Zu den grundlegenden Aspekten von gesellschaftlichen Modernisierungsprozessen zählt auch die Pluralisierung von Rollenvorgaben und Lebenswelten. Der italienische Nationalstaat betrieb mit der Entwicklung des Bildungswesens in den letzten Jahrzehnten des 19. Jahrhunderts eine Modernisierungspolitik, die gleichzeitig mit der Eröffnung von Bildungschancen für breitere Teile der Bevölkerung auch den Frauen der Mittelschichten eine Möglichkeit der eheunabhängigen Versorgung bot. Durch diese neuen Realitäten wurden traditionelle Weiblichkeitsbilder in Frage gestellt, doch enthielt das neue weibliche Berufsbild gleichzeitig auch Restriktionen, die einen sehr deutlichen Unterschied der Geschlechter festhielten. Modernisierungs- und Emanzipationsdiskurse überschneiden sich daher nicht völlig. Pirandellos Figur der Marta Ajala in L';esclusa, die, von ihrem Ehemann verstoßen, Lehrerin wird, soll zunächst auf den Hintergrund des gesellschaftlichen und literarischen Diskurses über das Berufsbild der Lehrerin bezogen werden. Als literarischer Vergleichstext bietet sich Il romanzo della fanciulla von Matilde Serao an, die dem Umkreis des Verismus angehörte und mit ihrem Text für eine Verbesserung der finanziellen und rechtlichen Situation der jungen Lehrerinnen plädierte. Pirandello macht allerdings durch die Handlungsführung deutlich, dass die wirtschaftliche Selbständigkeit aufgrund der Moralklauseln des Casati-Gesetzes, das das Unterrichtswesen regelte, fragil bleibt. Marta gerät durch ihre Emanzipation nur in eine neue Falle. Dieses Handlungselement lässt sich als Zeichen dafür interpretieren, dass Pirandello die Widersprüche der damaligen Geschlechterpolitik bewusst waren. Auch in der Novelle "La maestrina Boccarmè" wird die Situation der Lehrerin als zerrissen von dem Widerspruch zwischen Berufs- und Geschlechterrolle dargestellt. Auffällig ist jedenfalls, dass Pirandello weibliche Geschlechtsidentität so konzipiert, dass sie weder in einem traditionalistischen, durch Konstrukte der Mannesehre geprägten "sizilianischen" ...
Die Politik setzt zahlreiche Maßnahmen für eine höhere Erwerbsbeteiligung von Frauen und Gleichberechtigung um. Dennoch zeigt sich in Sachen Hausarbeit ein deutliches Ungleichgewicht. Der Wandel von gesellschaftlichen Normen scheint hier schneller voranzuschreiten als der Wandel von tatsächlichem Verhalten. Sogar bei denen, die ein modernes Rollenverständnis haben, putzt und wäscht meistens die Frau.
Dänemark gilt als ein Land, in welchem die traditionellen Rollenverteilungen hinsichtlich Familie und Beruf aufgebrochen sind. Doch ist dies tatsächlich so? Mit Hilfe des Theoriekonzepts 'Individual Model' von Sainsbury wird die dänische Familienpolitik anhand ihrer gesetzlichen Regelungen sowie deren Umsetzungen hinsichtlich ihres Grades der Individualisierung und ihrer damit verbundenen Geschlechterneutralität überprüft. Darüber hinaus wird das Spannungsfeldzwischen Arbeitszwang und Rückzugsmöglichkeiten für Mütter vom dänischen Arbeitsmarkt untersucht. ; Denmark is considered to be a country which is highly emancipated concerning gender roles. But is that true? On the basis of Sainsbury's theoretical concept the Danish family policy will be analysed in matters of their legal regulations and their effects concerning the degree of individualisation and their gender neutrality. Moreover, the tension between work enforcement and retreat from the labour market, which becomes very clear for mothers through most recent alterations of the Danish labour market and family policy, will be examined.
