Der föderative Staatsaufbau der Bundesrepublik Deutschland erweist sich in der gegenwärtigen Ausprägung zunehmend als Hindernis für notwendige Reformen. Worauf ist dies zurückzuführen? Wo könnten Reformen ansetzen?
Der Föderalismus verbindet staatliche Einheit mit territorialer Vielfalt. Die Formen des Föderalismus, die Kompetenzverteilung und die Kooperationsbeziehungen von Bund und Gliedstaaten spiegeln die Balance dieser beiden Ideen wider. Zu unterscheiden sind der duale Förderlismus, der kooperative Föderalismus und die Politikverflechtung. Der Föderalismus ist Ausdruck demkratischer Herrschaft.
Der Essai gibt einen historischen Überblick über die Rolle föderalistischer und konföderalistischer Ideen in der Geschichte Osteuropas seit dem ausgehenden 18. Jh. Er analysiert die politischen Systeme der sozialistischen "Scheinföderationen" des 20. Jh. und ihrer Nachfolgestaaten. Gestützt auf die Tatsache, dass die UdSSR, ČSSR, SFRJ im Zuge der Umbrüche und Revolutionen von 1989/91 in mehrere Staaten zerfielen, stellt er die These auf, dass durch zentralistische Parteidiktaturen überlagerte Scheinföderationen nicht demokratisierungsfähig waren, ohne auseinanderzubrechen, weil auf zu vielen Ebenen des Staates zu viele mit begrenzter demokratischer Legitimität ausgestattete Akteure existieren, die in Richtung und Tempo des Transformationsprozesses unterschiedliche Auffassungen vertreten.
Unter der Federführung des DIPF hat ein Konsortium zwischen April 2004 und Mai 2005 ein Forschungsprojekt "Schulleistungen und Steuerung des Schulsystems im Bundesstaat: Kanada und Deutschland im Vergleich" durchgeführt (Arbeitsgruppe Internationale Vergleichsstudie: Schulleistungen und Steuerung des Schulsystems im Bundesstaat: Kanada und Deutschland im Vergleich. Deutsches Institut für Internationale Pädagogische Forschung Frankfurt am Main / Berlin, 2005, Manuskript). Dieser allgemeine Rahmen war Anlass dazu, die vorliegende Themenausgabe zusammenzustellen. Die Texte sind jedoch nicht Bestandteile des genannten Projekts. (DIPF/Orig.)
Die Indische Union stellt die Europäische Union sowohl im Hinblick auf ihre Größe, aber auch in Bezug auf ihren Integrationsgrad in den Schatten. Doch während der europäische Föderalismus sich von unten nach oben entwickelt, ist der indische Föderalismus ein "Föderalismus von oben". Das hat sich aus seiner kolonialen Herkunft ergeben. Die von Britisch Indien übernommene Verfassungsstruktur war nur deshalb föderalistisch, weil die Briten das Dilemma bewältigen mussten, eine graduelle Übertragung von Selbstverwaltungsrechten an gewählte indische Gremien mit einer Stützung der unabsetzbaren zentralen Exekutive zu verbinden. Die neue föderale Verfassung von 1935 enthielt neben der Bundesverfassung eine Einheitsverfassung für alle Provinzen Britisch Indiens. "Provincial autonomy" – wie diese Konstruktion beschönigend genannt wurde – war die Schaffung einer politischen Arena für die indischen Politiker, die ihre Kräfte binden und vom Widerstand gegen die Zentralgewalt ablenken sollte.
Die vorliegende Studie setzt sich mit der Frage auseinander, inwieweit die heute in der Forschungs- und Innovationspolitik (F&I-Politik) Deutschlands vorzufindende Arbeitsteilung der Gebietskörperschaften der Erreichung der Ziele dieser Politik förderlich bzw. abträglich ist. Sie orientiert sich hierbei an normativen Effizienzkriterien, die auf Basis der Wohlfahrtsökonomik, insbesondere der ökonomischen Theorie des Föderalismus entwickelt werden, und wendet diese Kriterien auf empirische Falluntersuchungen an. Zentraler Gegenstand der Untersuchung ist dabei zum einen - der Systematik des BMBF folgend - die Projekt- und Ressortforschung, zum anderen die institutionelle Forschungsförderung des Bundes und der Länder. Die Arbeit gründet sich in erheblichem Maße auf Desktop-Analysen zu den relevanten Subthemen. In ergänzender Funktion wurden seitens des Projektteams in begrenztem Umfang auch eigene empirische Erhebungen - mündliche und telefonische Experteninterviews - durchgeführt. Für die Untersuchung der F&I-Programmangebote wurden die einschlägigen Statistiken des BMBF sowie die Förderdatenbank des Bundes herangezogen.
