Der Verfasser legt Ergebnisse einer quantitativen Inhaltsanalyse von 158 Artikeln der "Kronen Zeitung" vor (27.4. -3.5. 2009), die Verweise auf internationale Beziehungen enthielten. Er zeigt, dass "Internationales" stets aus einem nationalen Blickwinkel dargestellt wird. Dabei tritt das Internationale sehr vielfältig in Erscheinung, nicht nur in den Bereichen Politik und Sport, sondern auch in Wirtschaft, Kriminalität und Gesundheit. Weil eine europäische oder weltweite Öffentlichkeit fehlt, kann Internationales nur in Bezug zu einer existierenden nationalen Öffentlichkeit dargestellt werden. Damit wird eine eigentümliche Form von internationalen Beziehungen kreiert. (ICE2)
Um die Strukturen, Dynamiken und Prozesse, Akteure und Konfliktlinien der Internationalen Politik (IP) in globalgeschichtlicher Perspektive zu verstehen, dürfen nach Meinung des Autors nicht nur die politischen Ereignisse im engeren Sinne dargestellt werden. Die IP ist auch ein integraler Teil sich dynamisch entwickelnder und widersprüchlicher, oft krisenhafter sozioökonomischer und kultureller Strukturen und Prozesse sowie der damit verbundenen Akteure. Ein geeignetes Ordnungsprinzip für die Analyse der IP der letzten 200 Jahre ist vor allem die kapitalistische Produktions- und Lebensweise. Diese wird unter den Bedingungen von Weltmarktkonkurrenz und innergesellschaftlichen wie internationalen Widersprüchen - vor allem jenen zwischen sozialen Klassen bzw. der gesellschaftlichen Produktion und deren privater Aneignung - politisch-institutionell abgesichert. Im vorliegenden Beitrag wird eine retrospektive Analyse von IP im Sinne akzeptierter Normen, Regeln und Institutionen im Kontext der internationalen politischen Ökonomie, politischer Kräftekonstellationen sowie dominanter Diskurse vorgenommen. Damit soll deutlich werden, dass die IP nicht die Weltgesellschaft steuert und nicht ihr Zentrum ist. Selbst hinter der Frage von Krieg oder Frieden stehen nicht nur Regierungen, sondern auch gesellschaftliche Akteure wie nationalistische bzw. Friedensgruppen oder die Rüstungsindustrie. (ICI2)
Während lange Zeit der Nord-Süd-Konflikt die internationale Umweltpolitik prägte, sind die Konfliktlinien heute mannigfaltiger. In der Klimapolitik stehen sich beispielsweise die europäischen und die US-amerikanischen Positionen unvereinbar gegenüber, die Allianz der kleinen Inselstaaten vertritt eine dezidiert andere Politik als die der Erdölproduzierenden Staaten (OPEC). Die Vereinten Nationen als diejenige internationale Institution, innerhalb derer die multilaterale Umweltpolitik betrieben wird, steht vor der Herausforderung, zur Überwindung der Konflikte beizutragen. Die umweltpolitischen Verhandlungen werden dabei tendenziell komplexer, da immer mehr Themen und immer speziellere Fragen behandelt werden. Zudem beteiligt sich eine wachsende Zahl von Akteuren an den Debatten. War die internationale Umweltpolitik in ihrer Gründungsphase Anfang der 1970er Jahre zumindest überwiegend zwischenstaatlich geprägt, so bringen sich heute sehr viele nicht-staatliche Akteure wie Nichtregierungsorganisationen oder auch privatwirtschaftliche Unternehmen in die umweltpolitischen Diskurse ein. Sie streben nicht nur an, Einfluss auf die zwischenstaatlichen Aushandlungsprozesse zu nehmen, sondern sind selbst in der Norm- und Regelsetzung und zum Teil auch in deren Durchsetzung aktiv. Die Verfasserin zeichnet diese beiden zentralen Charakteristika des Politikfelds, also den hohen Grad an Konflikten und die Akteurvielfalt, nach. Hierzu wählt sie einen chronologischen Zugang und zeigt, wie sich das Politikfeld entwickelt hat und wie sich hierbei die Konfliktlinien verändert haben. Nachfolgend greift sie die zentralen Instrumente der internationalen Umweltpolitik auf und beschreibt, welche Funktion internationale Regime und Partnerschaften in der Umweltpolitik haben. Im vierten Abschnitt beschreibt sie die verschiedenen Akteurgruppen und deren zum Teil gegensätzliche Positionen. (ICF2)
