International audience ; Fabien Jobard Terrorismus – nicht nur ein Problem der Inneren Sicherheit 1 Terrorismus wird zuvörderst als Problem der inneren Sicherheit verhandelt, weshalb die in immer kürzeren Abständen ausgesprochenen Terrorwarnungen der Sicherheitsbehörden immer kurzatmigere Debatten um die Verschärfung und Intensivierung von Antiterrorgesetzen und-maßnahmen zur Folge haben. Ein Blick nach Frankreich als einem Land, dass schon länger mit dem neuen internationalen Terrorismus konfrontiert ist, erlaubt es jedoch aufzuzeigen, dass der politische Umgang mit Terrorismus keineswegs allein in den Bereich der Inneren Sicherheit fällt. Es bedarf eines Verständnisses dafür, dass diesbezüglich auch und vor allem die Zuständigkeit jener Politikfelder gefragt ist, die sich mit sozialer Sicherheit befassen. Seit dem Anschlag vom Breitscheidplatz kurz vor Weihnachten im vergangenen Jahr zirkulieren Forderungen nach einer Verschärfung von Antiterrorgesetzen und-maßnahmen, und angesichts weiterer Anschläge und Anschlagsversuche in Europa reißt die Diskussion um diese nicht ab. Schon im 10-Punkten-Programm der Regierung nach mehr bzw. vereinfachten Überwachungsbefugnissen 2 stand Januar 2017 unter allem der elektronischen Fußfessel für Gefährder und ein paar Monate später trat ein Gesetz zur Verstärkung der polizeilichen Videoüberwachung in öffentlichen Räumen und durch private Betreiber von Anlagen und Veranstaltungen 3. Der Vorsitzende der Innenministerkonferenz Bouillon sowie Bundesminister de Maizière denken zudem über eine stärkere Zentralisierung der Sicherheitsbehörden nach: wie Bouillon es formulierte, " Mit den bestehenden Gesetzen kommen wir nicht weiter ". Im Gespräch ist – um noch weiter als bisher präventiv im Vorfeld konkreter Gefahren ermitteln zu können – ein weitgehender Rückbau des föderalen Prinzips in Form der partiellen Verzahnung von Polizei und Geheimdiensten und der Vergrößerung von Kompetenzen für Bundesbehörden. Es gibt jedoch auch eine Reihe von Stimmen, die die Vermutung hegen, dass der ...
Die Anschläge vom 11. September 2001 führten zu einem sicherheitspolitischen Paradigmenwechsel, der nicht nur im international geführten "war on terror" sichtbar wird, sondern auch in teils weit reichenden innenpolitischen Maßnahmen zahlreicher Länder. Auch Deutschland reagierte mit den so genannten Sicherheitspaketen rasch auf die Anschläge. Dabei wurden auch Erinnerungen an die Anti-Terror-Maßnahmen der 1970er Jahre wach. Daher bietet das Buch einen Überblick über die ersten staatlichen Reaktionen auf den Terrorismus und denen, nach dem 11. September und fragt danach, ob durch die diese Veränderungen im Politikfeld Innere Sicherheit tatsächlich Schritte zur Abschaffung des Rechtsstaates getan wurden, oder ob es sich bei der staatlichen Reaktion auf den Terrorismus nicht vielmehr um einen Ausbau des Rechtsstaates handelt.
