Der bellum iustum wird unter Augustinus von Hippo, Thomas von Aquin und Hugo Grotius definiert. Auch die Kirche widmet sich schon früh dem Kriegsrecht, insbesondere dem Schutz der Zivilbevölkerung. Sie lässt im 10. Jahrhundert den Pax Dei ausrufen. Neben dem Pax Dei kommt es zur Treuga Dei, einer Art Waffenstillstand. Aufbauend auf dem Lieber-Code 1863 wurden in Europa zahlreiche Kodifikationen zum Kriegsrecht erlassen, welche sich immer mehr dem ius in bello zuwenden, wie etwa die Genfer Konvention von 1864. Mit der Gründung des Völkerbundes widmete man sich speziell der Verhütung des Kriegsrechts und der Einführung eines Friedensrechts. Auch der Briand-Kellogg Pakt widmete sich dem Kriegsrecht, indem er ein partiellen Gewaltverbot beinhaltete. Erst durch die Satzung der Vereinten Nationen kam es zu einem allgemeinen Gewaltverbot. Als humanitäres Gegenstück zur Haager Landkriegsordnung wurden die Genfer Abkommen von 1949 erlassen. Das vierte Genfer Abkommen handelt vom Schutz der Zivilpersonen in Kriegszeiten. Die zwei Zusatzprotokolle zu den Genfer Abkommen beschäftigen sich mit dem Schutz der Opfer in internationalen und nicht-internationalen Konflikten. Seit dem 20. Jahrhundert kommt es zur aktiven Beteiligung von Frauen in der Entwicklung eines Friedensrechts. Im Jahr 1946 wurde die Kommission für die Rechtsstellung der Frau gegründet, welche die Organisation der Weltfrauenkonferenzen übernahm. Auf dem Internationalen Pakt bürgerlicher und politischer Rechte basierend wurden unter anderem das Übereinkommen gegen Folter und andere grausame, unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Strafe 1984 und die speziellen Artikel des Römischen Statutes des Internationalen Gerichtshofes zum Schutz der Frau erlassen. Die Vereinten Nationen erließen zahlreiche Resolutionen zum Thema Kriegsrecht und Frauen, in welchen sie die Miteinbeziehung von Frauen in Friedensmissionen fordern. ; The movement of the bellum iustum was defined by augustine of Hippo, Thomas Aquinus and Huso Grotius. Also the church dedicated its work on the law of war, especially on the protection of the civilian people. So it called during the 10th century the Pax Dei and afterwards the Treuga Dei and the so called ?Ewiger Landfriede?. Based on the american Lieber-Code of 1863 the european experts of law created the Geneva Convention of 1864 and the Hague Convention of Laws and Customs of War on Law on Land. With the establishment of the League of Nations a international organization was created, which dedicated its work to the prevention of war and the implementation of the law of peace. In 1928 the Pact of Paris implemented a partial prohibition of force. With the establishment of the United Nations the general prohibition of force entered into force. The humanitarian equivalent to the Hague Convention of Laws and Customs of War on Law on Land were the Geneva Conventions of 1949. Especially the 4th Genevs Convention treats the protection of the civility in times of war. During the 20th century women started to be part of the hearings to the law of peace. In 1946 the Commission on the Status of Women was established to enforce this topic. Therefore it organized Worlds Women Conferences. Also the legislation changed to positive way for women, such as the articles of the Rome Statute of the ICC. The United Nations created some resolutions, which enforced peace and the protection of women. Some projects, such as DAPHNE, STOP and AGIS supported this topic too. ; vorgelegt von Manuela Furian ; Abweichender Titel laut Übersetzung der Verfasserin/des Verfassers ; Graz, Univ., Dipl.-Arb., 2011 ; (VLID)222303
DER KAMPF UM DEN SUEZKANAL [35] Der Kampf um den Suezkanal [35] ([2]) Titelseite ([2]) Titelseite ([3]) Impressum ([4]) 1. Die Vorgeschichte des heutigen Kanals (5) 2. Englands Stellung zum Suezkanal (7) 3. Der Suezkanal im internationalen Kriegsrecht (12) [2 Tabellen]: (1)Es durchfuhren den Kanal: (2)In den beiden letzten Jahren vor dem Krieg hatten die einzelnen Nationen folgenden Anteil am Verkehr: (18) [Tabelle]: Die nachstehende Tabelle gibt uns die wichtigsten Marksteine für den steten Ausbau des Kanals an: (19) [Tabelle]: Beladene Schiffe hatten für jede Registertonne zu zahlen: (20) [Tabelle]: Die Weg- und Zeitersparnis, die der Suezkanal der Schiffahrt für den Fernverkehr zwischen einigen der hauptsächlichsten Welthäfen gegenüber der Fahrt ums Kap bietet, wird durch folgende Tabelle verdeutlicht: (21) 4. Die Aussichten des türkischen Angriffs auf den Suezkanal (22) 5. Die wirtschaftlichen Folgen einer Sperrung des Suezkanals für England (27) 6. Die Zukunft des Suezkanals (31)
Mit seinem Hauptwerk 'De Iure Belli ac Pacis' gilt Hugo Grotius (1583 - 1645) als Gründer einer systematischen modernen Völkerrechtstheorie. In dem vorliegenden althistorischen und rechtshistorischen Beitrag wird Grotius Werk demgegenüber auf seine Beziehungen zum Altertum und zum älteren Christentum untersucht. Im ersten Teil widmet sich der Autor der Frage, ob man - selbst bei Beschränkung auf grundsätzliche Züge - überhaupt zusammenhängend von von einem Völkerrecht der Antike reden kann und worin seine gemeinsamen Züge und Besonderheiten liegen könnten. In diesem Zusammenhang kommt er zu dem Ergebnis, daß ungeachtet einer Pluralität antiker Rechtssysteme eine Reihe universeller Rechtsfiguren in einer Vielzahl von Äußerungsformen ausgemacht werden kann, die auch entscheidend das moderne Völkerrecht formen: die Subjekte des Völkerrechts, Rechtshandlungen zwischen diesen Subjekten, der Begriff eines überall als solchen geltenden Unrechts , das Kriegsrecht , das Recht einer Gemeinschaft verschiedener Völkerrechtssubjekte, das durch Vertragsbeziehungen begründet wird. Die