Die Arbeit analysiert die Wendung intent to destroy, in whole or in part, a national, ethnical, racial or religious group, as such aus Art. II der Völkermordkonvention. Die Untersuchung des Gruppenbegriffs kommt zu dem Ergebnis, dass die einzelnen Gruppentypen positiv und anhand möglichst objektiver Kriterien zu definieren sind. Zudem erfolgt eine Auseinandersetzung mit dem Teilgruppenbegriff mit dem Resultat, dass dieser die Feststellung der relativen Quantität des Gruppenteils in Bezug auf die Gruppe voraussetzt. Schließlich befasst die Arbeit sich mit der Definition des den Völkermord charakterisierenden »special intent«. Der Täter muss in Hinblick auf die Gruppenzerstörung mit zielgerichteter Absicht vorgehen und dabei wissen, dass es bei ungestörtem Geschehensverlauf zu einer tatsächlichen Existenzgefährdung der Gruppe kommt. Im Rahmen der Untersuchung der Wendung »as such« erfolgt eine gründliche Auseinandersetzung mit dem Motivbegriff. Der Ausdruck reichert die Zerstörungsabsicht im Ergebnis insoweit an, als der Täter die Gruppenvernichtung in Anbetracht ihrer inneren Zusammensetzung zielgerichtet verfolgt haben muss. / »The Legal Maning of the Phrase ›intent to destroy, in whole or in part, a national, ethnical, racial or religious group, as such‹ in Art. 2 of the Convention on the Prevention and Punishment of the Crime of Genocide« -- The thesis illustrates the current state of jurisdiction in regard to the legal interpretation of the concept of groups and subgroups protected by Art. II of the Convention on the Prevention and Punishment of Genocide. Further, it deals with the interpretation of the »special intent« to commit genocide, which raises the question whether the perpetrator's motive beyond the intent to destroy can be regarded as an element of this so called »crime of crimes«.
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Das Hauptproblem des Zeugen vom Hörensagen ist die zweifelhafte Zuverlässigkeit dieses Beweismittels für die Wahrheitsfindung. Die rechtsvergleichende Arbeit widmet sich der Frage, ob das US-amerikanische Strafprozessrecht durch die $ahearsay rule$z eine höhere Rechtssicherheit schafft, sodass auch für das deutsche Recht eine dezidierte gesetzliche Regelung wünschenswert sein könnte. Für beide Rechtsordnungen werden der Hörensagenbeweis und damit verknüpfte Fragestellungen umfassend dargestellt und analysiert. Im Gegensatz zum deutschen Recht, wo der Zeuge vom Hörensagen trotz aller mit ihm verbundenen Probleme kein unzulässiges Beweismittel ist, ist hearsay evidence im US-amerikanischen Recht von vornherein ausgeschlossen. Allerdings bereitet schon die Definition des hearsay große Schwierigkeiten. Zudem gibt es fast 30 gesetzlich normierte Ausnahmen, die faktisch zu einer Durchlöcherung der Regel führen. Im Ergebnis vermittelt die hearsay rule nur den Schein einer rechtssicheren Regelung. / »Hearsay Witness in German and U.S.-American Criminal Procedure Law« -- The main problem of hearsay witness is its dubious reliability for truth finding. The comparative law thesis is devoted to the question whether U.S.-American criminal procedural law creates greater legal certainty with the hearsay rule, so that a determined legal regulation would also be desirable for German law. Although hearsay evidence is generally inadmissible, the Federal Rules of Evidence contain almost 30 hearsay exceptions which in fact lead to a perforation of the supposedly strict rule
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Zwischen 1945 und 1949 fanden in Nürnberg 13 Strafprozesse statt, die sich mit den Verbrechen, die während der Zeit des »Dritten Reichs« begangen wurden, juristisch auseinandersetzten. Neben dem Hauptkriegsverbrecherprozess wurden zwölf Nachfolgeprozesse durchgeführt, in denen jeweils einzelne Berufseliten aufgrund ihrer Verstrickung in das NS-Regime angeklagt wurden. Der dritte der Nachfolgeprozesse war der »Juristenprozess«. Im Fokus der Verhandlungen stand unter anderem das vor den Sondergerichten und dem Volksgerichtshof gesprochene Justizunrecht, sowie die diskriminierende und rassistische Gesetzgebung. Einer der Angeklagten war der ehemalige Vorsitzende Richter am Sondergericht Nürnberg, Oswald Rothaug. Die Arbeit untersucht, welche Argumente Rothaugs Verteidiger Josef Kößl gegen die ihn erhobenen Vorwürfe – unter anderem die Begehung von Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit – vorbrachte. Letztlich wurde eine lebenslange Freiheitsstrafe aber nicht verhindert. / »Criminal Defence Strategies during the Nuremberg Justice Trial Using the Example of the Defendant Oswald Rothaug« -- 13 war crimes trials took place in Nuremberg, after World War II. One of those became famous as »Justice Trial«. This trial dealt among others with the inhuman jurisdiction of the German »People's Court« and the special courts. The book investigates the arguments the defence lawyer Josef Kößl raised to defend Oswald Rothaug against the accusations of war crimes and crimes against humanity. Nevertheless, Rothaug was found gulty and sentenced to lifelong imprisonment.
