Keine andere Kunst nahm Roger Willemsen so persönlich wie die Musik: Sie war von früh an Komplizin, als es darum ging, das Leben zu verdichten. Willemsens Liebeserklärungen an den Jazz, seine Verbeugungen vor den klassischen Komponisten, seine scharfe Verteidigung der künstlerischen Existenz zeugen von seinem tiefen Verständnis für die Musiker und ihre Themen. Seine Texte "über Musik" sind aber weit mehr als das: Sie sind Ausdruck eines Lebens "entlang jener Linie, an der man Dinge macht, die aus Freude bestehen oder aus Aufregung, aber nie aus Gleichgültigkeit"
Die Piraten wehen wie eine frische Brise durch die politische Landschaft in Deutschland. Dabei machen sie den Volksparteien reihenweise Wähler abspenstig – entsprechend nervös reagieren die etablierten Kräfte auf den neuen und rasend schnell wachsenden Machtfaktor. Als sie gegründet wurden, waren die Piraten noch eine reine Nerd-Partei, verbunden durch die Angst vor dem Eingriff des Staates in ihr Lebensbiotop – das Internet. Mit dieser Agenda sprechen sie die Ansprüche einer ganzen Generation an, aber noch viel mehr: inzwischen sind die Piraten auch zur Stimme der Protest- und Wutwähler geworden, denen es kaum oder gar nicht um die Forderungen der Partei geht. Wie politisch ist ihr Engagement also? Gerne erklären die Piraten, dass sie auf viele Fragen keine Antworten wissen. Ihr Parteiprogramm formuliert kein gesellschaftliches Ziel, sondern ein Plädoyer für ein Lebensgefühl. Marie Katharina Wagner beobachtet und begleitet die Piraten seit Jahren. Mit ihrer fundierten Analyse geht sie der plötzlichen Piraten-Begeisterung auf den Grund und wagt eine Prognose, wohin der Hype die Partei und Deutschland führen könnte
Themen: Lebenszufriedenheit; Zukunftszuversicht; Wichtigkeit ausgewählter Lebensbereiche (Kinder, gutes Verhältnis zu den Eltern, sicherer Arbeitsplatz, interessanter Beruf, Freizeit, Freunde, Partner, viel Geld verdienen, Welt kennen lernen, gute Bildung, gute Wohnsituation, Ehrenamt, beruflicher Aufstieg, Beteiligung am öffentlichen Leben im Wohnort, Schutz vor Kriminalität); Zufriedenheit mit ausgewählten Lebensbereichen (Wohnsituation, berufliche Situation, finanzielle Situation, persönlicher Lebensstandard, Kontakten zu Nachbarn, Freunden, Bekannten und Arbeitskollegen, Familie bzw. Partnerschaft, medizinische Versorgung, Möglichkeiten politischer Partizipation, soziales Sicherungsnetz in Deutschland, Politik von Bundesregierung und Landesregierung, Kommunalpolitik, Demokratie in Deutschland, Schutz vor Kriminalität).
Einstellungen zur eigenen Region: Vor- und Nachteile des eigenen Wohnorts (offen); Ehrenamtliches Engagement; Bereich des ehrenamtlichen Engagements (offen); Umzugsabsicht; allgemeine Überlegungen oder konkrete Umzugspläne; Wohndauer am aktuellen Wohnort; Entwicklung der eigenen Region; Ortsverbundenheit (Heimatgefühl); wirtschaftliche Zukunftsaussichten der eigenen Region; Versorgung der Region in verschiedenen Bereichen (Kinderbetreuung und Schulen, Polizeidienststellen, Einkaufsmöglichkeiten, Angebote für Jugendliche und Ältere, medizinische Versorgung, Apotheken, öffentliche Verkehrsmittel, Freizeiteinrichtungen, Straßenzustand, kulturelles Angebot, Arbeitsplatzangebot, schnelle Internetverbindung, Dienstleistungsangebot, bezahlbare Wohnungen, Verkehrsanbindung, Banken, Geldautomaten, Post- und Paketannahmestellen, Betreuungs- und Pflegeangebote für Ältere); Zukunftsaussichten für die Versorgung des Landkreises in den vorgenannten Bereichen; Beurteilung der Lebensverhältnisse in der eigenen Region im Vergleich zu anderen Landkreisen in Land und Bund;; persönliche Sorgen (mögliche Arbeitslosigkeit, Lebensstandard nicht halten oder erreichen können, kein berufliches Vorankommen, Einsamkeit im Alter, Gesundheit, Belastungen des Alltags nicht standhalten können); Sorgen im Hinblick auf die Entwicklung in Deutschland (steigende Staatsverschuldung, Politik kann Probleme Deutschlands nicht lösen, steigende Arbeitslosigkeit, befristete Arbeitsverhältnisse werden zur Regel, zunehmende Kriminalität und Gewalt, immer mehr Flüchtlinge in Deutschland, unzureichende Absicherung bei Krankheit, Arbeitslosigkeit und im Alter, steigende Energiekosten, Leben auf Kosten der nachfolgenden Generationen); persönliche Erwartungen an den Staat (umfassende Absicherung der Bürger gegen Risiken vs. Rahmenbedingungen schaffen für Absicherung durch die Bürger selbst); Staat sollte auch in Zukunft für gleichwertige Lebensverhältnisse in allen Regionen Deutschlands sorgen; Meinung zu Ausgleichszahlungen für schwächere Regionen; Bereiche, in denen der Staat mehr für die Region tun müsste (öffentlicher Nahverkehr, Straßenausbau und Straßeninstandsetzung, Ansiedlung von Landärzten, schnelles Internet, etc.); ausreichendes Engagement des Staates im Hinblick auf zukünftige Herausforderungen in der Region.