Die Masterarbeit beschäftigt sich mit der Lebensrealität und den Wertvorstellungen von alleinstehenden, alleinerziehenden, tschetschenischen Frauen mit anerkanntem Asylstatus in Graz. Es wird die Frage gestellt, ob die spezielle Lebenssituation der Frauen eine Möglichkeit zu einem erweiterten Handlungsspielraum außerhalb der traditionellen tschetschenischen Verhaltensvorgaben darstellt.Um diese These überprüfen zu können werden zunächst theoretische Grundlagen zu Krieg & Gender, Flucht & Gender sowie Transkulturalität & Gender erarbeitet. Im Anschluss wird ein historischer Überblick über die Region Tschetscheniens und die tschetschenische Gesellschaft aufgezeichnet und die aktuelle politische und soziale Situation in Tschetschenien dargestellt. Insbesondere wird im darauf folgenden Teil der Arbeit die traditionelle tschetschenische Geschlechterordnung beschrieben und inwieweit sich diese in der Zeit der Sowjetunion und durch die kriegerischen Auseinandersetzungen seit deren Zerfall verändert hat. Ebenso wird auf die aktuelle Geschlechterordnung in Tschetschenien eingegangen und die rechtliche und soziale Situation der Frauen in Tschetschenien genauer beschrieben. Es folgt eine Kapitel über die Flucht von TschetschenInnen nach Österreich inklusive einem Exkurs über das österreichische Asylrecht. Im empirischen Teil der Arbeit werden nach einer Vorstellung der Fallbeispiele die durchgeführten qualitativen leitfadengeführte Interviews hinsichtlich der Differenz zwischen der Lebensrealität und den Wertvorstellungen der befragten tschetschenischen Frauen und den traditionellen tschetschenischen Verhaltensvorgaben analysiert. So kann herausgefunden werden, ob sich aus der spezifischen Lebenssituation ein erweiterter Handlungsspielraum ergibt und sich daher die individuelle Fluchtgeschichte als Chance für ein selbstbestimmtes Leben erweist. ; The master thesis deals with life reality and moral concepts of Chechnyen single mothers in Graz who are officially recognised refugees. The question is raised if the women?s special life situation is a possibility to broaden their scope of action outside the traditional Chechnyen behavioural norms.In order to verify this thesis, theoretical fundaments of War & Gender, Flight & Gender as well as Transculturalism & Gender are being elaborated. Furthermore a historical overview on the region Chechnya, the Chechnyen society and the current political and social situation in Chechnya is given. The master thesis specially concentrates on the traditional Chechnyen gender order. It is described how this order has changed during the times of the Sovjet Union and since the violent conflicts after the fall of the Sovjet Union. The thesis also deals with the current gender order in Chechnya and describes the legal and social situation of women in Chechnya today. In the following chapter the paper concentrates on the flight of Chechnyen people to Austria including an overview on the Austrian asylum law. In the empirical part of the thesis four individual cases are described. Qualitative guided interviews are being analysed concerning the difference between life reality, moral values of the case studies and traditional Chechnyen behaviour norms. This way it is checked if the life reality and the moral values of the interviewed women differ from the traditional Chechnyen behaviour norms and if the specific life situations of the women make a self-determined life possible. ; vorgelegt von Petra Maria Wlasak ; Graz, Univ., Masterarb., 2012 ; (VLID)224173
Das Buch von Mire Koikari analysiert die kulturelle Produktion in Japan nach der Katastrophe vom März 2011 und wirft einen kritischen Blick auf die Werte, Diskurse und Praktiken, die der Aufbau einer Kultur der Resilienz in Japan hervorgebracht hat. Koikari argumentiert, dass die neuen Impulse für eine Politik der Resilienz weit davon entfernt sind, eine unparteiische und einheitliche Praxis zu sein, sondern betont vor allem, dass neoliberale Werte und traditionelle Geschlechterrollen starken Zuspruch erfahren hätten. ; Mire Koikari's book analyzes cultural production in Japan after the disaster that took place in March 2011. The book proposes a critical look at values, discourses, and practices in constructing a culture of resilience in Japan. Far from being an impartial and uniform practice, Koikari argues that the new impetus for the politics of resilience has also deepened neoliberal values and traditional gender roles.
