' education, regional and national affiliation. The sample comprised 2143 high school students, 1027 high school students' parents and 181 teachers. The results show the statistically significant difference in the degree of acceptance of European values between students of different regional affinity. Students from the Primorsko-goranska county show the highest level of acceptance, which is statistically different from the one obtained in their peer group from Istarska county. The degree of acceptance is higher in the group of older female students in comparison with younger male students. Furthermore, female high school students show higher degree of acceptance then their male peers. There is a statistically significant difference in the acceptance of European values between male and female parents: male parents show higher acceptance of those values in comparison with female parents. Finally, the results showed no statistically significant difference in the degree of acceptance of European values in regard to gender, age and national affiliation of high school teachers. ; Die Untersuchung hatte zum Ziel, die Einstellungen von Mittelschülern, deren Eltern und Lehrern zu einigen europäischen Werten zu überprüfen. Die Akzeptanz einzelner europäischer Werte wurde im Hinblick auf Geschlecht und Alter der Mittelschüler, Art der von ihnen besuchten Mitelschule, Schulausbildung der Eltern, regionale und ethnische Zugehörigkeit der Befragten untersucht. Befragt wurden 2143 Mittelschüler, 1027 Eltern von Mittelschülern und 181 Lehrer. Auf Grund der gewonnenen Ergebnisse kann gefolgert werden, dass der Grad der Akzeptanz europäischer Werte unter den Schülern eine statistisch bedeutende Abweichung im Hinblick auf deren regionale Zugehörigkeit aufweist. Die größte Akzeptanz äußerten die Schüler aus dem Kroatischen Küstenland (Hrvatsko primorje), deren positive Einstellungen sich bedeutend von den Einstellungen ihrer Altersgenossen aus Istrien unterscheiden. Die Schülerinnen höherer Altersstufen äußerten eine höhere Akzeptanz europäischer Werte als die jüngeren Schüler. Gleichermaßen zeigen die Mittelschülerinnen einen höheren Zustimmungsgrad als deren männliche Kollegen. Es gibt einen statistisch bedeutsamen Unterschied zwischen den Eltern männlichen und weiblichen Geschlechts im Hinblick auf deren Akzeptieren von europäischen Werten zugunsten der männlichen Befragten, die einen höheren Grad der Akzeptanz europäischer Werte aufweisen als die weiblichen Befragten. Darüber hinaus lassen die gewonnenen Ergebnisse den Schluss zu, dass es keinen statistisch bedeutenden Unterschied im Grad der Annehmbarkeit europäischer Werte gibt im Hinblick auf Geschlecht, Alter und ethnische Zugehörigkeit der Mittelschullehrer.
Die Europäische Städtekoalition gegen Rassismus (ECCAR), gegründet von der UNESCO, ist Thema dieser Masterarbeit. Folgende Aspekte werden im Rahmen der Arbeit behandelt: Es wird nach Gemeinsamkeiten bzw. Unterschieden der Situation der Mitgliedsstädte bezüglich Rassismus und ethnischer Diskriminierung gefragt, ob Städte gegenüber Staaten hier generell eine Sonderrolle einnehmen, und nach möglichen Beitrittsmotiven der Städte. Das Programm ECCARs, der Zehn-Punkte-Aktionsplan (10PPA), wird einer Analyse unterzogen. Theorien zu Rassismus werden besprochen, historische Entwicklungen dieses Phänomens in Europa diskutiert und Perspektiven der Stadtsoziologie erörtert. Es wird geklärt, worum es sich bei Ethnizität und ethnischer Diskriminierung handelt, und der Stand der deutschsprachigen Diskriminierungsforschung angesprochen. Zur Rassismusbekämpfung werden internationale rechtliche Richtlinien ebenso vorgestellt wie Theorien des Anti-Rassismus und mögliche Schwierigkeiten antirassistischer Maßnahmen. Transnationale Städtenetzwerke allgemein, sowie Theorien über Beitrittsmotive und der politische Handlungsspielraum europäischer Kommunen bilden den Hintergrund der genannten Fragestellungen. ECCARs Selbstbild wird präsentiert und die Organisationsform der Koalition. Als methodisches Vorgehen