Das Gespräch arbeitet den spezifische Ort und Einsatz der zeitgenössischen medienästhetischen Frage heraus, skizziert die Geschichtlichkeit ihres Erscheinens und fokussiert die begriffs- und theoriepolitischen Strategien, die für ihre genauere Konturierung notwendig sind. Medienästhetik wird dabei als zentraler Schauplatz des zeitgenössischen Kybernetisierungsprozesses freigelegt, ist sie doch im Innersten mit den neuen Bedingungen des Denkens, der Subjektivität und der Politik verknüpft, die dieser Prozess ins Werk setzt. Die medienästhetische Frage exponiert so gesehen Schlüsselprobleme der kybernetischen Medienkultur überhaupt. Luciana Parisi problematisiert zunächst die Implikationen der immer noch vorherrschenden repräsentationalistischen, ausdrucksorientierten, expressiven Medienästhetik, hinter der ein heute überholter Begriff von Medien als Artikulations- und Äußerungsmaschinen steht. Kybernetisierte Medien haben hingegen längst, so Parisi, die etablierten Medienfunktionen überschritten, sie sind als «Kloner des Realen» zu verstehen, als «immanente Erfasser von Daten», ja schließlich als «Erfassungsmaschinen des Unartikulierbaren und Unrepräsentierbaren». Stattdessen wird von ihr nach einer intensiven, nicht-repräsentativen Ästhetik des Codes gefragt, die sich auf der Höhe der medialen Situation und der entsprechenden Machtform befindet und deren Kernoperationen entziffern kann. Am Ende wird insbesondere die Bedeutung von algorithmischen Experimenten, wie sie in der digitalen Architektur stattfinden, für eine grundsätzliche Reevaluierung von Medienästhetik herausgestellt, eine Reevaluierung, der im Augenblick des Eintritts in die neue digitale Matrix, in der wir leben, eine, ja vermutlich sogar die kritische Funktion zukommt. ; The interview brings out the specific place and application of the contemporary media-aesthetic question, sketches the historicity of its emergence, and brings into focus the conceptual-political strategies that are needed for its accurate outlining. In the course of this discussion, media aesthetics are exposed as the central arena of the contemporary process of cybernetization, yet linked at heart to the new conditions of thought, subjectivity and politics which this process sets in operation. The media-aesthetic question exposes key problems of cybernetic media culture in general. Luciana Parisi first problematizes the implications of the still prevalent representationalist, expressive media aesthetics, behind the now outdated conception of media as articulation-machines and expression-machines. Cybernetized media have however long since exceeded the established media-functions, so Parisi suggests, and are to be understood as »cloners of the real«, as »immanent prehensors of data«, even, finally, as »prehensive machines of the un-articulable and un-representable«. Accordingly, she calls for an intensive, non-representative aesthetics of code, which is located on the level of the medial and technological situation and its corresponding forms of power, and whose core operations it enables to decipher. Ultimately algorithmic experiments, as they occur in digital architecture, are shown to be the basis for a fundamental re-evaluation of media aesthetics as such – a re-evaluation which, at the moment we are currently experiencing of entry into the new digital matrix, plays a, probably the critical function.
Marcus Stiglegger: Auschwitz-TV. Reflexionen des Holocaust in Fernsehserien Wiesbaden; Ivo Ritzer: Wie das Fernsehen den Krieg gewann. Zur Medienästhetik des Krieges in der TV-Serie; Holger Schulze: American Progress. Nerdkultur, akrobatische Komik und Commedia dell'arte; Sven Stollfuß: Cyborg-TV. Genetik und Kybernetik in Fernsehserien
Der Text, im Original 1992 publiziert, ist zentraler Bestandteil des Spätwerks von Guattari, das insgesamt mit der Rekonzeptualierung der maschinischen Verfasstheit von Subjektivität befasst ist und dabei unter anderem die Kartografierung der von neuen Medientechniken geprägten zeitgenössischen Subjektivität als eine zentrale Aufgabe von Kritik hervorhebt. Das neue ästhetischen Paradigma fokussiert dabei die epochale Privilegierung des ästhetischen Empfindungsvermögens, das alle Wertsphären quert, anders gesagt, die allgemeine Ästhetisierung, als hervorstechendes Merkmal der Gegenwart. Der Text präsentiert eine prägnante Genealogie von Subjektivität: Die polysemische, animistische, transindividuelle Subjektivität wird von einem protoästhetischen Paradigma charakterisiert. Hier sind weder Interiorität und Exteriorität, noch Subjekte und Objekte streng voneinander geschieden, die ökonomischen, sozialen, religiösen, politischen und ästhetischen Wertsphären sind nicht ausdifferenziert. Ihr wird die insbesondere durch die kapitalistische Moderne implementierte modulare, transzendente Subjektivität kontrastiert, die allererst die diversen Wertsphären und subjektiven Vermögen voneinander isoliert. Dies ist auch der Ort, da so etwas wie das ästhetische Vermögen und eine eigene Wertsphäre des