In der gesetzlichen Krankenversicherung erfolgt - neben der eigentlichen Versicherung gegen Krankheit - über die Ausgestaltung der Beitragserhebung eine familien- und verteilungspolitisch motivierte Einkommensumverteilung. Ist eine Krankenversicherung der richtige Ort für solch eine Umverteilung? Wie groß ist ihr Ausmaß? Welche anderen Möglichkeiten der Beitragserhebung gibt es?
Die Ausgabendämpfungspolitik der letzten zwanzig Jahre hat die Ursachen der Kostenexplosion nicht tangiert, daher ist der Beitragssatz in der Gesetzlichen Krankenversicherung weiterhin kontinuierlich angestiegen. Als letztendliche Gründe für die Ausgabendynamik und zukünftige Herausforderungen an die GKV schälen sich der demographische Wandel und der medizinische Fortschritt heraus. In Berechnungen wird dargelegt, daß der Beitragssatz in der GKV aufgrund der doppelten Altersdynamik im Jahre 2030 bei gleichen Versorgungsansprüchen deutlich über 20% liegen wird. Weiter zeigt sich: Durch den Fortschritt werden die Möglichkeiten der Medizin ständig erweitert. Diese Explosion des Machbaren geht mit Ausgabensteigerungen einher. Der medizinische Fortschritt löst eine Fortschritts-Ausgaben-Spirale aus: Er verlängert die (Rest-) Lebenserwartung der Menschen und erhöht damit die Aufwendungen im Gesundheitswesen, da die Krankheitskosten mit zunehmendem Alter progressiv anwachsen. Permanent werden neue medizinische Wohltaten entwickelt, deren Finanzierbarkeit allerdings an Grenzen stößt. Die Rationierung medizinischer Leistungen ist unausweichlich, soll die GKV bezahlbar bleiben.
Im März 2010 wurde in den USA eine Gesundheitsreform verabschiedet. Der wesentliche Teil dieser Reform ist die Einführung einer allgemeinen Krankenversicherungspflicht verbunden mit großzügigen staatlichen Beitragszuschüssen. Bei der Finanzierung der Gesundheitsausgaben findet ein Wechsel von einem Pauschalbeitrag hin zu einem einkommensabhängigen Beitrag für Wohlhabende statt. Dies geht mit merklichen Umverteilungswirkungen zugunsten der Bezieher niedriger Einkommen einher. Nach CBO-Berechnungen wird die Reform in den kommenden zehn Jahren insgesamt 940 Milliarden US-Dollar kosten und die Anzahl der Nichtversicherten um 31 Millionen Personen reduzieren. Mit der Verabschiedung des Gesetzes ist der politische Streit um die Krankenversicherung in den USA nicht verstummt. Vielmehr wird sich nach den Präsidentschaftswahlen im Herbst 2012 zeigen, welche Teile der Reform Bestand haben werden.
Bisher stand bei den Reformen der gesetzlichen Krankenversicherung die Finanzierungsseite im Vordergrund, nun will sich die Bundesregierung auf die Leistungsseite konzentrieren. Wie kann mehr Wettbewerb im Gesundheitswesen etabliert werden? Welche Erfahrungen wurden damit im Ausland gemacht? Welche Rolle sollen zukünftig die Kassenärztlichen Vereinigungen spielen? Was bedeutet mehr Wettbewerb im Gesundheitswesen für die gesetzlichen Krankenkassen?
Zu den drängendsten Aufgaben der Gesundheitspolitik gehört eine durchgreifende Finanzierungsreform der Gesetzlichen Krankenversicherung. Welche Möglichkeiten einer nachhaltigen Finanzierung des Gesundheitswesens sind in der Diskussion?
