Lebensarbeitszeit: eine qualitative Fallstudie am Beispiel der Raiffeisenbanken
Die vorliegende Dissertation beruht auf einer Auftragsforschung für Raiffeisen Schweiz, geht aber in ihren wissenschaftlichen Erkenntnisinteressen und Grundlagen über diese Nachfrage hinaus und sucht den Anschluss an die hier relevanten Diskussionen und Forschungen im sozialwissenschaftlichen Feld. Die Leitung der Raiffeisen Gruppe diskutiert seit einigen Jahren, wie sie dem demographischen Wandel in der Schweiz und dessen Konsequenzen für ihre Belegschaft Rechnung tragen kann: Definiertes Ziel ist unter anderem, dass ältere Mitarbeitende länger beschäftigt werden und einen höheren Anteil am gesamten Personal stellen sollten. Es galt, die subjektiven Einstellungen der älteren Mitarbeitenden zu ihrer beruflichen Zukunft im Unternehmen zu erfassen. Allerdings situiert sich die Fragestellung an der Schnittstelle verschiedener gesellschaftlicher, politischer und wirtschaftlicher Einflüsse. Die meisten aktuellen theoretischen Konzepte lassen als Antwort ein klares Bild der älteren Arbeitnehmenden entstehen: Sie sollen dem Wohlfahrtsstaat nicht zur Last fallen und dank anhaltender Arbeitsmarktfähigkeit helfen, die Sozialwerke im Gleichgewicht zu halten. Zeitgleich argumentieren globalisierte Schweizer Unternehmen, dass sie nur dank einer Mobilisierung aller Ressourcen, insbesondere jener der älteren Arbeitnehmenden, die Wettbewerbsfähigkeit künftig sicherstellen können. Denn Experten gehen sogar dann noch davon aus, dass den meisten industrialisierten, europäischen Ländern in den kommenden Jahren nicht genügend gut qualifizierte Arbeitskräfte zur Verfügung stehen werden. Die Raiffeisen Gruppe sieht in der wachsenden Präsenz älterer und daher erfahrener Mitarbeitender aber nicht nur eine demographische Realität, sondern auch ein grosses Potential und somit einen wichtigen Wettbewerbsvorteil. Das Unternehmen will sich älteren Mitarbeitenden deshalb als attraktiver Arbeitgeber präsentieren. Der Trend zur frühen Verrentung soll umgekehrt werden und die Finanzierbarkeit von Rentensystemen in einer Gesellschaft, die vom Phänomen der Überalterung betroffen ist, gewährleistet werden. Diese aufgezeigten Veränderungen scheinen die meisten Unternehmen in der Schweiz wie auch in der industrialisierten Welt insgesamt vor grosse Herausforderungen zu stellen.