Postkolonialismus und Dekolonialität
In: Handbuch Entwicklungsforschung, S. 113-123
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In: Handbuch Entwicklungsforschung, S. 113-123
In: Soziologie des Neuen Kosmopolitismus, S. 65-122
In: Spiel ohne Grenzen?: Ambivalenzen der Globalisierung, S. 271-290
Der Begriff des Postkolonialismus verweist nicht, wie man vermuten könnte, auf eine tatsächlich stattgefundene Überwindung, auf ein Ende des Kolonialismus. Vielmehr markiert er eine Verschiebung innerhalb der kolonialistischen Formation, indem er einen weit umfassenderen und tiefer gehenden Einfluß des Westens behauptet. Der Beitrag unterscheidet zwischen einer dominanten und einer hegemonialen Phase des Kolonialismus. War die dominante Phase des Kolonialismus durch direkte politische Kontrolle und Ausübung militärischer Gewalt geprägt, so setzt mit der hegemonialen Phase des Kolonialismus eine neue, subtile Form der Unterdrückung ein. Neben der kapitalistischen Produktionsweise sind es die aus dem Westen stammenden Institutionen, Wertesysteme und Wissensformen, die die westliche Hegemonie aufrechterhalten. Der Einfluß bzw. die Übernahme der westlichen Kultur zwingt demnach die ehemals kolonisierten Länder dazu, sich selbst zu den Komplizen ihrer eigenen Unterdrückung zu machen. (pre)
In: Postkoloniale Schweiz: Formen und Folgen eines Kolonialismus ohne Kolonien, S. 7-12
Die Beiträge des Sammelbandes "verflochtene Schweiz", den der vorliegende Aufsatz einleitet, liefern Einblicke in die vielfältigen Aspekte der Herausbildung einer schweizerischen Moderne. Sie thematisieren postkoloniale Konstellationen, postkoloniale Kritik und koloniale Verstrickungen in einem Land, das selbst über keine Kolonien verfügte. Die Verfasser versuchen, eine postkoloniale Perspektive für das"heimliche Imperium" Schweiz fruchtbar zu machen. Dabei werden nicht nur Akteurnetzwerke, institutionelle Konstellationen, kulturelle Prägungen und politische Strategien als Produkt transnationaler Verflechtungen sichtbar, es wird auch ein dezentrierter Blick auf den europäischen Kolonialismus von den Rändern her geworfen. Thematisiert werden aber auch zentrale Einwände gegen postkoloniale Ansätze. (ICE2)
In: Schlüsselwerke der Postcolonial Studies, S. 131-141
In: Schlüsselwerke der Postcolonial studies, S. 27-38
Die "Grammatologie" von Jacques Derrida und die "Tausend Plateaus" von Gilles Deleuze und Felix Guattari gelten als zwei Hauptwerke des Poststrukturalismus. Im Beitrag werden die Werke mit Blick auf ihren Beitrag zu postkolonialer Theoriebildung in drei Schritten vorgestellt. Die Verfasser beginnen im ersten Abschnitt mit der Beobachtung, dass sich der US-amerikanische Postkolonialismus im Allgemeinen mehr auf Derrida als auf Deleuze/Guattari beruft. Sie geben dann einen Überblick über die beiden Werke, die mit Blick auf die Frage der Repräsentation des postkolonialen Anderen verglichen werden. Während für Derrida der Repräsentation und den von dieser aufgeworfenen ethischen Fragen grundsätzlich nicht zu entkommen ist, sehen Deleuze/Guattari Repräsentation als ein Problem, das es gewissermaßen zu überwinden gilt. Schließlich wird an die unterschiedlichen Rezeptionskontexte in Frankreich und den USA erinnert, in denen die Werke mit unterschiedlichem politischem und theoretischem Sinn gefüllt wurden. Vor diesem Hintergrund werden beide Werke nicht nur als Quellen konzeptueller Inspiration begriffen, sondern diese als in soziale, politische und historische Deutungskämpfe und Praktiken der Repräsentation verstrickt gesehen. (ICF2)
