Eine Geschichte kann die Welt retten - oder sie zerstören.Eine starke Geschichte kann die Welt retten - oder sie zerstören. Sie kann Wahlen entscheiden, Menschenleben retten, aber auch Kriege auslösen und Ungerechtigkeit zementieren. Samira El Ouassil und Friedemann Karig verfolgen diese ambivalente Wirkungsmacht anhand wichtiger Narrative von der Antike bis zur Gegenwart. Und sie zeigen, welche Erzählungen uns heute gefährden und warum wir neue benötigen. Wie gelingt es, den Klimawandel so zu erzählen, dass er zum Handeln drängt? Aus welchen Überlegenheitsmythen entstehen Rassismus und Antisemitismus? Mit welchen Storys manipulierte Trump seine Anhänger, und weshalb verfangen die Lügen der Querdenker und Verschwörungsideologen? Was erzählen wir seit jeher über uns selbst - als Deutsche, als Europäer, als Humanist:innen, über unsere Republik? Gibt es Alternativen dazu? Wie könnte eine wirkungsmächtige neuen Erzählung der Aufklärung aussehen? Geschichten sind ein massgeblicher Teil unserer Sozialisation. Sie durchdringen Politik, Medien und Kultur, lehren uns, unterhalten uns, verführen uns, beeinflussen unsere Wirklichkeitswahrnehmung - vom griechischen Drama bis zur Netflix-Serie
"This book is about the conflict which resolved the Greek-Turkish War of 1919-1922: the Great Offensive. On 26 August 1922, the army of the GNA executed the Great Offensive against the Greek defence line extending from the Bay of Gemlik to the Meander River. The Turkish Forces split the Greek Army into two large groups: annihilated one of the groups in the field at the Battle of Dumlupınar on 30 August and pursued the remaining forces of the Greek Army towards the Aegean and Marmara coasts until 18 September. Within these 24 days, the face of Western Anatolia changed unalterably: numerous towns, villages and cities of Western Anatolia were reduced to ashes. This conflict was a turning point in the histories of Turkey and Greece, as it played a significant role in shaping the present-day demographic and geopolitical landscapes of both nations. It resulted in a population exchange in 1923 that dramatically altered the lives of Muslims in Greece and Greek Orthodox people in Turkey and paved the way to the foundation of the Republic of Turkey. Despite the outcome of this war and the existence of a rich literature on its military and political history, the landscapes, memoryscapes and material culture have not been systematically investigated. This book bridges that gap via an archaeological, historical and oral-historical study into the Great Offensive and its aftermath. With its wide chronological perspective, this book is not a pure analysis of a historical war, it is instead a journey into the foundation myth of the Turkish Republic and the ideological foundations of the Turkish state"--
Mythologie ist spannender als jeder Krimi, grausamer als jeder Horrorfilm und leidenschaftlicher als jeder Liebesroman! Wie hiess er doch noch gleich, der Meeresgott bei den Griechen? Was waren bloss die zehn Aufgaben des Herkules? Antworten auf solch typische Fragen nach dem Motto "Wie war das nochmal?" finden Sie in diesem wunderbaren Nachschlagewerk, das zum Schmökern einlädt. Der Schwerpunkt des Buches liegt auf der griechischen und römischen Mythologie, aber auch nordeuropäische Gestalten wie König Artus und Beowulf, weniger bekannte Sagen aus Ägypten und Asien und die Mythen lateinamerikanischer Völker wie den Maya, Azteken und Inkas kommen nicht zu kurz
Im Beitrag wird der Frage nachgegangen, welche Zugänge für heutige Kinder zu Stoffen aus der griechischen Mythologie möglich sind. Kindliche Medienerfahrungen und Ergebnisse repräsentativer empirischer Studien zum Lese- und Medienverhalten werden skizziert. Zudem wird der Zusammenhang zwischen der Mythenaneignung in der ostdeutschen Literaturszene (Peter Hacks, Heiner Müller, Christa Wolf) und der Schaffung von Adaptionen für Kinder und Jugendliche beschrieben. In diesem Kontext wird das poetologische und poetische Werk des Schriftstellers Franz Fühmann in Grundzügen vorgestellt und seine Auffassung von den Mythen als Modellen von Menschheitserfahrungen als Grundlage für die Entwicklung von Konzeptionen für Literaturprojekte mit jüngeren Kindern entfaltet. Am Beispiel von Unterrichtsmodellen zum Trojanischen Krieg werden Wege von Kindern in die Stoffe der griechischen Mythologie beschrieben und Ergebnisse kindlicher Zugänge und Textproduktionen vorgestellt. ; This article explores the question of how children access themes and motives from Greek mythology today. Children's media experience and results of representative empirical studies on reading and media behavior are outlined. Furthermore the connection between the appropriation of myths by East German writers (Peter Hacks, Heiner Müller, Christa Wolf) and the creation of adaptations for children and adolescents is described. In this context, the poetological and poetic work of the writer Franz Fühmann is outlined. His conception of myths as models of human experiences is laid out as the basis for the conceptual development of literary projects with younger children. Using teaching models focusing on the topic of the Trojan War as an example, children's pathways into the topic matter of Greek mythology are described and the results of the children's reception and production processes are presented.