In der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) müssen einige Versicherte einen geringeren, andere einen höheren als den versicherungstechnisch äquivalenten Beitrag entrichten. Die dadurch bewirkte Umverteilung wird in der Sozialpolitik als sozialer Ausgleich bezeichnet. Der Beitrag entwickelt ein Konzept zur Messung des sozialen Ausgleich und quantifiziert die Umverteilungswirkungen der Beitragsgestaltung in der GKV für das Jahr 1990. Dabei wird der Ausgleich von Leistungsrisiken über die Versicherten nicht als Umverteilung, sondern als Ausdruck eines umfassenden Versicherungsschutzes verstanden. Dieser ist auch im langfristigen privaten Krankenversicherungsverhältnis zu beobachten. Die dann verbleibenden Umverteilungswirkungen sind im Hinblick auf sozialpolitische Zielsetzungen sehr ineffizient. Der soziale Ausgleich erhöht teilweise die Einkommensarmut von Haushalten mit niedrigem Äquivalenzeinkommen und behandelt diese uneinhetlich. Gleichzeitig kommt es zu Begünstigungen für manche Haushalte mit einem überdurchschnittlichen Einkommen. Der Einkommensausgleichsanteil als Bestandteil des Krankenversicherungsbeitrages ist zudem mit Blick auf das verfassungsrechtliche Gebot der Belastungsgleichheit problematisch.Die Lösung der genannten Probleme könnte darin bestehen, bei der Bemessung der Beiträge zur GKV auf den Einkommensausgleich zu verzichten. Umverteilungsziele müßten in diesem Fall verstärkt über das Steuer-Transfer-System verfolgt werden.
Beim GV handelt es sich um einen zwischen Ärzten und KVtr abgeschlossenen Normenvertrag zur Verwirklichung des durch den Gesetzgeber im ASVG an die KVtr gerichteten Versorgungsauftrags.Er stellt das gesetzgeberische Ideal zur Durchsetzung des durch die Sozialversicherung begründeten öffentlich-rechtlichen Leistungsanspruchs der Versicherten auf die durch die KVtr zu gewährleistende Sachleistungsvorsorge dar.Obzwar der GV als privatrechtliche Rechtsquelle durch den überwiegenden Teil der Lehre als Normenvertrag angesehen wird, löst die Festlegung der Rechtsnatur des GV einerseits einen Diskurs über eine zweiseitig zwingende Wirkung des GV und andererseits über das etwaige Merkmal seiner einseitig korporativen Natur, mit der ÄK als Korporation, aus.Im Zuge der Kategorisierung des GV als Normenvertrag ist dessen Vereinbarkeit mit der österreichischen Bundesverfassung zu prüfen, zudem ist dessen Bindung an die Grundrechte und das Unionsrecht zu erörtern.Da die Regelung der Beendigung des GV der Disposition der Abschlussparteien überlassen bleibt, stehen den Parteien grundsätzlich sämtliche Möglichkeiten zur Lösung eines Dauerschuldverhältnisses offen. In der Lehre bestehen allerdings verschiedene Ansichten über die Zulässigkeit befristeter GV sowie über die Rechtsfolgen der unzulässigen Teilkündigung eines wesentlichen Bestandteils des GV.Bei den wesentlichen Bestandteilen des GV handelt es sich um einen gesetzlich relativ ungenau vorgegebenen Mindestinhalt, der sich nach der hL aus dem Vertragsarztsystem, dem Zulassungssystem, der Honorierung der Ärzte durch die KVtr, der Regelung der Honorarhöhe sowie der Regelung der grundsätzlichen Arztpflichten zusammensetzt.Ziel dieser Arbeit ist es, das rechtliche "Konstrukt" des GV näher zu beleuchten, indem dessen Rechtsnatur, die Abschlussparteien, die Beendigung sowie der Mindestinhalt eingehend dargestellt und analysiert werden. ; The general contract or state health insurance fund contract is a normative contract for the realization of the provision of health services, which has been assigned by the legislator to the health insurance institutions as a public service task in the Law on general health insurance. It governs the relationship between the physicians and the health insurance institutions and constitutes the legislative ideal for the implementation of the public-law entitlement on part of those insured under compulsory insurance to the provision of health care services by the health insurance institutions.Although the general contract, as a source of private law, is regarded as a normative contract by the predominant part of legal scholars, the establishment of the legal nature of the general contract has triggered a discourse on the one hand on its mandatory binding effect on both, the parties to the general contract and the individual physicians, and, on the other hand on the possible feature of its one-sided corporative nature, the Medical Chamber constituting a corporation.In the course of the establishment of the