Ästhetischen (das Schöne) herauskristallisiert. Schließlich werden als dritter Typus – und wie betont wird »vorausschauend«, denn dieser medientechnisch beförderte Typus ist jedenfalls Ende der 1980er, Anfang der 1990er Jahre erst noch im Ankommen – prozessuale Gefüge der Subjektivität eingeführt, die insgesamt kreative Prozesse und Emergenzphänomene auf allen Ebenen priorisieren und insgesamt eine allgemeine Ästhetisierung aller Wertsphären und Vermögen heraufführen. Hier geschieht ein Verschiebungsprozeß des Sinns des Ästhetischen selber. ; The text, originally published in 1992, is a central component of Guattari's late work, which deals overall with the reconceptualization of the machinic constitution of subjectivity, emphasizing, among other things, the cartography of contemporary subjectivity characterized by new media techniques as a central task of critique. The new aesthetic paradigm focuses on the epochal privileging of aesthetic sensibility that crosses all spheres of value, or in other words, on general aestheticization as a salient feature of the present. The text presents a concise genealogy of subjectivity: it characterizes polysemic, animistic, transindividual subjectivity by means of a proto-aesthetic paradigm. Here, neither interiority and exteriority nor subjects and objects are strictly separated from each other; the economic, social, religious, political, and aesthetic spheres of value are not fully differentiated. The text contrasts this subjectivity to the modular, transcendent subjectivity implemented in particular by capitalist modernity, which originates by isolating the various spheres of value and subjective capacities from one another. This is also the site where something like the aesthetic capacity and an autonomous sphere of aesthetic value (the beautiful) crystallizes. Finally, as a third type – which is, as the text emphasizes, «forward looking», since in any case it is still emerging at the end of the 1980s and the beginning of the 1990s, fostered by media technology – the text introduces processual structures of subjectivity that give overall priority to creative processes and phenomena of emergence on all levels and bring about an overall general aestheticization of all spheres of values and capacities. Here, a process of shifting takes place in the sense of the aesthetic.
Der vorliegende Aufsatz befasst sich mit Memen, digitalen Artefakten, die viralen Charakter annehmen und global populär werden, und zwar als ästhetischer Trend, der nicht nur subjektive, kollektive und politische Werdensprozesse anregt, sondern diese auch antreibt und formt. Im Anschluss an Simondon und Bachtin werden Meme zunächst als ästhetische Objekte betrachtet, die Individuation vermitteln. Hier wird eine Resonanz zwischen psychischer, kollektiver und technischer Individuation erzeugt und im ästhetischen Vollzug des Selbst, des Kollektivs und der Technik in den unterschiedlichen Performanzen von Mem-Kulturen immer wieder neu inszeniert und in Kraft gesetzt. Folgt man sodann Memen in ihrer Fabrikation, von ihrer ‹Geburt› bis zum Übergreifen auf größere soziale Netzwerke, zeigt sich, dass ihre expressive Form auf spezifischen technischen Architekturen und Eigenarten einiger weniger Plattformen basiert; unter ihnen vor allem das Imageboard 4chan. Hier konzentriert sich die Quelle der verschiedenen Machtformen von Memen. Meme sind aufs Engste mit dem Bulletin Board von 4chan verknüpft, der Geburtsstätte der Hacker-Netzwerke Lulzsec und Anonymous. Die Architektur von Memen als Erbe einiger weniger spezifischer menschlich-technischer Strukturen prägt ihrerseits die Erzeugung von neuen Plattformen (Mem-Generatoren), Formen vernetzten Ausdrucks und ästhetischer Arbeit in den Lebenszyklen der Vermittlung. ; The paper explores memes, digital artefacts that acquire a viral character and become globally popular, as an aesthetic trend that not only entices but propels and molds subjective, collective and political becoming. Following both Simondon and Bakhtin, memes are first considered as aesthetic objects that mediate individuation. Here, resonance between psychic, collective and technical individuation is established and re-enacted through the aesthetic consummation of self, the collective and the technical in the various performances of meme cultures. Secondly, if memes are followed in the making, from birth to their spill-over onto wider social networks, the very expressive form of meme turns out to be borne by specific technical architecture and mannerisms of a small number of platforms, and, most notably, the image board 4chan. The source of memes' various forms of power is concentrated here. Memes are intimately linked to 4chan's bulletin board, the birthplace of Lulzsec and the Anonymous hacking networks. Memes' architectonics, as an inheritance of a few specific human-technical structures, in turn informs the production of new platforms (memes generators), forms of networked expressions, and aesthetic work in the life cycles of mediation.