Der vorliegende Band untersucht die vielfach verflochtenen Beziehungen zwischen Religion, Bildung und Wissen in den antiken griechischen Kulturen. Während die Einbettung der griechischen Religion in die Gesellschaft in der modernen Wissenschaft wiederholt thematisiert worden ist, fehlt eine eingehende Betrachtung der sozio-religiösen Aspekte von Bildung und Wissen. Die Beiträge fragen nach Kontexten, Akteuren und Medien, durch die Religion, Bildung und Wissen innerhalb und außerhalb spezifischer Gemeinschaften vermittelt wurden. Der chronologische Rahmen erstreckt sich von der Klassik bis zur Spätantike. Durch die Untersuchung eines vielfältigen Spektrums von Zeugnissen, sowohl aus literarischen Quellen als auch aus der materiellen Kultur, beleuchtet dieser Band die Vielfalt der Vermittlungswege griechischer Religion und das umfassende »Gepäck an Wissen«, das für die Durchführung der Rituale erforderlich war.InhaltsübersichtI. Introductions Irene Salvo/Tanja S. Scheer: Greek Religion and Education: Key Concepts and Aims – Josine Blok: Educating Citizens: Knowledge, Competence, and Values in Greek Poleis II. Actors and Models Irene Salvo: The Pedagogical Function of Cult Associations in Late Classical Athens – Eftychia Stavrianopoulou: Female Role Models in the Hellenistic Period: The Evidence of Religious Norms – Marietta Horster: Sacred Personnel as Role Models in the Post-classical Period III. Performing Knowledge Susanne Gödde: Learning by Suffering? 'Education' and 'Religion' in Ancient Greek Theatre – Sophie Marianne Bocksberger: Dancing Little Bears IV. Skills and Media Tanja S. Scheer: Conveying Religious Knowledge in Classical Athens: Imagery in Athenian Religious Discourse – Aleksander Wolicki: Greek Priestesses and Literacy – Serafina Cuomo: Numeracy in the Sanctuary V. Astrology, Philosophy, and Religion Ilaria Bultrighini: Theōn hemerai: Astrology, the Planetary Week, and the Cult of the Seven Planets in the Graeco-Roman World – Ilinca Tanaseanu-Döbler: Statues as Theological Treatises: Porphyry's Approach in Peri Agalmatōn in Context
Misogynie, Missbrauch und Gewalt in der antiken LiteraturMisogynie, Missbrauch und Gewalt ziehen sich wie ein roter Faden durch die antiken Texte, die unsere Gesellschaft bis heute prägen. Dass die antike Literatur auf unsere Geschichte und Gegenwart beträchtlichen Einfluss ausübte, ist keine Neuigkeit. Aber es sind nicht nur Errungenschaften wie Philosophie und Literatur, die uns Rom und Griechenland vererbt haben, sondern auch hochproblematische Verherrlichungen von Sexismus und Gewalt.In einer konsequenten Gegenüberstellung moderner Phänomene und antiker Vorbilder zeigt Katharina Wesselmann, dass sich heutige Vorstellungen von Erotik und Romantik, aber auch gesellschaftliche Normen bis hin zu juristischen Tatbeständen in einer überraschend konsequenten Traditionslinie befinden. Wesselmann liest die klassischen Texte neu und deckt dabei ihre Wirkung auf moderne Männer- und Frauenbilder auf.Frauenschicksale und ihre männlichen ErzählerDie politische Frau als StörfaktorPhilomelas abgetrennte Zunge: die Tradition des Schweigens über GewaltDie Antike als Wiege des Patriarchats? Männliche Selbstinszenierung von Catull bis Deutschrap Vom Umgang mit alten Stoffen: antike Mythen mit Gewinn neu lesenWie zeitgemäß sind die Texte griechischer und römischer Dichter? Katharina Wesselmann demonstriert an ausgewählten Beispielen wie "männliche Dominanz unsere kulturelle DNA seit Jahrtausenden prägt, inklusive Sexismus, Misogynie und sexueller Gewalt". Die berühmten Werke von Homer, Ovid und anderen Autoren der Antike dienen nicht nur als Inspiration für moderne Filme, Bücher und Lieder. Sie bieten auch Einblicke in die antike Gesellschaft und machen so die Folgen der althergebrachten Geschlechterrollen sichtbar.Ein spannender Blick in die Vergangenheit und eine Möglichkeit, antiken Texten auf neue und ehrliche Art gerecht zu werden.
This text has been prepared within the project Our Mythical Childhood. The Reception of Classical Antiquity in Children's and Young Adults' Culture in Response to Regional and Global Challenges, which has received funding from the European Research Council (ERC) under the European Union's Horizon 2020 Research and Innovation Programme under grant agreement No 681202, ERC Consolidator Grant (2016-2021), led by Katarzyna Marciniak, Faculty of "Artes Liberales", the University of Warsaw. Medusa ist eine der bekanntesten Figuren der Mythologie, ein Monster par excellence. Die antike Literatur überliefert zwei Versionen ihrer Geschichte – ein Urzeitwesen aus vorolympischen Zeiten (Hesiod, Theogonie 270-285) und eine junge Frau, die in Athenes Tempel von Poseidon vergewaltigt und von der Göttin, die den Vorfall als unsagbares Sakrileg (miss)deutete, in ein schreckliches Ungeheuer verwandelt wurde (Ovid, Metamorphosen 4,753-803). Im Lauf der Jahrtausende klassischer Rezeption trat Medusa hauptsächlich als mörderisches Ungeheuer in Erscheinung, das ein Held auf seinem "Campbellischen" Weg zum Ruhm besiegen muss (Campbell 2004). Dann konzentrierte sich Hélène Cixous auf ihre Stimme als Opfer – mit einem speziellen Fokus auf ihrer Weiblichkeit – und machte Medusa zu einer Ikone für Generationen von Frauen, die unschuldig und aufgrund einer Reihe sozialer Faktoren Leid erfuhren (Cixous 1976).Greift ein ähnlicher Perspektivenwechsel auch in der kulturellen Aneignung für ein junges Publikum? Erscheint Medusa vor diesem kulturellen Hintergrund einfach als Ungeheuer oder doch eher als Opfer? Oder spielt sie sogar noch mehr Rollen? Wir unternehmen den Versuch, Antworten auf