Die "innere Sicherheit" ist seit den 1970er-Jahren zu einem Leitbegriff der politischen Kultur der Bundesrepublik geworden. Ziel des vorliegenden Aufsatzes ist es, den Begriff und die Politik der "inneren Sicherheit" in zweifacher Weise zu historisieren. Erstens wird "innere Sicherheit" als ein politisches Schlagwort verstanden, welches in einer langfristigen Perspektive den Topos "Ruhe und Ordnung" abgelöst hat. Zweitens wird anhand des kritischen politischen Diskurses der 1970er-Jahre auf die psychologische Dimension der Semantik der "inneren Sicherheit" aufmerksam gemacht, die als neue Konzeption des Verhältnisses zwischen Staat und Individuum wahrgenommen wurde. Während mit "Ruhe und Ordnung" die Vorstellung einer disziplinär-militärisch und obrigkeitsstaatlich verfassten Ordnung einherging, kann das neue Sicherheitsdispositiv neben seinem stabilitätsbetonenden und repressiven Charakter auch ein zivilgesellschaftliches Verständnis implizieren, welches Sicherheit weniger garantiert, sondern sie als Abwägung von Freiheiten und Risiken versteht. ; Since the 1970s, innere Sicherheit (internal security) has become a key concept in the political culture of West Germany. The article examines the term and the politics of innere Sicherheit in two ways. First, it contends that innere Sicherheit has gradually supplanted the German topos Ruhe und Ordnung (tranquillity and order). Secondly, the article emphasises the psychological dimensions of the discourse about innere Sicherheit which, according to critical commentators in the 1970s, underpinned a new conception of the relationship between the state and the individual. While Ruhe und Ordnung denotes the idea of a disciplinary and military order linked with an authoritarian state, the new discourse about innere Sicherheit may imply, besides its basic notion of stability and its repressive character, a concept of civil society in which security is understood in relation to freedom and risks.
Die vorliegende Studie untersucht die Entwicklung liberal-rechtsstaatlicher Leitvorstellungen im EU-Politikfeld Innere Sicherheit. Die in den letzten Jahren verstärkt diskutierte Frage nach dem Stellenwert liberal-rechtsstaatlicher Normen im Zusammenhang mit dem Ziel einer wirksamen Gewährleistung Innerer Sicherheit ist längst keine rein nationalstaatliche Problematik mehr. Vielmehr muss man auch die Ebene der Europäischen Union mit in den Blick nehmen, in der sich innerhalb der letzten drei Jahrzehnte ein durchaus eigenständiges Politikfeld Innere Sicherheit entwickelt hat. Viele Untersuchungen zum �Raum der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts� (RFSR) betonen dabei, dass der Fokus der Union in diesem Bereich allzu sehr auf das Ziel der �Sicherheit der Bürger� (vgl. Art. 29 EUV) ausgerichtet ist. Aus einer wissenschaftlichen Perspektive werden sowohl auf einer diskursiven als auch auf einer politikpraktischen Ebene starke Versicherheitlichungsprozesse konstatiert, die sich negativ auf die Dimension von Grundrechten und bürgerlichen Freiheiten auswirken. Diese Einschätzungen kontrastieren jedoch in gewisser Weise mit dem ebenfalls grundlegenden Bild der Union als einer betont freiheitlich-rechtsstaatlichen Gemeinschaft. Demokratie, Freiheit, Achtung der Menschenrechte und Rechtstaatlichkeit sind Kernprinzipien des �Gemeinschaftsethos� der Europäischen Union, wie es sich klar etwa in Art. 6 EUV ausdrückt. Angesichts der bereits recht intensiven Diskussion über Sicherheitsdiskurse im Rahmen des RFSR ist ein wesentliches Ziel der Arbeit somit, gerade auch die mögliche Konstruktion eines eigenständigen liberal-rechtsstaatlichen Leitbildes im EU-Politikfeld Innere Sicherheit stärker in den Blick zu nehmen. Inwiefern hat sich im Bereich Innere Sicherheit womöglich im Laufe der Zeit eine solche liberal-rechtsstaatliche Dimension entwickelt? Wie hängt dies unter Umständen mit der Entwicklung eines sicherheits- und