Kritischer Rückblick auf die emphatische Gewerkschaftstheorie
In: Zur Entwicklungsdynamik des modernen Kapitalismus: Beiträge zur Gesellschaftstheorie, Industriesoziologie und Gewerkschaftsforschung ; Symposium für Gerhard Brandt, S. 125-149
In dem Beitrag wird ein Typ von gewerkschaftszentrierter Forschung analysiert, der in den 60er und 70er Jahren einen Höhepunkt an Produktivität und Rezeptionsbereitschaft erlebte: Arbeiten zur Gewerkschaftspolitik und zum Arbeiterbewußtsein, die entweder einem Produktionsmodell oder einem Subsumtionsmodell der Marx-Rezeption folgten. In diesen Gewerkschaftsstudien des Frankfurter Instituts für Sozialforschung wird eine auf politische Veränderungen gerichtete engagierte, emphatische Forschung gesehen, die ihre wichtigsten Impulse aus der Frage nach den Bedingungen von Gewerkschaftstransformation erhält. Vor dem Hintergrund eines anderen Theorietypus, der Theorie rationaler Wahlhandlungen und einer Logik kollektiven Handelns wird erörtert, daß Ausgangshypothesen, Analysekategorien und Interpretationen der empirischen Daten durch eine Reihe politisch-normativer Prämissen präjudiziert werden. Darüber hinaus wird herausgearbeitet, daß die Studien das gewerkschaftliche Wirkungsfeld in einer problematischen Kombination von Akteuransatz und einem quasi deterministischen Umweltkonzept analysieren. Diese theoretische und methodologische, auf den Forschungsprozeß sich einlassende Kritik gibt den Anstoß, vor dem Hintergrund aktueller Theoriedebatten an einem gesellschaftstheoretisch fundierten Konzept der Gewerkschaften in kapitalistischen Gesellschaften weiterzuarbeiten. (KW)