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In: International review for the sociology of sport: irss ; a quarterly edited on behalf of the International Sociology of Sport Association (ISSA), Band 24, Heft 3, S. 266-268
In dem Beitrag werden einige generelle Beobachtungen über Devianz und Repression in einem Land (Holland) dargestellt, in dem die bisherige Forschung eine wirkliche Synthese nicht zuläßt. Die Schlußfolgerungen am Ende werden deshalb als provisorisch betrachtet. Die Daten sind den Archivstudien des Autors und einiger anderer Wissenschaftler entnommen. Das Umfeld für die holländischen Studien wird durch die generellen Fragen, die in der Literatur über die Geschichte der Kriminalität und Repression in verschiedenen europäischen Ländern gestellt werden, gegeben. Begonnen wird mit einer kurzen Diskussion der Kriminalität. Das Hauptanliegen aber sind das Strafrecht und die Arten der Repression, insbesondere die Inhaftierung. Im letzten Teil werden einige Bemerkungen über den Beitrag historischer Studien zum Verständnis zeitgenössischer Probleme auf diesem Gebiet gemacht, die speziell auf das Drogenproblem bezogen werden. (KWübers.)
Im Völkerstrafrecht herrscht ein individualistisches Narrativ vor. Systemunrecht wird allein auf das Verhalten von Individuen zurückgeführt. Es handelt sich hierbei um eine nützliche Fiktion, durch die eine normative Konfliktverarbeitung ermöglicht werden soll. Sie setzt auf die Isolierung des einzelnen Täters und damit - wie beim "normalen" Strafrecht - auf die individuelle Zurechnung der Taten. Unberücksichtigt bleibt bei dieser Vereinzelungstechnik, dass der Völkerstraftäter innerhalb eines kollektiven Aktionszusammenhangs konform handelt. Es drängt sich die Frage auf, welche Auswirkungen diese kollektive Dimension auf die Schuld des Einzelnen hat. Die individuelle Zurechnung erscheint zu reduktionistisch, um kollektives Unrecht aufzuarbeiten. Wie aber lässt sich vermeiden, dass der Einzelne zum Sündenbock für Taten wird, die ohne den kollektiven Hintergrund überhaupt nicht denkbar sind? Dies ist auch eine Frage der Verteilungsgerechtigkeit.In international criminal law, an individualistic narrative prevails. System injustice is attributed solely to the behavior of individuals. This is a useful fiction through which normative conflict management is to be made possible. It relies on the isolation of the individual perpetrator and thus - as in "normal" criminal law - on the individual attribution of the acts. What remains unconsidered in this technique of isolation is that the international offender acts in conformity within a collective context of action. The question arises as to what effect this collective dimension has on the guilt of the individual. Individual imputation seems too reductionist to address collective injustice. But how can we avoid the individual becoming a scapegoat for deeds that would be inconceivable without the collective background in the first place? This is also a question of distributive justice
Die Ausgestaltung der im Jahr 2017 in Kraft getretenen Straftatbestände bietet viel Angriffsfläche. Legislative Ungereimtheiten werden strukturiert analysiert, ergänzt um konkrete Verbesserungsvorschläge des Gesetzeswortlauts; zugleich wird die Auslegung de lege lata dargelegt. Dies gilt etwa für Bestimmtheitsprobleme des Sportbegriffs, überflüssige Tatbestandsmerkmale (z.B. "wettbewerbswidrige Weise" i.R.d. § 265d StGB) und der Darlegung, weswegen das Wettsetzungserfordernis bei § 265c StGB ein subjektives Tatbestandsmerkmal ist. Ein Teil der seitens der Literatur geäußerten Kritik schießt indes über das Ziel hinaus: Der Autor zeigt insofern vermeintliche Wertungswidersprüche auf und verdeutlicht die gesetzgeberische Intention, etwa im Hinblick auf das Schutzzweckkonzept, den persönlichen Anwendungsbereich bei § 265c StGB und die Strafbarkeitsbeschränkung auf Manipulationen "zugunsten des Wettbewerbsgegners".