Marcus Stiglegger: Auschwitz-TV. Reflexionen des Holocaust in Fernsehserien Wiesbaden: Springer VS 2015 (Serienkulturen: Analyse – Kritik – Bedeutung) ; 95 S. ; ISBN 9783658058760 ; EUR 29,99 Ivo Ritzer: Wie das Fernsehen den Krieg gewann. Zur Medienästhetik des Krieges in der TV-Serie Wiesbaden: Springer VS 2015 (Serienkulturen: Analyse – Kritik – Bedeutung) ; 181 S. ; ISBN 9783658059194 ; EUR 29,99 Holger Schulze: American Progress. Nerdkultur ; akrobatische Komik und Commedia dell'arte Wiesbaden: Springer VS 2016 (Serienkulturen: Analyse – Kritik – Bedeutung) ; 88 S. ; ISBN 9783658091347 ; EUR 19,99 Sven Stollfuß: Cyborg-TV. Genetik und Kybernetik in Fernsehserien Wiesbaden: Springer VS 2017 (Serienkulturen: Analyse – Kritik – Bedeutung) ; 149 S. ; ISBN 9783658144715 ; EUR 29,99
Die Rede vom politischen Theater – ein Allgemeinplatz – wird in diesem Buch zum ersten Mal auf eine sachliche Basis gestellt, indem die Darstellungsstrategien der Kanzler im Fernsehen aus theaterwissenschaftlicher Perspektive untersucht werden. Unter den Aspekten Inszenierung, Rolle und Figur analysiert der Autor die Darstellungsstile der Kanzler von Adenauer bis Merkel in Wahlspots, Interviews und anderen Fernseh-Formaten. Mit diesem eigenwilligen Ansatz zeigt die innovative Studie, dass es möglich ist, die Inszenierung der Politik jenseits von pauschaler kulturkritischer Medienschelte einerseits und Zynismus andererseits zu beleuchten.
»Sieh hin….das sieht man doch!« scheint einer der Imperative einer visuellen Kultur zu sein. Das Evidenten, also das »Offenkundige« (wie es der Duden übersetzt) oder »Augenscheinliche«, bildet einen der Ordnungsraster des Wissens. Evidenz scheint einer der Medienfunktionalismen zu sein, die die Sprechweise populärer, aktueller und diskursiv organisierter Mediensysteme gewährleistet. Aber wie überhaupt wird Wissen zu Bild? Aus welchem metaphorischen, symbolischen oder diskursiven System artikuliert sich ein Bild und wie wird es als Sprechweise kommunikabel und damit zur Handlung? Ist das Evidente eine Form der Wissensartikulation? Inwieweit überformt sich die visuelle Tatsache zum bildlichen Beweiß? Was ist der Wahrheitsbegriff des Bildes? ; Rolf F. Nohr: Einleitung. Das Augenscheinliche des Augenscheinlichen Tom Holert: Smoking Gun. Über den Forensic Turn der Weltpolitik Ralf Adelmann: Computeranimation als televisuelle Evidenzproduktion Rolf F. Nohr: Medien(a)nomalien. Viren, Schläfer, Infiltrationen Ulrike Bergermann: Schöner wissen. Selbsttechniken vom Panorama zum Science Center Daniel Gethmann: Innere Scheinbilder. Von der Ästhetik der Elektrizität zur Bild-Konzeption der Erkenntnis Vinzenz Hediger: Schnell noch einen Film vor dem Aussterben. Die zeitliche Konfiguration von Evidenz in Tierfilmen Eva Hohenberger: DocumAnimals. Das dokumentierte Tier in Film und Fernsehen Herbert Schwaab: Sehen und Erleiden: Die Natürlichkeit des Wahrnehmens am Beispiel der Familienserie SEVENTH HEAVEN Heike Klippel: Erinnerung, Evidenz und Kino Leander Scholz: Narziss, Luhmann und das Spiegelstadium
Stars und Politiker – aber auch Unternehmen, Konsumprodukte und viele andere Identitäten – »haben« offenkundig ein Image. Trotz der Omnipräsenz dieses Alltagsbegriffs sowie der damit bezeichneten Phänomene fehlt es bislang an Untersuchungen, die die soziokulturelle Bedeutung und Funktion von Image aus genealogischer Perspektive in den Blick nehmen: Warum und wozu etabliert sich Image im 20. Jahrhundert als Element der Alltagskultur? Und wie lässt sich seine kommunikative Struktur näher bestimmen? Das Buch geht diesen Fragen in Bezug auf die Entwicklung der technischen Bildmedien und der modernen Werbung nach.