wurde eine Online-Umfrage unter StädtevertreterInnen der ECCAR-Städte gewählt. Die Ergebnisse werden mit Erkenntnissen der EU-MIDIS Studie, welche sich auf die staatliche Ebene bezieht, in Zusammenhang gebracht. Es finden sich Hinweise auf Gemeinsamkeiten der Ist-Situation der ECCAR-Städte, aber auch auf unterschiedliche Beitrittsmotive. ; The topic of this master thesis is the European Coalition of Cities against Racism (ECCAR), founded by UNESCO. This subject will be analysed from the following angles: Questions of similarities and differences of the member cities? situations concerning racism and ethnic discrimination, the role cities play in comparison with states and of possible motivations for joining this network are discussed. ECCAR?s programme, the Ten Point Plan of Action (10PPA) is analysed. Racism theories are introduced, as well as the historical developments of the phenomenon in Europe and perspectives of urban sociology. This paper deals with the question of what is referred to by the terms ethnicity and ethnic discrimination and the general state of the art of German discrimination studies is presented. International judical directives concerning the combat of racism are described and theories of anti-racism as well as possible challenges of anti-racist measures. Transnational city networks in general as well as theories about possible motivations for joining such networks and the political scope of action of European local authorities constitute the basis of the aforementioned questions. With regard to ECCAR in particular, its self-perception and its organisational structure are presented. For the empirical investigation an online survey among the cities? representatives responsible for ECCAR has been chosen as the methodological approach. The results are brought into context with findings of the EU-MIDIS Study, which has been designed for the national level. The results indicate similarities regarding the actual situations of the ECCAR cities, but they also indicate differences in motivation for joining the network. ; Mira Nausner ; Abweichender Titel laut Übersetzung der Verfasserin/des Verfassers ; Zsfassung in dt. und engl. Sprache ; Graz, Univ., Masterarb., 2012 ; (VLID)222789
Lima Sayeds 2017 im Fach Amerikanistik eingereichte und 2019 veröffentlichte Dissertation widmet sich dem Rassismus im US-amerikanischen Film des vermeintlich 'post-rassistischen' Jahrzehnts der Wahl Barack Obamas zum Präsidenten der Vereinigten Staaten. Sayed argumentiert, dass auch nach 2008 nicht-Weiße US-Bürger*innen[1] nach wie vor institutionell benachteiligt würden und sich dieser Rassismus auch im Film niederschlage. Filmische Texte begreift die Autorin dabei als "Ausdrucksfläche gesellschaftlich zirkulierender Annahmen, Einstellungen und Tendenzen" (S. 9), die soziokulturelle Praktiken, Werte und Probleme freizulegen vermögen, aber auch selbst erschaffen. Sayed analysiert beispielhaft die amerikanischen Filme Crash (2004), Monster's Ball (2001), Gran Torino (2008) und The Visitor(2007) im Hinblick auf "Repräsentationen der Identitätsstiftung" (S. 11) und um ihre Frage zu beantworten, inwiefern sich die Darstellung einer post racial society im Film gewandelt hat oder ob diese "lediglich unter anderen Vorzeichen stattfinde[t]" (ebd.). Sayed hat insbesondere diese Filme ausgewählt, weil sie sich inhaltlich mit "Begegnungen rassisch*[2] differenter Bevölkerungsgruppen befassen sowie [die] zum Teil konflikthafte Auseinandersetzung zwischen ihnen" (ebd.) spiegeln. Hier wird schon deutlich, dass sich Sayed vor allem mit den Narrativen der Filme und weniger mit deren Ästhetik beschäftigt. Als theoretische Grundlagen dienen daher auch eher soziologisch ausgerichtete Theorien zu Rassismus, kollektiver Identität und Nation, die sich gemäß Sayed in Narrativen, Mythen und Fantasien äußern würden. Dabei gibt die Autorin im Theorie-Kapitel (S. 36-125) einen ausführlichen Überblick zur Rassismusforschung, der exzellent als studentische Einführung in Rassismustheorien, wie auch als