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Die Themen Blockchain-Technologie, Kryptowährungen und Token gewinnen zunehmend an Bedeutung. Dabei rücken neben den technischen Rahmenbedingungen die rechtliche, bilanzielle und steuerliche Behandlung der einzelnen Kryptowährungen sowie der unterschiedlichen Arten von Token zunehmend in den Fokus. Gleichwohl steht die rechtliche Durchdringung von Kryptowerten noch am Anfang. Hier setzt das vorliegende Handbuch an, das alle wichtigen Themen aus diesem Bereich systematisch und didaktisch sinnvoll aufarbeitet. Es bietet dem Anwender die Möglichkeit, sich rasch in diese neuen Gebiete einzuarbeiten. Das Handbuch stellt zunächst die ökonomischen und technischen Grundlagen von Kryptowährungen und Token dar und befasst sich dann vertieft mit deren inländischen zivil-, aufsichts-, bilanz- und steuerrechtlichen Implikationen. Neben der Seite des Emittenten wird jeweils auch die Perspektive des Inhabers von Kryptowährungen und Token beleuchtet. Ausführungen zum Wettbewerbs-, Datenschutz-, Geldwäsche- und Strafrecht sowie internationale Perspektiven (Zusammenfassung der parallelen Entwicklung in anderen Jurisdiktionen wie Österreich, Luxemburg und Liechtenstein) runden die Darstellung ab.
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G. W. F. Hegel: Grundlinien der Philosophie des Rechts 2., bearbeitete Auflage 2005. XI, 312 S., 3 schwarz-weiße Abbildungen ISBN 978-3-05-004164-3 Klassiker Auslegen, Bd. 9 Hegels 'Grundlinien der Philosophie des Rechts' von 1820 sind seit ihrem Erscheinen Gegenstand heftiger Kontroversen. Gehört das Werk der Restauration oder dem Frühkonstitutionalismus an? Muss man Hegels liberale Tendenzen zwischen den Zeilen eines für die Zensur getarnten Werkes lesen? Oder sind seine Erben die linken und rechten Totalitarismen des vergangenen Jahrhunderts? Neuerdings interessieren aber auch wieder die systematischen Beiträge des Werkes zu den Themen Person und Handlung, Freiheit und Kausalität, Recht und Ethik, zum Strafrecht und zum Völkerrecht oder zum Verhältnis von Markt, Sozialstaat und politischer Kultur (Kommunitarismusdebatte). Einen vollständigen Kommentar zu Hegels Rechtsphilosophie gibt es bislang nicht. Die Beiträge dieses Bandes verbinden die Auslegung aller wichtigen Textabschnitte mit einer Auswahl unterschiedlicher Deutungs-Perspektiven der internationalen Hegel-Forschung.
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Angesichts der Auswirkungen der Covid-19-Pandemie stellt sich für alle, die für die Aufrechterhaltung des Justizbetriebes – und damit einer der elementaren Säulen einer rechtsstaatlichen und demokratischen Ordnung – verantwortlich sind, die Frage, welche Funktionen und in welchem Umfang diese bereit gestellt werden können. Aus europäischer (und internationaler) Sicht betrachtet ist dabei die Gewährung der justiziellen Zusammenarbeit im Bereich der Zivil- und Handelssachen und des Strafrechts von besonderem Interesse. Die Covid-19-Pandemie hatte, und hat teilweise immer noch, eine weitgehende Einschränkung des öffentlichen Lebens und derWirtschaft zur Folge, und auch eine Konzentration der öffentlichen Hand auf die Sicherstellung der essenziellen Bedürfnisse der Bevölkerung. Dies und der notwendige Schutz der Bediensteten vor Ansteckung und Erkrankung hat zwangsläufig auch im Bereich der Justiz dazu geführt, dass europaweit Gerichte, Staatsanwaltschaften und sonstige Justizbehörden bis hin zu den Ministerien nicht die sonst übliche Arbeitsmenge bewältigen können. Folge ist, dass die Erledigung von transnationalen justiziellen Ersuchen ins Stocken gerät, und zwar auch durch Staaten, bei denen nicht ohnehin schon im normalen Geschäftsbetrieb mit einer Erledigung nur mit mehreren Monaten Verzögerung zu rechnen ist.
