"'Jede Straftat ist eine Straftat zu viel und muss konsequent bekämpft werden.' (Herrmann 2012: 29) Dieses Leitmotiv vertrat der bayerische Innenminister Joachim Herrmann bei der Vorstellung der Kriminalitätsstatistik 2011 und unterstrich damit zugleich den gemeinhin als kompromisslos charakterisierten Kurs der CSU-geführten Regierung bei der Inneren Sicherheit. Die CSU, die sich in ihrem Parteiprogramm selbst als 'Partei der Inneren Sicherheit' bezeichnet, ist für diesen Bereich der Innenpolitik in Bayern besonders prägend gewesen, da sie seit 1958 den Innenminister stellt und über vier Jahrzehnte auch keine Rücksicht auf einen Koalitionspartner nehmen musste." (Autorenreferat)
Im Fokus der Studie stand die Frage, wie die Menschen in Deutschland die allgemeine Sicherheitslage im Land wahrnehmen und wie sicher sie sich persönlich – tagsüber bzw. nachts an unterschiedlichen Orten – fühlen. Zudem sollte in Erfahrung gebracht werden, inwieweit die Menschen Gewährleistung von Sicherheit als einen exklusiven Verantwortungsbereich des Staates und seiner Sicherheitsorgane betrachten oder ob sie es auch als eine Aufgabe jedes Einzelnen sehen, sich vor Straftaten selbst weitestgehend zu schützen. Ein besonderes Erkenntnisinteresse konzentrierte sich auf das Verhältnis zwischen Sicherheit und Freiheit. Hierzu sollte zum einen in Erfahrung gebracht werden, welcher Wert den Menschen im Zweifel wichtiger ist. Zum anderen sollte gemessen werden, welche Einschränkungen ihrer Freiheit die Bürgerinnen und Bürger grundsätzlich hinnehmen würden, um im Gegenzug mehr Sicherheit zu erhalten und welche nicht. Schließlich wurden bereits beschlossene und mögliche Maßnahmen des Staates zum Schutz der Bürgerinnen und Bürger vor Kriminalität und Gewalt auf ihre Zustimmung getestet. Die Studie besteht aus einem quantitativen und einem qualitativen Teil. Der vorliegende Datensatz bezieht sich auf den quantitativen Teil.
Für den quantitativen Teil der Studie wurde eine repräsentative Bevölkerungsbefragung von 1.500 Personen als eigenständige Erhebung mittels eines standardisierten Fragebogens und computergestützter telefonischer Interviews (CATI) durchgeführt. Grundgesamtheit war die in Privathaushalten lebende deutschsprachige Bevölkerung in Deutschland ab 16 Jahren. Die Ziehung der Stichprobe erfolgte mittels eines zweistufigen Verfahrens. Dabei fand sowohl eine zufällige Haushaltsauswahl, als auch eine zufällige Auswahl einer in diesem Haushalt lebenden Person statt. Die Befragung wurde unter Anwendung der Dual-Frame-Methode durchgeführt. Die ersten 1.200 bundesweiten Interviews wurden im Verhältnis 60:40 Festnetz-/Mobilfunknummern geführt. Die übrigen 300 Fälle wurden über eine disproportionale Aufstockung der regional zuordnungsbaren Festnetznummern generiert. Der Datensatz enthält einen Gewichtfaktor, mit dem die Ergebnisse der Befragung nach Alter, Geschlecht und Bildung gewichtet werden können.
Themen: Sicherheitsempfinden: Bewertung der inneren Sicherheit in Deutschland; Veränderung der allgemeinen Sicherheitslage in den letzten zehn Jahren; allgemeines Sicherheitsempfinden im persönlichen Umfeld; Veränderung des persönlichen Sicherheitsempfindens.
Wohngegend: Beschreibung der Wohngegend; Bewertung der Wohngegend durch andere Menschen; eher ländliche oder eher städtische Wohngegend; Haus oder Wohnung.