performanzorientierten Leitbildes zusammen? Bei diesen Fragen wird von einer auf den ersten Blick kontraintuitiven Orientierungsthese ausgegangen. Während man angesichts des grundsätzlichen, häufig mehr polemisch als theoretisch fundiert diskutierten Spannungsfelds von Freiheit und Sicherheit annehmen könnte, dass bei einer sich verstärkenden Sicherheits- und Performanzorientierung liberal-rechtsstaatliche Leitvorstellungen eher marginalisiert werden, erscheint auch eine andere Perspektive denkbar: So wird in der vorliegenden Arbeit untersucht, ob nicht gerade auch ein verstärkter Fokus auf das Ziel einer möglichst effizienten und effektiven Sicherheitsgewährleistung gleichzeitig zu einer Aufwertung liberal-rechtsstaatlicher Leitvorstellungen führen kann. Ein solches Muster ließe sich dann gewissermaßen als eine liberal-rechtsstaatliche Sensibilisierung bezeichnen. Nicht zuletzt stellt sich hier die Frage, ob das Verhältnis von Sicherheit, Effizienz und Effektivität einerseits und liberal-rechtsstaatlichen Normen andererseits im Laufe der Zeit nicht auch vermehrt als mögliches Positivsummenverhältnis betrachtet wird. Die Untersuchungsperspektive ist diachron ausgerichtet. Der Untersuchungszeitraum reicht von den Anfängen der Kooperation im Bereich der Inneren Sicherheit Mitte der 70er Jahre bis in die Gegenwart, wobei die Unterzeichnung des Vertrags von Lissabon Ende 2007 � abgesehen von einigen Ausblicken � den Endpunkt der eigentlichen Analyse markiert. Im ersten Teil der empirischen Analyse werden die wesentlichen Etappen der Leitbildentwicklung innerhalb der offiziellen Selbstdarstellung und Rhetorik der Europäischen Union herausgearbeitet. Im zweiten Teil der empirischen Analyse wird dann vor dem Hintergrund der zuvor herausgearbeiteten langfristigen Argumentationsstrukturen eine vertiefende Untersuchung anhand zweier Fallstudien zur Etablierung liberal-rechtsstaatlicher Normen im EU-Politikfeld Innere Sicherheit vorgenommen. Die erste Fallstudie bezieht sich auf die Diskussion um einen einheitlichen Datenschutzstandard im Bereich der polizeilichen und strafjustiziellen Zusammenarbeit. Die zweite Fallstudie betrachtet die Frage von Verfahrensrechten von Verdächtigen und Angeklagten im Strafprozess und die entsprechende Problematik solcher liberal-rechtsstaatlicher Schutzstandards mit Blick auf den Europäischen Haftbefehl. Die empirische Analyse zeigt dabei, dass die Herausbildung eines liberal-rechtsstaatlichen Leitbildes den theoretischen Annahmen der Arbeit entsprechend immer im direkten Zusammenhang mit der Entwicklung sicherheits- und performanzorientierter Argumentationsstrukturen beurteilt werden muss. Die These einer liberal-rechtsstaatlichen Sensibilisierung bestätigt sich in mehreren Kontexten.
Sicherheitsthemen sind ein klassisches Feld der politischen Auseinandersetzung in Demokratien - im deutschen Fall spielt dabei die föderale Prägung eine entscheidende Rolle. Der vorliegende Beitrag ist ein erster Versuch, die politische Positionierung von Parteien in Deutschland im Bereich Kriminalität und Innere Sicherheit zu messen und deren Dynamiken zu erklären. Um diesen Fragen nachzugehen, wird die Bedeutung von Themen der Inneren Sicherheit in Wahlprogrammen sowohl auf Landes- als auch Bundesebene codiert, wobei alle Wahlprogramme der in Landesparlamenten eingezogenen Parteien zwischen September 2011 (Abgeordnetenhauswahl in Berlin) und September 2014 (Landtagswahlen in Brandenburg und Thüringen) berücksichtigt werden. In den gewonnenen Daten zu den Policy-Positionen der Parteien werden erhebliche Unterschiede in der Bedeutung der Problemfelder der Inneren Sicherheit deutlich. Bedeutsame Unterschiede treten dabei sowohl in einzelnen Bundesländern im Vergleich der Parteien als auch zwischen den Landesverbänden einer Partei zutage. Gleichzeitig lassen sich auch grundsätzliche Einflussfaktoren auf die Themensetzung von Parteien identifizieren. So