Forest resources provide a means of livelihoods in rural communities in most developing countries. Growing threats of disappearance of these resources as a result of human and natural activities led Cameroon in 1994 to institute new forest policy reforms which amongst others aimed to formalize and strengthen the involvement of local communities in forest management. Although much has been written on the importance and methods of participation of the local people in sustainable forest management, little has been done to assess the involvement of especially women in forest management activities. This study aims to contribute to an understanding of the roles of indigenous men and women in forest management activities, how they are shaped by management regimes and the influence on their livelihoods. Results are based on empirical findings from two case studies-the Korup National Park Area (KNPA) and Bechati Forest Area (BFA). The analysis focuses on the different roles of men and women in forest activities, exploring how policies have influenced their participation. It further uses the concepts provided by gender analysis and SLF to check the potentials for improved participation of men and women in forest management and sustainable rural livelihoods. Results show that men and women in the research communities are solely dependent on forest resources for their livelihoods. They perform different roles with different interests and needs regarding the forest and its resources. Men and women have different responsibilities in protecting and maintaining homestead, common and forest lands. The results show that men are interested in cash crop production and usually own large plots and a greater proportion of women are involved in food crop production mostly for subsistence. The analysis of the management practices in both research areas show that formal and traditional ways of managing the forest are practiced. The traditional method is supplementary to the formal as the inability of traditional council to solve some forest problems are forwarded to the court of law where sanctions are taken. Considering that they are few guards to patrol the forest or visit the communities regularly would mean increase illegal activities in the forest. With some recognition, cooperation and mutual understanding between the local people, government and conservation staff, the management of the forest would be improved. The analysis further reveals clashing traditional, governmental and participatory management strategies leading to tensions, conflicts and lack of trust among actors. Results on gender analysis in research communities portray power relations in forest issues. Rights and access to natural resources like land, trees and animals is gendered. Land tenure rights BFA are hereditary and entitled to the male successor of the family. In KNPA, it is based on demarcation and occupation. However, though land acquisition is open to both men and women in the KNPA, women were found to acquire less land due to numerous responsibilities and lack of strength. The amount of land acquired determines the degree of authority a family or an individual possesses. The analysis also shows that there is some form of change in gender roles although women are not highly represented and even fewer women take part in decision-making processes. Gender issues are integrated in most policy commitments in Cameroon but if steps are not taken to translate them into practice, the increase participation of women in forest management will remain limited. True change can be achieved if decision-makers ensure an inclusive implementation of gender issues at all levels of project planning. A change in traditional attitudes on the roles of men and women should be adopted and a rethinking on policies (e.g. land tenure and property rights) is necessary to pave the way for greater female participation. ; Wälder stellen, in vielen ländlichen Gemeinden in Entwicklungsländern, Ressourcen für die Lebensgrundlage der lokalen Bevölkerung zur Verfügung. Aufgrund von natürlichen und vom Menschen beeinflussten Veränderungen sind diese Ressourcen gefährdet. Um den Problemen abnehmender Waldressourcen zu begegnen wurde die Waldpolitik in Kamerun 1994 reformiert. Ziel der Reformen war die Formalisierung und Stärkung der Beteiligung der lokalen Bevölkerung im Waldmanagement. Obwohl es zahlreiche Veröffentlichungen zu Wichtigkeit und Methoden der Partizipation lokaler Bevölkerung im nachhaltigem Waldmanagement in Kamerun gibt, wird vor allem die Einbindung von Frauen in entsprechende Managementaktivitäten selten betrachtet. Die vorliegende Arbeit leistet einen Beitrag zum Rollenverständnis von