Kulturelle Gewalt: zur direkten und strukturellen Gewalt tritt die kulturelle Gewalt
In: Bürger & Staat, Band 43, Heft 2, S. 106-112
ISSN: 0007-3121
Der Autor diskutiert in seinem Beitrag den Zusammenhang von direkter, struktureller und kultureller Gewalt. Unter kultureller Gewalt versteht er jene Aspekte der Kultur, die dazu benutzt werden können, direkte oder strukturelle Gewalt zu rechtfertigen oder zu legitimieren. Weiterhin entwirft er eine Typologie direkter Gewalt (Töten, Elend, Repression u.a.) und struktureller Gewalt (Ausbeutung, Penetration, Marginalisierung u.a.). Ausbeutung wird dabei als Kernstück einer archetypischen Gewaltstruktur betrachtet. In der Zeitrelation aller drei Gewaltkonzepte existiert eine grundlegende Differenz. "Direkte Gewalt ist ein Ereignis, strukturelle Gewalt ist ein Prozeß mit Höhen und Tiefen, kulturelle Gewalt ist eine Invariante, eine unveränderliche permanente Größe, die aufgrund der Tatsache, daß Transformationen grundlegender Aspekte von Kultur nur langsam vor sich gehen, über lange Zeiträume hinweg im wesentlichen unverändert bleibt." Dies führt zu einem Gewaltschichtenmodell der Gewaltphänomenologie. Abschließend werden Beispiele kultureller Gewalt für fünf Kulturbereiche aufgelistet: Religion und Ideologie, Sprache und Kunst, Wissenschaft. Für die Friedensforschung wird die Aufgabe abgeleitet, dem "Gewaltdreieck" ein "Friedensdreieck" gegenüberzustellen, "in dem der kulturelle Friede den strukturellen Frieden mit symbiotischen, gerechten Beziehungen zwischen den verschiedenen Partnern und den direkten Frieden, gekennzeichnet durch Kooperationsbereitschaft, Freundschaft und Liebe hervorbringt". (psz)