In: Schlüsselwerke der Postcolonial Studies, S. 27-37
In: Spiel ohne Grenzen?: Ambivalenzen der Globalisierung, S. 255-269
Hybride Kulturen und personale "Bastardidentitäten" können nicht in derselben homogenen Weise gedacht werden wie die tradierten sozialen, kulturellen und personalen Identitäten. Vor allem die anglo-amerikanische Soziologie hat im Rahmen der Postkolonialismus-Debatte die Herausforderung tradierter Identitätskonzepte durch den Globalisierungsdiskurs angenommen und die Konturen einer "globalized theory of the person" entfaltet. Zentrales Charakteristikum des sich am Horizont abzeichnenden "homo globalis", so der Ertrag dieser Debatte, ist die "kreolisierte und hybridisierte Bastardidentität". Die im Postkolonialismus formulierte Konzeption von hybriden Identitäten, von kreolisierten Bastardidentitäten umgibt sich dabei mit dem Gestus des Revolutionären und Subversiven. Der Traum von "Ich bin viele", der in dieser Debatte auftaucht, ist aber nichts anderes als die nachträgliche Sanktionierung der Identitäszerstückelung und -auflösung, die der moderne Gesellschaftsprozeß erzwingt. (pre)
In: Jenseits von Zentrum und Peripherie: zur Verfassung der fragmentierten Weltgesellschaft, S. 197-219
In seiner Erörterung der politischen Dimension postkolonialer Debatten weist der Autor darauf hin, dass man heute das Programm "soziale Emanzipation" nicht verwerfen, sondern neu (er)finden sollte. Ein solches Projekt muss jedoch ohne eine Theorie der sozialen Emanzipation auskommen, denn diese reproduziert notwendigerweise die koloniale "Geopolitik des Wissens" und damit nur das tiefe Machtgefälle zwischen Nord und Süd. Anstelle einer allgemeinen Theorie schlägt der Autor eine Vermittlungsarbeit fragmentarischer Emanzipationsprojekte vor, welche sich im Rahmen laufender "contrahegemonialer Globalisierungen" verdichten. Aus dieser weit gefassten Konzeption des Postkolonialismus, die den eigenen internen Kolonialismus reflektiert, und aus ihrer Vermittlung mit anderen Systemen der Macht und Diskriminierung leiten sich auch die Aufgaben einer antihegemonialen Globalisierung ab. Diese stellt ihrerseits die kritische Theorie mit ihrer Entwicklung von der oppositionellen Postmoderne zum oppositionellen Postkolonialismus vor neue Herausforderungen, die der Autor in seinem Beitrag näher erläutert. (ICI2)
In: Globales Amerika?: die kulturellen Folgen der Globalisierung, S. 25-43
"Ulrich Beck vertritt die These, dass das gedankliche Konzept der Amerikanisierung auf ein nationales Verständnis von Globalisierung schließen lässt, das nicht gut zur transnationalen Welt der Zweiten Moderne passt. Stattdessen spricht er sich für einen 'verwurzelten Kosmopolitismus' aus, einen Kosmopolitismus, der sich gleichermaßen aus dem Globalen wie aus dem Lokalen speist. Auf diese Weise wird binäres Denken vermieden, das die Diskussionen über den Postkolonialismus noch immer weitgehend bestimmt. Das Anderssein der Anderen wird anerkannt, und auf diese Weise kann sich zugleich die soziologische Imagination von ihrem methodologischen Nationalismus befreien und einer kosmopolitischen Perspektive folgen - mit allen Konsequenzen, die das für dieses Forschungsgebiet nach sich zieht. Nicht nur Becks Beitrag, sondern auch die meisten anderen Beiträge dieses Bandes zielen methodologisch in die Richtung eines neuen Kosmopolitismus." (Autorenreferat)