general contract as a normative contract, its compliance with the Austrian Federal Constitution needs to be examined, and its conformity with fundamental rights and the law of the European Union must be discussed.Since the regulation to terminate the general contract is left to the disposition of the parties concluding the contract, in principle, all the possibilities to terminate a continuing obligation are open to the parties. However, different opinions exist among legal scholars on the admissibility of general contracts with a time limit as well as on the legal consequences of an undue partial termination of an essential component of the general contract.The essential components of the general contract consist in a minimum content which is however not defined exactly by law and which encompasses the system of panel physicians, the licensing system, the remuneration of the physicians by the health insurance institutions, the regulation of the fees as well as the regulation of the basic duties of the physicians.The aim of this thesis is to examine the legal "construct" of the general contract in more detail. Thus the legal nature, the concluding parties, the termination and the minimum content of the general contract are described and analysed in depth. ; von Nicolas Salamun ; Abweichender Titel laut Übersetzung des Verfassers/der Verfasserin ; Karl-Franzens-Universität Graz, Diplomarbeit, 2017 ; (VLID)1880836
Obgleich lange Zeit tabuisiert, finden derzeit im wissenschaftlichen und politischen Bereich vielfältige Diskussionen um eine Anpassung des Leistungskataloges der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) an die gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Veränderungen statt. Unbeschadet noch vorhandener beachtlicher Rationalisierungspotenziale dürften infolge der strukturellen Wachstumsschwäche der Finanzierungsbasis die Beitragseinnahmen bei Wahrung der Beitragssatzstabilität künftig kaum ausreichen, um die ausgabenseitigen Herausforderungen zu bewältigen. Es kann, um eine Verschärfung der impliziten Rationierung zu vermeiden, nicht um das Ob, sondern nur um das Wie von Reformen der GKV gehen. ; Even though it has been a taboo for a long time, at the moment manifold discussions in the social and political arena address the issue of adapting the benefits catalogue of Social Health Insurance (SHI) to social and economic changes. Irrespective of the still existing considerable rationalization potential the receipts from contributions – if the contribution rate is to remain constant – will hardly be sufficient to master the challenges caused by the expenditure side due to the structurally weak growth of the financing basis. In order to prevent an aggravation of the implicit rationing the crucial point to consider is the "how" – and not the "if" – of SHI reforms.
Seit Sommer dieses Jahres sind die Eckpunkte der Gesundheitsreform 2006 bekannt. Für Markus Lüngen, Andreas Gerber, Universität zu Köln, und Karl W. Lauterbach, MdB, ist das Modell des Gesundheitsfonds, das im Mittelpunkt der Maßnahmen steht, kein »Erfolgsmodell«. Die möglichen positiven Folgen des Fonds ließen sich, ihrer Meinung nach, auch ohne den Fonds erzielen, und zwar mit »geringerem Bürokratieaufwand, Aufrechterhaltung der Solidarität und besserem Wettbewerbsrahmen«. Auch Klaus Jacobs, Wissenschaftliches Institut der AOK, Bonn, steht dem Reformmodell kritisch gegenüber. Vor allem bei dem Umbau der Finanzierungsstrukturen sieht er erhebliche Defizite: »Stabil, nachhaltig, gerecht und wettbewerbstauglich sollte die Finanzierung werden und zudem den Faktor Arbeit entlasten.« Dies werde durch den eingeschlagenen Lösungsweg nicht erreicht. Vielmehr wird ». nicht nur kein einziges Finanzierungsproblem gelöst, sondern neue Probleme geschaffen«. Nach Ansicht von Jochen Pimpertz, Institut der deutschen Wirtschaft, Köln, haben die Gesundheitspolitiker das Entscheidende vergessen: »Wettbewerb führt nur dann zu mehr Effizienz, wenn den Versicherten nicht nur Wahlmöglichkeiten eröffnet werden, sondern wenn sie auch die finanzielle Verantwortung für ihre Entscheidung tragen. Doch um diese Konsequenz drückt sich das politische Berlin seit Jahr und Tag …«.
Klaus-Dirk Henke, TU Berlin und Wolfram Richter, TU Dortmund, identifizieren in ihrem Kommentar gravierende Ordnungsdefizite beim Wettbewerb im deutschen Gesundheitswesen. Sie gehen solchen Defiziten im Bereich der GKV nach und benennen konkrete Mängel, die von der Politik behoben werden sollten.