Sensibilisierung für Rassismen in der Sprache dienen könnte: Sie differenziert zwischen Stereotypenforschung, Studien zu Ethnizität, Critical Race Studies und Whiteness Studies, wobei sie die Stereotypenforschung dafür kritisiert, dass sie auf kognitive Prozesse und zwischenmenschliche Interaktionen beschränkt bleibt und "tiefergehende Bedeutungen von gesellschaftlich zirkulierenden Bedeutungen um Rasse* sowie Rassismus nicht" erklärt (S. 21). Auch von dem Begriff der Ethnizität grenzt sich die Autorin ab, denn dieser bezöge sich meist nur auf Nicht-Weiße, und würde so eine ethnische Andersheit markieren. Die Studie widmet sich anschließend explizit dieser vermeintlichen Mehrheit und Norm von Weißsein in den USA, bzw. der Whiteness als Analysekategorie und "herrschende gesellschaftliche Positionalität" (S. 68), wie sie von afro-amerikanischen Intellektuellen wie Langston Hughes, W.E.B. du Bois, Toni Morrison und bell hooks bereits entwickelt wurde. Allerdings lässt sich für eine medien- bzw. filmwissenschaftliche Publikation ein gewisses Ungleichgewicht zwischen tendenziell soziologisch ausgerichteten Theorien, die die ersten hundert Seiten des Buches füllen, und der Beschäftigung mit Film feststellen. Obwohl Sayed in einem filmtheoretisch orientierten Kapitel vereinfachende Methoden kritisiert, nach denen Filme Stereotypen lediglich bedienen und verstärken, indem eine komplexe Realität in standardisierte Muster übertragen wird, arbeitet sie auch selbst mit der Analyse filmischer Stereotype. Sie stellt heraus, dass im US-Film Weiße Schauspieler*innen dominieren würden, die lange als 'blackface' sogar noch die Rollen Schwarzer (und auch jüdischer, lateinamerikanischer, asiatischer) Charaktere übernommen hätten, während man heute im Grunde weiterhin von Schwarzen Schauspieler*innen als 'blackface' sprechen müsse, da ihre Verkörperung nicht 'authentisch' sei, "sondern lediglich der Vorstellung von Weißen über rassifizierte Andere" (S. 106) entspreche.Auch in ihrer Analyse der stereotypen Darstellung von Schwarzen in Filmen kritisiert Sayed lediglich, dass diese ein Bild von Afro-Amerikaner*innen als arm oder kriminell produzieren würden. Dies entspricht jedoch durchaus oft der Realität (auch wenn die rassistischen Ursachen von Armut und Kriminalisierung nicht thematisiert werden). Auch eine vermeintlich andere Repräsentation, wie die im Buch erwähnte Cosby-Show, ist nicht minder stereotyp, wenn auch hier etwas 'positiver' besetzt. Insgesamt wirkt dieser hegemoniale Diskurs in Sayeds Darstellung absolut und hermetisch. In den einzelnen Filmanalysen bietet Sayed hingegen eine sehr differenzierte Lektüre. In Bezug auf den Film Crash resümiert sie, dass dieser nur auf den ersten Blick einzigartige und facettenreiche Individuen und verschiedene Formen von Rassismus zeige. Genauer betrachtet impliziere der Film jedoch, dass "alle ein wenig rassistisch seien und von Rassismus betroffen, d. h. auch Weiße. Somit werde eine kritische Auseinandersetzung mit institutionellen und strukturellen Seiten von Rassismus [.] erschwert. Das Politische wird psychologiert" (S. 135f). Sayed untersucht dann, wie diese Verlagerung vom Politischen ins Persönliche im Detail vollzogen wird: beispielsweise indem die Sprachbeiträge von Nicht-Weißen kürzer seien und es daher wenig Raum für ihre Perspektive gäbe – "stattdessen wird die Wahrnehmungswelt der weißen Figuren in aller Ausführlichkeit verhandelt, und so folglich privilegiert" (S. 143). Meiner Meinung nach wird jedoch der strukturell verankerte Rassismus in Crash nicht vollkommen ignoriert, sondern auch kritisiert, denn in den Dialogen werden wortwörtlich Masseninhaftierung, eine rassistisch voreingenommene Justiz, fehlende Chancen und vernachlässigte Schulen (vgl. S. 142) benannt. Wenn die Weißen Charaktere in Crash diese Ungleichheit dem fehlenden Fleiß von Schwarzen zuschreiben, wird dies auch als Weißer rassistischer Diskurs demaskiert, weil in Crash auch beruflich erfolgreiche Schwarze jederzeit von Polizisten erniedrigt, geschlagen und sogar getötet