Der Autor beschäftigt sich mit der Popkultur im Web 2.0. Er zeigt, dass Popkulturen ausgehend von musikalischen Artefakten komplexe Bedeutungsgeflechte aufbauen, die neben der fundierenden, geteilten Ansicht bezüglich des Musikgeschmacks auch verbindliche Moden, Lebensentwürfe, Weltanschauungen und Sprachverwendungen aushandeln. Die Frage, ob die Popkultur minoritäre Positionen begünstigt oder durch Standardisierung und "Einheitsbrei" ersetzt, ist in der akademischen Beschäftigung mit diesem Thema jedoch umstritten. Wie alle gesellschaftlichen Bereiche erfahren Popkulturen durch das Web 2.0 eine grundlegende Transformation, wie der Autor am Beispiel des sozialen Internetradios "Last.fm" verdeutlicht. Die Bewertung dieses Umstands schwankt dabei wiederum zwischen der Betonung der Möglichkeit zur Repräsentation von minoritären Pop-Geschmacks-Positionen (auch über lokale Begrenzungen hinweg) und der Befürchtung einer Nivellierung und Verstärkung des bereits Populären durch Rückkopplung. Dies wirft die Frage auf, inwieweit das Web 2.0 den viel zitierten "Mainstream der Minderheiten" für Popkulturen endlich möglich macht oder ob es vielmehr zu Konzentration und Konformismus führt. (ICI2)
In: Tradition und Fortschritt in der DDR: neunzehnte Tagung zum Stand der DDR-Forschung in der Bundesrepublik Deutschland 20. bis 23. Mai 1986, S. 87-101
Die Einflüsse und Veränderungen in Kultur und Gesellschaft der DDR, die durch die Popkultur bewirkt werden, bilden den Gegenstand der Arbeit. Dabei wird davon ausgegangen, daß der kulturelle Einfluß der westlichen Gesellschaft auf dieses Land nicht aufzuhalten ist und von der großen Mehrheit der Bevölkerung, vor allem der Jugend, akzeptiert wird. Nach Ansicht des Verfassers ist die Popkultur Folge eines technologischen Vergesellschaftungs- und Angleichungsprozesses, dem sich auch sozialistische Staaten nicht entziehen können. Sie hat seit den 70er Jahren durch ihre Ausbreitung zu einem beträchtlichen Verfremdungseffekt traditionell sozialistischen Kulturstrebens geführt. Während die Kulturideologen in erster Linie mit der begrifflichen Verarbeitung des Phänomens befaßt sind, entwickeln sich neben der offiziell tolerierten Popkultur subkulturelle Tendenzen, die in der Zukunft nach der Einschätzung des Autors noch zunehmen dürften. (HA)
Der Verfasser beschäftigt sich mit zwei unterschiedlichen Nachkriegs-Avantgarden, der Popkultur und der 68er-Bewegung. Beide, so die These, ähnelten sich hinsichtlich Genese und generationaler Einbettung. Grundlegende Unterschiede gab es hingegen hinsichtlich der Zielsetzung und in der Gewaltfrage. Als übergreifendes Element beider Bewegungen sieht der Verfasser ein "Reich der Freiheit", das er anknüpfend an Cox als "feast of fools", als Gesellschaftskritik unter dem Vorzeichen der Satire bezeichnet. Während in der Popkultur als einer Bewegung der gemäßigten Avantgarde das hedonistische Element und das Streben nach Unterscheidung dominierte, verbanden sich in der 1968er-Revolte Aspekte des kulturellen Avantgardismus und der Zeitkritik mit obsessiven und - Beispiel RAF - teilweise wahnhaften Zügen. Die konstitutive Unterscheidung zwischen "aufgedeckter" und "ausgeübter" Gewalt ging verloren. Nach dem Attentat auf Dutschke zerfiel der diskursive Zusammenhang der antiautoritären Revolte und das letztlich archaische Muster der Gewalttat trat in den Vordergrund. Innerhalb der 1968er-Bewegung entstand eine charismatische Subbewegung, die sich durch "Sendung" und Außeralltäglichkeit legitimierte. Von der Irrtümern der 1968er führt allerdings keine lineare Spur in den Wahn und die Verbrechen der RAF. (ICE2)
Der Verfasser beschäftigt sich mit zwei unterschiedlichen Nachkriegs-Avantgarden, der Popkultur und der 68er-Bewegung. Beide, so die These, ähnelten sich hinsichtlich Genese und generationaler Einbettung. Grundlegende Unterschiede gab es hingegen hinsichtlich der Zielsetzung und in der Gewaltfrage. Als übergreifendes Element beider Bewegungen sieht der Verfasser ein "Reich der Freiheit", das er anknüpfend an Cox als "feast of fools", als Gesellschaftskritik unter dem Vorzeichen der Satire bezeichnet. Während in der Popkultur als einer Bewegung der gemäßigten Avantgarde das hedonistische Element und das Streben nach Unterscheidung dominierte, verbanden sich in der 1968er-Revolte Aspekte des kulturellen Avantgardismus und der Zeitkritik mit obsessiven und - Beispiel RAF - teilweise wahnhaften Zügen. Die konstitutive Unterscheidung zwischen "aufgedeckter" und "ausgeübter" Gewalt ging verloren. Nach dem Attentat auf Dutschke zerfiel der diskursive Zusammenhang der antiautoritären Revolte und das letztlich archaische Muster der Gewalttat trat in den Vordergrund. Innerhalb der 1968er-Bewegung entstand eine charismatische Subbewegung, die sich durch "Sendung" und Außeralltäglichkeit legitimierte. Von der Irrtümern der 1968er führt allerdings keine lineare Spur in den Wahn und die Verbrechen der RAF. (ICE2). Die Untersuchung bezieht sich auf den Zeitraum 1960 bis 1980.