Demographie: Geschlecht; Alter; Erwerbstätigkeit; berufliche Stellung; Haushaltsgröße; Anzahl der Personen im Haushalt ab 18 Jahren; Anzahl der schulpflichtigen Kinder im Haushalt; Bildungsabschluss; Selbsteinstufung der Schichtzugehörigkeit; Parteisympathie; Haushaltsnettoeinkommen.
Trotz Rundum-Teilhabe per Social Media hat sowohl die digitale wie auch die hergebrachte, analoge Einsamkeit Konjunktur. Dorner, bekannt durch das Tagebuch seiner Multiplen Sklerose ("Mein Dämon ist ein Stubenhocker", BA 6/08), redet an gegen Klischees, Defizitsicht und Tabuisierung der Einsamkeit, aber auch ihre Verklärung. Auf Grundlage eigener Erfahrungen als "Teilzeit-Einsamer" liefert er fast schon eine Systematik der Einsamkeit: berufliche Einsamkeit; Einsamkeit und Macht, Konsum, Medien; Einsamkeit und Beziehungen, Liebe und Sex; Einsamkeit und Glauben ... Der Mix aus Biografie, Alltagsphilosophie und Hintersinn ergänzt die handfeste Ratgeberliteratur
In dem Beitrag wird ein Handzettel der Autonomen, der 1988 in Szenekneipen zu finden war, mit dem Verfahren der objektiven Hermeneutik analysiert, um die dahinterstehende soziale Realität zu explizieren. Die Analyse kommt zu dem Ergebnis, daß die Kriterien: diffuser Erlebnishorizont, anonymer Gruppenzusammenhang, autoritäre Disposition, massive Feindbild und leibnahes Handeln den Lebenszusammenhang dieser Personen ausmachen. Die deutlich werdende Gewaltrhetorik dient vor allem kommunikativen Zwecken. Der Autor stellt die Hypothese auf, daß einzig Gewalt und Gewaltrhetorik bei den vorliegenden individuellen und Gruppenstrukturen bzw. Strukturen der Milieus, in denen sich RAF, Autonome und revolutionäre Zellen reproduzieren, die sozialintegrative Funktion wahrnehmen kann und daß auf absehbare Zeit funktionale Äquivalente hierfür nicht zur Verfügung stehen. (IM)
Über Voltaires "Lächeln der Vernunft", geschäftstüchtige Zahnärzte und Napoleons Zahnbürste: Der Londoner Historiker Colin Jones untersucht aus gesellschafts-, mentalitäts- und vor allem medizingeschichtlicher Perspektive, wie sich im Paris des 18. Jh. das "weisse Lächeln" vorübergehend durchsetzte. Rezension: Deutsche Ausgabe (englische Originalausgabe 2014) dieses Buchs eines ausgewiesenen Kenners der Geschichte Frankreichs (hier zuletzt 1995). Jones wagt den Versuch, einen vordergründig banalen, schwer greifbaren Forschungsgegenstand unter die geschichtswissenschaftliche Lupe zu nehmen und es lässt sich resümieren, dass ihm dieser Versuch - trotz schwieriger Quellenlage und -interpretation - weitgehend gelungen ist. Auch wenn man Jones' These von einer "Revolution" des Lächelns nicht unbedingt folgen mag - seine Darstellung erhellt viele Aspekte der sozialen, politischen und kulturellen Geschichte dieser Epoche und zeigt die Komplexität kulturgeschichtlicher Themen auf. So stehen Kapitel über die beginnende Professionalisierung der Zahnmedizin neben solchen über Aufklärung und Empfindsamkeit (Voltaire, Rousseau). Das Buch richtet sich vorrangig an ein kultur- und alltagsgeschichtlich interessiertes breiteres Publikum. Der Band enthält viele Abbildungen, einen Anmerkungsapparat mit Quellen- und Literaturhinweisen sowie ein nützliches Sach- und Personenregister. (3)