diese Fragen zu finden, indem wir die Analyse von Medusas Rezeption in zwei Filmen – Clash of the Titans im Original (1981) und seinem Remake (2010) – als Ausgangspunkt nehmen. Diese Analyse enthüllt charakteristische Züge eines Bildes, das in den 1980er-Jahren geschaffen wurde, einer für die Entwicklung der Populärkultur besonders wichtigen Epoche, und vergleicht und kontrastiert sie mit der Repräsentation, die die Realität des 21. Jh. transformiert hat. Die Untersuchung des Medusa-Charakters in den beiden Clashes-Filmen ist durchzogen von einem Überblick über die wichtigsten antiken Quellen und das zeitgenössische Narrativ durch Wissenschaftler*innen und Autor*innen, deren Ziel die Popularisierung der klassischen Antike ist.Weiters stellen wir eine kurze Übersicht ausgewählter, zumeist weltweit zugänglicher Werke vor. Jedes einzelne ist einem bestimmten Abschnitt in Medusas Leben gewidmet. Als erstes treffen wir ein Kind, das seine ersten Schritte in die Welt macht (im Bilderbuch Brush Your Hair, Medusa! von Joan Holub und Leslie Patricelli). Dann stehen wir einer Teenagerin gegenüber, die die Bedeutung wahrer Akzeptanz entdeckt (The Goddess Girls-Serie von Joan Holub und Suzanne Williams). In einem dritten Teil folgen wir einem heranwachsenden Mädchen (und ebenso einem Burschen), die ihre Identität entwickeln (in den TV-Serien Monster High und Legacies – einem Spin-off von The Vampire Diaries). Später sehen wir eine erwachsene Frau, die für ihr Recht auf Glück kämpft (BBC TV-Serie Atlantis). Danach beobachten wir eine ältere Frau, zerrissen zwischen Liebe und Hass (Rick Riordans Percy Jackson). Und schließlich begegnen wir einer Mutter, die ihre Rolle in der Gesellschaft findet (im Bilderbuch Mère Méduse von Kitty Crowther).Dieser aus literarischen und audiovisuellen Elementen zusammengestellte Lebenslauf der Medusa erlaubt uns einen neuen Blick auf die mythologische Figur. Versteinert sie immer noch mit ihrem Blick als Ungeheuer, ist sie ein Opfer, oder kann sie überhaupt eine Leitfigur für moderne Kinder und Jugendliche werden, um sich selbst besser kennenzulernen und gegenüber Anderen größere Empathie zu entwickeln? ; This text has been prepared within the project Our Mythical Childhood. The Reception of Classical Antiquity in Children's and Young Adults' Culture in Response to Regional and Global Challenges, which has received funding from the European Research Council (ERC) under the European Union's Horizon 2020 Research and Innovation Programme under grant agreement No 681202, ERC Consolidator Grant (2016-2021), led by Katarzyna Marciniak, Faculty of "Artes Liberales", the University of Warsaw. Medusa is one of the best known mythical creatures, a monster par excellence. Ancient literature transmits two versions of her story – a primordial being from pre-Olympian times (Hesiod, Theogony 270-285) and a young woman who was raped by Poseidon in Athena's temple and punished by being transformed into a hideous beast for what the goddess presumed was a dreadful sacrilege (Ovid, Metamorphoses 4,753-803). Down through the millennia of classical reception, Medusa appeared mainly as a killing monster to be defeated by the hero on his "Campbellian" journey to glory (Campbell 2004). Then Hélène Cixous listened to her voice as that of a victim – with a particular focus on her womanhood – and made Medusa an icon for generations of women who suffered innocently due to a range of societal factors (Cixous 1976).Is a similar reversal of perspective also valid in the culture for a young audience? Does this culture feature Medusa simply as a monster, or rather as a victim? Or perhaps there are more roles for her still? We have attempted to answer these questions by taking as our starting point an analysis of Medusa's reception in two movies – namely, Clash of the Titans, the original from 1981 and the remake from 2010. This analysis reveals characteristic traits of her image as encoded in the 1980s, a period of particular importance for the development of popular culture, and compares them with the representation transformed into a believable 21st-century protagonist and following the demands of a 21st-century audience. The study of the Medusa characters in the two Clashes is interspersed with an overview of the most relevant ancient sources and the contemporary narrative both by scholars and popularizers of Classical Antiquity.Then, we propose a short survey of selected, mostly globally accessible works. Each is dedicated to a specific stage of Medusa's life. First, we meet a child taking her first steps in the world (the picture book Brush Your Hair, Medusa! by Joan Holub and Leslie Patricelli). Second, we face a teen who discovers the meaning of true acceptance (The Goddess Girls series by Joan Holub and Suzanne Williams). Third, we follow a maturing girl (and boy) building her (his) identity (the TV series Monster High and Legacies – a spin-off of The Vampire Diaries). Subsequently, we see a grown-up woman who fights for her right to happiness (BBC TV series Atlantis). Next, we observe an elderly lady torn between love and hate (Percy Jackson by Rick Riordan). And finally, we encounter a mother who learns her role in society (the picture book Mère Méduse by Kitty Crowther).This composite, literary-audio-visual curriculum vitae of Medusa permits us to risk casting a new look at this mythical creature. Does she still petrify with the gaze of a monster, or is she a victim? Or, above all, is she able to become a guide for contemporary children and young adults to better awareness of themselves and greater empathy towards the Other?