gelingt es neu entstehenden, vermeintlichen Ein-Themen-Parteien (Piratenpartei und AfD) einerseits, die Themen für jene parlamentarisch etablierten Parteien zu einem gewissen Grad "vorzugeben", die ihnen bei der Wählerklientel vergleichsweise nahe stehen. Andererseits können besonders sogenannte Skandale dazu beitragen, dass ansonsten in Wahlkämpfen vermiedene Themen herausgestellt werden. So erlangte insbesondere durch den NSU-Skandal die Arbeit der Geheimdienste eine zuvor nicht gekannte Bedeutung für Policy-Positionen der Parteien. Allerdings zeigen sich solche bundesweit beachteten Skandale nicht notwendigerweise in allen Wahlprogrammen. Die NSU-Affäre schlug sich beispielsweise programmatisch nur regional begrenzt nieder. ; Topics around security are a central field of political discourse in democracies - in the German case federalism plays a characterizing role. This article is a first trial to measure policy positions and its dynamics within the policy field of crime and internal security in Germany. The salience of the different issues in party manifestos on state and federal level is analyzed. The comparative approach is based on a comprehensive analysis of the party manifestos of parties that were elected into federal parliaments successfully between September 2011 (House of Representatives election in Berlin) and September 2014 (Parliament elections in Brandenburg and Thuringia). Results show the substantial inequality of the relevance different topics of internal security play. Relevant differences become apparent within political parties as well as across the German Länder. Still, the contents of parties' programs seem to be influenced by a number of rather generalizable factors. During the observation period, topics gained timeliness for two reasons: On the one hand it appears that emerging and presumed single-issue parties (the Pirate Party and the AfD) can "set" topics for the already established parties that seek after a similar clientele within the electorate. On the other hand, in particular the NSU-scandal had the power to bring up issues that are normally avoided in party manifestos, such as issues around the secret services. This area was not explicitly covered by any political party before the NSU-scandal. However, these German-wide scandals do not need to be salient in all manifestos. The NSU-scandal, for example, had only a regional impact.
Die im August 2006 durch die vereitelten Terroranschläge am Flughafen Heathrow angefachte britische Debatte über das Verhältnis zwischen Innerer Sicherheit einerseits und Demokratie und Freiheit andererseits berührt zwei Kernfragen der nationalen, aber auch der europäischen Anti-Terror-Politik:Welche Politik sollen Staaten verfolgen, um Maßnahmen zur Herstellung Innerer Sicherheit wirkungsvoll zu gestalten und dabei gleichzeitig die individuellen Freiheitsrechte und die Legitimität ihrer Politik zu wahren? Wie kann die justizielle und parlamentarische Kontrolle der Exekutive am besten mit dem Erfordernis in Einklang gebracht werden, dass Anti-Terror-Maßnahmen effektiv und legitim sein und mit grundlegenden, menschen- und bürgerrechtlichen Standards vereinbar bleiben müssen? Gerade die Internationalisierung und Europäisierung der Anti-Terror-Politik erschwert den Parlamenten zusehends die effektive Ausübung ihre Kontrollfunktionen. Die internationale und europäische Zusammenarbeit im Bereich der Inneren Sicherheit führt zu einer Änderung der innenpolitischen Machtbalance. Diese schleichende Veränderung des Verhältnisses zwischen Legislative und Exekutive hat nicht nur weitreichende Konsequenzen für die Wirksamkeit, sondern auch für die Legitimierung der Anti-Terror-Politik; gerade im Hinblick auf die Achtung individueller Freiheits- und Abwehrrechte sowie den Schutz der Menschen- und Bürgerrechte.Eine Stärkung der parlamentarischen Kontrolle sowie die effizientere Gestaltung der interparlamentarischen Zusammenarbeit im Bereich der Inneren Sicherheit wären daher dringend notwendig. Es geht vor allem darum, die Informationsgewinnung und -verarbeitung der Parlamente zu erleichtern und Wissensdefizite gegenüber den nationalen Exekutiven auszugleichen. (SWP-Studie / SWP)
