In: Politische Vierteljahresschrift: PVS : German political science quarterly, Band 25, Heft 1, S. 43-46
ISSN: 0032-3470, 0032-3470
Besprochen werden Arbeiten, die sich auf der Makroebene (moderne Demokratietheorie; funktionale Demokratie) und Mikroebene (kognitive und emotionale Aspekte politischen Engagements; Bürgerinitiativen; Informationssysteme) mit Demokratietheorie und -praxis beschäftigen. (KE)
Mikrosimulationsmodelle stellen geeignete Instrumente zur Abschätzung sozioökonomischer Auswirkungen alternativer Entscheidungsmöglichkeiten dar. Wesentliche Charakteristika von Mikrosimulationsmodellen sind die Disaggregierung größerer Systeme in Mikrokomponenten, vor allem in Entscheidungseinheiten (Individuum, Familie, Firma etc.), die Berücksichtigung entscheidungsrelevanter Umweltbedingungen und die Verwendung von Verhaltensmodellen, die sowohl die Attribute der Mikrokomponenten als auch die Umweltbedingungen erfassen. Tests mit historischen Daten ermöglichen die Überprüfung der Validität der verwendeten Verhaltensmodelle. Zur Abschätzung von Folgen politischer Entscheidungen müssen hierzu noch Hypothesen treten, die Aussagen über Kausalzusammenhänge zwischen einzelnen Variablen treffen. Ein geeignetes Anwendungsfeld für Mikrosimulation bietet vor allem die Sozialberichterstattung. Vorteile der Mikrosimulation liegen hier in der direkten Abbildung von Personen, Familien und Lebensgeschichten sowie dem erreichbaren Grad an Komplexität und Vielschichtigkeit. Die Problematik von Mikrosimulationsmodellen liegt in der Kostenfrage und einer Reihe möglicher Fehlerquellen bei der Modellkonstruktion (Stichprobe, "Monte Carlo Variation", Verhaltensprämissen). Abschließend weist der Verfasser auf mögliche Anwendungsbereiche von Mikrosimulation hin und diskutiert die Möglichkeit einer Kombination von Mikro- und Makromodellen. (WZ)
Mit diesem Bericht geben die Autoren einen Überblick über die Inhalte des 10. Weltkongresses für Soziologie, wobei sie auf folgende Veranstaltungen ausführlicher eingehen: die Grundsatzrede von U. Himmelstrand 'Die Beziehung zwischen Soziologie und gesellschaftlicher Praxis: Aufgaben für die 80er Jahre', die Plenarsitzung 'Globale Probleme im Lichte von soziologischer Theorie und gesellschaftlicher Praxis', Symposien und weitere Veranstaltungen mit den Themen 'Strategien zur Verwirklichung der Gleichheit von Frauen', 'Revisionen und Beziehungen zwischen modernen makrosoziologischen Paradigmen', 'Revisionen von und Beziehungen zwischen modernen mikrosoziologischen Paradigmen', 'Die Soziologie soziologischer Paradigmen', 'Soziologische Erklärung und der strukturalistisch-individualistische Ansatz' und 'Phänomenologische Soziologie: Schütz-Studien'. Abschließend geben die Autoren eine allgemeine Einschätzung des Kongresses ab und weisen auf Verbesserungswürdiges hin. (LF)
In dem Beitrag geht es um die analytischen Voraussetzungen und Möglichkeiten von Beschäftigungswirkungen forcierter Arbeitszeitverkürzungen. Ziel ist es, die Funktionszusammenhänge herauszuarbeiten und damit Handlungsspielräume aufzuzeigen. Zunächst wird die Argumentationskette "Mehr Wachstum = mehr Beschäftigung = weniger Arbeitslose" in Frage gestellt. Dabei richtet sich die Argumentation gegen die Dominanz der Makropolitiken und plädiert dafür, Beschäftigungspolitik als policy-mix von Mikro- und Makropolitiken zu betreiben. In den beiden folgenden Abschnitten wird zunächst die Arbeitszeitverkürzung unter quantitativen Aspekten betrachtet und anschließend auf die strukturellen Probleme der Arbeitszeitverkürzung eingegangen. Abschließend werden die politischen Optionen für die Arbeitszeitpolitik bestimmt. (KW)
Der Aufsatz befaßt sich mit den Möglichkeiten und Grenzen der sozialpolitischen Beeinflussung familialer Erziehung und geht dabei auf die Wirksamkeit öffentlicher Sozialleistungen (finanzielle Hilfen und soziale Dienste) ein. Die Überlegungen sind im Rahmen eines empirischen Forschungsprojekts über die Wirkungen öffentlicher Sozialleistungen auf den Sozialisationsprozeß entwickelt worden. Es werden verschiedene Ansätze zur Lebenssituation der Familie, Familienpolitik, Sozialpolitik dargestellt und diskutiert. Als Ergebnis wird festgestellt, daß es nur bedingt möglich sein wird, mit bestimmten sozialpolitischen Maßnahmen gezielt Veränderungen auf der Mikroebene des sozialen Handelns herbeizuführen. Die soziokulturell geformten und traditionell verfestigten Lebensformen erweisen sich gegenüber sozialpolitischen Interventionsformen als resistent. (RW2)
