Während in den meisten Publikationen zum Judentum die religiösen Traditionen dargestellt werden, gibt Lowenstein, Professor für jüdische Geschichte in Kalifornien, eine Überblick über die jüdischen Volkstraditionen in der ganzen Welt. Er verfolgt die Herausbildung der regionalen Kulturen, insbesondere eigener jüdischer Sprachen, Namen, religiöser Bräuche, der Küche, Kleidung und Musik. Dabei arbeitet er die Unterschiede wie auch die gemeinsamen Wurzeln heraus und macht gleichzeitig auf die verschiedenartigen Einflüsse der nicht jüdischen Umwelt aufmerksam. Die Vielfalt jüdischen Lebens ist heute jedoch großen Veränderungen unterworfen, da die Mehrzahl der Juden kaum noch religiöse Traditionen pflegt und es durch die Verschiebung der jüdischen Zentren nach Israel und die USA zur Aufgabe bzw. Vermischung regionaler Bräuche gekommen ist. Ein anschauliches, für den interessierten Laien geschriebenes, wissenschaftlich fundiertes Buch mit zahlreichen Abbildungen, Karten und Tabellen sowie einer Bibliographie der wichtigsten weiterführenden Literatur. (2) (Larissa Dämmig)
In "Jüdisch - Nicht-Jüdische Begegnungen vor Gericht um 1900" vertritt die Autorin, Katharina Hahn, die These, dass es angesichts einer neuen Qualität von Mobilität und Migration im Kontext des signifikanten Bevölkerungswachstums um die Jahrhundertwende in Wien zu einer Zunahme interethnischer und interreligiöser sowie schichtübergreifender Kontakte kam. Anhand von drei Strafakten wird die These belegt, dass, trotz eines von modernem Antisemitismus geprägten gesellschaftlichen Klimas, angesichts alltäglicher Interaktionen und Notwendigkeiten religiöse und ethnische Zugehörigkeitskategorien in den Hintergrund treten. Es zeichnet sich ein Bild, das die vielfältigen Verflechtungen und Entanglements jüdischer Lebenswelten sichtbar macht und zugleich auf die Brüchigkeit binärer Konzeptionen von Osten und Westen im Sinne des Assimilierungsparadigmas, privat und öffentlich sowie männlicher Mobilität und weiblicher Immobilität verweist. Als die interpretierende Analyse leitende Konzepte fungieren dabei das der In-Difference, geprägt durch Rogers Brubaker und Tara Zahra, sowie das der Conviviality nach Paul Gilroy. Im Sinne des (Jewish) Spatial Turns wird nach den konkreten Räumen gefragt, in denen sich von In-Difference geleitete Interaktionen vollziehen. Der Wiener Prater wird dabei als Heterotopie nach Michel Foucault und als liminoider Raum nach Victor Turner gedeutet. Insbesondere gerät aber der private Wohn- und Nahbereich in den Fokus, einerseits über (jüdisch-)bürgerliche Haushalte und ihre Angestellten, andererseits über eine an Marc Augés Nicht-Orten orientierte Analyse der Wohnverhältnisse urbaner Unterschichten. Im Zuge der Kontextualisierung der Quellen wird auf biopolitische Überlegungen mit Rekurs auf Zygmunt Bauman, Giorgio Agamben und Roberto Esposito, weibliche Mobilität- und Erwerbsarbeit, die Geschichte der Prostitution sowie sexuelle Gewalt an Minderjährigen eingegangen. ; In "Jewish - Non-Jewish Encounters under Court Investigation around 1900" the author, Katharina Hahn, argues that due to a new quality of mobility and migration in light of the significant population growth in Fin de Siècle-Vienna inter-ethnic and inter-religious contacts as well as such crossing social boundaries increased. Drawing her arguments from three criminal court protocols, she argues that in spite of modern antisemitism, due to quotidian interactions and necessities, religious and ethnic identity markers lost their relevance. She draws a picture that reflects the various entanglements of Jewish life in a non-Jewish society, thereby challenging the dichotomies linked to the assimilation paradigm, the separation of privat and public sphere as well as male mobility and female immobility. The analytical approach is guided by the concept of In-difference developed by Rogers Brubaker and Tara Zahra as well as Paul Gilroys concept of Concivuality. In spirit of the (Jewish) Spatial Turn, the thesis