besonderen Züge antiker Völkerrechtssysteme sieht der Autor in ihrem unilateralen Charakter, im Gegensatz zu dem bilateralen oder multilateralen Charakter moderner Völkerrechtsordnungen, darüberhinaus in der zentralen Bedeutung des Krieges in seiner Funktion als Instrument der Rechtsbehauptung und -durchsetzung und schließlich in dem nahezu völligen Fehlen einer Positivierung. Rechtliche Aussagen in antikem Völkerrecht pflegen aus vorpositiven Standards abgeleitet zu sein, die wiederum stark bestimmt werden durch Religion, Tradition und allgemeine Gerechtigkeits- oder Natur-der-Sache-Abwägungen. Im zweiten Teil zeigt der Autor, daß Grotius in seinem Hauptwerk in erheblichem Maße auf antiken Konzepten und ihren Autoren aufbaut, ohne sie allerdings unkritisch zu übernehmen. Die Untersuchung geht in zwei Schritten vor: zunächst wird im Rahmen einer Analyse des Referenzsystems der Umfang, in dem sich Grotius mit antiken und mit Autoren und Werken seiner Zeit befaßt, quantitativ ermittelt und bewertet. Hier findet der Autor eine intensive Auseinandersetzungen in beide Richtungen. Im nächsten Schritt erhärtet und substanziiert er dieses Ergebnis anhand der Erörterung von vier thematischen Komplexen: Grotius Interesse für die Quellen eines bindenden Völkerrechts, für die souveränen Völkerrechtssubjekte, für die Rechtstitel auf Territorialbesitz und schließlich für das Recht der Begrenzung von Kriegshandlungen, für das Neutralitätsrecht und für die Regeln des diplomatischen Verkehrs. Abschließend kommt der Autor zu dem Ergebnis, daß sich in Grotius Werk eine beeindruckende, wenn auch immer kritische Verbundenheit mit der ganzen literarischen Tradition aus dem Altertum offenbart - eine neuzeitliche Form der Völkerrechtsrezeption aus dem Altertum. ; With his main work De lure Belli ac Pacis, Hugo Grotius (1583-1645) is considered the founder of a systematic modern doctrine of international law. In the present classical-historical and legal-historical text Grotius' work is examined concerning its relation to the classical and early Christian period. In the first section, the author devotes himself to the question whether one may speak at all, even with regard to basic features, of a homogeneous classical international law and what its characteristic structures and peculiarities are. In this connection, he concludes that notwithstanding the plurality of classical legal approaches a canon of universal basic convictions pertaining to a variety of topics is discernable which also decisively shape modern international law: the subjects of international law, legal transactions between these suhjects, the concept of a universally assumed wrong, the laws of war, the law of a community of several suhjects of international law which are parties to a treaty. The author identifies as particular features of classical international law its unilateral character, in contrast to the bilateral and multilateral character of relations within the modern community of states, furthermore, the dominating position of war as an instrument to determine and secure rights as well as its almost complete lack of codification. Legal orientations in classical international law are derived from pre-positive standards, which are in turn characterized by religion, custom or argumentation based on justice / nature-of-things. In a second section, the author shows that Grotius draws decisive support in his main work from classical notions and their originators without, however, adopting them uncritically. The investigation proceeds in two steps: first, in analyzing his system of references, the scope of Grotius' concern with classical in comparison to contemporary writings is quantitatively ascertained and evaluated. Here, the author finds intensive reflection in both directions. Subsequently, he verifies and substantiates this conclusion in discussing four topic-complexes: Grotius' attention to the sources of a binding multilateral international law, to the subjects of international law, to titles to territorial claims, as well as to the law with respect to limitations on war, to neutrality and to diplomatic law. Ultimately, the author comes to the conclusion that an impressive although always critically considered relationship to the tradition of the classical authors manifests itself in Grotius' work, an early modern form of reception of classical law.
Inter arma enim silent leges – im Krieg schweigen die Gesetze, so lautet ein berühmtes Zitat von Cicero, das über die Jahrtausende hinweg in Diskursen der Gewaltlegitimation bedeutsam geblieben ist. Thomas Hobbes und Immanuel Kant haben es übernommen, wobei Letzterer der Rechtfertigung von Krieg die Konzeption eines dreigliedrigen, "ewigen" Rechtszustandes entgegengestellt hat. Zwischen der von "Realisten" angenommenen Anarchie und der von "Idealisten" angestrebten Rechtsherrschaft in grenzübergreifenden politischen Beziehungen hat sich die moderne Völkerrechtswissenschaft insbesondere mit dem schwierigen, zuweilen paradoxen Verhältnis von Krieg und Recht beschäftigt: Das Kriegsrecht limitiert den Gebrauch von Gewalt (als violentia) nicht allein, es legitimiert ihn auch, indem es die Gewalt (als potestas) normativ ordnet und sie damit wiederum zur Rechtfertigungsressource macht. Mit dem Wiedererstarken der Völkerrechtsgeschichte sowie der aktuellen Brisanz kriegsrechtlicher Fragen (etwa angesichts des "war on terror") gehen erneut Forschungen zur Rolle des Rechts in Zeiten des Krieges, zu seiner Rechtfertigung und seiner rechtlichen Aufarbeitung einher. Isabel V. Hull und die AutorInnen im von Martin Löhnig, Mareike Preisner und Thomas Schlemmer herausgegebenen Sammelband leisten hierzu zwei sehr unterschiedliche Beiträge. .