Einstellungen: Beurteilung des Verhältnisses der Werte Freiheit und Sicherheit (Im Zweifel ist Freiheit wichtiger als Sicherheit versus Sicherheit wichtiger als Freiheit); Verantwortung für die Sicherheit der Bürger vor verschiedenen Straftaten: jeder Bürger selbst versus Staat; Bereitschaft zur Inkaufnahme verschiedener Maßnahmen, die Freiheit um der Sicherheit willen einschränken würden (z.B. längere Wartezeiten durch strengere Kontrollen an Flughäfen, flächendeckende Videoüberwachung im öffentlichen Raum, etc.); allgemeines Personenvertrauen.
Erfahrungen: Persönliches Sicherheitsempfinden an bestimmten Orten und zu bestimmten Tageszeiten; persönliche Erfahrungen bzw. Erfahrungen im sozialen Umfeld mit verschiedenen Straftaten und Pöbeleien.
Erwartungen an die Politik: Bewertung verschiedener Maßnahmen der Bundesregierung zur Steigerung der inneren Sicherheit als sinnvoll oder übertrieben (z.B. tausende neue Stellen bei den Sicherheitsbehörden des Bundes, Fußfessel für Gefährder, etc.); Vertrauen in Institutionen des Rechtsstaates (Polizei, Verfassungsschutz, Staatsanwaltschaft, Gerichte); Bewertung möglicher politischer Maßnahmen zum Schutz der Bürger vor Kriminalität als sinnvoll oder übertrieben (z.B. Erhöhung der Polizeipräsenz auf Straßen und Plätzen).
In diesem Lehrbuch werden die Grundzüge des Politikfelds Innere Sicherheit dargelegt, der Sicherheitsbegriff diskutiert, Sicherheitsprobleme in den Bereichen Kriminalität, Extremismus und Terrorismus beleuchtet, Felder und Akteure der Inneren Sicherheit vorgestellt sowie aktuelle und grundlegende Probleme zur Gewährung der Inneren Sicherheit betrachtet. Die kompakte Einführung schließt mit einem Ausblick, der aktuelle Probleme des Politikfelds problemorientiert diskutiert. Das Buch zeigt wissenschaftliche Betrachtungsweisen und Analysewege auf, die in Zeiten der häufig emotional geführten Debatten über die Sicherheitslage gefordert sind. Der Inhalt Das Politikfeld Innere Sicherheit Themenfelder der Inneren Sicherheit Akteure der Inneren Sicherheit Kontroversen und Konflikte zur Politik der Inneren Sicherheit Die Zielgruppen Studierende und Lehrende der Politikwissenschaft (insbesondere im Bereich Innenpolitik, Politikfeldanalyse), der Sozialen Arbeit und der Sicherheitswirtschaft Studierend und Lehrende der Fachhochschulen für Polizei und öffentlichen Verwaltung Der Autor Dr. Bernhard Frevel ist Professor für Politikwissenschaft und Soziologie an der Fachhochschule für öffentliche Verwaltung NRW und Privatdozent an der Universität Münster mit einem Schwerpunkt in der Polizei- und Sicherheitsforschung.
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Der Beitrag definiert zunächst den Begriff des Extremismus ebenso wie den der Inneren Sicherheit. Er stellt vier Formen des politischen Extremismus vor mit Blick auf die rechte und die linke Variante. Am Beispiel der Abwehr gegenüber dem Islamismus wird exemplarisch gezeigt, wie die Innere Sicherheit sich zu diesen vier Formen verhält. Der politische Extremismus lehnt den demokratischen Verfassungsstaat ab, sei es mehr seine konstitutionelle Komponente (z.B. das rechtsstaatliche Prinzip), sei es mehr das demokratische Element (z.B. das Prinzip der menschlichen Fundamentalgleichheit). Extremismus und Innere Sicherheit sind gleichsam die Kehrseite. Die unterschiedlichen ideologischen Ausrichtungen und Aktionsformen des Extremismus eint die Ablehnung der freiheitlich-pluralistischen Demokratie. Deren Schutz - und der Schutz ihrer Bürger wiederum - ist Zweck und Bezugspunkt aller Maßnahmen und Instrumente der Inneren Sicherheit. Wenn die Demokratie sich nicht schützt, liefert sie sich ihren Feinden aus. Übertreibt sie den Schutz, so beschädigt sie selber die freiheitlichen Prinzipien. Die Autoren wollen insgesamt das Spannungsverhältnis von Extremismus und Innerer Sicherheit beleuchten. (ICA2)