BIG BROTHER kündigt die 'reality soap' als ein exemplarisches Unterhaltungsformat der Multimedialität an, das von der Faszination durch den Alltag zehrt. Wenn 'reality' zur 'soap' und 'soap' zur 'reality' wird, dann versagen die herkömmlichen Kategorien der Kulturkritik: Statt Flucht in Traumwelten bietet BIG BROTHER den (eigenen) Alltag als Zufluchtsort an. Die hier versammelten Beiträge nehmen diese Provokation auf und erproben neue Perspektiven, um der Faszination durch BIG BROTHER nachgehen zu können. ; Gregor Schwering, Urs Stäheli: Masse und Medium: Der Container und seine Umwelt 1. Versuchsanordnungen Ulrike Sprenger: »Die Tiere dürfen nicht getötet oder geschlachtet werden …« Versuch einer literarhistorischen Lektüre von BIG BROTHER Nicolas Pethes: »Deppengeschwätz« – Schein oder Nichtschein in medialen Menschenexperimenten der high- und low-Kultur Urs Stäheli: BIG BROTHER: Das Experiment ›Authentizität‹ – Zur Interdiskursivität von Versuchsanordnungen Carsten Zorn: Und wir sind nur die Kandidaten – in den Assessment-Centern der Moderne. BIG BROTHER: Ein Exempel? Lutz Ellrich: Das Gute, das Böse, der Sex – Zur Beobachtung des Begehrens im Container 2. Konfigurationen des Blicks Gregor Schwering: »Über das Auge triumphiert der Blick«. Perspektiven des Voyeurismus Slavoj Žižek: Die Kamera liebt dich. Unser Leben als Seifenoper 3. Privat/Öffentlich Rainer Winter: Die Antiquiertheit von Orwells »Big Brother« – Über die Veränderung von Macht und Handlungsfähigkeit Udo Göttlich: Die Ware Vertrauen – »Back to Basics« oder die Veralltäglichung von trash? Kai Martin Wiegandt: Passions-Spiele – Pseudoreligiöse Praktiken und ihre Funktion bei BIG BROTHER Antonia Krummheuer: Die Erotisierung des Alltags – Die Inszenierung von Sport, Erotik und Geschlecht bei BIG BROTHER Christian Papilloud: Das Begehren der Kontrolle – BIG BROTHER im Internet Oliver Marchart: Das Licht des Antagonismus – Populärkultur zwischen Mikro-Politik und Makro-Politik
Wie hat sich die Kulturproduktion in der Folge des Terrors verändert? Die Anschläge vom 11. September 2001 stellen nicht nur eine politische und gesellschaftliche Zäsur dar, sie lassen sich auch als Trauma des Denkens betrachten. Im Mittelpunkt dieses Bandes stehen die Auswirkungen von »9/11« auf kulturelle und künstlerische Diskurse. Dabei geht es nicht nur um eine Inventarisierung von Repräsentationen des Terrors in Medien, visueller Kunst und Literatur vielmehr wird aufgezeigt, wie sehr »9/11« Denkmodalitäten verändert hat. Aus unterschiedlichen Perspektiven untersuchen die interdisziplinären Beiträge den Zäsurcharakter von »9/11« in Theoriebildung, Schrift- und Bildmedien. ; Sandra Poppe: Einleitung 1. Kulturelle Diskurse Thorsten Schüller: Kulturtheorien nach 9/11 Lars Koch: Nach 9/11: Die postsäkulare Gesellschaft und ihre neokonservativen Widersacher Karsten Wind Meyhoff: Kontrafaktische Kartierungen. Verschwörungstheorie und der 11. September Christian de Simoni: Betroffenheitsgesten in politischen, publizistischen und literarischen Antworten auf 9/11 2. Literatur Christina Rickli: Trauer- oder Traumageschichten? Amerikanische Romane nach 9/11 Heide Reinhäckel: Literarische Schauplätze deutscher 9/11-Romane Christoph Deupmann: Versuchte Nähe. Vom Ereignis des 11. September zum Ereignis des Textes Véronique Porra: Risse in der Mimesis − Bemerkungen zur romanesken Darstellung des 11. September 2001 in der französischen Literatur Ursula Hennigfeld: 9/11 als neuer Holocaust? − Frédéric Beigbeders Roman WINDOWS ON THE WORLD 3. Visuelle Medien Wim Peeters: 9/11 und das Insistieren des Alltags. Pressefotografie und deutsche Gegenwartsliteratur Thomas Waitz: Die Frage der Bilder. 9/11 als filmisch Abwesendes Sascha Seiler: ›Battlestar 9/11‹ − Der 11. September 2001 als Zäsur in amerikanischen Fernsehserien Anneka Esch-Van Kan: Ein-Brüche/Trotz allem. Zur »Politik der Bilder« im amerikanischen Theater seit dem 11. September Georgiana Banita: 9/11, YouTube und die neue Empfindsamkeit Jonas Engelmann: »The Sky is Falling« − Der 11. September in den Comics von Art Spiegelman und Peter Kuper Stephan Packard: »Whose Side Are You On?« Zur Allegorisierung von 9/11 in Marvels CIVIL-WAR-Comics
