Ernest Gellner's attraction to the anthropologist Bronislaw Malinowski's functionalist empiricism is attributed to their shared philosophical stance & political outlook. It is suggested that there is an inconsistency between the empiricism that Gellner admired in Malinowski's work & the idealist terms in which Gellner himself presented Central & Eastern Europe. Gellner largely ignored the critical assessments of the Malinowskian tradition in anthropology, which have their roots in Ludwig Wittgenstein's influence on social science, an influence that Gellner deplored. What attracted Gellner to Malinowksi was his ability to present scientific accounts of concrete sociological realities, but when Gellner undertook a study of Eastern Europe, he imposed external concepts such as "civil society" & "totalitarianism" that did not help in understanding these societies. Gellner demonstrated the need to resist the substitution of values for the empirical social scientific methods. 43 References. H. von Rautenfeld
Der Verfasser geht von der Annahme aus, dass Europas Grenzen nur als komplexe, sich überlappende Grenzgefüge zu erfassen sind. Räumlich sind sie durch Küstenlinien festgelegt, in sozialer Hinsicht aber werden Mitgliedschaftsräume (Verwandtschafts-, Siedlungs-, Religions- und Sprachgrenzen) relevant, die meist erst durch Grenzüberschreitung ins Bewusstsein rücken. Es wird gezeigt, dass Europa sich nicht nur durch territoriale und kategoriale Einteilungen auszeichnet, sondern auch dadurch, dass Grenzerhaltung und Grenzüberwindung sich verbinden. Ethnische Grenzen werden als ein Sonderfall innerhalb der europäischen Grenzstrukturen dargestellt, nämlich als Folge der Nationalstaatsbildung, der Kolonisation und der Wanderung. Der Glaube an die gemeinsame Abstammung, der sich häufig mit Territorialansprüchen verbindet, lässt ethnische Differenzen entstehen, die sich durch Besonderheiten der Sprache, Kleidung und Folklore hervorheben lassen. Aus dieser Sicht ist kein europäischer Staat ethnisch homogen. Wanderungen verschieben Beziehungsnetze über die nationalstaatlichen Grenzen hinweg. Kolonisation schiebt den Territorialraum über den Mitgliedschaftsraum. Ethnizität hängt nicht allein von den modernen Nationalstaaten ab, aber letztere sind ein günstiger Boden, aus dem ethnische Bewegungen emporwachsen. Hinzu kommt aber die vielfache europäische Religionsspaltung zwischen westlicher und östlicher Christenheit, Katholizismus und Protestantismus, Christentum und Islam. Trotz häufig gewaltsamer Entladungen lässt sich Ethnizität nicht in umfassendere Zugehörigkeiten umbilden, da sie flexible Selbstbeschreibungen sind, die im modernen Europa den Wunsch nach mehr Individualität kanalisieren und zugleich den Verlust anderer institutioneller Stabilisatoren abfedern. (ICG2)
In: Soziale Ungleichheit, kulturelle Unterschiede: Verhandlungen des 32. Kongresses der Deutschen Gesellschaft für Soziologie in München. Teilbd. 1 und 2, S. 247-259
"The concept of resentment is inherently linked to the cultural criticism of Europe and the West. By way of this cultural criticism and affirmative reaction to it, the syndromes of resentment are widespread in non-European cultures. Thus resentment is also linked to the often diverse multiple formulations of the cultural programs of modernity. The conventional usage of the term would suggest that resentment means a sort of envy of the socially and culturally deprived or a psychological reactive attitude of the unjustly treated who are - morally or factually - deprived to act for revenge and justice. However, in Nietzsche's genealogy of morals, we are informed that Christian altruism and generalised morals of love produce a sort of self-distancing disinterestedness, a general value orientation which in itself remains non-interested in the fate of values in general and in the