Kriminalität bedeutet für den Kriminellen einen Nutzen, der mit den entstehenden Kosten verglichen wird: Ein Bankraub etwa verspricht finanziellen Nutzen, bei hohem Risiko, gefangen zu werden, ist aber auch der Preis hoch. Ein potenzieller Krimineller wird sich also für die Durchführung der Straftat entscheiden, wenn der Erwartungsnutzen der Tat hoch ist. Eine Schutzmaßnahme ist daher dann wirksam, wenn die Kosten für die Tat den Verbrecher von der Durchführung abschrecken. Der Beitrag widmet sich Kosten-Nutzen-Analysen zu Kriminalität und Innerer Sicherheit. Ein hoher Einsatz für Sicherheit kann die Bedürfnisse der Bevölkerung nach Sicherheit befriedigen. Da Mittel aber immer begrenzt sind, wird dann an anderer Stelle gespart. So kann ein zu massiver Einsatz von Mitteln für Sicherheitsaufgaben für die Bevölkerung nachteilig werden, wenn dadurch andere wichtige Lebensbereiche (etwa Bildung oder öffentlicher Verkehr) aufgrund von Finanzknappheit vernachlässigt werden müssen. Der Artikel wendet sich schließlich den Kosten zu, die auch Opfern von Verbrechen entstehen können und geht auf Schwellen von Moral ein, also auf die Frage, wodurch moralisches Verhalten begünstigt oder gehemmt wird. Abschließend diskutiert der Beitrag die Theorie, dass Menschen Freiheit an den Staat abgeben, der dann für dieSicherheit sorgt - so dass den Bürgern ihre Ressourcen für produktivere Tätigkeiten als ihren eigenen Schutz zur Verfügung stehen. Der Beitrag führt außerdem in empirische Modelle ein und fasst den bisherigen Wissensstand zum Forschungsgebiet der Ökonomie der Inneren Sicherheit zusammen. (ICB)
Der Beitrag beschäftigt sich mit der Inneren Sicherheit im Hinblick auf mediale Repräsentanz. Kriminalität hat Menschen schon immer fasziniert, und so überrascht es nicht, dass TV-Sender "Krimis" senden oder "Polizei-Dokus" (Polizisten werden auf Streife begleitet). Der Beitrag sieht hier eine Tendenz zur "Glorifizierung" der Polizeiarbeit, jedenfalls formen die Medien ein Bild der Polizei, das nur in Teilen realistisch ist. Der Artikel wendet sich dann der Frage zu, ob und inwieweit Medienkonsum Gewaltbereitschaft fördern kann. Grundsätzlich kann ein Zusammenhang nicht bestätigt werden, doch kann Medienkonsum eine vorhandene Gewaltneigung möglicherweise stimulieren. Medien werden aber auch von Terroristen und Kriminellen genutzt (etwa dem so genannten "Schwarzen Block"), um ihre Ziele der Öffentlichkeit nahezubringen oder sich als Opfer der Polizei zu präsentieren. Aber auch die Polizei nutzt die Medien, etwa zur Fahndungsunterstützung. Moderne Polizei ist längst auf Öffentlichkeitsarbeit eingestellt, da auch die Medien Informationen von der Polizei einfordern. Durch die allgemeine Medienverfügbarkeit (z.B. Fotohandy) kann aber auch Fehlverhalten der Polizei dokumentiert werden. Der Beitrag geht abschließend auf technologische Entwicklungen, wie etwa die geplante "Online-Durchsuchung", ein und kommt hinsichtlich des "Big-Brother"-Medienphänomens zu dem Schluss, dass durch dieses exhibitionistische Fernsehformat die Anwesenheit von Überwachungskameras im Alltag "normalisiert" wird. Hinsichtlich der Videoüberwachung wird allerdings Entwarnung gegeben: "Big Brother", also die Orwell'sche Vision des Überwachungsstaats, ist nicht Realität geworden. Die Überwachung hat andererseits aber bislang auch keine durchschlagenden Effekte auf die Bekämpfung der Massenkriminalität gezeigt, während spektakuläre Taten (z.B. "Kofferbomber") so durchaus aufgeklärt werden konnten. (ICB)