While feminists have long recognised the importance of self-managed, alternative media to transport their messages, to challenge the status quo, and to spin novel social processes, this topic has been an under-researched area. Hence, this book explores the processes of women's and feminist media production in the context of participatory spaces, technology, and cultural citizenship. The collection is composed of theoretical analyses and critical case studies. It highlights contemporary alternative feminist media in general as well as blogs, zines, culture jamming, and street art. ; Elke Zobl and Ricarda Drüeke: Foreword Ricarda Drüeke and Elke Zobl: Introduction. Feminist Media: Participatory Spaces, Networks and Cultural Citizenship Chapter 1: Feminist Media Production and Alternative Economies Elke Zobl and Rosa Reitsamer (with Stefanie Grünangerl): Feminist Media Production in Europe: A Research Report Jenny Gunnarsson Payne: Feminist Media as Alternative Media? Theorising Feminist Media from the Perspective of Alternative Media Studies Brigitte Geiger and Margit Hauser: Archiving Feminist Grassroots Media Red Chidgey: Hand-Made Memories: Remediating Cultural Memory in DIY Feminist Networks Verena Kuni: GENDER JAMMING. Or: Yes, We Are. Culture Jamming and Feminism Stefanie Grünangerl: Making Feminist Media: Feminist Media Activists Share their Views Chapter 2: Participatory Spaces, Networks and Technology Tea Hvala: Streetwise Politics: Feminist and Lesbian Grassroots Activism in Ljubljana Jessalynn Keller: "It's a Hard Job Being an Indian Feminist". Mapping Girls' Feminist Identities and "Close Encounters" on the Feminist Blogosphere Sandra Chatterjee and Cynthia Ling Lee: Choreographing Coalition in Cyber-Space: Post Natyam's Politico-Aesthetic Negotiations Marcus Recht and Birgit Richard: On the Aesthetics of Self-Representation: Mustached "Female" Youth on Flickr.com Tanja Carstensen: Struggling for Feminist Design: The Role of Users in Producing and Constructing Web 2.0 Media Linda Steiner: Using New Technologies to Enter the Public Sphere, Second Wave Style Chapter 3: Cultural Citizenship and Social Change Elisabeth Klaus and Margreth Lünenborg: Cultural Citizenship. Participation by and through Media Anita Harris: Online Cultures and Future Girl Citizens Ricarda Drüeke: Rethinking Political Communication and the Internet: A Perspective from Cultural Studies and Gender Studies Sigrid Kannengießer: Digital Storytelling to Empower Sex Workers: Warning, Relieving and Liberating Alison Piepmeier: Pedagogy of Hope: Feminist Zines Elke Zobl: From DIY to Collaborative Fields of Experimentation: Feminist Media and Cultural Production towards Social Change – A Visual Contribution
HOUSE OF CARDS, BORGEN und Co. - seit einiger Zeit boomen Fernsehserien, die explizit den politischen Betrieb fokussieren. Diese erreichen nicht nur ein akademisches Nischenpublikum, sondern erzielen insgesamt hohe Zuschauerquoten. Die Beiträge des Bandes analysieren, wie der Gegenstand Politik in den Serien aufgegriffen und als Material für ihre auf Unterhaltung ausgerichteten Erzählungen aufgearbeitet wird. Über die Auseinandersetzung mit popkulturellen Produkten zeigen sie, wie politische Bilder in populären Filmen und Serien konstruiert und reproduziert werden und wie diese sich auf Wahrnehmungen und Vorstellungen von Politik auswirken. Das Interesse gilt dabei den konstruierten Bildern von Politik im Allgemeinen, aber auch den sich darin äußernden nationalen Besonderheiten. ; Theoretische Ansätze & analytische Zugänge Niko Switek: Spiegel, Daten, Narrative: Politikwissenschaftliche Zugänge zu politischen Fernsehserien Andreas Dörner, Stefan Heinrich Simond: Polit-Serien im Fernsehen: Gegenstandsbestimmung, Stand der Forschung und neue Perspektiven Henrik Schillinger: Politik in Serie(n): Die Politik, das Politische und die Tragödie Manfred Mai: Filme zwischen künstlerischer Freiheit und politischer Erkenntnis: Zum Realitätsgehalt fiktionaler Medien Fallstudien politischer Fernsehserien Florian Gilberg et al.: EICHWALD, MDB: Überleben im Haifischbecken Berlin-Mitte Ann-Kathrin Binot et al.: Eurokrise, Sex und Klimawandel: Krisenmanagement in der britischen Sitcom YES, PRIME MINISTER Lisa Brose et al.: THE THICK OF IT: Macht, Medien und Marionetten Johannes Bongardt et al.: Spiel der Kräfte: Politik, Medien und Familie in BORGEN Jonathan Beierl et al.: Sex, Drugs and Politics: Die Polit-Serie MARSEILLE Taylan Yildiz: GOMORRHA: Mafia und Staat im Verhältnis Florian Breitweg et al.: HOUSE OF CARDS: The American Machiavelli Zaira Batroff et al.: Fernsehserien und die Wahrnehmung der US-Präsidentschaft: Einstellungen, politischer Zynismus und HOUSE OF CARDS Alexander Stock: VEEP: Das Amt des Vizepräsidenten der USA als institutionalisierte Bedeutungslosigkeit? Frank Gadinger : "Whatever it takes": 24 und die Normalisierung des Ausnahmezustandes Ulrike Gansen et al.: 人民的名义 (IM NAMEN DES VOLKES) versus HOUSE OF CARDS: Polit-Serien als Legitimierungsinstrument aktueller chinesischer Reformpolitik Arne Sönnichsen: Sind Drachen, Zombies und Aliens politisch?! Das Politische in der Phantastik am Beispiel der SF-Serie THE EXPANSE Reflektion & didaktischer Einsatz Karl-Rudolf Korte: Warum eigentlich nicht? Über die Unmöglichkeit, deutsches Politikmanagement im Fernsehen abzubilden Sabine Manzel: Polit-Serien im Fachunterricht: Empirische Befunde zum Medieneinsatz aus Schüler- und Lehrerperspektive