Das «Bulletin zur schweizerischen Sicherheitspolitik» befasst sich mit aktuellen Themen der schweizerischen Aussen- und Sicherheitspolitik und stellt ausgewählte Projekte des Center for Security Studies (CSS) vor. Es informiert über das sicherheitspolitische Geschehen in der Schweiz und leistet so einen Beitrag zur sicherheitspolitischen Diskussion. Die Publikation erscheint jährlich in deutscher Sprache. ; Das unverwechselbare Wahrzeichen der New Yorker Skyline, ein Moskauer Theater, eine Bar im indonesischen Ferienparadies Bali, demnächst vielleicht die Zerstörung und Verseuchung ganzer Landstriche durch den Einsatz von Massenvernichtungswaffen – seit dem 11. September verhallen die Katastrophenmeldungen und die Kassandrarufe der verschiedenen Nachrichtendienste nicht mehr. Es ist von einer Epochenwende die Rede. Stellt der 11. September tatsächlich eine Epochenwende dar? Vortaten und Vorzeichen für den bevorstehenden grossen Anschlag können im nachhinein natürlich einfacher gefunden werden. So beispielsweise die im Februar 1993 detonierte Bombe im Parkhaus des World Trade Centers oder vier Monate später die vereitelten Anschläge auf das Uno-Hauptquartier und auf verschiedene zentrale Verkehrswege in New York. Die Aktionen waren darauf angelegt, inmitten eines urbanen Zentrums des Westens ein Massaker anzurichten. Insofern stellen die Attentate vom 11. September lediglich eine Steigerung und kein Novum der bis heute gemachten Erfahrungen mit dem internationalen Terrorismus dar. Dennoch gilt der 11. September als Zäsur. Drei Komponenten rechtfertigen diese Wertung: Es ist erstens der 11. September, der uns die Verletzlichkeit und Anfälligkeit unserer hochtechnologisierten Infrastruktur in einem nie dagewesenen Masse deutlich vor Augen geführt hat. Durch die weltweite Life-Übertragung der einbrechenden Türme des World Trade Centers hat sich bei einem Grossteil der Weltbevölkerung ein Bild eingeprägt, das so schnell nicht vergessen werden kann. Der 11. September steht zweitens für den Vollzug der politischen Globalisierung. Konflikte finden nicht mehr weit weg von unserer Welt, weit entfernt vom Alltag unserer Wohlstandsgesellschaft statt. Die Anschläge haben es nochmals verdeutlicht, dass jene in der Peripherie sich abspielenden Konflikte uns etwas anzugehen haben; umso mehr, weil sie unmittelbar in unsere Welt hineingetragen werden können. Der 11. September hat drittens zahlreiche Reaktionen in militärischen, aussenpolitischen und innenpolitischen Bereichen hervorgerufen, die keiner Kontinuität entsprechen: So wurden in direkter Folge zu den Anschlägen in New York und Washington bis anhin bereits zwei längere militärische Feldzüge geführt, wovon der letztere ein halbes Jahrhundert alte Allianzen gespalten und das System der kollektiven Sicherheit neu zur Debatte gestellt hat. Innenpolitisch hat der 11. September zu einer generellen Aufwertung des Sicherheitsgedankens gegenüber dem des Rechtsstaats und der Freiheit geführt. In zahlreichen Ländern der westlichen Demokratien wurden bis anhin als unerschütterlich geltende rechtsstaatliche und menschenrechtliche Errungenschaften neu in Frage gestellt. Dieser Artikel befasst sich mit den durch den internationalen Terrorismus hervorgerufenen neuen Gefahren und Herausforderungen für die innere Sicherheit und mit den seit dem 11. September zu beobachtenden sicherheitspolitischen Entwicklungen. In vier Kapiteln sollen die Gefahren des internationalen Terrorismus, seine allgemeinen Auswirkungen auf die Sicherheitspolitik, die für die Schweiz sich ergebenden Konsequenzen und der Aspekt der Terrorismusfinanzierungsbekämpfung erörtert werden.
