Lebensstile als typische Struktur von im Alltagsleben sichtbaren Verhaltensweisen haben einen expressiven Charakter, implizieren somit eine Stilisierung und gehen mit einer Symbolisierung der Verhaltensweisen einher. Lebensstilmodelle können daher als Ergänzung zu Klassen- oder Schichtmodellen begriffen werden. Lebensstile weisen vielfältige Raumbezüge auf. Beispielsweise lassen sich sozialräumliche Segregation, Suburbanisierung und Gentrifizierung gewinnbringend lebensstilspezifisch analysieren und interpretieren.
"Der Beitrag untersucht soziale Segregation und durch Wanderungen induzierte soziale Transformationsprozesse in ausgewählten Quartieren der Stadtregion Köln. Dafür werden die Bestimmungsgrößen der Wohnstandortwahl privater Haushalte empirisch analysiert. Besonderes Augenmerk liegt auf der Bedeutung von Lebensstilen. Insgesamt erweisen sich Variablen der Lebenslage wie Alter, Haushaltstyp, Geschlecht und Schulbildung als dominierende Erklärungsgrößen der Standortwahl. Eine bedeutende Rolle spielen auch subjektive Standortpräferenzen sowie die Verfügbarkeit über Verkehrsmittel. Der Lebensstil spielt eine eher untergeordnete, gleichwohl signifikante Rolle. Insbesondere das untersuchte Innenstadtquartier Köln-Nippes unterscheidet sich in der Bevölkerungsstruktur besonders markant von allen anderen Gebieten. Dieses Quartier zeichnet sich auch durch sehr spezifische Lebensstilkonstellationen aus, die die Attraktivität der Gründerzeitviertel für außerhäusliche, hedonistische und selbstverwirklichungsorientierte Lebensstile unterstreichen. Der selektive Zuzug von Bevölkerungsgruppen reproduziert nicht nur bestehende sozialräumliche Ungleichheiten zwischen den Quartieren, sondern verstärkt diese Ungleichheiten noch. Aus den Ergebnissen werden einige Schlussfolgerungen für die planerisch-politische Beeinflussung von Wohnstandortentscheidungen durch gezielte Standortinformation gezogen." (Autorenreferat)
Vor dem Hintergrund von sozialem Wandel und Wählerwandel analysiert der Verfasser charakteristische Lebenshaltungen und Einstellungen in neun verschiedenen Lebensstil-Gruppierungen in der Bundesrepublik der achtziger Jahre. Darunter befinden sich klassische, milieugeprägte Lebensstile mit traditionellen Wertorientierungen und einheitlichen Parteibindungen, aber auch neue, entfaltungsorientierte Lebensstile, die eine nur geringe Parteibindung aufweisen, sowie Gruppen, die sich weder sozialstrukturell noch von der Wertorientierung her deutlich abgrenzen und daher eine uneinheitliche Parteibindung haben. Die Analyse ihres Wahlverhaltens am Beispiel der Bundestagswahl 1987 zeigt, wie unterschiedlich die Entscheidungsprozesse und die Motive der Wahlentscheidung in verschiedenen Bevölkerungsgruppen heute sind. (ICE2)
Der Autor beschäftigt sich in seinem Beitrag mit Konzepten und theoretischen Möglichkeiten, die den Wandel von Lebensstilen verdeutlichen. Allerdings werden einige Ausschnitte und allgemeine Tendenzen jüngeren sozialen Wandels in der alten Bundesrepublik mit einbezogen, da sie "einzelne Lebensstile und die Struktur der Lebensstile insgesamt sehr wahrscheinlich beeinflußt haben". Eingehend wird der Begriff "Lebensstil" differenziert, um die Bedeutung des Wandels von Lebensstil und die Bedingungen seiner Modernisierung zu analysieren. Neue Lebensstile und Stilpioniere werden vorgestellt, um abschließend die empirische Exploration jüngeren Wandels von Freizeitstilen und Zeitverwendung auszuwerten. (psz)
In: Veröffentlichungen der Abteilung Sozialstruktur und Sozialberichterstattung des Forschungsschwerpunktes Sozialer Wandel, Institutionen und Vermittlungsprozesse des Wissenschaftszentrums Berlin für Sozialforschung 97-403