Ins Teutsche übersetzet und heraus gegeben von J. N. S. K. OL. in E. u. d. H. R. S. ; Volltext // Exemplar mit der Signatur: München, Bayerische Staatsbibliothek -- 2 Ph.pr. 15
Der Beitrag beschreibt das neue strafrechtliche Forschungsprogramm des Freiburger Max- Planck-Instituts für ausländisches und internationales Strafrecht, das unter Leitung seines Direktors Prof. Dr. Ulrich Sieber durchgeführt wird. Dieses Programm analysiert die aktuelle Kriminalität und Kriminalitätskontrolle in der globalen Informations— und Risikogesellschaft. Ein erster Forschungsschwerpunkt untersucht dabei die Zunahme der grenzüberschreitenden Kriminalität, die das klassische Strafrecht an seine territorialen Grenzen führt. Diese Veränderung erfordert neue Formen eines transnational wirksamen Strafrechts. Der zweite Forschungsschwerpunkt analysiert die Entwicklung der sich verändernden komplexen Kriminalität (insbesondere in den Bereichen der organisierten Kriminalität, des Terrorismus und der Wirtschaftskriminalität) sowie die damit in zahlreichen Rechtsordnungen verbundene Auflösung der reaktiven Funktion des Strafrechts und seiner Schutzgarantien zugunsten eines rein präventiv orientierten Sicherheitsrechts, welches Strafrecht, Polizeirecht, Geheimdienstrecht und teilweise auch Kriegsrecht vermischt. Kriminalpolitisch plädiert das neue Forschungsprogramm gegen diese Entwicklung sowie für die Differenzierung von präventiven und reaktiven Funktionen und für die Beibehaltung der strafrechtlichen Schutzgarantien als Grundlage eines effektiven Strafrechts gegen grenzüberschreitende und komplexe Kriminalität, das außer mit dem präventiven Sicherheitsrecht auch mit neuen alternativen Formen der sozialen Kontrolle zusammenwirkt ; The article presents the research program currently in place at the Max Planck Institute for Foreign and International Criminal Law under the auspices of its director, Prof. Dr. Ulrich Sieber. The research program calls for the analysis of new trends in crime and crime control that are emerging in the global risk and information society. It focuses, first, on recent increases in transnational crime and the challenges posed by this kind of criminal activity to the territorial limits of traditional criminal law. In order to deal effectively with these issues, new forms of transnational criminal law, some of which are presented briefly in the article, are necessary. The second focus of the program is on newly emerging types of complex crime (primarily organized crime, terrorism, and economic crime) as well as on the concomitant dissolution of the traditional, preventive aspects and functional limits of criminal law. In many legal systems, these kinds of changes in criminal law are leading to a blurring of the traditional boundaries between criminal law, police law, the laws governing intelligence agencies, and in some systems even the law of war. From a criminal policy perspective, the author criticizes this development, arguing instead that a clear distinction between preventive and repressive functions and a return to traditional protective criminal law safeguards are essential if the criminal law, together with preventive security law and new alternative forms of social control, is to work effectively against transnational and complex crime
This thesis is an attempt to analyse the efficacy of the existing international legal framework provided by the law of armed conflict for the wartime protection of the environment, based on the scientific data obtained during environmental assessments conducted after the 1990-1991 Gulf War and focusing on the Kuwaiti oil well fires and the legal threshold provided by Art I ENMOD Convention and Art 35(3) and 55(1) Additional Protocol I. The first main part tackles the prior background and development, course and environmental repercussions of the conflict from both a scientific and legal perspective. Geographic, economic, historical and political aspects are presented for an easier understanding of the implications of the conflict and particularly of the sabotage of over 700 oil wells in Kuwait. The effects on the atmospheric, terrestrial, marine environment and human health are studied in detail. The next central part of this thesis focuses on the legal threshold required for liability for environmental damage by using the concept of widespread, long-lasting/long-term and/or severe effects on the environment during armed conflict. The general purpose, applicability and interpretation of central problematic terms used in Art 35(3) and Art 55(1) Additional Protocol I, respectively Art I ENMOD Convention are examined, focusing on the detailed comparative analysis of the meaning of "widespread", "long-lasting/long-term" and "severe" effects/damage on the environment. The conclusion of this thesis summarises the findings and shows that although Art I ENMOD Convention and Art 35(3) and 55(1) Additional Protocol I provide a certain wartime environmental protection, it is insufficient and requires much more development and precise applicational guidelines for future armed conflicts. ; Author Andreea-Maria Stan ; Universität Linz, Diplomarbeit, 2021 ; (VLID)6261101
Mit der vorliegenden Arbeit wird die Rolle der Frauen als Akteurinnen in Friedensprozessen mit dem Fokus ihrer bisherigen Beteiligungen in diversen Friedensbemühungen analysiert. Dazu wird, nach dem Versuch eine Definition für den Begriff des Friedens zu finden, eine gedankliche Zeitreise der völkerrechtlichen Entwicklung vom Kriegsrecht zum Friedensrecht unternommen. Der Zusammenhang zwischen den Vereinten Nationen und dem Frieden soll über die Regelungen in der UN-Charta gezogen werden, um die prinzipielle Frage zu klären, ob der Frieden als Grund- und Menschenrecht zu sehen ist und, ob auch Frauen dieses Grundrecht uneingeschränkt zukommt. Neben der Arbeit bekannter Friedensnobelpreisträgerinnen, wird das Engagement von Friedens-und Frauenorganisationen einer historischen Betrachtung unterzogen. Ein wesentlicher Punkt der Arbeit stellt die kritische Untersuchung der Bemühungen der UNO in rechtlicher und politischer Hinsicht für die Einbeziehung der Frauen dar, wie insbesondere die CEDAW, die Resolution 1325 (2000) und auch die Aktionsplattform Peking 1995. Ergänzend dazu wird durch die Dokumentation von Daten & Fakten wie auch diverser Beispiele, der praktische Bezug zur tatsächlichen Situation hergestellt. Ziel ist es aufzuzeigen, inwiefern Frauen in Friedensprozessen bisher einbezogen bzw gänzlich ausgeschlossen wurden und wo etwaige Hinderungsgründe dafür liegen. ; This thesis analyzes the role of women in peace