explores spaces in which encounters guided by in-difference occur, thus interpreting the Wiener Prater as heterotopia according to Michel Foucault and characterizing it as liminoid sphere according to Victor Tuner. With a special emphasis on private living space and the close range surrounding it, she subsequently analyzes (Jewish) bourgeois households and the maids employed there as well as the cramped housing conditions of the urban precariat, interpreting the latter as non-lieus according to Marc Augé. The different sources are contextualized and discussed along biopolitical lines as theorized on by Zygmunt Bauman, Giorgio Agamben and Roberto Esposito, female mobility and labor, the history of prostitution and sexualized violence against minors respectively. ; Arbeit an der Bibliothek noch nicht eingelangt - Daten nicht geprüft ; Abweichender Titel laut Übersetzung des Verfassers/der Verfasserin ; Karl-Franzens-Universität Graz, Diplomarbeit, 2021 ; (VLID)6499188
Das Buch führt in das Jüdische Recht insgesamt und seine Entwicklung in den verschiedenen Strömungen des Judentums ein, gibt einen Überblick über Brautwerbung, Verlobung, Details der Eheschließung, Eheverbote und Scheidungsregeln. Im Staat Israel ist das jüdische Familienrecht bis heute für die Regelung von Eheschließung und Scheidung zwischen Juden relevant. Das Buch richtet sich insbesondere an Rabbiner in der Gemeindepraxis, an Experten des kanonischen und kirchlichen Rechts und an Juristen, die sich mit vergleichendem Familienrecht beschäftigen. Auch Theologen und Judaisten lesen das Buch mit Gewinn.
Der Autor versucht, "die Analyse der Probleme und Muster der Homogenität und Heterogenität in zeitgenössischen jüdischen Gemeinden im allgemeinen und der Probleme jüdische Identität im besonderen" darzulegen. Rückblickend zeigt sich, daß Vielfalt und Heterogenität ein grundlegender Teil jüdischer Geschichte ist. Sie ist gleichzeitig Teil "der Wirklichkeit des Exillebens". Was den Gemeinden jedoch gemeinsam war, war die "Halacha", das Gesetz. Es bildete den "gemeinsamen, bindenden, gesellschaftlich-kulturellen Rahmen", der nicht nur das Volk zusammenhielt, sondern auch "das Fortbestehen der kulturellen jüdischen Identität sicherte". Heute findet sich eine neue Art von Pluralität und Heterogenität im gesellschaftlich-kulturellen Leben der jüdischen Gemeinschaften. Es herrscht auch innerhalb der Gemeinden eine große kulturelle Heterogenität, in der sich die Identifizierung mit dem Judentum ausdrückt. In der Diaspora führen die meisten kein "rein" jüdisches Leben mehr. Man versucht vielmehr, Elemente der Identität neu zu strukturieren. Sodann setzte nach dem zweiten Weltkrieg eine politische Aktivierung und der Erwerb eines politischen Bewußtseins ein, dessen Höhepunkt die Gründung des Staates Israel war. Dieser neue Staat wurde auf der einen Seite zu einem Symbol und Zentrum jüdischer Identität. Andererseits aber war er nicht alleiniges Zentrum, auf das sich der schöpferische Impuls konzentrierte. Hierin liegt auch das Wesen des jüdischen Problems mit den modernen Gesellschaften und der jeweils geeigneten Lösung dieses Problems der Gemeinden in der Diaspora (Integration und Abstimmung der jüdischen Komponente). (HM)
Verlagsinfo: Eine Jüdische Geschichte zu schreiben, bedeutet stets auch eine Geschichte des Antijudaismus und des Antisemitismus zu schreiben. Doch würde man dem jüdischen Volk nicht gerecht, wenn man seine Historie nur im Lichte antijüdischer Ressentiments und Pogrome sehen wollte, die sich von der Antike über das Mittelalter bis in die Neuzeit verfolgen lassen und schliesslich in Rassenwahn und Völkermord der Naziverbrecher enden. Man darf das Grauen nicht die Blüten der reichen Kultur, des Geisteslebens und der religiösen Strebungen der Juden verdunkeln lassen. Diesem Anliegen wird Kurt Schubert in seiner gut lesbaren Darstellung der wichtigsten Stationen und Entwicklungslinien der jüdischen Ereignis- und Geistesgeschichte von den Tagen Davids bis zur Gegenwart gerecht