"Lebensstile bezeichnen persönliche Arrangements, die die Bereiche Arbeit, Familie, Freizeit, Kultur und Lebensorientierung umspannen. Sie sind damit u.a. in den Kontext der Familiensoziologie gestellt. Die lebhafte Diskussion über Lebensstile ist in den letzten Jahren deutlich abgeflacht. In den Jahren zuvor sind in der Bundesrepublik Deutschland eine ganze Reihe von Beiträgen zur Bedeutung, Konzeptionalisierung und Operationalisierung von Lebensstilen erschienen (Zapf 1987. Hradil 1987, Lüdtke 1989, Müller 1992, Schulze 1992, Vester u.a. 1993, Klocke 1993, Spellerberg 1996, Georg 1998, Hartmann 1999). Die deutsche Wiedervereinigung hat zudem 'alte' und regionale soziale Ungleichheiten wieder stärker in das Bewusstsein gehoben, und das Lebensstilthema gilt vielen Kolleginnen und Kollegen als ein überholtes westdeutsches 'gute-Zeiten-Paradigma'. Nun sollten sozialwissenschaftliche Kategorien und Konzepte nicht nach Themenkonjunkturen bemessen, sondern anhand ihrer Tauglichkeit in der Theoriegewinnung und insbesondere in der empirischen Forschung bewertet werden. Und hier zeigt das Lebensstilkonzept eine beeindruckende Erklärungskraft, die in vielen Fällen klar über die traditionellen Schicht-, Berufsgruppen- und Klassenmodelle hinausreicht (Otte 1997, Schneider/ Spellerberg 1999). Warum also auf ein bewährtes Instrument in der Sozialforschung verzichten? Lebensstile werden oftmals mit modernen, gut ausgebildeten jungen Menschen (vorzugsweise Singles) identifiziert, was wie steht es um die Lebensstile im Familienkontext? In welchem Umfang variieren die Lebensstilmuster der Menschen mit der Familienform? Wie unterschiedlich sind Lebensstile in Familien verteilt, und gehen diese mit unterschiedlichen subjektiven Befindlichkeiten, Wertorientierungen und sozialen Beziehungen einher? Gehen einige Lebensstilforscher von einem einheitlichen Lebensstil 'des Haushalts', also aller Haushaltsmitglieder aus (Zapf 1987), so verfolgen andere Forscher das Konzept rein auf Individualebene (Müller 1992), womit implizit unterschiedlich gelebte Lebensstile in der Familie möglich sind. Ausgehend von der Familie als sozialem Netzwerk, lautet eine der zentralen Fragestellung sowohl der engeren Lebensstilforschung als auch der Familiensoziologie, inwieweit praktizieren bzw. präferieren Familienmitglieder ähnliche oder differierende Stile der Lebensführung. Im ersten Abschnitt wird das Lebensstilkonzept im Kontext der aktuellen familiensoziologischen Forschung vorgestellt. Daran anschließend werden im zweiten Abschnitt Lebensstile in der Bundesrepublik Deutschland an Hand des ALLBUS 1998 im Überblick dargestellt und nach der Familien- und Haushaltszusammensetzung analysiert. In einem dritten Abschnitt wird die Fragestellung weitergeführt, indem empirische Analysen zu Ähnlichkeiten und Differenzen von individuellen Lebensstilen im Familienkontext vorgenommen werden. Hierzu werden Daten aus dem SOEP 1998 herangezogen. Der Bericht schließt mit einem kurzen Resümee zu der analytischen Kraft des Lebensstilkonzepts in der Familiensoziologie." (Textauszug)
In der Lebensstilforschung und verschiedenen Disziplinen der Raumforschung wird die These vertreten, dass Lebensstile relevant für Entscheidungen in unterschiedlichen Verhaltensbereichen, insbesondere aber im Feld der Auswahl von Wohnungen und Wohnstandorten sind. Die empirische Befundlage zu dieser Behauptung ist allerdings ausgesprochen uneinheitlich. Um die Bedingungen für die Relevanz von lebensstilbasierten Präferenzen für die Wohnungs- und Wohnstandortwahl zu präzisieren, knüpft dieser Aufsatz an ein einfaches entscheidungstheoretisches Modell an, das sowohl in der Stadtsoziologie wie auch in der Lebensstilforschung Verwendung gefunden hat. Darauf aufbauend wird eine empirische Studie auf der Basis einer Quartiersbefragung in Leipzig präsentiert, die den Einfluss von Lebensstilen auf die Wohnungs- und Wohnstandortwahl unter Bedingungen und in einem Kontext prüft, die eine besonders große Relevanz von Lebensstilen erwarten lassen. Insgesamt zeigen aber die Ergebnisse, dass lebensstilbasierte Präferenzen selbst unter diesen Bedingungen nur eine beschränkte Erklärungskraft aufweisen, während die Ressourcenausstattung von Personen und ihre Lebensform für Wohnentscheidungen von deutlich größerer Relevanz sind.