In: Politik als Wissenschaft: Festschrift für Wilfried Röhrich zum 70. Geburtstag, S. 267-283
Der Autor problematisiert eine Thema der Politikwissenschaft, das seit Jahren auf der Tagesordnung steht: Die Zunahme von globalen Interdependenzen und - damit einhergehend - die Erosion der für die Politikwissenschaft grundlegenden Analyseeinheit des Nationalstaates durch Phänomene der Sub-, Supra- und Transnationalisierung. Konstatiert wird damit die nachlassende Konsistenz des "Containers" Nationalstaat. Die "Entgrenzung" und "Entstaatlichung" der Welt (Globalisierung) affiziert den Gegenstand und die Methode der Komparatistik, die einem "methodologischen Nationalismus" verpflichtet war und ist. Postmoderne Strömungen (Postkolonialismus) und Systemtheorien (Weltgesellschaft) haben die Dominanz dieses Ansatzes bisher (noch) nicht brechen können. Die Anerkennung einer graduellen Denationalisierung bzw. postnationaler Konstellationen wird jedoch durch einen Trend indiziert, der mit dem Begriff "transnational" bezeichnet wird. Dieser wird vom Autor mit Blick auf die komparative Methode erläutert. Angesprochen wird damit eine Dimension jenseits herkömmlicher internationaler Beziehungen und supranationaler Politik. (ICA2)
In: Zwischen Kontakt und Konflikt: Perspektiven der Postkolonialismus-Forschung, S. 39-50
"Der Beitrag gliedert sich in fünf Teile. Der Autor möchte zunächst (I) mit einigen Überlegungen dazu beginnen, warum inzwischen immer häufiger von einer 'Krise' der postkolonialen Theorie die Rede ist; danach wird er (II) versuchen, etwas Klarheit in den terminologischen Wirrwarr zu bringen, mit dem wir heute im Bereich des 'Postkolonialen' konfrontiert sind, und fünf Hauptvarianten skizzieren, in denen uns das 'Postkoloniale' gegenwärtig in der wissenschaftlichen Diskussion begegnet. Im Hauptteil seiner Ausführungen wird er (III) unterschiedliche Konzeptionen der Moderne diskutieren, die von verschiedenen Protagonisten der Postkolonialismus-Debatte entwickelt wurden, und diese (IV) unter den Stichpunkten 'Dekolonisierungs-Mythen' und 'Container-Theorien' kritisch beleuchten. Abschließend wird er (V) unter den Stichworten Mikropolitik der Moderne und Transkulturalität zwei Moderne-Konzeptionen erläutern, die ihm aus kultur- bzw. literaturwissenschaftlicher Sicht besonders ertragreich erscheinen und seines Erachtens eine zentrale Herausforderung für die Kultur- und Literaturwissenschaft darstellen." (Textauszug)
In: Jenseits von Zentrum und Peripherie: zur Verfassung der fragmentierten Weltgesellschaft, S. 221-250
Der Autor diskutiert die analytische Tragfähigkeit postkolonialer Ansätze und fragt danach, inwiefern sie die erkenntnistheoretischen Horizonte einer noch der Dichotomie "West-Rest" (S. Hall) verhafteten Sozialtheorie erweitern. Er bewertet in makroanalytischer Hinsicht die postkoloniale Begrifflichkeit, um herauszufinden, ob sie komplexe Transformationstendenzen adäquat einordnen kann. Er untersucht ferner postkoloniale Theoreme zur kulturellen Artikulation und versucht, daraus eine Mikrosoziologie der Aushandlung von Differenzen abzuleiten, die den immer heterogeneren Teilbereichen moderner Gesellschaften gerecht wird. Er vertritt in diesem Zusammenhang die These, dass die postkoloniale Kritik nicht die Soziologie als solche betrifft, sondern dass sich ein Großteil ihrer Kritik an eine spezifische soziologische Schule richtet, nämlich an die Modernisierungssoziologie. Und hierbei unterscheidet sich die postkoloniale Kritik nicht von der Kritik jener Soziologen, die sich nicht mit dem Postkolonialismus beschäftigen. Andere von den postkolonialen Studien aufgeworfene Probleme destabilisieren nicht notwendigerweise die Soziologie als Disziplin, sondern können im Gegenteil das Fach sogar bereichern. (ICI2)
