Die äußere Gestalt der Kirche stammt aus einer Zeit, in der die Bevölkerung fast geschlossen zu einer der Landeskirchen gehörte. Dies ist längst vorbei. Religiösität nimmt zwar zu, wird aber immer mehr zur Privatsache. Die Öffentlichkeit entfernt sich in ihren Grundsätzen zunehmend von dem, was als christlich gilt. Dies stellt die Kirche vor die Frage, ob sie noch sagen darf, was für ihre Mitglieder im Gegensatz zu den Nichtchristen zu gelten hat. Nach der Meinung des Verfassers muß die Kirche radikal ansetzen, sie muß nach ihren eigenen Wurzeln, ihren Anfängen, zurückfragen. Die Rückfrage zeigt, daß die Kirche in ihrer Anfangszeit voll von Kraft und einer wahrhaft weltbewegenden Dynamik war. Dieser Gestaltwandel ist dringend notwendig, damit die ihre ihrem Auftrag gerecht werden kann.
ZusammenfassungMenschen- und Bürgerrechte als Katalog, System, Bestandteil von Verfassungen sind zunächst außerhalb der christlichen Kirchen entstanden. Vor allem in Europa stießen sie lange Zeit auf den Widerstand der katholischen Kirche. Erst gegen Ende des 19. Jahrhunderts begann ein langsamer Prozess der Annäherung, der nach dem Zweiten Weltkrieg seinen Höhepunkt in der Erklärung des Zweiten Vatikanischen Konzils über die Religionsfreiheit erreichte. Die Menschenrechte erreichten in dieser Zeit die Kirche, sie wurden auch theologisch integriert. Wie weit sie künftig auch im Innern der Kirche – als Christenrechte – Wirkungen entfalten, ist freilich gegenwärtig noch offen.AbstractHuman and civil rights as catalogue, system, constituent part of constitutions have emerged outside of the Christian churches. Particularly in Europe, they met for a long time with stiff resistance from the Catholic Church. Only towards the end of the 19th century did a slow process of rapprochement begin which culminated in the Second Vatican Council's Declaration on Religious Freedom. It was at this time that human rights had reached the Church, which also integrated them theologically. To what degree human rights will have an effect inside the Church in the future – as Christian rights – remains an open question however.
Die Formel "Kirche im Sozialismus" markiert einen Standort jenseits von Opportunismus und Opposition. Das verschafft den Menschen in der evangelischen Kirche der DDR einen relativen Freiraum für synodale Diskussions- und Entscheidungsprozesse und eine gewisse gesellschaftskritische Relevanz, soweit die grundsätzliche Systemakzeptanz nicht in Frage gestellt wird und der religiöse Auftrag der Kirche betroffen ist. (WI)
Der Verfasser geht davon aus, dass die beiden großen christlichen Kirchen und die unzähligen Organisationen in ihrem Umfeld zweifellos zum Kreis der einflussreichen und erfolgreichen Akteure in der bundesdeutschen Politik zählen. Als mitgliederstarke, finanzkräftige, sozial- und arbeitsmarktpolitisch relevante und mit einem vorteilhaften rechtlichen Status und zahlreichen weiteren Privilegien versehene gesellschaftliche Organisationen beteiligen sich die Kirchen intensiv an der politischen Willensbildung. Was den Umfang und die Reichweite ihrer politischen Aktivitäten anbelangt, so existieren wohl nur wenige politische Fragen, zu denen sich die Kirchen nicht schon einmal geäußert hätten. Ihre Zugangs- und Einflusschancen beruhen nicht zuletzt darauf, dass nach wie vor ein großer Teil der politischen Elite Mitglied in einer der beiden Kirchen ist. Der Autor stellt fest, dass das politikwissenschaftliche Wissen über die Kirchen in der Bundesrepublik begrenzt ist. Die Kirchen zählten und zählen nicht zu den etablierten Forschungsgegenständen der deutschen Politikwissenschaft. Das gilt auch für die Verbandsforschung. Dieses Forschungsdefizit lässt sich nicht nur darauf zurückführen, dass es sich bei den Kirchen um komplexe Gegenstände handelt und dass sie auf dem Hintergrund des säkularisierungstheoretischen Hintergrundkonsenses des Faches vom unvermeidlichen Niedergang der Religion in der Moderne keine zukunftsträchtigen Forschungsgegenstände abgaben. Umstritten ist vielmehr auch, ob die Kirchen überhaupt zu den Interessenverbänden gerechnet werden können. Eingangs wird ein Bild von den Kirchen als gesellschaftlichen Akteuren gezeichnet und der Frage nachgegangen, welche 'Interessen' sie im politischen Prozess geltend machen. Im Anschluss an die Diskussion dieser Fragen werden die Organisationsstrukturen der Kirchen als politische Akteure dargestellt. Vor diesem Hintergrund werden die Ressourcen, Strategien und Instrumente kirchlicher Einflussnahme diskutiert. (ICG2)