Am Beispiel des berühmten seriellen Portraits des chinesischen Parteiführers Mao Tse-tung, das die Basis für das raumgreifende Konzept einer Mao-Tapete wurde, wird aufgezeigt, wie Warhol, der niemals eine politische Stellung bezog, Symbole der Politik in seinem Werk aufgriff und durch seine Stilmittel entpolitisierte. Es entstanden dekorative Hüllen, die auch von Kunstsammlern gekauft wurden, die mit dem ursprünglichen ideologischen Inhalt der Symbole alles andere als konform gingen. Gezeigt wurde die Perspektive der Populärkultur. Zur Veranschaulichung, wie Warhol den Parteiführer Mao und das Emblem von Hammer und Sichel in seinem Werk behandelte und zu medialen Ikonen der Moderne gestaltete, wird erläutert, wie er in seinen seriellen Bildern das Prinzip der Wiederholung einsetzte und welchen Effekt dies hatte. Das Verschwimmen von Realität und Image in der Postmoderne wird zudem anhand des Films 'Velvet Goldmine', der die Popkultur der 1970er Jahre darstellt, thematisiert. (GB)
Der einflussreiche Nachrichtenfaktor "Visualität" ist mittlerweile Teil des terroristischen Kalküls. Der Beitrag untersucht die militärische Macht von Videobildern am Beispiel von Terrorismusvideos, deren Botschaft der Gewalt weltweit massenmedial über das Internet, aber auch als "Clips" in Fernsehnachrichten oder als "Screenshots" in der gedruckten Presse verbreitet wird. Die Analyse zeigt, wie Topterrorist Osama Bin Laden im westlichen Mediensystem zur Videoikone wird und sogar - wie in einem preisgekrönten Musikvideo des Hiphop-Stars Eminem - Eingang in die US-amerikanische Popkultur findet. Bin-Laden-Videos können als eine neue Waffe im Arsenal der modernen Kriegsführung angesehen werden. Bei dieser Variante der Massenkommunikation handelt es sich um die terroristische Nutzung des zivilen Mediums Video, analog zu der terroristischen Nutzung von zivilen Flugzeugen bei den Anschlägen des 11. September. Das Videobild des Terroristenführers verwandelt sich in einen "Avatar", der stellvertretend für ihn in den Heiligen Krieg ziehen konnte. (UN)
Die Funktion von Mao als Ikone der Gegenidentität der "68er" gegen die bürgerliche Gesellschaft beruhte vor allem auf dem Erfolg der Kulturrevolution und einer der Ikone inhärenten Gewalt, die als befreiende Gewalt verstanden wurde. Die Konjunktur verschiedener "Images" von Mao in der bundesdeutschen "68er"-Bewegung lässt sich anhand ausgewählter Beispiele aus der "68er"-Publizistik aufzeigen. Zurückgegriffen wird hier auf die Literaturzeitschrift "Kursbuch", das Studentenmagazin "konkret", die "Rote Presse Korrespondenz" und "Agit 883". Hier finden sich Mao-Images, die von provokativer Popkultur (konkret) über literarisch-intellektuelle Auseinandersetzungen (Kursbuch) und organisatorisch-parteipolitische Debatten (Rote Presse Korrespondenz) bis zu anarchistisch-militanten Pamphleten reichen (Agit 883). (ICE2)
Die Funktion von Mao als Ikone der Gegenidentität der "68er" gegen die bürgerliche Gesellschaft beruhte vor allem auf dem Erfolg der Kulturrevolution und einer der Ikone inhärenten Gewalt, die als befreiende Gewalt verstanden wurde. Die Konjunktur verschiedener "Images" von Mao in der bundesdeutschen "68er"-Bewegung lässt sich anhand ausgewählter Beispiele aus der "68er"-Publizistik aufzeigen. Zurückgegriffen wird hier auf die Literaturzeitschrift "Kursbuch", das Studentenmagazin "konkret", die "Rote Presse Korrespondenz" und "Agit 883". Hier finden sich Mao-Images, die von provokativer Popkultur (konkret) über literarisch-intellektuelle Auseinandersetzungen (Kursbuch) und organisatorisch-parteipolitische Debatten (Rote Presse Korrespondenz) bis zu anarchistisch-militanten Pamphleten reichen (Agit 883). (ICE2). Die Untersuchung bezieht sich auf den Zeitraum 1966 bis 1976.