Der Rechtphilosoph Günther Jakobs prägte erstmals im Jahr 1985 den Begriff "Feindstrafrecht" in Bezug auf die Neigung der deutschen Gesetzgebung zur "Kriminalisierung im Vorfeld einer Rechtsgutverletzung". Jakobs spricht in diesem Zusammenhang von "Bekämpfungsgesetzen", die zu einer "Bekämpfungsgesetzgebung" führen könnten. Eine kritische Reaktion unter den deutschen Juristen erfolgte allerdings erst nach dem Vortrag von Jakobs auf der Berliner Tagung im Jahre 1999. Dieser sog. zweiten Phase folgte die dritte Phase beginnend mit Jakobs' Aufsatz "Feindstrafrecht und Bürgerstrafrecht" aus dem Jahre 2003, der sich durch dessen Versuch, das Feindstrafrecht mit Hilfe von philosophischen Erkenntnissen der Aufklärung zu untermauern, auszeichnet. Jakobs vergleicht hierbei Individuen im Naturzustand mit solchen, die sich durch ihr Verhalten dauerhaft vom Rechtsstaat abgewandt hätten. Um die Anerkennung des Feinds als Unperson zu konstruieren, greift Jakobs auf Kant zurück – die Unsicherheit, die ein Individuum im Naturzustand verbreite, berechtige dazu, dieses Individuum wie einen Feind zu behandeln und vom Bürger zu unterscheiden. Jakobs' Bezug auf die Philosophie der Aufklärung findet die Ablehnung der Mehrheit der Wissenschaftler. Die Strafe hat bei Jakobs das Ziel der Gefahrenbeseitigung und nicht das eines zukünftigen straffreien Verhaltens des Delinquenten. Das Recht des Bürgers auf Sicherheit legitimiere die Strafe. Der Feind, der keine kognitiven Mindestgarantien bietet, störe die Vertrauensbeziehungen zwischen den Bürgern. Somit gefährde schon allein die Anwesenheit eines Feindes die Freiheit aller Gesellschaftsmitglieder, der Feind werde zu einer Bedrohung für die Rechtsordnung. Wie Jakobs' Kritiker finden, habe das Konzept des Feinds als Unperson seinen Ursprung nicht in der Staatstheorie, sondern im politischen Denken von Carl Schmitt, und ein Feindbegriff dieser Art sollte niemals Teil eines liberalen Strafrechts sein. Jeder Straftäter habe einen unverzichtbaren Anspruch darauf, nicht als Unperson oder Feind behandelt zu werden. Weitere Kritikpunkte waren, dass Jakobs' Ideen autoritären Regimen als theoretische Rechtfertigung dienen könnten, ferner seine gewagte Wortwahl und hierbei insbesondere die Unterscheidung zwischen Bürgern (Personen) und Feinden (Un-Personen), die Assoziationen mit der deutschen Vergangenheit hervorrufe. Trotz der starken Ablehnung der Idee eines Feindstrafrechts war eine kontinuierliche Diskussion entstanden, die sich nach den terroristischen Anschlägen vom 11. September auf die USA noch intensivierte. Mit der Internierung von echten oder vermeintlichen Mitgliedern von "al-Qaida" in Guantánamo wurden Zwangsmaßnahmen eingeführt, die weder dem Strafrecht noch dem Kriegsrecht angehören. Trotz aller Kritik an dem Begriff und dem Konzept des Jakob'schen Feindstrafrechts führten die kriminalpolitischen Entwicklungen der letzten Jahre in Deutschland zu der Einsicht, dass die von Jakobs genannten, typischen Merkmale des Feindstrafrechts tatsächlich in der positiven Rechtsordnung zu finden seien und auch unter dem Begriff Risikostrafrecht diskutiert würden. Die Herausforderungen für die modernen Gesellschaften (z.B. Öffnung der Märkte) hätten zu einer Instrumentalisierung des Strafrechts geführt, um bestimmte kriminelle Erscheinungsformen (im Bereich der Wirtschaft, des internationalen Handels, des Datenmissbrauchs, des Handels mit Waffen, Drogen, menschlichen Organen oder mit Menschen) effizient bekämpfen zu können. Insgesamt überwiegt die Forderung, der Rechtsstaat müsse vor illegitimen Praktiken bewahrt werden, und es bestehen Befürchtungen, beispielsweise von Kai Ambos und Cornelius Prittwitz, hinsichtlich der eventuell negativen Konsequenzen von Jakobs' Ideen in Lateinamerika. Diese fanden in Lateinamerika rege Aufnahme. Einen Höhepunkt erreichte