Seit die Fotografie technisch dazu in der Lage war, hat sie den Krieg begleitet. Das ist nun seit mehr als 150 Jahren der Fall. Fotografie im Krieg unternimmt am Ende des fotografischen Zeitalters eine Bestandsaufnahme, die sich in ihrer theoretischen Fundierung deutlich und erfreulich vom Gros der bisherigen Darstellungen zum Thema absetzt. Seine erste Beschäftigung mit dem Thema der Kriegsfotografie, so Bernd Hüppauf in der Einleitung, reiche bis in die achtziger Jahre des vorigen Jahrhunderts zurück. Damals setzte er sich mit dem Werk des australischen Kriegsfotografen Frank Hurley auseinander, dem er mehrere Vorträge widmete, ohne dabei besonderes Interesse zu wecken. Hüppaufs Schlussfolgerung über das Forschungsfeld der Kriegsfotografie zu Beginn der neunziger Jahre fällt dann auch unmissverständlich aus: "Krieg und Fotografie waren keine Themen, und Kriegsfotografie existierte für die Forschung nicht" (S. 15). Das hat sich seither freilich gründlich geändert. Eine ganze Reihe wesentlicher Publikationen zum Thema erschien Ende der Neunziger des letzten bzw. Anfang des neuen Jahrtausends. Dazu kam dann noch der Schub des Gedenkjahres 1914, der in Erinnerung an den Beginn des Ersten Weltkriegs eine Welle an Veröffentlichungen – darunter auch einiges explizit zum Thema der Fotografie – hervorbrachte. In diesem Kontext, den Hüppauf stets gut im Blick hat, positioniert er dann auch sein eigenes Werk, das sich in seiner kulturgeschichtlichen Ausrichtung von der überwiegend "historisch-militärischen Perspektive auf den Krieg" (S. 24), wie sie in anderen Werken vorherrscht, absetzen soll. Dabei werde die Frage "Was sind Bilder?" in die Frage "Was tun Bilder?" umgedeutet. Anders formuliert: Wie ist es möglich, dass man als nicht persönlich Beteiligter überhaupt eine Vorstellung von etwas derart Unbegreiflichem wie einem Krieg haben kann? Um diese Problematik eindringlich darzustellen, greift der Autor auf den Begriff des Mythos zurück: "Wenn in den dichtesten Momenten des Ersten Weltkriegs, einem ausgefeilten Plan gemäß, bis zu 30 000 Menschen in 24 Stunden auf engem Raum zu Tode kamen, versagt das Verständnis" (S. 34). Die zehn Millionen Toten des Ersten Weltkriegs seien – wenngleich gesichertes Wissen – von der Lebensrealität der Zivilbevölkerung ebenso weit entfernt wie der seine Kinder fressende Kronos aus der griechischen Mythologie. Doch wo der Mythos reiner Phantasie entspringe, sei das Wissen vom Krieg realen Ursprungs und stets von einer Imagination begleitet, ohne die kein Bild vom Krieg zu machen sei. Daraus erwachse die Notwendigkeit, das Kriegsbild der Moderne frei von Verklärungen zu halten. "Empirie und kritische Methoden dürfen nicht leichtfertig aufgegeben werden" (S. 35). Die "Kleine Theorie der Kriegsfotografie", die Hüppauf im ersten Teil des Buches entwickelt, folgt dann auch einem interdisziplinären Ansatz, der den aktuellen Stand der Bildtheorie in Hinblick auf das Thema der Kriegsfotografie aufbereitet. Von Platon bis W. J. T. Mitchell reicht das Spektrum der Bezüge, anhand derer Hüppauf einen Überblick zur Theorie des Bildes gibt, der weit über die Grenzen des gesetzten Themas hinausweist. Eine der Stärken des Buches besteht darin, dass diese spezifische Anwendung bildtheoretischer Ansätze auch für jene Leser lohnend ausfällt, denen das Thema grundsätzlich nicht neu ist. Im Zentrum steht dabei stets eine klar – und durchaus wiederholt – formulierte Frage: Wie ist das Verhältnis zwischen Krieg (als reale Handlung), Fotografie (als Bilder produzierende Technik) und dem Wissen über den Krieg in einer nicht direkt davon betroffenen Gesellschaft (im Sinne einer Vorstellung, eines inneren Bildes) organisiert. Aufgabe einer Geschichte der Kriegsfotografie kann es folglich nicht sein, "nach dem Krieg, nach dem Krieg, der gleichsam vor dem Bild liegt, zu forschen. Sie behandelt vielmehr Entstehungsbedingungen und Folgen der spezifischen Kriegsbilder, die die Fotografie in dieser überschaubaren Phase der langen Kriegsgeschichte hergestellt hat. Sie sucht nach Ursprung und beschreibt Funktionen und Effekte" (S. 149, Herv. i. Orig.). Der hier formulierte Ansatz korrespondiert so mit einem Konzept des Fotografischen,[1] das weit mehr umfasst als das bloße Entstehen und Betrachten von Bildern. Demzufolge werden dann auch sämtliche Stufen, die eine Fotografie von ihrer Entstehung bis zur Rezeption durchläuft, behandelt. Fragen zur Authentizität wie zum besonderen Zeichencharakter