einheimischen Männern und Frauen im Waldmanagement, vor allen Dingen hinsichtlich der Gestaltung vom Managementstrategien und dem Einfluss auf die Lebensgrundlage. Die Ergebnisse basieren auf empirischen Ergebnissen aus zwei Fallstudien in der Korup National Park Area (KNPA) und der Bechati Forest Area (BFA). Die Analysen fokussieren auf verschiedene Rollen von Männern und Frauen im Waldmanagement und untersuchen den Einfluss verschiedener Politiken auf Beteiligungsprozesse. Des Weiteren werden Konzepte der Genderforschung und des Sustainable Livelihoods Frameworks genutzt um Verbesserungspotentiale für die Beteiligung von Männern und Frauen aufzudecken. Die Ergebnisse zeigen, dass Männer und Frauen in den Fallstudiengebieten ihren Lebensunterhalt ausschließlich von Ressourcen bestreiten, die von den Wäldern zur Verfügung gestellt werden. Dabei gibt es eine Rollenverteilung mit unterschiedlichen Interessen und Bedürfnissen im Bezug auf Wälder und Ressourcen. So haben Männer und Frauen unterschiedliche Verantwortlichkeiten hinsichtlich Schutz und Erhalt von Höfen, Allmenden und Wäldern. Die Ergebnisse zeigen, dass die Interessen der Männer im Bereich der Produktion von Cash-Crops liegen und sie dafür oft auch große Flächen besitzen. Frauen hingegen sind überwiegend in den Anbau von Nahrungsmitteln für die Selbstversorgung involviert. Die Analysen der Managementpraktiken in beiden Fallstudiengebieten zeigen, dass verschiedene formelle und traditionelle Waldmanagementstrategien praktiziert werden. Die traditionellen Strategien gelten als komplementär zu den Formellen. So werden Probleme im Bezug auf Wald, die nicht durch traditionelle Gemeinderäte gelöst werden können an Gerichte weitergeleitet. Hier können Sanktionen beschlossen werden. Die Analysen zeigen aber auch, dass traditionelle, formelle und partizipative Managementstrategien nicht immer zusammenpassen. Daraus entstehen Spannungen, Konflikte und ein Mangel an Vertrauen. Größere Beachtung, Kooperation und gegenseitiges Verständnis zwischen der lokalen Bevölkerung, Regierung und Naturschützern würde zu einer Verbesserung im Waldmanagement führen. Genderanalysen in den Gemeinden der Fallstudiengebiete zeigen die Machtverhältnisse im Bezug auf Wald sowie unterschiedliche Rechte und Zugänge zu natürlichen Ressourcen wie Land, Bäume und Tiere. In BFA wird der Landbesitz an den männlichen Nachkommen vererbt. In KNPA basiert der Landbesitz auf Demarkation und Beruf. Während also in KNPA Landerwerb für beide Geschlechter möglich ist, wird von Frauen weniger Land erworben. Gründe dafür sind die viele Verpflichtungen und ein Mangel und körperlicher Kraft. Die Größe des Flächenbesitzes bestimmt den Grad der Autorität innerhalb und außerhalb der Familie. Die Analysen zeigen, dass ein Wandel in den Geschlechtsrollen stattfindet. Trotzdem Frauen nicht gut repräsentiert sind und noch weniger an Entscheidungsprozessen beteiligt. Geschlechterfragen werden mittlerweile in den meisten politischen Zusagen in Kamerun berücksichtigt. Werden jedoch keine Schritte zur Umsetzung unternommen, wird die Beteiligung von Frauen im Waldmanagement weiterhin begrenzt bleiben. Tatsächlicher Wandel könnte erreicht werden, wenn Entscheidungsträger eine inklusive Umsetzung von Genderaspekten auf allen Projektebenen sicherstellen. Ein Wandel in den traditionellen Verhaltensweisen im Bezug auf Rollen von Männern und Frauen sollte umgesetzt werden. Außerdem ist ein Umdenken hinsichtlich Politiken (z.B. Landbesitz und Eigentumsrecht) notwendig um den Weg für eine Verbesserung in der Partizipation von Frauen zu ebnen.
Der Beitrag skizziert die bedeutsame Rolle der liberalen badischen Mädchenschulpolitik im Rahmen der ersten Koedukationsdebatte um die Jahrhundertwende zum 20. Jahrhundert. Die Erfahrungen mit der 'Koinstruktion' von Mädchen in badischen Knabenschulen widerlegten zahlreiche Argumente der KoedukationsgegnerInnen, die sich vorwiegend auf eine 'naturgewollte' physische und psychische Andersartigkeit – in der Regel einer Inferiorität – von Frauen stützten und daraus eine spezifische weibliche Bestimmung ableiteten. Je größer die angenommene und sozial erwünschte Konstruktion einer scharfen Geschlechterdifferenz betont wurde, umso vehementer wurde auch der gemeinsame Schulbesuch von Mädchen und Jungen abgelehnt. Postulierte Geschlechterdifferenzen und Geschlechterrollen spielen in der aktuellen Diskussion um Geschlechtertrennung nach wie vor eine Rolle. Zwar liefern Geschlechterdifferenzen heute keine tragfähige argumentative Grundlage mehr für die Konstruktion von Geschlechterrollen, aber sie werden noch immer argumentativ herangezogen, um Vorteile der institutionellen Trennung zu unterstreichen.