Der Autor stellt vor dem Hintergrund der ökonomischen Theorie des Föderalismus die Frage, ob dezentrale Kompetenzen beim Infektionsschutz auf Länderebene weniger effizient sind als zentrale Kompetenzen auf der Bundesebene. Er stellt fest, dass die Präferenzen zwischen den Bundesländern mit Blick auf die Art und das Ausmaß der Pandemiebekämpfung in der Corona-Krise relativ stark variierten. Daher dürfte die Verantwortung der Bundesländer für den Infektionsschutz zu Wohlfahrtsgewinnen geführt haben, zumal die dezentralen Zuständigkeiten beim Infektionsschutz einen produktiven Wettbewerb der Bundesländer um geeignete Lösungen ermöglicht haben. Nachteilige externe Effekte einer regionalen Pandemiebekämpfung können hingegen durch eine Beschränkung der überregionalen Mobilität in engen Grenzen gehalten werden. Eine Verlagerung der Zuständigkeiten für den Infektionsschutz auf die Bundesebene ist daher aus Sicht des Autors unter Effizienzgesichtspunkten eher schädlich als nützlich. Auch eine bundeseinheitliche 'Notbremse' erscheint mit Blick auf ökonomische Effizienzkriterien bestenfalls als nutzlos. ; Against the backdrop of the economic theory of federalism, the author examines whether decentralized powers in infection control at the state level are less efficient than centralized powers at the federal level. He reveals that preferences varied relatively widely among the states with respect to the type and extent of pandemic response during the Corona crisis. Therefore, federal responsibility for infection control likely resulted in welfare gains, especially since decentralized responsibilities for infection control allowed for productive competition among the states for appropriate solutions. In contrast, adverse externalities of pandemic response at the state level can be kept within narrow bounds by limiting transregional mobility. Therefore, in the author's view, a shift of responsibilities for infection control to the federal level is more harmful than beneficial from an efficiency perspective. A uniform federal "emergency brake", as introduced by the federal government in April 2021, appears to be useless at best in view of economic efficiency criteria.
Die Kompetenzverteilung zwischen den verschiedenen Gebietskörperschaftsebenen eines föderativen Staates kann sich erheblich auf das Wirtschaftswachstum auswirken, da es insbesondere die Regionen eines Landes sind, die zu seiner gesamten wirtschaftlichen Entwicklung beitragen. Dies legt einen regionalen Zuschnitt der staatlichen Wirtschaftspolitik nahe. Aus ökonomischer Sicht wird in der theoretischen Diskussion hingegen vornehmlich auf die Effizienzaspekte einer dezentralen Bereitstellung und die Finanzierung öffentlicher Leistungen abgehoben. Selten findet sich das Argument, dass Dezentralität oder Föderalismus - vermittelt über eine höhere Innovations- und Reformfähigkeit des politischen Systems - zu einer Steigerung des Wachstums führen. Nach einer Diskussion der theoretischen Überlegungen zu Föderalismus und Wachstum wenden wir uns in diesem Beitrag der empirischen Frage zu, welche Bedeutung die Zuordnung von Entscheidungskompetenzen und die institutionelle Ausgestaltung des fiskalischen Föderalismus für die wirtschaftliche Entwicklung eines Landes haben. Auf Basis der bisher existierenden theoretischen und empirischen Studien zu Wirtschaftswachstum und Föderalismus werden offene Fragen und mögliche Ansätze zu ihrer Beantwortung formuliert.
Bund und Länder kooperieren beinahe seit Bestehen der Bundesrepublik im Wissenschaftsbereich. Die Arbeit setzt sich dabei mit den Kompetenzen und dem Zusammenwirken von Bund und Ländern im Bereich Wissenschaft und Forschung in der Bundesrepublik Deutschland auseinander (unter besonderer Berücksichtigung der Gemeinschaftsaufgaben des Art. 91b Abs. 1 GG). Vor allem die Föderalismusreform I war für den Wissenschaftsbereich ein Ereignis, das seit dem Jahr 2006 zu zahlreichen Veränderungen geführt hat. Dies lässt sich nicht nur bei den neu geordneten Gesetzgebungskompetenzen der Art. 70 ff. GG feststellen, sondern auch bei den reformierten Gemeinschaftsaufgaben des Art. 91b Abs. 1 GG. Darüber hinaus führten finanzverfassungsrechtliche Änderungen durch die Föderalismusreform II zu einer weiteren Veränderung der Rahmenbedingungen. Diese Veränderungen - sowie weitere externe Einflüsse auf das Wissenschaftssystem (wie z.B. die Exzellenzinitiative) - führen dazu, dass sich die Rahmenbedingungen für Hochschulen und außeruniversitäre Wissenschaftseinrichtungen maßgeblich verändert haben. Die Neustrukturierung des Wissenschaftssystems und ihre rechtliche Bewertung ist das zentrale Thema, das die vorliegende Arbeit untersucht.