Der Verfasser beschäftigt sich mit dem bildsemantischen Assoziationsraum, den Agambens Theorie eröffnet, anhand einer Analyse des Spielfilms "The Bourne Identity". Mit dem von Jason Bourne exemplarisch verkörperten Spion macht der Verfasser eine Ausnahmefigur jenseits des rechtlichen Schutzes aus, die aber gleichzeitig handlungsfähig bleibt. Obschon der Staat auf den Spion angewiesen bleibt, rechnen sich seine Investitionen in ihn letztlich nicht. Hollywood eröffnet so Perspektiven auf politische Aktion ebenso wie auf popkulturelle Diskursstrategien, die Agamben noch verstellt bleiben. (ICE2)
"Den zumeist jugendlichen Pop- und Gegenkulturen widmet sich der Beitrag von Diedrich Diederichsen. Massenereignisse ermöglichen diesen Subkulturen nicht nur eine Inszenierung, sondern vor allem auch eine Aneignung ihres kulturellen Selbstbildes. In der jüngeren Geschichte der Popmusik, die Diederichsen nachzeichnet, lässt sich die Differenz von medial vermittelter Außen- und erfahrungsbezogener Selbstwahrnehmung geradezu als konstitutive Voraussetzung für die Ausbildung sub- oder gegenkultureller Selbstbilder beschreiben. An fünf modellhaft zugespitzten 'Massentypen' wird diese Differenz von Außen- und Selbstwahrnehmung unter Einbezug der jeweiligen Wechselwirkungen in ihrer identitätsstiftenden Funktion für die Pop- und Gegenkulturen analysiert. Die 'aufgewiegelte Masse' von die öffentliche Ordnung gefährdenden jugendlichen Halbstarken bildet das öffentliche Wahrnehmungsmuster der späten fünfziger und frühen sechziger Jahre. Bis heute zieht sich diese Wahrnehmung als Leitidee sozialer Kontrollinstanzen durch und trägt - etwa bei den 'Chaos-Tagen' - erheblich dazu bei, dass sich aus der Erfahrungsperspektive der Beteiligten gegenkulturelle Selbstbilder einstellen. Die 'ekstatische Masse' der Hippiekultur der siebziger Jahre benutzt die Musik nicht mehr als sozialen Anlass, sondern versteht die Musik selber als Chiffre neuer Erfahrungen. Die in der kalifornischen Bay Area entstandene Rezeptionsästhetik einer 'Musik-an-sich' trägt zu einer neuen Differenz von Selbst- und Außenwahrnehmung bei: Der in der Binnenwahrnehmung 'progressiven', ekstatischen Musik steht ihre kommerzielle Instrumentalisierung gegenüber. Woodstock steht als Massenereignis für die Selbsterfahrung der Popkultur als 'Nation' in der Einheit ihrer Verschiedenheit. Von dort begründet sich die Hochkonjunktur der Pop-Festivals der siebziger Jahre und auch noch die Kultur der 'Gegenfestivals', die insbesondere im Umfeld der neuen sozialen Bewegungen zu einer festen Szene-Institution wurden. Bis in die Selbstwahrnehmung der DDR-Bürgerbewegungen lässt sich das Muster 'subkultureller Nationenbildung' auffinden, das dort freilich nicht entlang des Gegensatzes 'authentisch-kommerziell', sondern entlang des Gegensatzes 'authentisch-offiziell' verlief. Die Love Parade als vierter Typus steht für Massenveranstaltungen im Zeitalter von Differenzierung und Individualisierung. Die integrative Veranstaltungsform lässt den Anspruch auf Sub- oder Gegenkultur fallen und ist offen für Kommerzialisierung. In der Love Parade zeigt sich Subkultur, die gar nicht mehr Subkultur sein kann und will, die auf den Anspruch lebensstilistischer Avantgarde verzichtet und vor allem in der Resonanz der Außenwahrnehmung eigene Relevanzerfahrungen macht. Allerdings liegt in der offensiven Einforderung der Versprechungen der Konsumgesellschaft angesichts der sich verschärfenden sozialen Situation ebenfalls ein politisches Spannungspotenzial. Als fünfter Typ müssen in der Popkultur schließlich all die Formen betrachtet werden, die sich - trotz bestehender Angewiesenheit auf Anerkennung auch in Massenveranstaltungen - vor allem in Sub-Szenen zum Ausdruck bringen und nicht in der spektakulären Masse aufgehen." (Textauszug)