Diese DVD stellt 19 kurze Komödien aus den Jahren 1910 bis 1914 zusammen. Das noch junge Genre der Komödie, so die Kuratorin Mariann Lewinsky, war innerhalb der Filmproduktion das entscheidende Terrain der Auseinandersetzungen um Geschlechterrollen. In den Filmen werden Komikerinnen gezeigt, die mit traditionellen Geschlechterrollen brechen und den Handlungsraum von Frauen erweitern. Ein Kapitel ist den Suffragetten gewidmet, hier findet sich auch dokumentarisches Filmmaterial der Zeit. Im beigefügten Booklet werden die Filme mittels feministischer Theorien zum (Frühen) Kino in die Filmgeschichte eingeordnet, eine Verknüpfung mit den politischen Ereignissen der Zeitgeschichte wird leider nicht vorgenommen. ; This DVD is a collection of 19 short comedies from 1910 to 1914. According to the curator Mariann Lewinsky, the still young comedy genre was the central venue for discussions about gender roles in film production. The movies show female comedians who challenge traditional gender roles and broaden women's space of action. One chapter, which also contains documentary footage, is dedicated to the suffragettes. Using feminist theories on (early) film, the included booklet integrates the movies into cinematic history, unfortunately without connecting them to the political events of contemporary history.
Diese Arbeit analysiert den Zusammenhang von Familienbildern im Sinne von tradierten Leitvorstellungen von Familienleben und Geschlechterrollen und familienpolitischen Maßnahmen. Familienpolitik hat aufgrund dieses Zusammenhangs eine normative Dimension. Gegenstand sind die Familienbilder von CDU, PDS und SPD in Thüringen, welche aus den Plenarprotokollen des Thüringer Landtags rekonstruiert werden. Ergebnis der hermeneutischen Interpretation der Debatten ist, dass die Argumente der Parteien und die konkrete Ausgestaltung der Familienpolitik in Thüringen (so genanntes "Thüringer Modell der Kinderbetreuung") auf unterschiedliche Familienbilder zurückgeführt werden können.
Ich werde im Folgenden zeigen, daß Fontane in "Effi Briest" mittels der Raumgestaltung eine Topographie des Fremden entwirft, die mit dem Verlauf und den Krisen der dargestellten Ehe korrespondiert. Der Roman projiziert die Ehekonflikte des Paares Effi–Innstetten auf den dargestellten Raum. Er tut dies über den Gegensatz von "Natur" und "Kultur", der als kulturgeschichtliches Ordnungs- und Denkmuster die Geschlechterrollen gleichermaßen wie die Topographie strukturiert. In diesem Vorgehen gerät Fontane der Romanraum zum "Ort der Zivilisationsarbeit". Und eben darin gelangt jenes "versteckt und gefährlich Politische" zum Ausdruck, das Fontane so sehr interessierte.
Die "Do-it-all"-Mutter - Diskursive Strategien und post-feministische Allianzen in Elternzeitschriften. Der Artikel analysiert diskursive Strategien in aktuellen deutschen Elternzeitschriften. Es wird beobachtet, dass "Mutterschaft" zugleich mit konservativen Geschlechterrollen verbunden ist und in einen individualistischen postfeministischen Diskurs eingebettet ist. Es wird gezeigt, wie die analysierten Texte konservative Modelle von Mutterschaft und Geschlecht, insbesondere in Bezug auf die Mutter-Kind-Beziehung, die Frage der "Kompatibilität" von unbezahlter und bezahlter Arbeit und geschlechtsspezifischen Elternstellungen, in eine modern scheinende Rhetorik einkleiden. Durch die diskursiven Strategien und Allianzen werden die politischen und strukturellen Dimensionen von Care-Arbeit, Geschlechtergerechtigkeit und intersektionalen Aspekten durch den individualistischen Diskurs verdeckt. Diese Entpolitisierung wird ans Licht gebracht und damit Raum für neue feministische Perspektiven der Mutterschaft geschaffen.