fate of the other in specific. For Nietzsche, it were priests and other office holders who with their own distancing attitude were - in the process of civilizational constitution of Europe - strongly involved in featuring the general laws of the 'morality of resentment' (i. e. the religious and intellectual formulations of restraint against immediate revengeful action) and in making it the most ambiguous and powerful cultural tool ('Kulturwerkzeug') in the construction of modernity. Since Max Weber the social philosophy of modernity and modernization was - in an affirmative turn - to a large extent engaged in developing science and rationality, as non-resentful components of modern self-construction, professionalism and individualism. The point is that the constitution and reconstitution of the cultural and institutional programs of modernity are as a whole fossils of the inherent struggle to come to grips with 'resentment' and the challenges of the cultural criticism of modernity. Moreover, and following this statement, the essential point is that modern dialogue - in as far as it is determined by the logic to overcome or even to suppress the 'Kulturkritik' on which it was originally built - remains at large inapt to understand the constitution and reconstitution of the non-modern, the non-European and the non-western in contemporary cross-civilizational exchange. I will develop this line of argument by looking closer to the conditions and potentials of dialogue between Muslims and Europeans in the contemporary scene which is so strongly marked by the 'resurgence' of religion and the new modes in which religious components enter or are re-entering today the cultural and political arenas of modernity." (author's abstract)
In: The Europeanisation of Everyday Life: Cross-Border Practices and Transnational Identifications among EU and Third-Country Citizens - Final Report, S. 31-58
Die Einwohnerzahl Deutschlands steigt zwischen 2000 und 2020 leicht an, und diese Zunahme ist in ihrer Größenordnung vergleichbar zu der in der EU. Dabei wird die negative natürliche Bevölkerungsentwicklung durch Wanderungsgewinne mehr als ausgeglichen. Allerdings sind die Verkleinerung der mittleren Haushaltsgröße, die Singularisierung und auch die Heterogenisierung der Bevölkerung in Deutschland bereits heute intensiver ausgeprägt als in den meisten anderen Mitgliedsstaaten. Zudem wird bis zum Jahr 2020 die Bevölkerung überproportional altern, so dass sich der Anteil der mindestens 60-Jährigen an der Gesamtbevölkerung auf rund 29 % (2020) erhöhen wird. Mit diesen Werten steht Deutschland gemeinsam mit Italien und Finnland an der Spitze der EU-Staaten, wobei es gleichzeitig den niedrigsten Anteil bei den unter 20-Jährigen erreichen wird. So wie die verschiedenen europäischen Regionen hinsichtlich ihres wirtschaftlichen und demographischen Wandels große Unterschiede aufweisen, so ist auch innerhalb der Bundesrepublik mit räumlich differenzierten Entwicklungen zu rechnen. Die Gegensätze beschränken sich keineswegs ausschließlich auf eine ost- versus eine westdeutsche Situation. In Abhängigkeit von regionalen Bedingungen wie wirtschaftlicher Dynamik, gegenwärtiger Geburtenhäufigkeit oder altersstruktureller Zusammensetzung werden verschiedene Regionen abweichende Trends verzeichnen. Zugleich wirken sich Bevölkerungsverluste in ländlichen Gemeinden anders aus als in Agglomerationsräumen, in wirtschaftlichen Gunsträumen anders als in strukturschwachen Räumen. Trotz deutlicher Abweichungen auf nationalstaatlicher Ebene sind Regionen mit ähnlichen Charakteristika in verschiedenen Staaten oftmals durch vergleichbare Tendenzen gekennzeichnet. In dieser räumlichen Differenzierung liegt die Komplexität des Themas, die generelle Aussagen und Handlungsempfehlungen erschwert und regional differenzierte Untersuchungen einfordert.