der fotografischen Technik werden dabei ebenso berücksichtigt wie die Medien, in denen die Bilder verbreitet werden und die Diskurse, die sie auslösen oder befeuern. "Für das Kriegsbild gibt es kein außerhalb der Medien. Sie sind immer schon im Krieg und im Bild. Sie sind an der Konstruktion ihres Gegenstandes konstitutiv beteiligt. Vor den Medien gibt es keinen Krieg" (S. 98). Für Hüppauf geht es dann auch darum – wie er mit Bezug auf Sybille Krämer festhält –, die "Idee von der Transparenz der Medien zu unterminieren", denn nur so könne "Kriegsfotografie zu einem Element der Gesellschaftsgeschichte werden" (S. 122). Dabei gilt es die rasche Veränderung der Medien, wie sie seit dem Ersten Weltkrieg zu beobachten ist, mitzudenken. Während Paul Virilio noch Krieg und Kino zusammendachte, wurde die Berichterstattung über den Golfkrieg bereits an den Gesetzmäßigkeiten der Massenmedien – allen voran dem Fernsehen – ausgerichtet. Die Veränderungen durch Internet und digitale Technologien sind wesentliche Merkmale unserer Zeit, denen Hüppauf dann auch den letzten Teil seines Buches widmet: "Was als Sensation begann, wird zur Langeweile. Die Kriegsfotografie, in Routine eingegangen, erzeugt Desinteresse. Selbst spektakuläre Fotos sind in kurzer Zeit vergessen. […] Der materielle Gehalt des Kriegs hat sich so verändert, dass er nicht mehr als Stoff für innere Bilder taugt. Fotografie liefert keine Bilder mehr, die zu dem großen gesellschaftlichen Projekt, den Krieg zu verstehen, um in zu beherrschen, beitragen" (S. 310). In einem der Fotoessays, die das Buch begleiten und die die entwickelten Überlegungen durch konkrete Fotos ergänzen, findet sich dann auch nicht das Bild einer Kampfhandlung, sondern das eines Kontrollraums, den Hüppauf das "neue Schlachtfeld" nennt. "Es ist kein Feld des Todes oder der Helden, sondern der Computer-Spezialisten" (S. 318). Von da wäre es nur ein kleiner Schritt zu einem anderen bekannten Kriegsfoto, das stellvertretend für den hier beschriebenen Wandel stehen kann: Jene Aufnahme aus dem Situation Room, die Barak Obama, Hillary Clinton und andere dabei zeigt, wie sie der Übertragung der Tötung Osama bin Ladens zusehen. Was sie genau sehen, ist auf dem Bild nicht zu erkennen und kann bestenfalls anhand ihrer Gesichtsausdrücke erahnt werden. Dabei wird umso deutlicher, dass wir es heute mit Bildern vom Krieg zu tun haben, die radikal anderen Gesetzmäßigkeiten folgen, als das bei Robert Capa, Gerda Taro oder gar Roger Fenton der Fall war. Zwischen diesem Ausblick und der einführenden "Kleinen Theorie der Kriegsfotografie" steht ein Abschnitt, der mit "Stationen der Kriegsfotografie" überschrieben wird. Der Autor nimmt darin anhand konkreter Ereignisse eine historische Verortung der Kriegsfotografie vor: Amerikanischer Bürgerkrieg, Krimkrieg, Spanischer Bürgerkrieg, die beiden Weltkriege, Vietnam, Bosnien, Irak, Syrien – die Stationen sind die (aktualisierten) bekannten. Aber Hüppauf geht es auch hierbei nie um eine Listung oder einen simplen Vergleich der behandelten Fotos. Vielmehr steht auch im Zentrum dieses Teils stets die Suche nach der Teilhabe der Fotografie an einem Wissen über den Krieg. Die theoretische Verortung ist in diesem zweiten großen Abschnitt des Buches so dicht, dass sich der Unterschied zum vorausgehenden Kapitel kaum bemerkbar macht. Allerdings fällt spätestens an dieser Stelle auf, dass ästhetischen Kategorien für ein Buch, das sich explizit mit Fotografie beschäftigt, überraschend wenig Bedeutung zukommen, was sich auch in der zurückhaltenden Illustration und der eher durchschnittlichen Qualität der Abbildungen niederschlägt. Selbstverständlich ist der Wert solcher Fotografien, wie sie hier im Fokus stehen, in erster Linie einer der Information und des Nachrichtenwerts. Doch gibt es visuelle Strategien, die sich mit dieser Anforderung verbinden lassen. Die bekanntesten Bilder der Kriegsfotografie belegen diese Annahme und auch aktuelle Beispiele finden sich. So hält etwa Otto Karl Werckmeister in Der Medusa-Effekt. Politische Bildstrategien seit dem 11. September 2001 (2005) fest, dass James Nachtwey, den Hüppauf als "einen der mutigen Kriegsfotografen der Gegenwart" (S. 107) erwähnt, sich bei seinen Aufnahmen von Massengräbern in Ruanda und Goma (1994) auch stets an ästhetischen Kriterien orientierte. So verweisen seine Bilder auf Aufnahmen, die George Rodgers 1945 bei der Befreiung des KZs in Bergen-Belsen gemacht hatte, wodurch Nachtwey seine Behauptung unterstreicht, die Massaker in Ruanda seien völkerrechtlich als Genozid zu beurteilen. Ein weiteres Beispiel, das zudem noch die Grenzen der gegenwärtigen Kriegsfotografie problematisiert, ist Thomas Ruffs Jpeg ny02.