processes, focusing on their involvement in various efforts to install peace throughout the past times. To conduct said analysis, a virtual time travel through the development of international law starting from martial law and finishing with the law of peace shall be made. For further understanding, it shall be attempted to subject the term peace to a clear definition. The cohesion between peace and the United Nations established through the regulations of the UN-Charta shall be pointed out to clarify the question if peace is in fact a fundamental or even a human right and furthermore if women consume this right without any restrictions in the same way as men do.Besides the work of renowned female winners of the Nobel Peace Price and the commitment of various peace- and women-organizations shall be subject of a historical analysis. Another key point of this thesis is to be found in the critical examination of the efforts of the UN in a legal as well as in a political way in question of the inclusion of women, such as the CEDAW, the Resolution 1325 (2000) as well as the Beijing Platform for Action 1995. In addition to these analyzes a practical approach to the actual given situation shall be installed through the documentation of data, facts and various examples. Concluding, this thesis shall point out to what extend women have been included in missions of peace and peace agreements, respectively where the reasons for their exclusion can be found. ; vorgelegt von Christina Reininger ; Abweichender Titel laut Übersetzung des Verfassers/der Verfasserin ; Zusammenfassung in Deutsch ; Karl-Franzens-Universität Graz, Diplomarbeit, 2016 ; (VLID)1333577
Der Zweite Weltkrieg im ehemaligen Jugoslawien war zugleich ein Befreiungskrieg, ein Revolutionskrieg und ein Bürgerkrieg. Die gegenseitige Bekämpfung einer Vielzahl der Fraktionen verschiedenster politischer, ideologischer, ethnischer und religiöser Färbung hat die Art und Weise in welcher der Krieg geführt wurde, eindeutig gestaltet. Das Ergebnis des Krieges ist bekannt: eine enorme Opferzahl (ca. 1.1 Million, fast 10 Prozent der Vorkriegsbevölkerung) und die Bestätigung der Stereotypen über diese Region, als das Land wo Krieg immer ein "totaler Krieg" war, wo das Kriegsrecht schon immer ein totes Recht war, und wo die Zivilisten das eigentliche Hauptziel der Kriegshandlungen sind. Die Nachkriegsliteratur, die sowohl im sozialistischen Jugoslawien als auch in Deutschland und Österreich erschienen worden ist, scheint dieses Bild zu bestätigen. Die beiden Seiten beschuldigten sich gegenseitig für zahlreiche Völkerrechtsverletzungen, insbesondere im Bezug auf die Behandlung der Gefangenen. Tatsächlich war das Schicksal dieser Leute furchtbar. In diesem, sonst wie in anderen Guerillakriegen, wurden die gefangene Gegner routinemäßig niedergemacht: Nach Ansicht beider Parteien stand der Feind außerhalb des Schutzes des Völkerrechts. Hunderte von Gefangenen konnten jedoch noch während des Krieges die Gefangenschaft lebendig verlassen, dank dem Gebrauch des Gefangenenaustausches. Als es sich erwiesen hat, dass die beiden Seiten bei den Austauschen überall im Lande im guten Glauben handelten, war sogar eine neutrale Zone südlich von Zagreb errichtet worden, wo die letzten Gefangenen im April 1945 ausgetauscht wurden. Die Kontakte, die in dieser Weise zwischen den beiden Gegnern hergestellt wurden, gingen weit über die bloße Rettung des Lebens ihrer Soldaten hinaus. Mache Aspekte dieser Gespräche mussten über vierzig Jahre warten, bevor sie von der Historiografie behandelt werden durften. ; The Second World War in Yugoslavia was a brutal affair, combining elements of liberation war, civil war and ideological war. It was to a large degree a conflict of unrestrained violence, one that did not recognize the distinction between combatant and non-combatant. In these circumstances, captives on all sides could not hope for fair treatment. Since the prisoners? lot could not be bettered by invoking international law or principles of humanity, the only remaining option was to appeal to enemy?s self-interest. Frequent exchanges of able-bodied prisoners between the occupation forces and a resistance movement, partly through a cartel negotiated directly between their high commands, was a distinctive feature of the Second World War in Yugoslavia. What started as isolated cases, motivated by a spontaneous desire to save captured compatriots, soon evolved into a complex affair involving propaganda and intelligence issues, as well as political talks between two ideological arch-enemies. This dissertation is the first attempt to give a comprehensive, non-ideological survey of the topic, which is neglected in former Yugoslav historiography and is virtually unknown to the public in the West. ; eingereicht von Gaj Trifkovic ; Zsfassung in dt. und engl. Sprache ; Graz, Univ., Diss., 2013 ; OeBB ; (VLID)233643
Diese Arbeit will einen Beitrag zur historischen Bildungsforschung im Zusam-menhang der Modernisierung und Erweiterung des staatlichen Bildungswesens in Taiwan von 1885 bis 1987 leisten. Der Zeitraum umfasst in der Zeit von der Errich-tung der Provinz Taiwan unter dem chinesischen Kaiserreich bis zur Aufhebung des Kriegsrechts unter dem Regime der Nationalpartei Chinas (KMT). Im 18. und 19. Jahrhundert etablierte sich in West-Europa und in den USA ein vom Staat kontrolliertes Schulsystem, das als ein wesentliches Instrument zum Durch-brechen der feudalen Ständegesellschaft, zur Beseitigung des Analphabetismus und Erziehung zu mündigen und teuren Staatsbürgern sowie zur Ausbildung der für die Industrialisierung benötigten Arbeitskräfte dienen sollte. Dieses aus der westeuropä-ischen und nordamerikanischen Gesellschaft entstandene Bildungskonzept ist heute weltweiter Standard bei der Gestaltung von staatlicher Bildung. Im bestehenden Bildungssystem in Taiwan findet man ebenfalls Merkmale dieser westlichen Bil-dungskonzepte. Das zentrale Interesse dieser Arbeit richtet sich dabei auf die Trans-formationsprozesse westlicher Wertmuster bzw. Bildungskonzepte sowie die Gestal-tung eines modernen staatlichen Bildungssystems in Taiwan und die hierbei aufge-tretenen Problematiken. Bevor die westlichen Bildungskonzepte in Taiwan aufkamen, war die taiwanesische Erziehung und Bildung stark vom Konfuzianismus und dem System der kaiserlichen Beamtenprüfung innerhalb des chinesischen Reiches geprägt. Die konfuzianische Er-ziehung legte im Allgemeinen ihren Fokus auf humanistische und literarische Bildung zur Heranbildung der politischen und sozialen Führungspersonen, während sie wenig Rücksicht auf fachliche