Der Verfasser setzt sich mit der Frage auseinander, ob die Messung von Religiosität im europäischen Vergleich möglich ist. Er diskutiert zwei mögliche Ansätze: (1) die Messung von Mitgliedschaft in oder Identifikation mit einer religiösen Gemeinschaft; (2) religiöses Verhalten und religiöse Einstellungen. Als empirische Grundlage dienen die Fragen zu "Religion" im International Social Survey Programme von 1998 und im European Survey von 2002 für 18 an beiden Untersuchungen beteiligte Länder. Der Verfasser zeigt, dass Religiosität - zumindest in ihrer christlichen Variante - in Europa mit einigen wenigen Items verlässlich und valide gemessen werden kann. Items zur Messung anderer Formen von Religiosität (Esoterik, Mystizismus) fehlen noch. (ICE)
In: Die Natur der Gesellschaft: Verhandlungen des 33. Kongresses der Deutschen Gesellschaft für Soziologie in Kassel 2006. Teilbd. 1 u. 2, S. 4944-4950
"Zur Solidarität zwischen Familiengenerationen liegen mittlerweile einige Untersuchungen vor. Allerdings sind Studien zu zeitlichen Transfers Mangelware. Dies gilt insbesondere für Vergleiche zwischen verschiedenen zeitlichen Unterstützungsleistungen und zwischen Ländern. In dem Referat geht es somit um Unterschiede zwischen Hilfe- und Pflegeleistungen auf der einen Seite und Länderdifferenzen auf der anderen Seite. 1. Hilfe und Pflege werden häufig zusammengefasst und undifferenziert als zeitliche Transfers untersucht. Dabei werden jedoch bedeutende Unterschiede zwischen den beiden Unterstützungsleistungen übergangen. Es geht also darum, Gemeinsamkeiten und Unterschiede auf Personen- und Familienebene zu identifizieren, und Faktoren, die sich auf die intergenerationale Hilfe und/ oder Pflege auswirken, klar zu trennen. 2. Auch auf Länderebene bestehen beträchtliche Unterschiede zwischen Hilfe und Pflege. Um den länderspezifischen Besonderheiten nachzugehen, greifen die Verfasser für die Hilfe und Pflege auf unterschiedliche kulturelle und strukturelle Faktoren zurück. Während insbesondere institutionelle Rahmenbedingungen darüber entscheiden, ob und inwieweit die Pflege innerhalb der Familie erfolgen kann bzw. muss, gilt dies bei Hilfen längst nicht in gleichem Maße. Die empirischen Analysen für den Zehn-Ländervergleich basieren auf den Daten des 'Survey of Health, Ageing and Retirement in Europe' (SHARE). Sie bestätigen, dass eine analytische Trennung von Hilfe und Pflege unerlässlich ist, um zeitliche Unterstützungsleistungen angemessen zu untersuchen. Einerseits unterscheiden sich die beiden Unterstützungsarten nach Art, Umfang und Intensität. Andererseits wird deutlich, dass intergenerationale Hilfe und Pflege von unterschiedlichen Bedingungen auf Personen-, Familien- und Länderebene abhängen." (Autorenreferat)
In: The Europeanisation of Everyday Life: Cross-Border Practices and Transnational Identifications among EU and Third-Country Citizens - Final Report, S. 59-83
In: Soziale Ungleichheit, kulturelle Unterschiede: Verhandlungen des 32. Kongresses der Deutschen Gesellschaft für Soziologie in München. Teilbd. 1 und 2, S. 1525-1534
"In den meisten europäischen Ländern leiden die Hochschulen seit langem unter einererheblichen Unterfinanzierung. Nun sind in den letzten Jahren fast überall verstärkte Bemühungen um die 'Reformierung' der jeweiligen nationalen Hochschulsysteme zu beobachten. Zum einen werden auf nationaler Ebene vielfältige Anstrengungen unternommen, durch strukturelle Änderungen (Mittelverteilung, Zugangsberechtigung, Studiengebühren etc.) dem Problem einer ständig steigenden Anzahl der Studieren den bei gleichzeitig mehr oder minder deutlich reduzierten Budgets beizukommen. Zum anderen wird unter dem Vorzeichen des Bologna-Abkommens eine Vereinheitlichung der Studienstrukturen und der Studienabschlüsse (Bachelor/ Master)auf EU-Ebene