Die vorgelegte Arbeit stellt eine explorative Studie auf dem Feld der Inneren Sicherheit dar. Angelehnt an politikfeldanalytische Ansätze werden Akteure und Institutionen im Bereich der Inneren Sicherheit dargestellt und hinsichtlich ihrer Bedeutung im Rahmen der Terrorismusbekämpfung untersucht. Darüber hinaus wird erklärt, welche Faktoren für Veränderungen und Entwicklungen in der Bundesrepublik insbesondere vor dem Hintergrund der Ereignisse des 11. September 2001 verantwortlich sind. Leitend für die Analyse ist es, auf Basis der Beschreibung der Akteure und der aktuellen Gesetzeslage die Art und Richtung der Veränderungen in den letzten zehn Jahren zu untersuchen und zu erklären. Im Rahmen der vorgelegten Untersuchung werden darüber hinaus die politikpraktischen und grundrechtlichen Probleme diskutiert, die im Bereich der Inneren Sicherheit von Bedeutung sind. Zugleich werden aber auch politologische Erklärungen für das Entstehen (und Verabschieden) von Gesetzen im Politikfeld Innere Sicherheit gegeben. Im Bewusstsein, dass eine vollständige Bearbeitung des Politikfeldes Innere Sicherheit nicht in angemessenem Umfang geleistet werden kann, konzentriert sich die Arbeit nur auf ausgewählte Entwicklungen im Politikfeld Innere Sicherheit. Hierbei wurden nur die Entwicklungen und Veränderungen der so genannten Architektur der Inneren Sicherheit in Deutschland in den Blick genommen, bei denen ein argumentativer oder sachlicher Zusammenhang mit den Ereignissen des 11. September zu beweisen oder plausibel zu vermuten ist. Entwicklungen in europäischen Nachbarstaaten werden dagegen nicht untersucht. Die Auswahl der behandelten Maßnahmen erfolgt auch danach, inwieweit sie in den öffentlichen Debatten überhaupt eine Rolle gespielt haben und wie hoch die Auswirkungen von politischen Entscheidungen beispielsweise auf die Grundrechte der Bürger oder auf die Sicherheitsarchitektur waren (und sind). Die Anschläge des 11. September 2001 selbst werden jedoch nicht analysiert.
Die Studie untersucht die Bestrebungen der EU, sogenannte intelligente Grenzen zu schaffen und Datenbanken auszubauen, die der Strafverfolgung und der Migrationskontrolle dienen. Intelligente Grenzkontrollen werden durch die USA schon seit den frühen 2000er Jahren global vorangetrieben. Auf Seiten der EU sorgt die langfristige Entwicklung des Raums der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts dafür, dass die Ansprüche an das innereuropäische Informationsmanagement wachsen. Zudem folgt die EU seit 2017 dem übergeordneten Ziel, eine Interoperabilität von Datenbanken zur inneren Sicherheit herzustellen. Die Bemühungen, die komplexen Reformvorhaben zu verwirklichen, haben sich zuletzt beschleunigt. Dieser Prozess ist mit drei Risiken verbunden. Erstens kann sich die Einführung intelligenter Grenzen über Jahre hinziehen; dabei gibt es in vielen EU-Mitgliedstaaten bereits heute erhebliche Umsetzungsdefizite beim polizeilichen Informationsmanagement. Zweitens drohen überzogene Erwartungen, was die Effektivität intelligenter Grenzen im Kampf gegen Terrorismus und irreguläre Migration betrifft. Drittens besteht kein klarer Zusammenhang zwischen neuer Sicherheitstechnik und den Chancen darauf, die Personenfreizügigkeit aufrechtzuerhalten oder das Vertrauen der Bürger in die EU zu bewahren. Die Mitgliedstaaten sollten deshalb mit Umsicht agieren, wenn interoperable Datenbanken und digitale Grenzkontrollen geschaffen werden. Vorrang sollten verlässliche rechtsstaatliche Rahmenbedingungen haben. Drei Arbeitsfelder sind dabei vordringlich. Erstens vertiefen neuere Urteile des Europäischen Gerichtshofs die Zweifel, ob es verhältnismäßig ist, die Daten von Reisenden pauschal und anlasslos zu speichern. Zweitens muss das EU-Datenschutzrecht weiter konsolidiert werden. Drittens sind die Verfahren und Rechtswege zu stärken, mit denen sich Einreiseverweigerungen für die EU anfechten lassen.