Die Dissertation befasst sich mit der Frage, inwiefern in standardisierten sozialwissenschaftlichen Befragungen erhobene Einstellungen über Zeit und verschiedene Gruppen hinweg vergleichbar sind. Während ein standardisierter Erhebungsprozess notwendige Bedingung zur Herstellung von Vergleichbarkeit ist, ist die tatsächliche Äquivalenz der Daten damit keineswegs hinreichend gewährleistet. Unter der Vielzahl erhebungs-, verarbeitungs- und analysebedingter Einschränkungen der Vergleichbarkeit liegt der Fokus hier auf differentiellen Reaktionen der Interviewten auf die Befragung ("Antwortqualitäten"), den Möglichkeiten, diese empirisch zu erfassen und den Implikationen für die Umfrageforschung. Vor dem Hintergrund kognitiver Prozesse beim Beantworten von Survey-Fragen sowie den Einflüssen des unmittelbaren und des gesellschaftlichen Kontexts werden in den vier Artikeln, die den Kern der Arbeit darstellen, verschiedene Vergleichbarkeitsprobleme thematisiert. Dazu werden Sekundäranalysen von Daten aus renommierten sozialwissenschaftlichen Erhebungen durchgeführt, wobei mittels struktur-entdeckender multivariater statistischer Verfahren unterschiedliche Antwortqualitäten sichtbar gemacht werden. Der erste Artikel befasst sich mit methodologischen Herausforderungen der Messung von Einstellungswandel anhand des Beispiels von Geschlechterrollen. Die Anwendung der multiplen Korrespondenzanalyse auf Daten aus British Social Attitudes Survey und British Household Panel Study zeigt dabei strukturelle Veränderungen des latenten Konstrukts "Einstellungen zu Geschlechterrollen" und eine Zunahme methoden-induzierter Variation. Aussagen über Einstellungswandel aufgrund veränderter Mittelwerte werden durch derartige methodische Veränderungen in Frage gestellt. Im zweiten Artikel geht es um den Zusammenhang zwischen Antwortqualitäten und den ideologischen Dispositionen der Befragten unter Verwendung von Daten aus dem US-amerikanischen General Social Survey. Multiple Indikatoren der Reaktionen auf die Befragung werden mittels latenter Klassenanalyse zu einer Typologie der Antwortqualitäten zusammengefasst. Die Projektion dieser in den mittels multipler Korrespondenzanalyse erstellten Raum ideologisch-politischer Verortung ergibt, dass bestimmte ideologische (Dis)positionen mit spezifischen Reaktionsmustern assoziiert sind, was potentielle Probleme für die Abbildung der "öffentlichen Meinung" mittels standardisierten Befragungen impliziert. Das dritte Papier beschäftigt sich mit einem speziellen Problem der Vergleichbarkeit von Einstellungsmessungen über Zeit: von der Befragung selbst induzierte Veränderungen, bekannt unter dem Begriff panel conditioning. Es wird argumentiert, dass die Stärke von Einstellungen durch wiederholte Befragungen zunimmt, was – unter Beachtung individueller Voraussetzungen wie Erfahrung, Interesse und Motivation – sowohl Auswirkungen auf Denken und Handeln als auch auf Antwortqualitäten hat. Im vierten Papier schließlich werden im ALLBUS erhobene Einstellungen zu Geschlechterrollen in Ost- und Westdeutschland und über Zeit verglichen. Unter Berufung auf rollentheoretische Ansätze findet dabei die latente Klassenanalyse Verwendung, vor den inhaltlichen Vergleichen erfolgt eine Prüfung auf Messinvarianz. Insgesamt spiegeln die Artikel fünf Aspekte des Problemkomplexes "Antwortqualitäten" wider, die teilweise miteinander interagieren: Unterschiede in der Bedeutung und Interpretation von Begriffen, der Verortung auf Skalen, der Struktur von Konstrukten, der Zentralität von Themen und beim Umgang mit der Umfrage an sich stellen Herausforderungen für den Vergleich standardisierter Einstellungsmessungen dar. In diesem Sinne fragt die gemeinsame Diskussion nach Strategien des Umgangs mit Vergleichbarkeitsproblemen und plädiert für die Beachtung subjektiver und reaktiver Elemente bei der Analyse standardisierter Einstellungsmessungen.