Wann, wo, wie, für wen und warum macht man Theater? Fünf leitende W-Fragen stecken in der aktuellen Buchpublikation von Eugenio Barba und Nicola Savarese die titelgebenden fünf Kontinente des Theaters ab. Das vorliegende Resultat – ein umfassender, großformatiger und an Bildmaterial reicher Band – der jahrzehntelangen Zusammenarbeit und intellektuellen Komplizenschaft zwischen dem Gründer des Odin Teatret und dem Theaterwissenschaftler erschien 2017 auf Italienisch und liegt inzwischen in englischer, französischer, rumänischer und spanischer Übersetzung vor. Ein Zitat von Eugenio Barba auf dem Umschlag der 2020 erschienenen französischsprachigen Ausgabe, das mit einem impliziten Verweis auf Paul Gauguins gleichnamiges Gemälde beginnt, lässt Ziele und Struktur der Publikation erahnen: "Woher komme ich? Wer bin ich? Wohin gehe ich? Um diese Fragen zu beantworten, müssen wir die unzähligen Formen, Erfahrungen, Überreste und Rätsel, die uns die Geschichte unseres Berufs vermacht hat, aus einer anderen Perspektive betrachten. Nur auf diese Weise können wir einen persönlichen Kompass bauen, um die fünf Kontinente unseres Berufs zu durchqueren […]". (Übers. LB) Die Beitragenden des Buchs stammen allesamt aus der italienischen Theaterwissenschaft und dem Umfeld des Odin Teatret, der ISTA bzw. der Fachzeitschrift Teatro e Storia. Neben den Herausgebern exemplarisch zu erwähnen sind Fabrizio Cruciani († 1992), Ferruccio Marotti, Ariane Mnouchkine, Franco Ruffini, Mirella Schino (die 2008 das Odin Teatret Archive gegründet hat), Ferdinando Taviani († 2020) und Julia Varley (seit 1976 Truppenmitglied des Odin Teatret). Savarese zeichnet in seinem Vorwort den über 20 Jahre umspannenden Entstehungsprozess des vorliegenden Buchs nach. 1996 wurde in Gesprächen mit italienischen Theaterforschenden der Wunsch ausgedrückt, das strukturelle und gestalterische Prinzip der seit 1983 mehrfach wiederaufgelegten, überarbeiteten und in zahlreiche Sprachen übersetzten Anatomia del teatro von 1983 (dessen erneuerte Version den Titel L'arte segreta dell'attore. Un dizionario di antropologia teatrale trägt) aufzugreifen, um wiederum die Techniken von Akteur*innen zu studieren, allerdings unter einem veränderten Blickwinkel: Standen im Theateranthropologie-Lexikon körperlich-mentale Techniken und prä-expressive Qualitäten im Zentrum, widmet sich Les cinq continents du théâtre der Geschichte und Gegenwart von Theater aus der Perspektive der "techniques auxiliaires" (S. 7) der materiellen Kultur von Akteur*innen. Welche sind aber diese Hilfs- bzw. Nebentechniken? Es handelt sich um die strukturellen, organisatorischen, sozialen, räumlichen, ökonomischen, politischen Faktoren von Theaterarbeit, die im Buch auf transhistorische und transkulturelle Weise präsentiert werden. Les cinq continents du théâtre ist ein eigenwilliges Buch. Mit seinen ca. 1400 Abbildungen, seiner Gleichwertigkeit von aufeinander Bezug nehmenden Bild- und Textelementen, seiner Bibliografie, seinem Namens- und Stichwortverzeichnis ist das Ergebnis weder ein Lexikon noch ein Bildband oder ein theatergeschichtliches Handbuch. Raimondo Guarino wählt in seiner auf dem Buchdeckel zitierten Rezension den stimmigen Begriff Almanach, um die Zusammenstellung aus verschiedensten Textsorten, wissenschaftlichen Analysen, Dialogen, Chronologien, Anekdoten, Bildern und vielsagenden Bildlegenden zu kategorisieren. Sechs Kapitel ("Quand", "Ou", "Comment", "Pour qui", "Pourquoi", "Théâtre et histoire") und ihre insgesamt über 130 durchnummerierten Unterkapitel präsentieren auf mäandernde Weise Aspekte des Theaterschaffens weltweit. Das konsequent heterogene Bildmaterial im Buch umfasst u. a. Satellitenaufnahmen von Sonneneruptionen, Buster-Keaton-Filmstandbilder, Hoffest-Kupferstiche, Saalpläne, japanische Holzschnitte, historische und zeitgenössische Fotografien von (Toten-)Masken, prähistorischen Skulpturen, Lipizzaner-Dressur, balinesischen Neujahrsfesten, Eintrittskarten, Butoh-Tänzer*innen, Theaterbränden, Fronttheater, sowie Gemälde und Grafiken zu Publikums-Krawall, Schausteller*innen, Hinrichtungen, römischen Zirkuselefanten, sowie acht Seiten mit Sonderbriefmarken zu Ehren von Schauspieler*innen und Dramatiker*innen. Die Lektüre eines konventionellen theatergeschichtlichen Buchs suggeriere, so die Herausgeber, dass alles klar, quantifizierbar und in Form von Ursachen und Wirkungen beschreibbar sei, "[m]ais sous cette évidence rassurante coule une histoire souterraine que ne se laisse pas enfermer dans les interprétations linéaires élaborées a posteriori." (S. 10) Das erste Kapitel des Buchs widmet sich textuell und bildlich dieser unterirdischen Geschichte aus der Perspektive der Zeitlichkeit: Wann wurde und wird Theater gemacht? Markante Momente von zeitlicher Gebundenheit in der europäischen und internationalen Theatergeschichte werden skizziert, religiös-politisch motivierte Festkalender mit ihren kleinen oder größeren Zeitfenstern für Theaterpraxis beschrieben. Gemeinschaftliche Feste als Unterbrechung des gewöhnlichen Zeitverlaufs – Dionysien, Karneval, Narrenfeste – mit ihrem Simulakrum sozialer Unordnung