werden. Marc Forsters Film Monster's Ball wird von Sayed ebenfalls für die Psychologisierung gesellschaftlicher Machtverhältnisse kritisiert, indem die Beschränkung der Handlungsfähigkeit auf der Seite der Schwarzen als Hilflosigkeit und Abhängigkeit von einem 'Weißen Retter' gezeichnet wird. Das Narrativ verdecke dabei nicht nur die Geschichte rassistischer Strukturen, sondern bestätige sie unter dem "Deckmantel einer romantischen Liebesbeziehung" (S. 197). Auch die männliche Weiße Retterfigur in Clint Eastwoods Gran Torino, dem nächsten analysierten Film, werde zunächst als extrem rassistisch dargestellt, baue im Laufe des Films aber Beziehungen zu Nicht-Weißen auf, in diesem Fall eingewanderte Hmong, die im Vietnam-Krieg mehrheitlich an der Seite der US-Amerikaner*innen kämpften, zu denen auch der Hauptcharakter Walt Kowalski, gespielt von Clint Eastwood, gehört. Sayed schlussfolgert daher, dass in diesem Film zwar Rassismus teilweise kritisiert wird, meist jedoch auf spielerische, ironische Weise. Letztendlich vermittele der Film, dass Probleme "nur mit einer Rückbesinnung zu einer patriarchalen Ordnung gelöst werden können" (S. 228) und "künftige Generationen in den USA nur mit althergebrachten, materiellen Werten eine hoffnungsvolle Zukunft zu haben scheinen – Werte[n], die durch das weiße Männlichkeitsbild etabliert worden sind" (S. 230) und die auch Thao, ein junger Hmong übernimmt, um sich in die US-amerikanische Gesellschaft zu integrieren. Auch an dem vierten Film, den Sayed analysiert, The Visitor (2007), kritisiert sie die eingeschränkten Handlungsmöglichkeiten der nicht-Weißen Charaktere: Die Hauptfigur ist ein alternder Weißer Mann, der durch die Begegnung mit rassisch* Anderen aus der eigenen Lethargie gerissen wird. Die 'Anderen' sind der Syrer Tarek und die Senegalesin Zainab, die keine gültigen Aufenthaltspapiere haben. Tarek wird deshalb im Laufe des Films verhaftet und abgeschoben, Zainab bleibt ohne Papiere in den USA. Dass die Folgen dieser Restriktionen jedoch wenig ausführlich gezeigt werden, wie das soziale und psychische Leben des Weißen Protagonisten, kann mit Sayed tatsächlich als Fortsetzung einer hegemonialen Whiteness gelesen werden. Im vierten und vorletzten Kapitel werden die Analyseergebnisse unter verschiedenen Stichpunkten zusammengefasst: Phantasie von Gleichwertigkeit, Weiße Norm und Nicht-Weiße Divergenz, Subjektivität und Objektivität, Handlungsspielräume und Bewegungsfreiheiten, Leid und die Verhandlung von Problemen, sowie eine Weiße Figur im Mittelpunkt (vgl. S. 262) sind die Kategorien, die Sayed aus ihren Analysen subsummiert. Im Fazit wird noch einmal auf die Ausgangsfragestellung eingegangen und festgestellt, dass obwohl weniger rassistische "Entwicklungen zu verzeichnen sind" (S. 276), die untersuchten Filme sich dadurch auszeichnen würden, dass sie "simultan positive und negative Anteile hinsichtlich der Verhandlung von Rassismus enthalten" (ebd.). Dieses Nebeneinander von progressiven und reaktionären Tendenzen begreift Sayed als symptomatisch für die zeitgenössische gesellschaftliche Verhandlung von Rasse* und Rassismus in den USA. Dazu gehöre auch, dass Nicht-Weiße nicht als eigenständige Individuen, sondern als Vertreter*innen einer ethnisierten Gruppe dargestellt werden, während Weiße außerhalb von rassischen* Zuschreibungen stehen, also eine universelle Norm repräsentieren. Insgesamt entspricht der Titel des Buchs nicht exakt seinem Inhalt: Obwohl Weiße Männlichkeit als Untersuchungsgegenstand angegeben wird, gibt es in den einzelnen Analysen eher einen Vergleich der Repräsentation von Schwarzen und Weißen Figuren. [1] Im Unterschied zu Lima Sayed schreibe ich Weiß und Schwarz groß, um sie als politische und nicht hautfarbenorientierte oder biologische Kategorien zu kennzeichnen. Außerdem verwende ich eine geschlechtergerechte Sprache, auf die Sayed verzichtet, "um eine breitere Leserschaft anzusprechen" und die Lesbarkeit zu vereinfachen. (S. 7) [2] Sayed benutzt das Sternchen, um auf den Konstruktionscharakter hinzuweisen.