"Lateinamerika wurde als Akteur im internationalen System bisher eher gering eingeschätzt. Dominierten zu Beginn des 20. Jahrhunderts noch europäische Mächte in Südamerika, etablierten sich nach dem Zweiten Weltkrieg die USA als Hegemonialmacht. Südamerika bewegte sich lange Zeit eher im 'Windschatten' der Weltpolitik. Mit Beginn und während des Kalten Krieges - zumal unter dem Eindruck der kubanischen Revolution (1959) und der Kuba-Krise (1962) - änderte sich dies gravierend. Zeitweilig gewann man den Eindruck, dass südamerikanische Staaten unter dem Einfluss der USA in die Rolle von Klientelstaaten gerieten. Erst in diesem Jahrhundert beginnt Südamerika - und dort vor allem Brasilien - als wichtiger Akteur in der internationalen Politik aufzutreten. Seit der Jahrtausendwende mehren sich die Anzeichen Air eine Neuverortung und größeren Einfluss Südamerikas in der internationalen Politik. Wolf Grabendorff erörtert in seinem Beitrag die einzelnen Phasen sowie Epochen der südamerikanischen Außenpolitik. Die konzise Darstellung berücksichtigt die Außenbeziehungen zu den USA, zur Europäischen Union (EU) und zu Deutschland sowie die intraregionalen Integrationsversuche und Organisationen der Kooperation in Südamerika selbst. Die zunehmende Diversifizierung der Außenbeziehungen hat zu dem neuen Selbstbewusstsein Südamerikas beigetragen. Dabei ist freilich ein einheitliches Profil der südamerikanischen Staaten angesichts der Themenvielfalt auf der internationalen Agenda nicht erkennbar. Südamerika spricht außenpolitisch mit vielen Stimmen. Weiterhin bestimmen innenpolitische Faktoren Inhalt und Form der außenpolitischen Aktivitäten und damit auch das Allianzverhalten." (Autorenreferat)
"Seit der Präsidentschaft George W. Bushs hat sich vielerorts das Bild verfestigt, dass 'Gulliver' seine institutionellen Fesseln abgestreift hat und die USA nun im Alleingang ihre nationalen Interessen verfolgen, d.h., dass sie primär unilateral handeln. Doch ist bei genauerer Betrachtung dieses Vorgehen weder ausschließlich noch in einzelnen Politikbereichen zu beobachten. Vielmehr ist für die vergangenen zwei Jahrzehnte die Entwicklung hin zu einem, neuen Multilateralismus zu attestieren, der sich mehr durch Kontinuität als abrupten Wandel auszeichnet. Dieser neue Multilateralismus zeichnet sich durch Partnerschaften aus, die themenbezogen in ihren Konstellationen und ihren Zielen variieren. Diese Ergänzung des US-amerikanischen Internationalismus misst der Output-Legitimation die eigentliche Bedeutung bei. Für das Verhältnis der Vereinigten Staaten zu internationalen Organisationen hat diese Entwicklung nachhaltige Auswirkungen." (Autorenreferat)
Gegenstand der vergleichenden Wohlfahrtstaatsforschung ist die Erklärung sozialpolitischer Gemeinsamkeiten und Unterschiede, insbesondere zwischen Nationalstaaten. Darüber hinaus werden die sozialpolitischen Aktivitäten von Gliedstaaten und Kommunen, aber auch von Weltregionen miteinander verglichen. Der Beitrag gibt zunächst einen Überblick über den Forschungsstand in diesem Bereich und geht dabei insbesondere auf die Entstehung und Expansion des Wohlfahrtsstaates ein, betrachtet Typen des Wohlfahrtsstaats und wirft einen Blick auf den Um- und Rückbau des Wohlfahrtsstaats in der OECD-Welt. Des Weiteren wendet sich der Beitrag einem alternativen Ansatz der vergleichenden politischen Ökonomie zu, der im Gegensatz zur Konvergenzthese die "Varieties of Capitalism" betont. Abschließend verweist der Beitrag auf Forschungslücken im Bereich der vergleichenden Wohlfahrtsstaatsforschung. (ICA2)
"Die Weltbank-Gruppe ist die größte und einflußreichste multilaterale Finanzinstitution. Sie leistet vor allem finanzielle und technische Hilfe zur Entwicklung des öffentlichen Sektors in Ländern mit geringem bis mittlerem Pro-Kopf-Einkommen. Sie erscheint gleichermaßen als treibende Kraft und als Folge der Globalisierung." (Autorenreferat)