finden im ersten Kapitel ihren Platz, sowie ein Panorama diverser Ursprungsmythen (Europa, Indien, China etc.) von Theater. Wann haben Menschen begonnen zu tanzen, zu repräsentieren, sich zu kostümieren und zu maskieren? Inwiefern sind Theater und Schamanismus, Halluzinationen, Trancezustände historisch miteinander verbunden? Der vermutliche "Bocksgesang" der antiken griechischen Tragödie wird im Sinne einer theateranthropologisch interessierten, alternativen Etymologie nach Vittore Pisani auf die illyrischen Wurzeln trg (Markt) und oide (Gesang) zurückgeführt. Diese Herleitung verknüpft die Ursprünge des westlichen Theaters mit einem konkreten Beruf – der Straßendichter, Rhapsoden, fahrenden Sänger – und bietet eine Verbindung zu den buddhistischen Erzählkünstlern zur Entstehungszeit dramatischer Kunst im asiatischen Raum. Es folgen historische Abrisse zur Entwicklung des Mäzenatentums, hin zum Bezahltheater (mit Verweis auf Raufereien um Gratis-Theaterkarten) und der Funktion von Impresarios (u. a. Domenico Barbaja, Lewis Morrison, Sergei P. Djagilew, Loïe Fuller, Max Reinhardt). Vier farbig unterlegte Seiten bieten eine "petite anthologie de la censure" (S. 44) mit Schlaglichtern auf ausgewählte Fälle, darunter Auftrittsverbote für Frauen, der Theatrical Licensing Act (1737), die Theaterzensur in Frankreich von der Revolution bis zu Napoleon, die kirchliche Zensur in Lateinamerika ab der frühen Neuzeit, das Kabuki-Verbot in Japan unter US-amerikanischer Besatzung nach Ende des Zweiten Weltkriegs im Sinne der antimilitaristischen Umerziehungsideologie und die Anekdote der Rettung des Kabuki durch den US-Amerikaner Faubion Bowers. Das zweite Kapitel streift erneut die bereits erwähnten Genese-Mythen, die Entwicklungen von Berufsschauspiel und von Theater in Innenräumen, allerdings aus der Perspektive der Orte und Räume für Theaterpraxis. Wo finden Akteur*innen ihren Platz? In Baracken, Kellern, sogenannten Laboratorien und Ateliers, unter freiem Himmel, in Theaterarchitekturen, auf Straßen etc. Die erste Doppelseite des Kapitels zeigt eine suggestive Bilder-Montage, bestehend aus einer Saalansicht des Teatro San Carlo in Neapel, dem (bescheiden-funktionalen) Saal des Teatro Experimental de Alta Floresta sowie dem (repräsentativen) Teatro Amazonas in Brasilien, das laut Bildlegende 1896 eröffnet wurde, mit importierten Dachschindeln aus dem Elsass, französischen Textilien, Stahl aus England, Marmorsäulen und -statuen aus Italien. Die Autor*innen der folgenden Unterkapitel nehmen die Kreisform zum Anlass für Überlegungen und Bebilderungen zu Genese-Mythen, Stadtentwicklung, frühen Publikums-Konstellationen, Rundtänzen, antiken Theaterbauten. Mittels Freilufttheater, Bänkelsängern und Scharlatanerie wird die Entwicklung vom Verkauf von Produkten zum Verkauf von Aufführungen illustriert, gefolgt von Rückgriffen auf die Spielorte der frühen Neuzeit durch Vertreter*innen der historischen Avantgarden (u. a. Wsewolod Meyerhold, Jacques Copeau). In einer theaterhistorisch internationalen Rundumschau werden in Kürze die Spielorte mittelalterlicher Aufführungspraktiken sowie erste Theaterbauten in England, Frankreich, Spanien, Indien, Japan, China, den USA, Lateinamerika, Italien thematisiert, bis hin zur Entwicklung der Konvention der Guckkastenbühne bzw. des Rang-Logen-Theaters, basierend auf Renaissance-Interpretationen antiker Theaterbauten, und nicht auf den Spielpraktiken von Akteur*innen. Mirella Schino argumentiert, dass "das Theater im italienischen Stil [das Rang-Logen-Theater mit Guckkastenbühne, Anm. LB] als autonomes Denkmal seine Entstehung dem abstrakten Wunsch verdankt, bedeutungsvolle Orte für die ideale Stadt zu schaffen. Es entstand als eine Reflexion in Verbindung mit der Architektur – mit der Nostalgie eines Ursprungs im griechischen und römischen Theater – und nicht in Verbindung mit der Aufführung und der materiellen Kultur der Schauspieler" (S. 132, Übers. LB). "[l]e théâtre à l'italienne, en tant que monument autonome, doit sa naissance à un désir abstrait de créer des lieux signifiants pour la ville idéale. Il naît comme une réflexion liée à l'architecture et non au spectacle et à la culture matérielle des acteurs, avec la nostalgie d'une origine dans le théâtre grec et romain." (S. 132) Das dritte Kapitel fragt nach dem Wie. Wie wird man Akteur*in? Wie wird theatral agiert? Bücher für Akteur*innen, über Trainings- und Arbeitsmethoden seien "compagnons de voyage" (S. 158) und böten manchmal, wie z. B. Antonin Artauds Das Theater und sein Double, "des mots-talismans" (S. 158) die auf intuitive Weise bei der Orientierung helfen. Acht farbig unterlegte Seiten bieten eine Gegenüberstellung von "acculturation" und "inculturation" (S. 160) als mögliche Wege zum Theaterberuf, sowie einen Überblick zu Ausbildungsarten (Meister, Gurus, gegenwärtige Schauspielschulen und Theaterlaboratorien), Techniken und theateranthropologischen Ansätzen. Der Wandel der Techniken der Akteur*innen seit dem 19. Jahrhundert wird unter dem – in der deutschsprachigen Theaterwissenschaft wenig geläufigen – Begriff der "Grande Réforme" (erste Phase 1876–1939, zweite