Es ist kaum möglich, die Bedeutung einer föderativen Staatsorganisation für die Erfüllung von Parteifunktionen in einer Demokratie generell zu beschreiben. Die These, Parteienwettbewerb und Föderalismus stünden zueinander in einer durch inkompatible Formen der Konfliktregulierung bedingten Konkurrenzbeziehung, ist zu undifferenziert. Eine Prüfung der Auswirkungen föderativer Strukturen auf die Leistungen der Parteien führt in den einzelnen Funktionsbereichen zu unterschiedlichen Ergebnissen. Föderative Strukturen helfen den Parteien dabei, die Aufgaben der Personalrekrutierung und der Integration der Bevölkerung in die politische Gemeinschaft zu erfüllen. Eine Erschwerung der Zielbildungsfunktion durch die für den Föderalismus typischen Konsenszwänge ist nicht auszuschließen. Allerdings lassen sich beim gegenwärtigen Forschungsstand kaum verläßliche Aussagen darüber machen, ob nicht andere, auch in zentralistischen Systemen auftretende Faktoren eher der Durchsetzung konsistenter politischer Programme im Wege stehen.
Der Deutsche Bundestag und der Bundesrat haben am 16. und 17. Oktober 2003 beschlossen, eine gemeinsame Kommission zur Modernisierung der bundesstaatlichen Ordnung einzusetzen. Welche Erwartungen werden an die Kommission geknüpft?
The political blessings of federalism are the core of our discussion. These benefits are operationalized as the decrease in the number of outvoted in a federal system with majority voting as an important source of regime satisfaction. The approach originates from the work of Roland Pennock who developed a similar methodology exactly 50 years ago although he applied it to a slightly different topic. First, we show that decentralized decision-making is advantageous in the majority of logical cases since the expected value of the number of outvoted is lower compared to centralized decision-making. Comparing different cases, we conclude that the political force of the decentralization-theorem (Oates) is a sole and inverse function of the population size of the nation, implying that there is no structural effect of differing populations within regions. Next, the question is addressed how the gains from federalism react to variations in the number of regions: Measured as the difference of the shares of the sum of the highest number of outvoted to the national population between federalism and centralism, the gains of federalism are a direct function of the number of regions, in a 3-regions-case as well as in a generalized formal model. Therefore, a decrease of the population at the national level and an increase of the number of regions boost the gains of federalism representing a successful path to enhance regime satisfaction. The complementary question what happens to the gains of federalism when increasing the number of alternatives to vote for is more difficult to answer for set-ups with more than 2 alternatives. In our special case with 2 regions and 3 alternatives, the model shows that augmenting the number of alternatives exerts a negative effect on the gains of federalism if we use our first indicator - the share of the sum of the highest number of outvoted. If instead we employ the shares of the average number of outvoted, then there is still a slight increase in the gains of federalism. Using the last indicator, a case-related comparison of both effects shows that an increase in the number of regions has a stronger positive impact on the gains than letting the number of alternatives grow. Employing the other indicator of the share of the sum of the highest number of outvoted, then there is clearly a positive effect of the number of regions. But the effect of the number of alternatives is negative, implying that this last indicator underestimates the gains of federalism to a certain extent. Our integrative model explaining the gains of federalism reconfirms these interdependencies with the share of the sum of the highest numbers of outvoted: The first derivative is positive for more than 2 regions and the same holds for the size of the population at the national level in an unrestricted manner. Differentiating the number of alternatives, however, leads to a casuistic of 4 different domains separating positive and negative effects. Finally, we return to the opening question by analyzing the cumulative frequency distributions of the number of outvoted: Here, even if federalization is preferable as a whole, centralized decision-making is more advantageous for low numbers of outvoted, implying that the domain of decentralized decision-making seems to be connected to higher levels of the outvoted.
Hannah Arendts Idee von Pluralität ist untrennbar mit ihrem Verständnis freiheitlichen Handelns verbunden und berührt daher den Kern ihres politischen Denkens. Pluralität als Ausdruck für Interaktion und Ergebnisoffenheit markiert somit den Anspruch, den Arendt an eine gelingende Ausformung freiheitlich fundierter Gemeinschaften stellt. Mit dieser Perspektive kann nicht nur Arendts Kritik am nationalstaatlichen Modell, sondern auch eine alternative Facette aufgezeigt werden: Die Idee des Föderalismus und dessen Fähigkeit, den aus Pluralität hervorgehenden Anforderungen an eine permeable Gesellschaftsordnung standzuhalten.