Der Beitrag gibt zunächst einen Überblick über den wissenschafts- und politikgeschichtlichen Hintergrund der Internationalen Politischen Ökonomie (IPÖ). Im Folgenden wird der Analyseansatz von Susan Strange vorgestellt, deren Interessen dem Geflecht sozialer Machtbeziehungen in den internationalen Beziehungen gilt. Dabei unterscheidet sie vier Strukturen: die Sicherheitsstruktur, die Produktionsstruktur, die Finanzstruktur und die Wissensstruktur. Die Internationalisierung der Produktion und die politische Unzulänglichkeit des Staatensystems prägen für Susan Strange die Problematik des 21. Jahrhunderts. Die wichtigsten Kritikpunkte an Stranges Ansatz betreffen eine unzureichende theoretische Konzeptionalisierung des Staates, die fehlende theoretische Konzeptionalisierung von Umbrüchen und Transformationsprozessen in der internationalen politischen Ökonomie und einen eindimensionalen Gesellschaftsbegriff. Dem Beitrag ist ein didaktisch aufbereitetes Literaturverzeichnis beigefügt. (ICE2)
Die Entwicklungspolitik wird vom Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) in seinem Konzept "Chancen schaffen - Zukunft entwickeln" als Zukunftspolitik definiert, die Lösungen für die globalen Herausforderungen des 21. Jahrhunderts entwickeln muss. Die gerechte Gestaltung der Globalisierung wird international als die zentrale Herausforderung bei der Entwicklung einer Post-2015-Entwicklungsagenda bezeichnet, die die "Millennium Development Goals" (MDGs) ablösen soll. Vor diesem Hintergrund hat sich die bisherige Entwicklungszusammenarbeit (EZ) zur Internationalen Zusammenarbeit (IZ) erweitert, da es immer stärker darum geht, gemeinsame Lösungen für nationale, regionale und globale Herausforderungen wie Armut, Klimawandel, Reduzierung der Biodiversität, Sicherheitskonflikte und fragile Staatlichkeit zu entwickeln. Dabei gibt es erkennbare Anstrengungen, z. B. die Debatte über "Development Effectiveness" mit der Diskussion um die Post-2015-Entwicklungsagenda zu verbinden. Die Verschränkung der verschiedenen Diskussionsstränge aus unterschiedlichen Konferenzarchitekturen ist auch notwendig, wenn es eine neue Entwicklungsagenda und ein neues Zielsystem für die Zeit nach 2015 geben soll, die die verschiedenen Impulse der internationalen Diskussion aufnehmen und bündeln. Der vorliegende Beitrag skizziert einige relevante aktuelle Diskussionen auf internationaler Ebene und untersucht anschließend die Bedeutung und Konsequenzen dieser Debatten für die deutsche Entwicklungspolitik. (ICI2)
Der Beitrag widmet sich der sozialpolitischen Rolle der Europäischen Union und skizziert dabei zunächst die europäische Sozialpolitik und ihre Rahmenbedingungen Instrumente und Grenzen. Im Mittelpunkt stehen in dem Beitrag folgende Forschungsfragen: Inwieweit werden soziale Rechte, sozialpolitische Regulierung und Umverteilung in einem transnationalen Raum institutionalisiert und in welchem Verhältnis steht dies zu nationalen sozialpolitischen Regulierungs- und Umverteilungspolitiken? Schränken sie diese ein oder unterstützen sie sie? Der Beitrag betrachtet den Forschungsstand zur transnationalen Sozialstaatsforschung und wirft dabei einen Blick auf die europäische Sozialpolitik sowie auf die Rolle der internationalen Organisationen und NGOs in der Sozialpolitik. Abschließend verweist der Beitrag auf Forschungslücken in diesen beiden Bereichen und skizziert die transnationalen Perspektiven der Sozialstaatsforschung. (ICA2)
Der Ausblick schließt den Sammelband zu Macht und Widerstand in der globalen Politik ab und widmet sich der internationalen Dissidenz als einem Forschungsprogramm. Der Beitrag gibt einen Überblick über ein Projekt zum Thema "Internationale Dissidenz", welches das in dem Sammelband in vielfältiger Weise thematisierte Wechselspiel zwischen Macht und Widerstand in der globalen Politik zu einem kohärenten Forschungsprogramm bündeln könnte. Dabei geht der Beitrag in vier Schritten vor: Erstens wird der Grundbegriff der internationalen Dissidenz erläutert und gezeigt, welche Rolle er für das Verständnis einer kritischen Theorie der internationalen Beziehungen spielt. Zweitens wird das Konzept von Herrschaft und Macht vorgestellt, weil sich hieran die Besonderheit des Forschungsansatzes besonders gut verdeutlichen lässt. Drittens wird der Unterschied zwischen Opposition und Dissidenz erläutert und aus ihm die Forschungshypothese entwickelt. Und schließlich skizzieren die Autoren am Ende des Beitrags, wie sie sich vorstellen, dieses Forschungsprogramm in den nächsten Jahren umzusetzen. (ICA2)