In der sich vollziehenden Transformation des Systems zur Absicherung von Krankheitsrisiken in der Bundesrepublik bleibt eine Institution weitgehend ausgeklammert: der Medizinische Dienst der Krankenversicherung (MDK). Dieser Dienst hat die Funktion einer unabhängigen Begutachtungs- und Beratungsinstitution der Gesetzlichen Krankenversicherung und der sozialen Pflegeversicherung. Seine Auftraggeber sind die einzelnen Kranken- und Pflegekassen. Deren Wettbewerb berührt auf vielfältige und widersprüchliche Weise die Aufgaben, die Arbeitsweise, die Beziehungen zu den Krankenkassen, zu den Versicherten, zu den medizinischen Dienstleistern und auch die Unabhängigkeit des MDK. Es werden die sich derzeit vollziehenden widersprüchlichen Entwicklungen im Verhältnis von Krankenversicherung, Krankenkassen und MDK im Gefolge des Wettbewerbs der einzelnen Kassen untereinander diskutiert. Im Ergebnis wird die Auffassung vertreten, dass der MDK als Institution der Krankenversicherung solange unverzichtbar sein wird, wie eine sozial undiskriminierte, nach Maßgabe sozialer Lebenslagen und regionaler Bedingungen allgemein zugängliche und am individuellen Bedarf orientierte Versorgung für alle Bürger unabhängig von Geschlecht, Alter, Einkommen und ethnischer Zugehörigkeit als politisches Ziel hinreichend zum Konsens geführt werden kann. Vor allem diese Ziele machen eine unabhängige Institution notwendig, die (a) in den Sachfragen der medizinischen Versorgung individueller Patienten und (b) in den Fragen der Gestaltung von effektiven, d. h. an Zielen orientierten Versorgungsstrukturen und -prozessen professionell sozialmedizinisch und gesundheitswissenschaftlich und vor allem interessenunabhängig expertisefähig ist. Im Interesse der Mitglieder und der Versicherten müssen die Relationen zwischen den Aufgaben in der medizinischen Begutachtung bzw. Beratung einzelner Leistungsfälle und in der sozialmedizinischen Beratung der heranwachsenden und übergreifenden systembezogenen Problemstellungen für die Versicherten neu bestimmt werden. Die wichtigsten Gründe hierfür ergeben sich aus den Veränderungen der Eigentumsformen und der Eigentümerbeziehungen sowie den nachfolgenden sich neu etablierenden Interessengeflechten im Gesundheitssystem. Hierzu bedarf es der Weiterentwicklung eines rechtlichen Ordnungsrahmens, der den MDK in seiner unabhängigen, wettbewerbsneutralen und überregionalen Arbeitsfähigkeit stärkt und ihn als eine Institution der Mitglieder der Krankenversicherung schärfer profiliert und normiert. ; In the ongoing transformation of Germany's health insurance system one institution seems to have been widely neglected: The Medical Review Board of the Statutory Health Insurance Funds (Medizinischer Dienst der Krankenversicherung, MDK) which is jointly run by all in-surance funds, including long-term care insurance providers. The Board functions as an independent assessment and consulting agency for the insurance funds. Competition between these funds influences in various - and sometimes contradictory ways - the MDK, not only in terms of the focus and procedures of the work done by the MDK, but also in terms of how the MDK relates to the various players (the funds themselves, those insured, and medical service providers). The author argues that the MDK as an institution is indispensable as long as a political con-sensus for universal coverage exists. Such coverage necessitates an independent institution of this sort in order to assess (a) issues related to the care of individual patients and (b) questions regarding the goals and effectiveness of care measures, more generally. In the interest of the insured, the relationship between assessments at the level of patient care and those at the structural level should be newly defined. Such a redefinition is necessitated particularly by the changes in ownership structures for the funds and the associated new con-stellations of vested interest. A legal framework needs to be developed to strengthen the MDK's independent, competition-neutral and cross-regional role, resulting in a clearer profile as an institution working on be-half of the insured.
In der Fachwelt und in der Politik scheint ein Konsens darüber zu herrschen, dass neue Pflegemodelle das Potenzial haben, die Qualität und die Effizienz der Gesundheitsversorgung zu verbessern. Die rechtliche Umsetzung orientiert sich an den Prinzipien des Krankenversicherungsrechts. Diese müssen allerdings auch im Lichte übergeordneter, verfassungsrechtlicher Vorgaben diskutiert werden.