Europol, Frontex und die Europäische Verteidigungsagentur sind Ausdruck des Trends im europäischen Regieren, weitreichende Aufgaben an unabhängige Agenturen zu delegieren. Vor allem bei der Bewältigung der Flüchtlingskrise und bei der Terrorismusbekämpfung stehen EU-Agenturen im Fokus. Sie verwalten größere Forschungs- und Rüstungsprogramme, koordinieren Einsätze nationaler Sicherheitsbehörden, sammeln Informationen oder tauschen sensible personenbezogene Daten aus. Angesichts dieser äußerst grundrechtssensiblen und weit in nationale Souveränität hineinwirkenden Tätigkeiten bedarf die Delegation solcher Befugnisse im Bereich innere und äußere Sicherheit einer besonderen Legitimation. Vier EU-Agenturen (Europol, EU-Satellitenzentrum, Europäische Verteidigungsagentur, Frontex) werden in dieser Studie daraufhin untersucht, welche Kompetenzen sie besitzen, wie sie kontrolliert werden sollen und tatsächlich werden und wie sie ihre Aufgaben erfüllen. Die Analyse zeigt, dass gerade umstrittene Agenturen wie Frontex intensiver politischer Kontrolle und Steuerung unterliegen. Ebenso klar wurde, dass die politischen Entscheidungsträgerinnen und Entscheidungsträger im Rat, in den Mitgliedstaaten, in der Kommission und zum Teil auch im Europäischen Parlament aktiv dafür gesorgt haben, dass die Aufgabenfelder der Agenturen in der Praxis beträchtlich ausgeweitet werden konnten. Die Studie ist Ergebnis des von der Fritz-Thyssen-Stiftung geförderten Projektes "Sicherheit delegieren? EU-Agenturen im Bereich innerer und äußerer Sicherheit" an der SWP. (SWP-Studien)
Die zunehmende Tendenz der "Privatisierung der Inneren Sicherheit" gehört zu den zentralen Themen der kriminologischen Diskussion der letzten Jahre. Die vorliegende Arbeit nimmt sich dieser Thematik an und betrachtet diese in einem Spannungsfeld zwischen einerseits gesellschaftlichen Strukturveränderungen und andererseits einem konkreten Fallbeispiel – die Bürgerinitiative "Mehr Sicherheit in Großhansdorf" e.V., die sich eigenverantwortlich für die Sicherheit in ihrer Gemeinde einsetzt. Die Einbindung bürgerschaftlichen Engagements in das Politikfeld "Innere Sicherheit" ist in Deutschland im Vergleich zu den angelsächsischen Ländern wenig fortgeschritten und geschieht vorrangig unter staatlicher Federführung, beispielsweise im Kontext von freiwilligen Polizeidiensten, Sicherheitswachten oder kriminalpräventiven Räten. Tatsächlich selbsternannte, allein von privaten Akteuren gegründete und organisierte Sicherheitsinitiativen sind in Deutschland singulär; entsprechend handelt es sich hierbei um ein noch wenig beschrittenes Forschungsfeld. Die vorliegende Arbeit nimmt sich dieser Forschungslücke an und untersucht anhand einer qualitativen Studie die konstitutiven Bedingungen und sozialen Bedeutungen, die sich mit der Entstehung und den Handlungen einer privat agierenden Sicherheitsinitiative verbinden. Dies geschieht vor dem Hintergrund der analytischen Perspektive der gouvernmentality studies, insbesondere der Responsibilisierungsthese, die eine Individualisierung von Verantwortung diagnostiziert. Gefragt wird, ob das Handeln der Bürgerinitiative als eine Anpassung an die neoliberale Regierungsstrategie betrachtet werden kann. Im Hinblick auf die sozialwissenschaftlichen Gegenwartsanalysen, insbesondere die Inklusions- und Exklusionsdebatte, wird nicht nur die vorherrschende lokale Verunsicherungsstruktur rekonstruiert, sondern auch der mit dem kollektiven Sicherheitshandeln der Bürgerinitiative entstehende Kontrollmodus, der für klare Grenzziehungen steht. Im Rückgriff auf die unterschiedlichen Konzepte zur Gemeinschaftsbildung erscheint die untersuchte Sicherheitsinitiative als eine Form lokaler Vergesellschaftung, die quer zu den Weber'schen Kategorien Vergemeinschaftung und Vergesellschaftung liegt und hier begrifflich als Sicherheitscommunity gefasst wird. Die Ergebnisse der Arbeit leisten einen Beitrag, die mit der "Privatisierung Innerer Sicherheit" neu herauskristallisierenden Konturen näher zu beleuchten.