In: Zwischen Kontakt und Konflikt: Perspektiven der Postkolonialismus-Forschung, S. 19-37
"'Postkolonial' ist ein Begriff, der unter anderem mit literarischen Arbeiten in Verbindung gebracht wird, die aus dem politischen Kontext des kolonialen Erbes entstanden sind. Diese literarischen Arbeiten weisen allerdings eher Unterschiede denn Gemeinsamkeiten auf. So werden mit dem Begriff 'postkolonial' hauptsächlich die politischen Kontexte der einzelnen literarischen Arbeiten beschrieben und nicht so sehr stilistische Qualitäten. In diesem Aufsatz möchte die Autorin einen kurzen Überblick über die Probleme aufzeigen, die mit dem Begriff 'postkolonial' und seiner Implementierung innerhalb der Literaturwissenschaft verbunden sind. Darüber hinaus soll eine kritische Bestandsaufnahme der Leitbegriffe, die in dem Feld der postkolonialen Theoriebildung genutzt werden, vorgenommen werden, um Phänomene von Inter- und Transkulturalität sichtbar machen zu können. Dazu gehören die Konzepte des 'writing back', 'rewriting', des 'Synkretismus' und der 'Hybridität'. Als These möchte sie voranstellen, dass all diese Konzepte benutzt werden können, wenn sie im jeweiligen Begriffskontext diskutiert werden. Postkolonialismus, auch wenn er am ausführlichsten diskutiert wird, soll dabei nicht als Überbegriff betrachtet werden, sondern alle hier aufgeführten Begriffe sollen ein Spektrum aufzeigen, das die Literaturwissenschaft in die Lage versetzt, mit Phänomenen der Transkulturalität zu arbeiten." (Textauszug)
In: Zwischen Antisemitismus und Islamophobie: Vorurteile und Projektionen in Europa und Nahost, S. 88-119
Der Beitrag zeigt am Beispiel Frankreichs, dem Land mit den größten jüdischen und muslimischen Gemeinschaften in Europa, wie die koloniale Vergangenheit des Landes, die Unterprivilegierung großer Teile der (hauptsächlich nordafrikanischen) Immigranten und der Nahostkonflikt zu gegensätzlichen Identifikationen mit Israelis bzw. Palästinensern beiträgt. Rekonstruiert wird, wie im Verlauf einer Geschichte der Gewalt - und letztlich auch bedingt durch eben diese Geschichte - Kategorien von ethnisch-religiösen Unterscheidungen in Frankreich entstanden sind. Der Autor behandelt die durch Antisemitismus und Islamophobie motivierten Gewalttaten als Teile von strukturellen Spannungen in der späten französischen Moderne. Diese Spannungen entstehen z.B. zwischen Partikularismus und Universalismus oder auch zwischen individuellen und kollektiven Rechten. Dargestellt wird, dass und wie diese Spannungen mit dem französischen Postkolonialismus verwoben sind. Es geht um ungelöste, anhaltende Kämpfe um französische nationale Zugehörigkeit, die sich aus der Kolonisierung Nordafrikas bzw. dem Krieg um die Entkolonisierung entwickelt haben, der die französische Republik fast zerrissen hätte. Die Einwanderung von nordafrikanischen Arbeitskräften und ihren Familien trägt diese Geschichte der Gewalt nach Frankreich hinein. Die gesellschaftliche Ausgrenzung der Araber hat sich in den zurückliegenden Jahren noch verschlimmert, da Frankreich durch den "Krieg gegen den Terror" den Ereignissen vom 11. September 2001 vorgriff. (ICA2)