[2] Das Foto zeigt das kollabierende World Trade Center nach den Terroranschlägen von 09/11. Die Aufnahme ist dem Strom der abertausenden Bilder entnommen, die in Folge des Attentats durch die Nachrichtenkanäle gespült wurden. Die spröde Materialität des Fotos wurde dabei von Ruff visuell überhöht, wodurch das Bild immer auch seine Entstehungsbedingungen miterzählt. Ruffs Aufnahme – die primär dem Kunstsektor zuzuordnen wäre – ist aber auch deshalb relevant, weil sie ein Ereignis behandelt, das in Fotografie im Krieg kaum Erwähnung findet: den neuen Krieg des Terrors bzw. den Krieg gegen den Terror, der nicht nur danach verlangt, all das, was nach bisherigen Maßstäben als kriegerische Handlung gegolten hat, neu zu bewerten, sondern auch ständig neue Bilder entstehen lässt. Ruffs Arbeit kann als eine erste bemerkenswerte Annäherung an diese Herausforderungen gelten. Die klare Stärke von Fotografie im Krieg liegt darin, dass es der Autor schafft, das Thema der Kriegsfotografie aus dem Bereich der allzu linearen, einmal technisch, einmal historisch orientierten Darstellungen zu lösen und einer Befragung zu unterziehen, die den aktuellen fotografie- und bildtheoretischen Ansätzen genügt. Eine Weiterführung der im letzten Abschnitt des Buches angestoßenen Überlegungen zu einer Neubewertung der Kriegsfotografie vor dem Hintergrund der sich veränderten Gegebenheiten und einer eventuell notwendigen Erweiterung des Untersuchungsfeldes steht derweil noch aus. Auf Leselisten zum Thema Kriegsfotografie wird Bernd Hüppaufs Buch – verdienter Maßen – dennoch ab sofort regelmäßig zu finden sein. --- [1] Zum Begriff des Fotografischen bzw. eines fotografischen Paradigmas, wie ihn Herta Wolf in Anschluss an Rosalind Kraus eingeführt hat, siehe Herta Wolf (Hg.): Paradigma Fotografie. Fotokritik am Ende des fotografischen Zeitalters, Frankfurt: Suhrkamp 2002. [2] Zu einer anderen Aufnahme aus Ruffs Jpeg-Serie sowie zum Begriff der Medienästhetik im Kontext der "Neuen Medien" siehe Jens Schröter: "Medienästhetik, Simulation und 'Neue Medien'", in: zfm. Zeitschrift für Medienwissenschaft, 1/2013, S. 88–100.
Die Dissertation ist eine medienhistorische Studie über die Einführung des Tons im sowjetischen Kino, die ästhetische und technologische Veränderungen in einem weiter gefassten politischen und kulturellen Kontext interpretiert. In historischen Untersuchungen des frühen Tonfilms der letzten zehn Jahre wurde der sowjetischen Methode des asynchronen Tons häufig die verbreitetere Methode der möglichst genauen Synchronisation gegenübergestellt, wie sie von der Filmindustrie in Hollywood in den späten 1920er und frühen 1930er Jahren entwickelt wurde. Die Arbeit geht über diese zum Standard gewordene Erzählung hinaus. In einer Reihe von Fallstudien wird die Arbeit sowjetischer Filmemacher, Drehbuchautoren, Filmtheoretiker und Toningenieure analysiert, um zu demonstrieren, dass in der Sowjetunion in der Frühphase des Filmtons sehr unterschiedliche Haltungen zum Ton existierten. Die Dissertation konzentriert sich sowohl auf die Theorien des Filmtons als auch auf die Praktiken, wobei es sich unter anderem auf Dziga Vertov, Nikolai Ekk, Michail Cechanovskij und Pavel Tager bezieht. Die Begriffe "Asynchronizität" und "Synchronizität" haben in den Debatten über die Einführung des Tonfilms in der Sowjetunion eine zentrale Rolle gespielt. Die vorliegende Dissertation bietet die erste grundlegende Untersuchung dieser Begriffe innerhalb des Kontextes der komplexen Ursprünge des frühen sowjetischen Tonfilms. ; The dissertation is a media-historical study of the emergence of sound in Soviet cinema, which links aesthetic and technological changes to the broader political and cultural context. Over the last decade, histories of early sound film have usually contrasted the Soviet method of asynchronous sound to the prevalent method of tight synchronization as it was popularized by the Hollywood film industry in the late 1920s and early 1930s. The dissertation looks beyond this standardized narrative. In a series of case studies, it analyzes the work of Soviet filmmakers, screenwriters, film theoreticians and acoustical engineers to demonstrate that many diverse approaches to sound were actually in play at the onset of film sound in the Soviet Union. The dissertation focuses on both film sound theory and practice mainly in the works of Dziga Vertov, Nikolai Ekk, Pavel Tager and Mikhail Tsekhanovsky. The terms "asynchronicity" and "synchronicity" were central in the debates about the emergence of sound film in the Soviet Union. This study provides the first thorough examination of these terms within the context of the complex origins of early Soviet sound cinema.