Phase 1945–1975) bearbeitet und illustriert. Eine umfassende Chronologie historischer Ereignisse und theatergeschichtlicher Wegmarken zeichnet Entwicklungen ab Richard Wagners Gesamtkunstwerk-Konzept nach, über die "fondateurs de traditions" (S. 169) zu Beginn des 20. Jahrhunderts bis hin zu experimentellen Truppengründungen und Praktiken der 1970er-Jahre, im Zeichen eines Neuauslotens von retheatralisiertem, von der Literatur emanzipiertem, gattungsübergreifendem Theater. Das Kapitel befasst sich aber ebenso mit dem Naheverhältnis von technischem und ästhetischem Wandel, etwa im Fall des Bühnenlichts, sowie mit diversen Spielmodi (Clowns, Puppentheater, Maskentheater) und dem Spiel mit Requisiten (wobei das Taschentuch und der Stuhl jeweils eine eigene Bilder-Doppelseite in Anspruch nehmen), denn "[l]es objets possèdent l'acteur", sie sind "seine Prothesen, seine Auswüchse, seine Fesseln, die den Akteur dazu zwingen zu reagieren, das Gleichgewicht zu verlieren, zu übertreiben, zu vereinfachen" (S. 216, Übers. LB). Das Publikum steht im Zentrum des vierten Kapitels. Zuschauer*innen in allen Aggregatszuständen werden bildlich dekliniert: wartend vor der Aufführung, Schlange stehend, raufend, gähnend, weinend, enthusiastisch, als Attentäter. Verschiedene soziale Schichten als Zuschauer*innen und ihre jeweilige Sitzordnung (z. B. im Kolosseum, in einem Teehaus in Peking) werden beschrieben, sowie Verhaltensweisen von teilnehmendem Publikum im Karneval und als "spect-acteurs" (S. 288) bei Augusto Boal, aber auch die Sonderform des unfreiwilligen Publikums, etwa von Performances im öffentlichen Raum. Ein Exkurs zu Epidemien und Theaterpublikum – mit Verweis auf Pestepidemien zur Zeit der Entstehung von Berufsschauspiel in Europa – präsentiert das Foto eines Mundschutz-tragenden Publikums einer Aufführung in Taipei im Kontext der SARS-Epidemie 2003. Auch die Frage nach dem Theaterpublikum in politischen und sozialen Ausnahmezuständen wird beleuchtet, vom Fronttheater, Aufführungen in Gefangenenlagern, Gefängnissen, NS-Konzentrationslagern, bis zu aktuellen Fällen, u. a. 2015 im türkischen Flüchtlingslager Midyat und anlässlich einer Hamlet-Aufführung im Flüchtlingslager "La Jungle" in Calais 2016. Warum überhaupt Theater machen? Was ist der Motor dieses anstrengenden Tuns? Das fünfte Kapitel, eines der lesenswertesten des vorliegenden Buchs, beginnt mit dem Gemälde Die Gärtner von Gustave Caillebotte nebst Fotografien der mutwilligen Zerstörung von Theaterbauten und der Rekonstruktion von historischen Theatergebäuden, begleitet von einer Überlegung zur Gärtner-Metapher in Shakespeares Othello (der Körper als Garten, der Wille als Gärtner) und bei Rudyard Kipling (Gärtnerarbeit müsse oft kniend gemacht werden). Die ökonomische Begründung wird nahegelegt – denn europäisches Theater sei nicht aus dem griechischen Ritual entstanden, sondern auf italienischen Märkten des 16. Jahrhunderts. Hinweise auf ästhetische und vor allem ethische Beweggründe für Theaterschaffen im Zuge der "Grande Réforme" und die Utopie des "éternel premier pas" (S. 299) bilden die Basis für das umfangreichere Unterkapitel "Petite encyclopédie sur l'honneur de l'acteur" (S. 300), in welchem Individuen präsentiert werden, die inmitten von und trotz Diskriminierung, Sklaverei, politischer Unterdrückung und Verfolgung, sozialer Missstände als Theaterakteur*innen aktiv waren bzw. sind, u. a. Ira Aldridge, Patricia Ariza, Josephine Baker, Wsewolod Meyerhold, Norodom Bopha Devi, Hedy Crilla, die Moustache Brothers. Die Autor*innen gehen ebenfalls in Kürze auf Verbindungen von Sexarbeit und Tanz bzw. Schauspiel in verschiedenen Ländern ein, sowie auf Theater "in der Hölle" (Gulag, NS-Konzentrationslager), auf kolonialistische "Menschenzoos". Zwölf farbig unterlegte Seiten, betitelt als "Florilège sur la valeur du théâtre" (S. 324), überlassen schließlich Theaterleuten das Wort und geben Textauszüge von Adolphe Appia, Antonin Artaud, Julian Beck, Walter Benjamin, Augusto Boal, Bertolt Brecht, Peter Brook, Enrique Buenaventura, Jacques Copeau, Isadora Duncan, Hideo Kanze, Sarah Kane, Jewgeni B. Wachtangow, Ariane Mnouchkine und anderen wieder. Das Reise-Motiv bestimmt die anschließenden Unterkapitel, von den Fahrzeugen und Gepäckstücken reisender Truppen über die geografischen und kulturellen Reisen von Theatermasken, bis hin zu Reisen von Körpertechniken mittels Tourneen, Exkursionen, internationaler Streuung durch ehemalige Schüler*innen bzw. Flucht und Exil (illustriert durch eine Karte der zahlreichen Exil-Stationen Brechts 1933–1947). Beerdigungsprozessionen als letzte Reise sowie die Weitergabe und Übersetzung von Theatertechniken in Form von Büchern, Zeitschriften, Spiel- und Dokumentarfilmen beenden das Warum-Kapitel. Das sechste Kapitel, "Théâtre et histoire. Pages tombées du carnet de Bouvard et Pécuchet" (S. 370), dient primär der Wiedergabe von Bildmaterial, das durch seine Anordnung und Kontrastierung zum Sprechen gebracht wird: Internationale Briefmarken und (Presse-)Fotografien bilden die Basis für Doppelseiten zu Theater und Aufständen, Protestbewegungen, Kriegen, Theatermasken