das Studium des Feindstrafrechtskonzepts in Lateinamerika nach der Übersetzung des Textes "Feindstrafrecht und Bürgerstrafrecht" von Jakobs, der zusammen mit einer Kritik von Cancio Meliá am Feindstrafrecht veröffentlicht wurde. Der Einfluss des deutschen Strafrechts wurde nicht erst durch Jakobs begründet. Vielmehr existierte er schon zu Beginn des 20. Jahrhunderts und basiert auf einer Vielzahl deutscher philosophischer und rechtswissenschaftlicher Strömungen und Theorien. In dieser Tradition steht u.a. Welzel, der von einer engen Verbindung zwischen Spanien und Deutschland sprach. Eine besondere Rolle als Rezeptor spielte Jiménez de Asúa, der Schüler von v. Liszt gewesen war. Auf diese Verbindung lässt sich die lange Zeit geltende kausalistische Orientierung lateinamerikanischen Strafrechtsdenkens zurückführen, die dann überwiegend im Anschluss an die Übersetzungen von Welzels Systemdenken durch die finalistische Dogmatik abgelöst wurde. Der Finalismus dürfte darüber hinaus die Rezeption von Jakobs und Roxin in Latein-amerika gefördert haben. Einen weiteren Beitrag zur Rezeption leisteten auch die zahlreichen detaillierten Veröffentlichungen in Lehrbüchern in spanischer Sprache. Wesentliche Unterschiede zwischen Roxin und Jakobs betreffen das Strafziel: Bei Roxins Strafrechtsansatz stehen der Rechtsgüterschutz und eine Ausrichtung an der Kriminalpolitik im Mittelpunkt, bei Jakobs die Normgeltung und die daraus resultierende Stabilität der Gesellschaft. Roxin betont die positive Generalprävention und die Möglichkeit der Resozialisierung. Für Jakobs hat ebenfalls die positive Generalpräventation Bedeutung, er versteht darunter allerdings, in deutlicher Abgrenzung zu Roxin, die Normanerkennung zum Schutz der gesellschaftlichen Interaktion. Die große Verbreitung des deutschen Strafrechts im spanischsprachigen Raum spricht dafür, dass Jakobs' Feindstrafrecht auch in Lateinamerika verstanden und diskutiert werden kann. Die Mehrheit der lateinamerikanischen Autoren bestätigt die Existenz der von Jakobs beschriebenen Normen in allen Rechtsordnungen der westlichen Welt. Bezüglich des Feindstrafrechts als konzeptionellen Entwurfs mit der Trennung in Bürger- und Feindstrafrecht dominiert die Ablehnung, insbesondere gegen den nicht verfassungsgemäßen Ausschluss von Personen. Auch wird Jakobs insofern fehlende Klarheit vorgeworfen, als er für die Identifizierung eines Individuums als Feind bzw. Unperson keine Charakteristiken angebe. Das lege eine Einstufung des Feindstrafrechts als Täterstrafrecht nahe, für das es in einem Rechtsstaat keinen Raum geben sollte. Seine bis heute unklare Definition des Feindes dürfte zu einer Unsicherheit in der Interpretation seiner Aussagen auch in Lateinamerika und zu einer unzureichenden Differenzierung zwischen dem Konzept und der Beschreibung des Feindstrafrechts geführt haben. Diese beiden werden bisweilen austauschbar eingesetzt. Es wird zudem festgestellt, dass das Feindstrafrecht von Jakobs den tatsächlichen Gegebenheiten in Lateinamerika nur bedingt gerecht werde. Es herrsche in der lateinamerikanischen Praxis ein Zustand vor, der das Feindstrafrecht im Sinne von Jakobs als beschreibenden Begriff weit übersteige und in Lateinamerika anderen Themen Priorität verleihe als das Studium des Feindstrafrechts. Kritisiert wird, dass es in Lateinamerika z.B. nie rechtsstaatliche Strukturen gegeben habe, die ein Feindstrafrecht beschränken könnten. Der Staat habe in vielen Ländern Lateinamerikas die Versorgung der Bürger mit den grundlegendsten Gütern eingestellt und stattdessen die Strafgewalt beträchtlich ausgeweitet; diese Praxis sei jedoch nie als Feindstrafrecht bezeichnet worden. Deswegen wird wiederholt auf die notwendige Suche nach einer Strafrechtstheorie aufmerksam gemacht, die den Verhältnissen in Lateinamerika angepasst werden könne.