Unfallentwicklung und Arbeitsprozeß im Hamburger Hafen 1896/97-1936: ein Beitrag zu vernachlässigten Perspektiven der Arbeiter(innen)geschichte
In: Mikropolitik im Unternehmen: Arbeitsbeziehungen und Machtstrukturen in industriellen Großbetrieben des 20. Jahrhunderts, S. 107-122
In dem Beitrag wird das Problem der Arbeitssicherheit im Hamburger Hafen in der Zeit zwischen dem großen Streik 1896/97 und den Anfangsjahren der nationalsozialistischen Herrschaft analysiert. Nach einer kritischen Auseinandersetzung mit der Aussagekraft von Unfallstatistiken wird die Unfallentwicklung bei der Arbeit im Hamburger Hafen betrachtet. Zwei Trends fallen auf: 1923 lag die Quote der schweren und tödlichen Unfälle unerwartet hoch; seit 1925 ist ein steiler Anstieg ablesbar. Es wird nach den Ursachen der hohen Unfallrate gefragt. Als wesentliche Faktoren werden der hohe Anteil von Gelegenheitsarbeitern sowie die nahezu unbegrenzte Arbeitszeit als besondere Gefahrenquellen ermittelt. Angesichts der starken Unfallgefährdung der Hafenarbeiter wird gefragt, welche Maßnahmen zur Verminderung des Unfallrisikos ergriffen wurden. Der Blick auf die Auseinandersetzungen über die Unfallverhütung im Hafenumschlag zeigt die Machtkonstellationen, die den Alltag der Hafenarbeiter nachhaltig prägten. Es wird festgestellt, daß am meisten unfallgefährdet die Gelegenheitsarbeiter waren, die sich der Macht ihrer Vorarbeiter zwar nicht einfach fügten, aber ihnen doch so ausgeliefert waren, daß den Bemühungen um eine wirksame Unfallverhütung enge Grenzen gesetzt waren. (ICA)