und Schutzmasken (Gasmasken, Sturmmasken, Maskierung als Anonymisierung bei Demonstrationen), Theatergebäuden und massiver Zerstörung durch Tsunamis oder Bomben. Theaterbrände, ikonografische und mediale Inszenierungen von Hinrichtungen, die Thematisierung des Holocaust auf der Bühne folgen. Anstelle von Theatergeschichte werden im Abschlusskapitel Theater und Geschichte (im Sinne von Teatro e storia) als Montage präsentiert. Die letzte Doppelseite ist schwarz unterlegt: Links ist ein Foto von Frauen mit Schminkmasken in El Salvador zu sehen, die gegen das herrschende Abtreibungsverbot protestieren, rechts ein Porträtfoto von Pjotr A. Pawlenski mit zugenähtem Mund, begleitet von einem Abschlusszitat von Barba. Es werde immer einige Personen geben, die Theater als Mittel praktizieren, um ihre eigene Revolte auf nicht zerstörerische Weise zu kanalisieren; Personen "die den scheinbaren Widerspruch einer Rebellion erleben werden, die sich in ein Gefühl der Brüderlichkeit verwandelt, und eines einsamen Berufes, der Verbindungen schafft" (S. 395, Übers. LB). Jedes Kapitel des Buchs wird eingeleitet von einem Dialog zwischen zwei Stellvertreter-Figuren von Barba und Savarese: Bouvard und Pécuchet. Es handelt sich um die Protagonisten eines posthum veröffentlichten satirischen Romanfragments von Gustave Flaubert – zwei Pariser Kopisten, die sich zufällig auf einer Parkbank kennenlernen und voller Enthusiasmus und Naivität ein gemeinsames Projekt in Angriff nehmen: aufs Land ziehen und Landwirtschaft betreiben. Als frenetische Leser wollen sie immer mehr erkunden und kultivieren ihr zerebrales und oberflächliches Wissen in den Bereichen Gärtnerei, Schnapsbrennerei, Chemie, Zoologie, Medizin, Archäologie, Politik, Gymnastik, Religion, Theater etc. Die Wahl dieser Stellvertreter durch die Herausgeber bringt eine durchaus sympathische Ironisierung ihrer Positionen und künstlerisch-wissenschaftlichen Biografien mit sich, aber auch eine verbesserte Zugänglichkeit für Leser*innen mittels der lockeren und teils amüsanten Dialoge. Die niederschwellige und im Konkreten fußende Methode der fünf W-Fragen als roter Faden für die Arbeitsweise am Inhalt und an der Struktur des Buchs, sowie die Wertschätzung von heterogenem Bildmaterial für die Erkundung von Theaterpraktiken machen Les cinq continents du théâtre für Forschende (insbesondere für jene, die mit Ansätzen von Barba/Savarese noch nicht eng vertraut sind), für Theaterpraktiker*innen und für Studierende zu einem ausgezeichneten Entdeckungs- und Orientierungsband.
Holland beleuchtet in seinem Werk zahlreiche Gräueltaten, die Frauen wegen ihres Geschlechts und der daraus resultierenden Lebensumstände angetan wurden. Dabei geht er auf griechische Mythen genauso ein wie auf die frauenfeindliche Weltanschauung der frühen Christenheit beispielsweise. (2-3)
Die Ende Februar 2014 beginnende sog. Krim-Krise endete mit der Annexion der völkerrechtlich zur Ukraine gehörenden Halbinsel durch die Russländische Föderation. Dieses Ereignis machte nicht zuletzt der deutschsprachigen Öffentlichkeit deutlich, dass die Halbinsel Krim mehr oder weniger immer noch eine terra incognita für sie ist, über deren Vergangenheit selbst historisch Interessierte nur wenig wissen. Mit großem Erstaunen wird seitdem u.a. gefragt, warum die Krim für Russland eine so große Bedeutung hat, dass sie bereit ist, die Ächtung der Weltgemeinschaft und wirtschaftliche Sanktionen auf sich zunehmen. Tatsächlich ist die 1783 annektierte Krim für die überwiegende Zahl der Russen ein hoch emotionalisierter, unveräußerlicher Teil Russlands. Deren Geschichte ist aber sehr viel älter – und über die längste Zeit spielten Russen dort keine Rolle. Griechische Kolonisten, eurasische Reitervölker, Krimtataren und andere gestalteten vielmehr ihr Schicksal. In diesem Buch von Kerstin S. Jobst, die eine international anerkannte Expertin der Krim-Geschichte ist, wird diese in ihrer Komplexität erzählt. Erstes Überblickswerk in deutscher Sprache. Hintergrundinformationen zu den heutigen Konflikten. Berücksichtigung des Schwarzmeerraumes.
The book surveys the history of the Crimea from ancient times to the present, reflecting both the latest research and the author's own recent findings. In the context of recent developments in the Crimea and what most legal experts regard as Russia's illegal annexation of the Crimean Peninsula, the study examines the historical background for today's conflict. - Die Ende Februar 2014 beginnende sog. Krim-Krise machte nicht zuletzt der deutschsprachigen Öffentlichkeit deutlich, dass die Halbinsel Krim noch eine terra incognita für sie ist, über deren Vergangenheit selbst historisch Interessierte nur wenig wissen. Tatsächlich ist die 1783 annektierte Krim für die überwiegende Zahl der Russen ein hoch emotionalisierter, unveräußerlicher Teil Russlands. Die international renommierte Expertin Kerstin S. Jobst erzählt die Geschichte der Krim in ihrer Komplexität, in der Russen lange Zeit keine Rolle spielten, dafür aber griechische Kolonisten, eurasische Reitervölker, Krimtataren und andere das Schicksal der Halbinsel gestalteten.