Berufsausbildung, naturwissenschaftliche Bildung und Er-ziehung zur wissenschaftlichen Auseinandersetzung nahm. Die Modernisierung des taiwanesischen Bildungswesens begann zwar mit der Er-richtung der eigenständigen Provinz Taiwan 1885 im Zusammenhang mit der Selbststärkungsbewegung (1861-1894) des Ching-Kaiserreichs, wurde aber erst während der japanischen Kolonialzeit (1895-1944) richtig in Gang gesetzt. Die Ein-führung eines modernen staatlichen Bildungswesens in Taiwan in der Kolonialzeit diente zu einem der Integration an Japan, zum anderen aber auch der Kriegsbereit-schaft im Zusammenhang mit der Ausweitung des japanischen Imperialismus. Die KMT-Regierung bemühte sich nach dem Rückzug auf die Insel Taiwan besonders darum, die gesamte Bevölkerung zu kampfwilligen und loyalen Soldaten und später zu einsetzbaren Arbeitskräften auszubilden, damit sie sich von der Niederlage im Bürgerkrieg gegen die chinesischen Kommunisten erholen konnte. Vor dem Hinter-grund der militärischen Konkurrenz zwischen den USA und der Sowjetunion, vor allem nach dem Sputnik-Schock, erhielt die KMT-Regierung massive finanzielle und technische Förderung zum Aufbau von Berufsausbildungseinrichtungen und natur-wissenschaftlichen und technischen Bildungssystemen durch die US-Entwicklungshilfe. In den 1970er und 1980er Jahren wurden die Bildungsange-bote durch eine Reihe von Plänen zur Ausbildung von Arbeitskräften nach den Konzepten der Human Ressource und der funktionellen Differenzierung zur Stärkung der wirtschaftlichen Wettbewerbsfähigkeit in der internationalen Gesell-schaft und der Verknüpfung mit dem Weltwirtschaftssystem erweitert. Dies diente der Ausbildung der Arbeitskräfte in Hochtechnologie und Export. Das KMT-Regime modifizierte das traditionelle chinesische System der kaiserlichen Beamtenprüfung zu einem zentralen Apparat für die Verteilung von Bildungsplätzen. Das Bildungsideal vom konfuzianischen Gelehrten wurden auf das Ideal des Facharbeiters und Experten umgewandelt, jedoch entstand gleichzeitig auch ein Bewusstsein zur Teil-nahme am Aufbau des Landes und eine auf das Gemeinwesen bezo gene Gesinnung sowie der Loyalität dem Staat und der KMT gegenüber sowie dem nationalen Be-wusstsein als Chinesen . ; This paper contributes to the historical research into modernization and expansion of public education in Taiwan between 1885 and 1987 from the establishment of the province of Taiwan during the Chinese Empire until the abolition of martial law under the Government of the National Party of China (KMT). After the American Declaration of Independence (1776) and the French Revolution (1789-94), a schooling system controlled by the state was required. It was seen as an essential tool to break down feudal caste society, to strengthen the national state, eliminate illiteracy and produce politically mature citizens as well as trained workforce needed for industrialization. Today, West European education is modeled as the standard for national education and has been implemented throughout the world. The main interest of this paper is the transformation that these western value patterns and educational concepts underwent during the creation of a modern state educational system in Taiwan and the problems that occurred during this process. Before western educational concepts were introduced, Taiwanese education was strongly shaped by Confucianism and the Imperial Civil Service Examination system of the Chinese Empire. Confucian education focuses in general on humanistic literary education necessary to create political and social leaders - the Confucian scholar. On the other hand, it took little account of professional training, natural sciences or scientific analysis. The modernization of Taiwanese education began with the establishment of the province of Taiwan in 1885 in connection with the Self-Strengthening Movement of the Ch´ing Dynasty (1861-94) but actually gained impetus during the Japanese colonial period (1895-1944). The introduction of a modern national education system into Taiwan served to increase integration and readiness to wage war in connection with the extension of Japanese imperialism. After their retreat to Taiwan, the KMT Government was especially keen to motivate the population to become loyal and willing soldiers and, later, productive workers both necessary for the revival following the defeat in the civil war against the Chinese Communist Party. During the period of the so-called Cold War , the KMT Government received massive financial and technical assistance from US-Aid for the extension of professional, scientific and technical training. In the 1970´s and 1980´s, the extension of the educational programs through a series of Plans for Manpower Development and Employment based on the concepts of Human Resources and Functional Differentiation served the purpose of strengthening the international industrial competitiveness of Taiwan and its integration into the global economy by enabling the workforce to be trained for labour intensive high technology or export. Moreover, the KMT Government modified the Imperial Civil Service Exam System into a central means for the distribution of educational opportunities the Entrance Exam System in modern education. In this connection, the Confucian scholar became an expert in his field, and on the whole there was a growing conviction that the people were participating in the development of the country and working for the general good of the nation as well as being loyal to the state and the KMT. They also became increasingly proud to be Chinese.
Der Rechtphilosoph Günther Jakobs prägte erstmals im Jahr 1985 den Begriff "Feindstrafrecht" in Bezug auf die Neigung der deutschen Gesetzgebung zur "Kriminalisierung im Vorfeld einer Rechtsgutverletzung". Jakobs spricht in diesem Zusammenhang von "Bekämpfungsgesetzen", die zu einer "Bekämpfungsgesetzgebung" führen könnten. Eine kritische Reaktion unter den deutschen Juristen erfolgte allerdings erst nach dem Vortrag von Jakobs auf der Berliner Tagung im Jahre 1999. Dieser sog. zweiten Phase folgte die dritte Phase beginnend mit Jakobs' Aufsatz "Feindstrafrecht und Bürgerstrafrecht" aus dem Jahre 2003, der sich durch dessen Versuch, das Feindstrafrecht mit Hilfe von philosophischen Erkenntnissen der Aufklärung zu untermauern, auszeichnet. Jakobs vergleicht hierbei Individuen im Naturzustand mit solchen, die sich durch ihr Verhalten dauerhaft vom Rechtsstaat abgewandt hätten. Um die Anerkennung des Feinds als Unperson zu konstruieren, greift Jakobs auf Kant zurück – die Unsicherheit, die ein Individuum im Naturzustand verbreite, berechtige