Der Beitrag befasst sich mit der katholischen verbindlichen Geschlechterdoktrin und ihrer Bedeutung für das Ehe- wie für das Kirchenverständnis. Anders als im modernen menschenrechtlichen und gesellschaftlichen Diskurs vertritt die katholische Kirche auch nach dem II. Vatikanum eine Verankerung von Geschlechterrollen in einem Sein als Mann und Frau. Auf der Grundlage eines katholisch gesonderten Gleichheitsverständnisses kann das Lehramt daher zwar von der gleichen Würde von Mann und Frau, von ihrer Gleichwertigkeit, nicht aber von einer Gleichberechtigung sprechen, so dass eine rechtliche Ungleichbehandlung der Geschlechter im geltenden Kirchenrecht nicht als Diskriminierung kritisiert werden kann. So bleibt im katholischen Eheverständnis nicht nur ein subtiler Männervorrang erhalten, sondern kann auch die ekklesiologische Bedeutung der katholischen Geschlechteranthropologie deutlich werden. Die katholische Kirche ist in ihrer ständehierarchischen Verfassung zugleich eine Geschlechterhierarchie. Innerkirchlich gibt es unterschiedliche Umgangsweisen mit diesem Befund.
Das Arbeits- und Familienleben wird in Österreich immer noch stark anhand traditioneller Geschlechterrollen aufgeteilt. Diese Tatsache ist unter anderem das Resultat davon, dass Menschen dazu neigen, vorherrschende Systeme zu rechtfertigen und beibehalten zu wollen. Die Theorie der Systemrechtfertigung besagt, dass wenn das System bedroht wird, die Motivation zur Systemrechtfertigung ansteigt. Die vorliegende Studie nimmt an, dass verschiedene Formulierungen der Forderungen nach Geschlechtergleichheit die Einstellung gegenüber dem Geschlechtersystem unterschiedlich beeinflusst. Systemerhaltende Formulierungen sollten demnach eher zu einer Verringerung der Rechtfertigung des Geschlechtersystems führen, systembedrohende Formulierungen dagegen eher zu einem Anstieg der Systemrechtfertigung. Darüber hinaus wurde untersucht, ob politische Orientierung, allgemeine Systemrechtfertigung, benevolent-sexistische Einstellungen sowie nationale Identifikation die Manipulationswirkungen moderieren. An der Studie nahmen 163 Männer teil, welche entweder systembedrohende oder systemerhaltende Aussagen zum Geschlechtersystem lasen. Anschließend wurde die geschlechterspezifische Systemrechtfertigung abgefragt. Die Ergebnisse zeigten, dass je mehr sich Männer mit Österreich identifizierten, je mehr politisch rechts sie sich einstuften, je hostil-sexistischer und je mehr sie generell zu Systemrechtfertigung neigten, desto höher befürworteten sie auch das Geschlechtersystem. Wider Erwarten konnte kein Zusammenhang mit benevolent-sexistischen Einstellungen nachgewiesen werden. Die Studie konnte nicht belegen, dass mit systemerhaltenden Formulierungen Systemrechtfertigung vermindert und Einstellungsänderungen hin zu mehr Gleichberechtigung bewirkt werden können. Dies legt nahe, dass Forderungen nach Geschlechtergleichheit, selbst wenn diese als systemerhaltend formuliert sind, nicht funktionieren um bei Männern negative Konsequenzen der Systemrechtfertigung zu überwinden. ; The Austrian work and family life is still very traditional and determined by sexual stereotyping and different gender roles. This leads to the fact that people are motivated to justify, legitimate, and perpetuate the status quo of the system. The theory of system justification postulates, that if the status quo is perceived as threatened, motivation to system justification increases. The present study presumed that different forms of demands concerning the support for gender equality affects attitudes towards the system of gender. When the demands are framed as system-preserving, they should lead to less justifying the gender system. System-threatening messages instead should rather increase system justification. In addition, we examine the impact of individual differences in political orientation, system justification tendencies, national identification and benevolent sexist attitudes on the endorsement of the gender system. The study tested 163 men, who either read system-threatening or