This volume tackles both the apparent lack of unity and the perplexing philosophical content of the Statesman as it explores, in what is now Plato's second account, subsequent to that of the Republic, of what would constitute the best society, the role and nature of the statesman in it; the art of governance of it; the role and nature of its laws; the role and status of its female citizens; and how the virtues are interwoven within it, along with many other topics, including (in a major Myth) that of the origins of the universe and of humankind. Coming as they do from often widely differing hermeneutical traditions, the authors in the volume offer responses to substantive and intriguing questions that the dialogue raises which are frequently divergent, but by that very token of much value in any attempt to interpret a complex and multifaceted work.
Cover -- Titel -- Zum Buch -- Über den Autor -- Impressum -- Inhalt -- Einleitung -- Erster Teil Von den Anfängen bis zum Ende der altorientalischen Großreiche -- Ur- und Vorgeschichte -- Ägypten und Mesopotamien -- Altiran und Altkleinasien -- Syrien, Palästina und der Mittelmeerraum -- 1. Bestattungen: Älteste Zeugnisse von Religion? -- Vorgeschichtliche Bestattungen und ihre Deutung -- Bestattungen als gemeinschaft liches Ritual -- Gräber als Ausdruck kollektiver Identität -- Totenfürsorge und -abwehr -- Frühe Seelenvorstellungen -- 2. Unfassbar nah und unerreichbar fern: Götter und Göttinnen -- Altsteinzeitliche Götterbilder? -- Götter und Göttinnen der Jungsteinzeit -- Die Götter und die Weltordnung in Ägypten, Mesopotamien und Indien -- Wirkungsweisen von Göttern in frühgeschichtlichen Kulturen -- Echnatons Monotheismus -- 3. Zeichendeutung, Opfer und Gebet: Formen der Interaktion -- Traumdeutung, Omina, Opferschau und Orakel -- Anlässe, Zwecke und Formen des Opfers -- Riten zur Tilgung von Sünden -- Opfer, Weihung und Bann -- Lieder, Gebete, Beschwörungen -- 4. Heilige Räume und Zeiten: Kultstätten und Tempel, Alltag und Feste -- Höhlen als altsteinzeitliche Kultstätten -- Die frühesten Heiligtümer Alteuropas -- Ägyptische und griechische Tempel -- Der Bau eines Tempels im Alten Orient -- Zeitrechnung und Kalender -- Feste im Alten Orient und in Alteuropa -- 5. Ausdruck früher Weltbilder: Mythen und ihre Deutung -- Die Mythen Homers und ihre Rezeption -- Altindische Mythen -- Mesopotamische Mythen -- Germanische Mythen? -- Ansätze einer vergleichenden Mythenforschung -- Zweiter Teil Vom Hellenismus bis zum Aufstieg des Islams -- Der Mittelmeerraum -- Indien -- China -- 6. Das Unheil der Welt: Religionen als Erlösungswege -- Der Begriff der Achsenzeit -- Daoismus und Konfuzianismus
Was waren das für Menschen, die sich jedes Jahr die Rüstung anlegten und dem Tod ins Auge sahen? Wie verliefen genau Schlachten in der Antike, und wie beeinflussten sie die grosse Politik? Der Autor revidiert uns vertraute Mythen: Nicht Sparta, sondern die Athener Demokratie war der aggressivste Staat der griechischen Welt. Marathon und Salamis waren keineswegs rauschende Siege, sondern glückliche Abwehrerfolge gegen einen nach wie vor überlegenen Gegner. Und Alexander gewann seine Schlachten nicht, weil er ein Genie war, sondern weil er die politischen Schwächen der Perser nutzte. Selbst das Christentum konnte sich am Ende der Antike der kriegerischen Realität nicht entziehen und erkannte im Sieg auf dem Schlachtfeld den Inbegriff des menschlichen Erfolgs auf Erden
Der vorliegende Beitrag argumentiert, dass die mediterrane Mythenwelt, wie sie im philosophischen Werk Albert Camus begegnet, eine kritische Theorie sui generis verstanden als eine rationalitäts- und ideologiekritische Position in sich birgt. Als solche, so lautet die hier vertretene These, ist sie zumindest unter bestimmten Gesichtspunkten der Frankfurter Schule überlegen. Das griechische Denken à la Camus teilt mit jener zwar den wachen Blick für die Schattenseiten der Moderne, vermeidet dabei aber die allzu große Reserviertheit gegenüber Anthropologie, Ästhetik und Mythos, wie sie im Umfeld der Kritischen Theorie häufig anzutreffen ist. Camus tragisches Denken, das an der mediterranen Mythologie unter anderem am griechischen Nemesis-Mythos geschult ist, erörtert die natürlichen Grenzen, die nicht verletzt werden dürfen, von modernen politischen Heilslehren aber in maßloser und folglich verhängnisvoller Weise überschritten werden. ; This contribution argues that the Mediterranean world of myths, which one encounters in the philosophical work of Albert Camus, contains a critical theory sui generis a position critical of rationalism and ideology. According to our thesis, this theory is superior to the one provided by the Frankfurt School at least in certain aspects. Greek thought à la Camus shares the awareness of the dark side of modernity, but it avoids the far too big reservations against anthropology, aesthetics and myth that can frequently be found in Critical Theory. Camus tragic thought, which was nurtured with Mediterranean myths (among them the Greek myth of Nemesis), highlights the natural limits that should not be crossed, but are exceeded by modern political doctrines of salvation in an excessive and fatal way. ; (VLID)2346679