In: Kölner Zeitschrift für Soziologie und Sozialpsychologie: KZfSS, Band 35, Heft 2, S. 360-367
ISSN: 0023-2653, 0023-2653
Der Verfasser bespricht folgende Titel: Jeffrey C. Alexander, Theoretical Logic in Sociology. Band 1: Positivism, Presuppositions, and Current Controversies. London und Henley: Routledge u. Kegan Paul 1982; Karin Knorr-Cetina und Aaron V. Cicourel (Hrsg.), Advances in Social Theory and Methodology: Toward an Integration of Micro- and Macro-Sociologies. Boston, London und Henley: Routledge u. Kegan Paul 1981. Beide Arbeiten behandeln das Verhältnis von Mikro- und Makrosoziologie im Rahmen eines soziologischen Theoriegebäudes, jedoch aus unterschiedlicher Perspektive. Während Knorr-Cetina und Cicourel den Zeitpunkt theoretischer Gleichgewichtigkeit und daher der Integrationsfähigkeit beider Ansätze für gekommen ansehen, geht es Alexander um eine Rekonstruktion und Wiederbelebung der soziologischen Theorie ausgehend von den zentralen Kategorien 'Handlung' und 'Ordnung'. (IB)
Eine Faschismusanalyse, die Faschismus gleichzeitig als Bewegung und Institution versteht, kann sich nicht auf die Analyse gesamtgesellschaftlicher Entstehungszusammenhänge oder institutioneller und großorganisatorischer Beziehungen des "unsichtbaren Nationalsozialismus" (Ottwald) beschränken, sondern muß darüberhinaus mikroanalytisch die "subjektiven Momente der nationalsozialistischen Bewegung" zu erfassen suchen (Lokal- und Regionalanalyse). Der Verfasser gibt einen kritischen Überblick sowohl über den aktuellen Forschungsstand auf diesem Gebiet, wobei er besonders die unzureichende analytische Vermittlung von "Allgemeinem und Besonderem" bemängelt, als auch über zeitgenössische Analysen aus den dreißiger Jahren (Ottwald, Heiden, Bloch). Abschließend skizziert er inhaltliche und methodische Perspektiven einer mikroanalytischen Forschung. (WZ)
Die Studie versteht sich als Versuch eines soziologisch interessierten Ökonomen, in die aktuelle Debatte über die Relevanz soziologischer Theorieansätze für die Sozialpolitik die Bedeutung der ökonomischen Tradition zur Geltung zu bringen. Er bezieht sich explizit auf die Tradition der Volkswirtschaftslehre, die Ökonomie als Sozialwissenschaft mit sozialreformerischer Absicht betrieben hat. (Verein für Socialpolitik, Schmoller etc.) Das Konzept von 'Vermögenstheorie' das der Autor ausführt kann zugleich integrierende Funktion für andere Theorieansätze zur Sozialpolitik haben. 'Vermögen' wird dabei (nach der Bestimmung Erich Preisers) als Inbegriff von Gütern betrachtet, die in der Verfügungsgewalt einer Person stehen, es impliziert also ein Handlungspotential im Rahmen einer sozialen Umwelt. Vermögen und Eigentum sind Begriffe, die sowohl systemtheoretisch (in der Makroebene) als auch handlungstheoretisch (in der Mikroebene) verortet werden können. Der Denkansatz schafft die Voraussetzungen für die Analyse von Handlungspotentialen in komplexen dynamischen Systemen. Verteilungsprobleme beziehen sich immer auf Ziele gemeinschaftlicher und individueller Daseinsgestaltung. Verteilung ist damit eine gesellschaftliche Erscheinung, die nie ganz auf ökonomische Begriffe reduziert werden kann (Gunnar Myrdal). Verteilungskonzepte müssen kontextbezogen sein und zudem berücksichtigen, daß sich ihr Inhalt im Entwicklungsgang wandelt. Die wissenschaftliche Diskussion bezieht so die Frage nach den Sekundärwirkungen von Änderungen der Verteilung mit ein. Die Bestimmung der 'Lebenslage' in Orientierung an Standards der 'Lebensqualität' rückt so in den Vordergrund der verteilungspolitischen Debatte. Der Autor zeichnet den historischen Linienzug vermögenstheoretischen Denkens nach von Friedrich List bis Douglas G. Hartle, dessen Modell zur Bestimmung von Individualvermögen abschließend diskutiert wird, da es auf interdisziplinäre Verwendbarkeit hin konzipiert ist. (KA)