Die künftige Finanzierbarkeit der gesetzlichen Krankenversicherung wird öffentlich in Frage gestellt. Im ersten Teil wird gezeigt, dass die Beitragssatzsteigerung der letzten Jahrzehnte nicht auf die Ausgaben-, sondern auf die Einnahmeseite zurückgeführt werden müssen. Wäre die Lohnquote seit 1980 nicht gesunken, wäre der heutige Beitragssatz auf dem Niveau von 1980. Neuerdings lösen langfristige Hochrechungen bis 2040 oder 2050 die Furcht aus, die GKV ließe sich künftig nicht mehr finanzieren. Dabei stehen vor allem drei Faktoren im Vordergrund: eine sogenannte Anspruchsinflation, der demographische Wandel bzw. die 'Alterung' der Bevölkerung und der medizinisch-technische Fortschritt. Es wird argumentiert, dass generell Hochrechnungen dieser Langfristigkeit keine Aussagen zulassen, mit denen gegenwärtige Politik legitimiert werden könnte und konkret die Berechnungen der besagten Faktoren den Ausgabenanstieg z. T. weit überschätzen. Eine verteuernde Eigenschaft der medizinischen Versorgung ist allerdings ihr hoher Anteil an personenbezogenen Dienstleistungen, da deren Produktivität nicht oder nur unterdurchschnittlich gesteigert werden kann. Obwohl sich die ausgabensteigernden Faktoren weit weniger dramatisch zeigen, als es die meisten der vorliegenden Hochrechnungen behaupten, ist es unwahrscheinlich, dass auf der gegebenen Finanzierungsbasis (Summe der beitragspflichtigen Lohn- und Sozialeinkommen) eine leistungsfähige GKV ohne Beitragssatzerhöhungen nicht gewährleistet werden kann. Allerdings gibt es keinen empirisch belegten und theoretisch nachvollziehbaren Grund, von einer prinzipiellen Nichtfinanzierbarkeit auszugehen. Legt man die Wirtschaftskraft der Gesellschaft (BIP) zugrunde, dann ist mittel- und langfristig eine nur leicht ansteigende GKV-Quote realistisch. Das Anstiegsniveau - so wird belegt - hat eine Größenordnung, von der keine makroökonomischen Gefährdungen ausgehen können. Vorausgesetzt ist allerdings, dass die staatliche Gesundheitspolitik zum einen den notwendigen Spielraum schafft, andererseits aber auch mit dem Instrument der Budgetierung dafür sorgt, daß der Faktor Machtpreisbildung unter Kontrolle bleibt. Der ebenfalls notwendige Strukturwandel muß - unter anderem - durch ein in sich strukturiertes Budget befördert werden. Gleiche Steigerungsraten für alle Ausgabenbereiche der GKV müssen zu gesundheitspolitisch unerwünschten Angebotsverzerrungen führen.
Bislang hat nur jeder siebte Indonesier eine Krankenversicherung, meist noch ohne vollständige Deckung bei schweren Krankheiten. Über 80 Prozent der Bevölkerung sind auf die medizinische Grundversorgung in staatlichen Gesundheitszentren angewiesen, die in der Regel nur bei leichten Erkrankungen helfen können. Seit dem Amtsantritt von Präsidentin Megawati hat sich der politische Wille der Regierung, eine soziale Krankenversicherung für die gesamte Bevölkerung aufzubauen, konkretisiert. Ein Gesetzentwurf liegt seit kurzem vor.
Für die Bearbeitung des Themas "Soziale Selbstverwaltung in der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV): Ökonomische und soziale Handlungsperspektiven für Versicherte und Arbeitnehmer" hat die Hans-Böckler-Stiftung (HBS) der Universität der Bundeswehr München Fördermittel zur Verfügung gestellt. Motiv für das Vorhaben war eine Neubetonung der Gesundheitspolitik als versicherten- und arbeitnehmerbezogenes Profilierungs- und Handlungsfeld sowie eine Neupositionierung der Arbeitnehmer-Selbstverwaltung im Vorfeld der Sozialwahlen 2011. Maßgeblich für das Gelingen des Projekts war aber insbesondere die spontane Bereitschaft von insgesamt 57 ehrenamtlichen Arbeitnehmer-Selbstverwalterinnen und Selbstverwaltern aller Kassenarten im Rahmen einer umfangreichen qualitativen Befragung Rede und Antwort zu stehen. Drei projektbegleitende Workshops rundeten die empirischen Erhebungen ab. Das durchgängig hohe Maß an Motivation, Zuversicht und Engagement der Befragten und Workshop-Teilnehmer, denen hier für ihre Unterstützung und wertvollen Hinweise besonders gedankt sei, eröffnet trotz aller formeller und informeller Einschränkungen und Hürden eine optimistische Sicht auf Bestand, Weiterentwicklung und Zukunft der sozialen Selbstverwaltung in der GKV.