system-sanctioned messages concerning the gender-specific system. Afterwards the individuals' motivation to support the status quo was measured. The findings revealed that the more the men identified with their own nationality, the more they saw their political orientation as right-wing, the more hostile sexist views they had and the higher their diffuse tendency to justify systems was, the more they justified the current gender system. Against expectations, we did not find correlations with benevolent-sexist attitudes. Furthermore, the study could not provide experimental evidence for a system sanctioned change of the status quo towards gender equality. These findings indicate that reframing demands for gender equality as patriotic does not work for men to overcome the negative consequences of system justification on support for gender equality. ; Tanja Scharinger ; Abweichender Titel laut Übersetzung des Verfassers/der Verfasserin ; Karl-Franzens-Universität Graz, Masterarbeit, 2017 ; (VLID)1696801
Die Tribute von Panem, eine Buchserie der amerikanischen Autorin Suzanne Collins erfreut sich nicht erst seit der Filmadaption größter Beliebtheit. Die Trilogie wurde bereits seit ihrer Veröffentlichung von Kritikern, Journalisten, Wissenschaftlern und Lehrern für ihre Progressivität und ihre Innovation gelobt, denn die Serie bietet eine unkonventionelle Kombination aus Schauplatz, Charakteren und Handlungssträngen. Die Bücher der Serie werden dem Genre der dystopischen Romane zugeschrieben. Dies bedeutet einerseits, dass die Handlung in einer düsteren, fiktiven Zukunft spielt wo totalitäre Regime Menschen unterdrücken, ausbeuten und streng bestrafen. Andererseits findet man in dystopischen Romanen auch immer eine Kritik der gegenwärtigen Gesellschaft, Politik, Wirtschaft und Kultur. Zieht man nun noch die jugendliche Leserschaft in Betracht, bekommt die Darstellung dieser Kritik eine enorme Bedeutung. Ziel dieser Arbeit ist es darzustellen, wie Geschlechterrollen und Machtstrukturen in den Tributen von Panem dargestellt sind. Es wird gezeigt, dass das dystopische Genre ausschlaggebend ist für die Gegenüberstellung von alternativen und traditionellen Geschlechterbilder umso der Leserschaft ein kritisch reflektiertes Bild dieser Konzepte zu vermitteln. Die Arbeit wird darüber hinaus aufzeigen wie politische Regime konstruiert sind und dass Widerstand nicht nur möglich, sondern notwendig ist. ; The Hunger Games trilogy, by American author Suzanne Collins, has become a literary phenomenon and also the film adaptions enjoy great popularity. Many reviewers, journalists, scientists and teachers have praised the series progressiveness and innovation because the trilogy depicts an "unexpected choice" of characters, setting and plot which makes this young adult narrative more ironic and cynical and less conservatives than others. The novels belong to the dystopian genre which means that the series depicts an imagined and grim future where a totalitarian regime oppresses society through strict control and harsh punishment. Another key characteristic of the dystopian genre is to offer a critique of contemporary cultural, social, economic and political developments. Considering the teenage audience reading these novels, it becomes apparent that examining how these concepts are depicted and constructed in the novels is of great importance because during adolescence, teenagers are extremely sensitive towards such issues. Therefore, this thesis aims to examine how gender roles and power structures are portrayed in The Hunger Games trilogy. It will be illustrated how the dystopian genre makes it possible to contrast alternative gender concepts with traditional ones so that the reader is provided with a contradictory representation of gender performance. Additionally, it will be demonstrated how totalitarian regimes are constructed and that resistance is not only possible but necessary. ; vorgelegt von Bianca Rabl ; Zusammenfassungen in Deutsch und Englisch ; Karl-Franzens-Universität Graz, Diplomarbeit, 2017 ; (VLID)2118051