dazu, dieses Individuum wie einen Feind zu behandeln und vom Bürger zu unterscheiden. Jakobs' Bezug auf die Philosophie der Aufklärung findet die Ablehnung der Mehrheit der Wissenschaftler. Die Strafe hat bei Jakobs das Ziel der Gefahrenbeseitigung und nicht das eines zukünftigen straffreien Verhaltens des Delinquenten. Das Recht des Bürgers auf Sicherheit legitimiere die Strafe. Der Feind, der keine kognitiven Mindestgarantien bietet, störe die Vertrauensbeziehungen zwischen den Bürgern. Somit gefährde schon allein die Anwesenheit eines Feindes die Freiheit aller Gesellschaftsmitglieder, der Feind werde zu einer Bedrohung für die Rechtsordnung. Wie Jakobs' Kritiker finden, habe das Konzept des Feinds als Unperson seinen Ursprung nicht in der Staatstheorie, sondern im politischen Denken von Carl Schmitt, und ein Feindbegriff dieser Art sollte niemals Teil eines liberalen Strafrechts sein. Jeder Straftäter habe einen unverzichtbaren Anspruch darauf, nicht als Unperson oder Feind behandelt zu werden. Weitere Kritikpunkte waren, dass Jakobs' Ideen autoritären Regimen als theoretische Rechtfertigung dienen könnten, ferner seine gewagte Wortwahl und hierbei insbesondere die Unterscheidung zwischen Bürgern (Personen) und Feinden (Un-Personen), die Assoziationen mit der deutschen Vergangenheit hervorrufe. Trotz der starken Ablehnung der Idee eines Feindstrafrechts war eine kontinuierliche Diskussion entstanden, die sich nach den terroristischen Anschlägen vom 11. September auf die USA noch intensivierte. Mit der Internierung von echten oder vermeintlichen Mitgliedern von "al-Qaida" in Guantánamo wurden Zwangsmaßnahmen eingeführt, die weder dem Strafrecht noch dem Kriegsrecht angehören. Trotz aller Kritik an dem Begriff und dem Konzept des Jakob'schen Feindstrafrechts führten die kriminalpolitischen Entwicklungen der letzten Jahre in Deutschland zu der Einsicht, dass die von Jakobs genannten, typischen Merkmale des Feindstrafrechts tatsächlich in der positiven Rechtsordnung zu finden seien und auch unter dem Begriff Risikostrafrecht diskutiert würden. Die Herausforderungen für die modernen Gesellschaften (z.B. Öffnung der Märkte) hätten zu einer Instrumentalisierung des Strafrechts geführt, um bestimmte kriminelle Erscheinungsformen (im Bereich der Wirtschaft, des internationalen Handels, des Datenmissbrauchs, des Handels mit Waffen, Drogen, menschlichen Organen oder mit Menschen) effizient bekämpfen zu können. Insgesamt überwiegt die Forderung, der Rechtsstaat müsse vor illegitimen Praktiken bewahrt werden, und es bestehen Befürchtungen, beispielsweise von Kai Ambos und Cornelius Prittwitz, hinsichtlich der eventuell negativen Konsequenzen von Jakobs' Ideen in Lateinamerika. Diese fanden in Lateinamerika rege Aufnahme. Einen Höhepunkt erreichte das Studium des Feindstrafrechtskonzepts in Lateinamerika nach der Übersetzung des Textes "Feindstrafrecht und Bürgerstrafrecht" von Jakobs, der zusammen mit einer Kritik von Cancio Meliá am Feindstrafrecht veröffentlicht wurde. Der Einfluss des deutschen Strafrechts wurde nicht erst durch Jakobs begründet. Vielmehr existierte er schon zu Beginn des 20. Jahrhunderts und basiert auf einer Vielzahl deutscher philosophischer und rechtswissenschaftlicher Strömungen und Theorien. In dieser Tradition steht u.a. Welzel, der von einer engen Verbindung zwischen Spanien und Deutschland sprach. Eine besondere Rolle als Rezeptor spielte Jiménez de Asúa, der Schüler von v. Liszt gewesen war. Auf diese Verbindung lässt sich die lange Zeit geltende kausalistische Orientierung lateinamerikanischen Strafrechtsdenkens zurückführen, die dann überwiegend im Anschluss an die Übersetzungen von Welzels Systemdenken durch die finalistische Dogmatik abgelöst wurde. Der Finalismus dürfte darüber hinaus die Rezeption von Jakobs und Roxin in Latein-amerika gefördert haben. Einen weiteren Beitrag zur Rezeption leisteten auch die zahlreichen detaillierten Veröffentlichungen in Lehrbüchern in spanischer Sprache. Wesentliche Unterschiede zwischen Roxin und Jakobs betreffen das Strafziel: Bei Roxins Strafrechtsansatz stehen der Rechtsgüterschutz und eine Ausrichtung an der Kriminalpolitik im Mittelpunkt, bei Jakobs die Normgeltung und die daraus resultierende Stabilität der Gesellschaft. Roxin betont die positive Generalprävention und die Möglichkeit der Resozialisierung. Für Jakobs hat ebenfalls die positive Generalpräventation Bedeutung, er versteht darunter allerdings, in deutlicher Abgrenzung zu Roxin, die Normanerkennung zum Schutz der gesellschaftlichen Interaktion. Die große Verbreitung des deutschen Strafrechts im spanischsprachigen Raum spricht dafür, dass Jakobs' Feindstrafrecht auch in Lateinamerika verstanden und diskutiert werden kann. Die Mehrheit der lateinamerikanischen Autoren bestätigt die Existenz der von Jakobs beschriebenen Normen in allen Rechtsordnungen der westlichen Welt. Bezüglich des Feindstrafrechts als konzeptionellen Entwurfs mit der Trennung in Bürger- und Feindstrafrecht dominiert die Ablehnung, insbesondere gegen den nicht verfassungsgemäßen Ausschluss von Personen. Auch wird Jakobs insofern fehlende Klarheit vorgeworfen, als er für die Identifizierung eines Individuums als Feind bzw. Unperson keine Charakteristiken angebe. Das lege eine Einstufung des Feindstrafrechts als Täterstrafrecht nahe, für das es in einem Rechtsstaat keinen Raum geben sollte. Seine bis heute unklare Definition des Feindes dürfte zu einer Unsicherheit in der Interpretation seiner Aussagen auch in Lateinamerika und zu einer unzureichenden Differenzierung zwischen dem Konzept und der Beschreibung des Feindstrafrechts geführt haben. Diese beiden werden bisweilen austauschbar eingesetzt. Es wird zudem festgestellt, dass das Feindstrafrecht von Jakobs den tatsächlichen Gegebenheiten in Lateinamerika nur bedingt gerecht werde. Es herrsche in der lateinamerikanischen Praxis ein Zustand vor, der das Feindstrafrecht im Sinne von Jakobs als beschreibenden Begriff weit übersteige und in Lateinamerika anderen Themen Priorität verleihe als das Studium des Feindstrafrechts. Kritisiert wird, dass es in Lateinamerika z.B. nie rechtsstaatliche Strukturen gegeben habe, die ein Feindstrafrecht beschränken könnten. Der Staat habe in vielen Ländern Lateinamerikas die Versorgung der Bürger mit den grundlegendsten Gütern eingestellt und stattdessen die Strafgewalt beträchtlich ausgeweitet; diese Praxis sei jedoch nie als Feindstrafrecht bezeichnet worden. Deswegen wird wiederholt auf die notwendige Suche nach einer Strafrechtstheorie aufmerksam gemacht, die den Verhältnissen in Lateinamerika angepasst werden könne.