Zu den zentralen Bestandteilen oder Stationen eines vollständigen Erkenntnisprozesses in den Internationalen Beziehungen (IB) gehören folgende grundsätzliche Fragestellungen: (1) wie sollte die (politische) Welt sein, (2) wie erkennt man die (politische) Welt, (3) wie ist die (politische) Welt beschaffen und (4) wie soll man in der (politischen) Welt handeln bzw. wie kann man das eigene Handeln (oder das Handeln anderer) rechtfertigen und beurteilen? Mit der ersten und der vierten Dimension beschäftigen sich in den Internationalen Beziehungen nicht nur explizit normative Theorien oder Forschungen, die sich an völkerrechtlich oder ethisch begründeten Kriterien für Außenpolitik, internationale Politik, Weltordnung oder Weltpolitik orientieren. Die zweite Dimension ist das Gebiet der Erkenntnistheorie und der Methodologie. Auch in den IB spiegeln sich die großen sozialwissenschaftlichen Kontroversen darüber, welche Gültigkeit gewonnene Erkenntnisse für sich in Anspruch nehmen können und wie, mit welchen Methoden man überhaupt zu gültigen Aussagen gelangen kann. So etwa zwischen "Traditionalismus" (stärker geisteswissenschaftlich orientiert und von der Ideengeschichte, der Diplomatie und dem Völkerrecht inspiriert, Vorrang hermeneutischer Methoden) und "Szientismus" (stärker am Vorbild der Naturwissenschaften orientiert, Vorrang quantitativer Methoden) in den sechziger und siebziger oder zwischen "Positivismus" und "Postpositivismus" in den neunziger Jahren des 20. Jahrhunderts. Noch allgemeiner als diese Bereichstheorien sind diejenigen Gedankengebäude oder Denktraditionen in den Internationalen Beziehungen, die als Großtheorien oder Weltbilder bezeichnet werden. Diese Großtheorien beziehen sich auf die internationalen Beziehungen insgesamt. Großtheorien in den IB verwenden unterschiedliche zentrale Kategorien, formulieren allgemeine Annahmen und machen unterschiedliche Aussagen über die entscheidenden Akteure und ihre Ziele oder Präferenzen, über die Qualität und die Struktur ihres Handlungsumfeldes, über die zentralen Antriebsmomente der internationalen Politik, ihre grundlegenden Probleme und ihre Entwicklungsperspektiven. (ICF2)
Somalia verfügt seit dem Sturz des Diktators Siad Barré im Januar 1991 über keine Regierung, die eine landesweite Kontrolle ausübt. Süd- und Zentralsomalia werden fortan von unübersichtlichen bewaffneten Konflikten zwischen Banden und Milizen erschüttert. Im nordwestlichen Somaliland bildeten sich 1991, in der nördlichen Region Puntland 1998 neue staatliche Strukturen von unten aus. Die internationale Gemeinschaft reagierte schnell auf den Zusammenbruch der staatlichen Ordnung und entsandte friedensunterstützende Missionen. Der Beitrag analysiert das internationale Krisenmanagement und geht dabei auf die Friedensmissionen und die Akteure ein. Betrachtet werden das Krisenmanagement seitens der internationalen Politik sowohl zu Land als auch zu See. Abschließend erfolgen Überlegungen zum innersomalischen Friedensprozess und zur Problematik der US-Militäraktionen. (ICB2)
Der Verfasser zeigt, dass für die vielfach behauptete Professionalisierung der Internationalen Beziehungen (IB) die konsequente Theorieorientierung entscheidend war, dass sich damit allerdings ein bestimmtes Theorieverständnis durchsetzte, das zu einer problematischen Grenzziehung zwischen professioneller und nicht-professioneller Forschung führte. Weiter wird gezeigt, dass die Emanzipation von US-amerikanischen Paradigmen über eine Differenzierung der Theorieentwicklung stattfand, die es den deutschen IB erlaubte, eigenständige Akzente zu setzen, dass aber gleichzeitig die Gefahr einer theoretischen Engführung entstand. Drittes wird gezeigt, wie gegenwärtig die Governance-Forschung zwar als thematischer Fokus dient und vielfältige interdisziplinäre Anknüpfungspunkte bietet, dass aber gleichzeitig der Charakter der IB als Subdisziplin der Politikwissenschaft problematisch wird. (ICE2)