Der Militärputsch am 12. September 1980 hat sich auf die bilateralen Beziehungen der Bundesrepublik Deutschland und der Republik Türkei stark ausgewirkt. Die Menschenrechtsproblematik und die Demokratisierung in der Türkei standen seitdem auf der Agenda der deutschen Türkeipolitik. Einen erheblichen Einfluss auf diese politische Entwicklung nahm das stark gestiegene Asylbewerberaufkommen und die Frage der inneren Sicherheit in Deutschland. Aufgrund der engen wirtschaftlichen und sicherheitspolitischen Zusammenarbeit zwischen beiden Ländern bestand eine gute Grundlage für eine intensive Diskussion der Wertefragen. Die deutsche Politik zielte dabei darauf ab, den wichtigen Bündnispartner im Demokratisierungsprozess zu unterstützen und innenpolitisch zu stabilisieren. Zudem bereitete die fortschreitende Demokratisierung in der Türkei den Boden für eine nationale Menschenrechtspolitik, die auf den innen- und außenpolitischen Druck zur Verbesserung der Lage der Menschenrechte reagierte.
Sicherheit 2004 zeigt mittels Repräsentativumfragen Trends in der aussen-, sicherheits- und verteidigungspolitischen Meinungsbildung der Schweizer Bevölkerung auf. Im vorliegenden Band wird ausgewählten Aspekten der inneren Sicherheit ein besonderes Augenmerk gewidmet. Potenziell meinungsbildende Ereignisse im Berichtszeitraum waren die instabile Situation im Nachkriegsirak, und die Terroranschläge in Madrid im März 2004. Nachdem das allgemeine Sicherheitsempfinden im Vergleich zum Vorjahr leicht zugenommen hatte, zeigen die Daten der Zweiterhebung nach den Anschlägen von Madrid, dass 25 Prozent der Bevölkerung ihre persönliche Sicherheit als stärker gefährdet wahrnehmen. Hohe Priorität wird nach wie vor der Kontrolle des Ausländeranteils in der Schweiz zugemessen, und ein Beitritt zur EU findet ebenfalls nur bei einem Drittel der Bevölkerung Zustimmung. Fast 90 Prozent der Bevölkerung wollen, dass die Schweiz neutral bleibt. Die Arbeitsplatzsicherheit und die soziale Sicherheit werden als sehr wichtig eingestuft und gleichzeitig als gefährdet wahrgenommen. ; ISSN:1424-5698
Dieser Aufsatz erschien zuerst 2010 in der Zeitschrift "KAS-Auslandsinformationen" und beschäftigt sich mit Problemen der inneren und äußeren Sicherheit Indiens. Spätestens seit den Anschlägen von Mumbai steht Indien im Fokus des internationalen Terrorismus. Eine Neustrukturierung des Nationalen Sicherheitsrates und die Etablierung eines "National Counter Terrorism Centre" sollen zur Prävention beitragen. Territoriale Separationsbewegungen und die Bedrohung der Sicherheit durch naxalitisch-maoistischen, islamistischen und hindu-fundamentalistische Terror sind gefährliche Parallelentwicklungen, die aus gesellschaftlichen Konflikten und wirtschaftlichen Fehlentwicklungen resultieren.