Deutlich über eine reine Motivgeschichte hinausgehend behandeln die in dem Band Der Erste Weltkrieg im Film versammelten Beiträge eine Fülle von Aspekten, die das Verhältnis von Kinematographie und der Darstellung des Ersten Weltkriegs, von frühen, während des Krieges in Kinos ausgestrahlten 'Dokumentar'-Filmen bis zu Spielfilmen nach 1945 und Fernsehdokumentationen der Gegenwart, ausloten. Der 2009 in der edition text+kritik erschienene Sammelband mit insgesamt 15 Beiträgen geht zurück auf ein im Herbst 2008 von der Deutschen Kinemathek in Berlin organisiertes Symposium. Renommierte deutsche Weltkriegshistoriker wie Gerhard Hirschfeld und Gerd Krumeich sind ebenso mit Aufsätzen vertreten wie Film- und LiteraturwissenschafterInnen, darunter Jeanpaul Goergen, Corinna Müller und Thomas F. Schneider. Für die Integration internationaler Perspektiven sorgen Beiträge von Clément Puget (Université Bordeaux III), Leen Engelen (University College Limburg), Jerome Kuehl (London) und Horst Tonn (Universität Tübingen). Die Konzeption des Sammelbandes besticht zunächst durch die Berücksichtigung des bemerkenswerten Phänomens, dass die kulturelle, also auch die filmische Verarbeitung des Ersten Weltkriegs nicht erst nach dessen Ende einsetzt hat, sondern schon knapp nach dessen Beginn. Gerhard Hirschfeld verknüpft in seinem Beitrag zwei interessante Gedanken: erstens, dass es sich beim Ersten Weltlkrieg zwar nicht um den ersten Krieg, in dem Medien eine Rolle spielen, aber doch um eine ganz neue Dimension "politische[r] Kommunikation, sprich: Propaganda" (S.14) mit sämtlichen verfügbaren Medien handelt. Zweitens, dass sich, speziell in Deutschland, eine große Anzahl von Institutionen, aber auch von Privatpersonen, gleich zu Beginn des Krieges aufgerufen fühlten, umfangreiche Weltkriegssammlungen anzulegen. Diese interessierten sich nicht nur für Druckwerke, sondern versuchten, sämtliche mediale Spuren des Kriegs zu sammeln und zu bewahren. Der Stuttgarter Unternehmer Richard Franck etwa zählt in einer Broschüre 1915 u.a. folgendes auf: "[.] Feldpostbriefsammlungen, [.], Ansichten und Fotografien von den Kriegsschauplätzen, [.], hektographierte Schützengrabenzeitungen, Soldatenkunst aus dem Felde, [.] Kriegsplakate, deutsche und ausländische Kriegskarikaturen." (S.18). Auch Kriegsmuseen und Kriegsausstellungen waren während des Kriegs eine beliebte Form der propagandistischen Darstellung von Kriegsgerät und Kriegsgeschehen und leisteten "einen wichtigen Beitrag zur Popularisierung moderner Ausstellungstechniken" (S.22). Die Historisierung der Gegenwart im Ersten Weltkrieg zeigt sich auch besonders eindrucksvoll, wie Jeanpaul Goergen beschreibt, in den deutschen und britischen Filmen über die Schlacht an der Somme (Juni bis November 1916). "Am 21. August 1916 – rund sechs Wochen nach Beginn der Somme-Offensive, die Schlacht ist noch in vollem Gange – kommt der knapp 80 Minuten lange Film The Battle of the Somme in die britischen Kinos." (S.32). Dieser Film wurde von den zeitgenössischen KinobesucherInnen als durch und durch authentischer, dokumentarischer Bericht der Ereignisse wahrgenommen, selbst wenn aus heutiger Perspektive nur wenige Szenen als tatsächliche Filmdokumente des Kriegsgeschehens angesehen werden können. Auch in den neutralen Ländern hinterließ der Film einen großen Eindruck. Dies gab den Anlass zur deutschen Antwort, die allerdings erst im Januar 1917 in die Kinos gelangte: Bei unseren Helden an der Somme. "Der Film schwankt unentschieden zwischen Pamphlet und 'Propaganda durch Fakten', richtet sich mal an die Zuschauer in den neutralen Ländern, mal an das heimische Publikum" (S.35). Jedenfalls ist der propagandistische Charakter viel offensichtlicher als in seinem britischen Pendant und auch die 'Authentizität' der Bilder wurde schon damals stärker angezweifelt. Goergen geht schließlich noch dem Fortleben der 'Wirklichkeitsbilder' dieser Schlacht, insbesondere aus The Battle of the Somme in späteren Dokumentarfilmen und Fernsehdokumentationen nach. Mit Darstellungsformen des Ersten Weltkriegs im Spielfilm der Zwischenkriegszeit beschäftigen sich die folgenden vier Beiträge des Sammelbands. Philipp Stiasny analysiert in sehr aufschlussreicher Weise "die vielfältigen Bemühungen, bereits im Stummfilm Formen für die Auseinandersetzung mit der Erfahrung des Weltkriegs auszuprobieren" (S.49). Formen, die aufgrund der Dominanz der frühen Tonfilme über den Ersten Weltkrieg, allen voran Im Westen nichts Neues, in Vergessenheit geraten sind. Für den deutschen Stummfilm zeigt sich, dass "die Zahl der ausgesprochenen Frontfilme im Bereich des Spielfilms vergleichsweise klein" (S.50) war. Die Verarbeitung der Kriegserfahrung manifestiert sich vielmehr auf einer subtileren thematischen, motivischen und formalen Ebene, wie Anton Kaes etwa in seiner Interpretation von Robert Wienes Das Cabinet des Dr. Caligari (1920) "als Versuch, die Traumatisierung eines Kriegsneurotikers [.] zu reflektieren" (S.52), bereits gezeigt hat. Thomas F. Schneider behandelt in seinem Beitrag zu All Quiet on the Western Front (1930) sowohl die ausgeklügelten Vermarktungsstrategien, als auch den Kampf um die erinnerungspolitische Hegemonie in einer politisch bereits hoch aufgeladenen Situation, die daraus resultierenden Eingriffe der Zensur sowie die Störaktionen der Nationalsozialisten bei Filmvorführungen in Deutschland. Statt nur einer weiteren Lektüre dieses ikonischen Films präsentiert der Beitrag einige neue Aspekte der Produktions-, Aufführungs- und Wirkungsgeschichte und nicht zuletzt sehr interessantes Bildmaterial zu zensierten Szenen. Corinna Müller geht dem besonderen Einschnitt, den der Übergang vom Stumm- zum Tonfilm für die Darstellung des Ersten Weltkriegs im Film bedeutete, unter dem Titel "Akustik des Krieges" nach. Sie