"Der Beitrag versucht die Hauptströmungen der gegenwärtigen Inflationstheorie zusammenzufassen und kritisch zu würdigen. Zu den Hauptströmungen gehören das Phillipskurvenmodell, die monetaristische Inflationstheorie und der strukturelle Ansatz zur Inflationserklärung. Die Ergebnisse der Neuen Mikroökonomie und des monetären Ansatzes zur Zahlungsbilanztheorie werden im Hinblick auf die Inflationstheorie analysiert. Ausführlich wird die Rolle der Erwartungen im Inflationsprozeß behandelt, wobei zwei unterschiedliche Ansätze, nämlich das Modell adaptiver Erwartungen und das Modell rationaler Erwartungen unterschieden werden. Das Schlußkapitel befaßt sich mit den Ergebnissen der neueren Inflationstheorie und stellt diese der traditionellen Inflationstheorie (Bronfenbrenner/ Holzmann) gegenüber." (Autorenreferat)
Der Autor unterzieht die Mikroökonomie einer kritischen Betrachtung. Dabei wird überwiegend über Erfahrungen mit verstaatlichten Industrien berichtet. Es wird gezeigt, daß die konventionelle Mikroökonomische Theorie (z.B. via wirtschaftspolitische Gutachten) zu falschen Leitvorstellungen für das ökonomisch-rationale Verhalten staatlicher Unternehmen führt. Die Ursachen hierfür liegen zum einem darin, daß es 1. der Mikroökonomie nicht gelingt, wirtschaftliches Verhalten real zu beschreiben, 2. daß sie in die Lücke zwischen mikro- und makroökonomischer Theorie gerät und 3. daß sie die Monopoltheorie kurzsichtig verwendet und 4. schließlich, daß die Grenzanalyse häufig falsch angewandt wird, z.B. in Situationen, in denen externe oder systembedingte Faktoren wirksam sind. Der Autor spricht sich für die Anwendung des Marktmechanismus und für Angebot/Nachfrage bedingte Preise - auch in sozialistischen Wirtschaftssystemen - aus, da nur hierdurch eine gewisse Effizienz der Betriebe zu gewährleisten ist. (NG)
"Dieser Beitrag versucht zu zeigen, wie zwei grundsätzlich verschiedene Entfremdungsmodelle - das religiös-psychologische und das ontotheologische - über Hegel zum säkularisierten Feuerbach-Marx'schen Modell führen. Beiden Modellen und ihren Spielarten ist gemeinsam, daß einerseits der Entfremdungseffekt als Schock des Neu- oder Andersartigen auftritt, das einem zugehörig sein soll, aber nicht ist (Appropriationseffekt), und andererseits die Aufhebung der Entfremdung als innerlicher Verstehensprozeß dargestellt wird, nämlich als Erweiterung des Bewußtseins, als Integration des Wissens, durch die das Neuartige zum Vertrauen wird. Um die zentrale Aufgabe, die Marx'schen "Entfremdungsmodelle der Realisation" als empirischen Realisationsprozeß auf seine logische Struktur und Anwendungsmöglichkeiten hin analysieren zu können, wird zunächst demonstriert, daß die Entfremdungsmodelle Paradigmata der dialektischen Methode sind. Diese Behauptung wird auch durch eine Ableitung der dialektischen Methode vom ontotheologischen Modell der Entfremdung mit Hilfe einer mengentheoretischen Struktur bestätigt. Es stellt sich heraus, daß in Marx's Entfremdungsmodell der Arbeit, wie er es in seinen Frühschriften vertreten hat, gleichzeitig beide historischen Modellvorstellungen eingegangen sind. Mit anderen Worten, es besteht aus einer Projektion des externen Entfremdungsmodells der Arbeit auf das intern-psychologische Modell und einer Gegenprojektion der internen Entfremdung und Frustration zurück in den empirischen Prozeß der Gesellschaft, d.h. der Arbeit. Es ist dieses Schema von Projektion und Gegenprojektion, das die Herausbildung des Entfremdungsbegriffs bei Marx recht gut erklärt, stellt es doch die gnadenlose Peitsche der Marx'schen Kritik an der bürgerlichen und kapitalistischen Gesellschaft dar. Während das von Marx in seinen frühen Schriften verwendete Appropriationsmodell der entfremdeten Arbeit zu einer Abschaffung des Privateigentums führt, stellt er im Kapital eine neue ökonomische Version des Entfremdungsmodells in den Vordergrund, nämlich das der Arbeitswertlehre. Im weiteren wird ausgeführt, daß dieses Modell einer neuen Grundlegung der Politischen Ökonomie gleichkommt, d.h. einer Abkehr von der Smith-Ricardo'schen Mikroökonomie. Um diese These zu untermauern, wird ein epitheoretisches Modell und eine Axiomatisierung der Mikroökonomie, d.h. des Marktes, beschrieben. In der nachfolgenden Interpretation stellt sich klar heraus, daß Marx's Analyse der Smith-Ricardo'schen Struktur des Marktes im Kapital vom Entfremdungsmodell seiner Arbeitswertlehre dominiert war, was für sein theoretisches Gesamtsystem wie für die Politische Ökonomie im allgemeinen von nicht unerheblicher Bedeutung sein sollte." (Autorenreferat)