vorangetrieben. All diese Prozesse führen in der Mehrzahl der europäischen Länder zu einer erhöhten sozialen Selektivität der Hochschulausbildung. Während die expliziten Elitebildungsinstitutionen in Ländern wie Frankreich und Großbritannien von den Verschlechterungen bislang schon weitgehend ausgenommen waren und von den jetzt erfolgenden Veränderungen auch nicht oder kaum betroffen sind, werden an allen anderen Hochschulen durch stetig schlechter werdende Betreuungsrelationen, steigende finanzielle Belastungen der Studierenden, eine deutliche Verkürzung der Regelstudiendauer etc. in erster Linie jene Studierenden oder Studienwilligen betroffen, die nicht aus dem oberen Viertel der Bevölkerung stammen. Ihre Chancen auf einen hochwertigen Hochschulabschluss sinken spürbar." (Autorenreferat)
In dem Beitrag wird ein vergleichender Überblick über die industriellen Beziehungen in Westeuropa gegeben. Für die Zeit seit 1960 werden drei Entwicklungsphasen für die Beziehungen zwischen Kapital und Arbeit herausgearbeitet: (1) Der Beginn des Konflikts verknüpft sich mit dem Anwachsen der Kaufkraft auf der Ebene der Arbeiter; (2) die Periode der politischen Aktivität auf nationaler Ebene mit intensiven Auseinandersetzungen zwischen Gewerkschaften und Staat; (3) die anhaltende Wirtschaftskrise seit 1974, ausgelöst durch die Ölkrise. Mit Hilfe dieses Dreiphasenschemas werden die Wendepunkte in der Entwicklung der industriellen Beziehungen während der letzten zehn Jahre erfaßt. Es werden konvergierende und divergierende Muster gewerkschaftlicher Interessenvertretung in einzelnen europäischen Ländern bestimmt. Es werden Probleme der Einheitsgewerkschaft, der Rechtsprechung, der gewerkschaftlichen Strategie, z.B. Konzertierte Aktion, die Funktion der Betriebsräte und Mitbestimmungsprobleme diskutiert. (RW)
In: The Europeanisation of Everyday Life: Cross-Border Practices and Transnational Identifications among EU and Third-Country Citizens – Final Report, S. 114-126
Since the first Baltic nations joined the European Union, debates about reorganizing post-Soviet republics have grown increasingly heated. How do citizens in the Baltic and South Caucasian states cope with EU expansion and the feeling of existing simultaneously “inside” and “outside” Europe? Based on ethnographies and archival work, Representations on the Margins of Europe offers new insights into shifts in the national identity, cultural geography, and symbolic boundaries. This exploration of local responses to Europe’s new hegemony will appeal to anyone interested in anthropology, history, and politics. Der Kurs hin zur Europäischen Union führte in den baltischen und südkaukasischen Staaten zu dramatischen Veränderungen. In diesem Band wird untersucht, wie die Menschen die Umwälzungen verarbeiteten und wie sich Zugehörigkeit oder Nichtzugehörigkeit zu Europa im alltäglichen Leben bemerkbar machen. Nicht zuletzt werden die Auswirkungen auf die jeweiligen nationalen und lokalen Identitäten und die Ursachen des neuen Nationalismus und Neoliberalismus in Eurasien erläutert.
Die Verfasser unterstreichen die besondere Bedeutung international vergleichender Forschung für den wissenschaftlichen Erkenntnisprozeß. In diesem Zusammenhang wird vor allem die Funktion international vergleichender Forschung bei der Theoriebildung wie auch als Quelle politisch relevanter Informationen herausgearbeitet. Europa mit seiner kulturellen Vielfalt und Multidimensionalität wird vor allem in der Perspektive des europäischen Einigungsprozesses als ideales Feld komparativer Forschung gesehen. Die Verfasser skizzieren die institutionellen Voraussetzungen international vergleichender Forschung und bestehende Forschungsnetzwerke in Europa. Abschließend werden Vorschläge für einen weiteren Ausbau komparativer Forschungsansätze formuliert. (ICE)