stellt eine schlüssig argumentierte Verknüpfung her zwischen der völlig neuartigen akustischen Dimension der Weltkriegserfahrung der Soldaten in den Schützengräben – "ein einziges unentwirrbares Getöse" (S.91) – und der Möglichkeit des Tonfilms, die akustische Dimension 'realistisch' wiederzugeben. In Clément Pugets Beitrag zur Rolle des Ersten Weltkriegs im französischen Film der Zwischenkriegszeit sticht ein Regisseur besonders hervor, und zwar Abel Gance, der schon während des Kriegs begonnen hat, pazifistische Filme zu drehen und den das Thema 'Grande Guerre' bis 1940 nicht losgelassen hat. "Empört über das Verhalten der deutschen Armee, die in der Schlacht um Ypern am 22. April 1915 unter Verstoß gegen das Kriegsrecht erstmals Giftgas einsetzte, drehte Gance im Januar 1916 den Film Les Gaz mortels, ohne allerdings darin zu erwähnen, dass die französische Armee inzwischen ebenfalls Giftgas einsetzte." (S.119) Allgemein zeigt gerade das Medium Film, wie sehr sich ein radikaler Pazifismus in der französischen Öffentlichkeit der 1920er Jahre durchsetzen konnte. Einen weiteren Schwerpunkt des Bandes bilden vier Beiträge zur kulturellen und filmischen NS-Rezeption des Ersten Weltkriegs. Gerd Krumeich bietet eine sehr spannende Analyse der Instrumentalisierung und Umdeutung der Erinnerung an den Ersten Weltkrieg durch die Nationalsozialisten unter dem pointierten Titel "Wie die Nazis den Ersten Weltkrieg gewannen". Der Erste Weltkrieg, so Krumeich, wird nach wie vor in seiner Bedeutung für den Aufstieg der Nationalsozialisten in der historischen Forschung unterschätzt. "Zentral für die positive Rezeption des Nationalsozialismus war das immer wieder propagierte Bestreben, das Trauma des 'schandvoll' und 'durch Verrat' verlorenen Krieges zu tilgen." (S.132). Rainer Rother verfolgt nun diese Instrumentalisierung der Weltkriegserfahrung in die NS-Filmproduktion hinein. Er zeigt, dass sich die NS-Weltkriegsfilme, die zwischen 1933 und 1939 entstanden, in einem entscheidenden Punkt von nicht-pazifistischen Filmen der Weimarer Republik unterschieden: Der Erste Weltkrieg sollte nun aus der Perspektive der NS-"Revolution" von 1933 gedeutet werden und diente dazu, "die an die Macht gelangte Partei in einen größeren historischen Zusammenhang zu stellen" (S.148). In Leen Engelens Beitrag werden erstmals die politischen und diplomatischen Interventionen NS-Deutschlands gegen belgische Filme zum Ersten Weltkrieg kurz vor Beginn des Zweiten Weltkriegs historisch untersucht. Karl Prümm entwickelt eine höchst aufschlussreiche Analyse zur Mythologie des Frontkämpfers und zu deren Verarbeitung in NS-Kriegsfilmen. "Der Frontsoldat war aus allen militärischen Rangordnungen herausgehoben, wurde zur Projektionsfigur aller Kriegsteilnehmer und in dieser allumfassenden Neutralität schließlich zur Figuration des Krieges schlechthin." (S.180). Beispielhaft ist hier der Film Stosstrupp 1917 (1934), der als Replik der neuen Machthaber auf Pabsts Westfront 1918 zu verstehen ist: Trotz akustisch entfesselter Kriegsgewalt werden hier "Bilder der Unverwundbarkeit" (S.192) der überlebenden Frontsoldaten konstruiert. Die 'Gemeinschaft' der Frontsoldaten wird als große Familie stilisiert, in der alle für einander einstehen. Die drei Beiträge zur Darstellung des Ersten Weltkriegs in Fernsehdokumentationen von den 1960er Jahren bis in die Gegenwart bleiben ein wenig hinter den Erwartungen, die die vorangegangenen Beiträge geweckt haben, zurück. Etwas ratlos lässt einen Jerome Kuehls – durchaus humorvoller – Bericht über die Produktionsumstände der BBC-Fernsehserie The Great War zurück, da dieser sich gegen eine wissenschaftliche Lektüre zu sträuben scheint. Als Fazit bleibt, dass das meiste Bildmaterial dieser Dokumentation nicht authentisch war, sondern sich die Produzenten auch aus Quellen von vor 1914 oder nach 1918 bedienten, die zum Teil bewusst mit nicht den Bildern entsprechenden Texten unterlegt wurden. Mühl-Benninghaus' knapper Text zu deutschsprachigen Fernsehdokumentationen seit den 1990er Jahren geht über eine kursorische Behandlung der erwähnten Dokumentationen und eine sehr naheliegende Typologie des Umgangs "mit dem Problem des letztlich unsichtbaren Frontverlaufs" (S.212) nicht hinaus. Auch Sönke Neitzel, der eine genauere Analyse historischer Dokumentationen des ZDF vorlegt, stellt vor allem fest, dass der Erste Weltkrieg im Vergleich zur NS-Zeit nur eine untergeordnete Rolle im 'Geschichtsfernsehen' spielt und dass sich die Dokumentationen aufgrund des spärlichen filmischen Materials aus der Zeit und der kaum noch lebenden ZeitzeugInnen in diesen Punkten von den Geschichtsdokus zum Nationalsozialismus unterscheiden. Sehr lesenswert sind schließlich die beiden letzten Texte des Sammelbands, jener von Susanne Brandt über Filme der DEFA zum Ersten Weltkrieg und jener von Horst Tonn über die Darstellung des Ersten Weltkriegs im amerikanischen Spielfilm nach 1945. Insgesamt handelt es sich um einen sehr gelungenen und vielfältigen Überblick über die Filmbilder und -geschichten, Tonspuren und Mythologien zum Ersten Weltkrieg. Gerade die Einbeziehung von Texten, die sich weniger mit konkreten Filmen, sondern mit allgemeinen kulturellen Phänomenen in der Rezeption und Nachwirkung des Ersten Weltkriegs beschäftigen, ermöglicht eine profunde Kontextualisierung der filmhistorischen Erkenntnisse. So kann für den/die LeserIn sogar ein vielstimmiger Dialog zwischen den einzelnen Beiträgen entstehen. Um den Sammelband tatsächlich zu einem Handbuch der filmischen Rezeption des Ersten Weltkriegs zu machen, wünschte man sich freilich eine artikelübergreifende Filmographie und einen Index von Eigennamen und Filmtiteln – eine solch aufwändige Gestaltung des Anhangs scheint aber mit den verfügbaren Mitteln für Sammelbände leider oft nicht leistbar.