Will man verstehen, was die Lebenswelten und Diskurse afrikanischer Gesellschaften derzeit prägt und wie sie gestaltet sind, so muss man sich auf Spurensuche begeben und Forschung betreiben, die den Dialog sucht, die sich also die Oralität zunutze macht. Hierzu nimmt die vorliegende Dissertationsschrift die Sammlung von sagenhaften Erzählungen von heute (sEh) für die Aufdeckung von Wirklichkeitsmodellen und gesellschaftlichen Diskursen in postkolonialen afrikanischen Gesellschaften in den Blick. Aufbauend auf den daraus gewonnenen Erkenntnissen und untermauert durch einen unterrichtspraktischen Teil wurde das Konzept der afropolitischen Literaturdidaktik entwickelt, das dem bislang germanozentrischen Aspekt des DaF-Unterrichts im afrikanischen Kontext durchbricht und afrikanische DaF-Lernende in den Vordergrund stellt sowie kulturelle Themen aus ihren Lebenswelten berücksichtigt. Darüber hinaus zeigt diese Dissertationsschrift, wie interdisziplinäres Vorgehen und damit auch wissenschaftliche Grenzgänge dazu beitragen, laufende gesellschaftliche Diskurse sowie darin verborgene Modelle von Wirklichkeit zu erforschen und aus diesen Ergebnissen wiederum bildungspolitische Anliegen formulieren zu können.
'Interkulturelles Theater' ist ein Begriff, der, wie Christine Regus in ihrer umfassenden Studie erläutert, nur schwer zu fassen ist. In der Theaterwissenschaft bezieht er sich meist auf 'kulturelle Collagen', wie sie mit Peter Brook oder Richard Schechner verbunden werden. Regus selbst verwendet den Begriff des interkulturellen Theaters folgendermaßen: "Ein Theater, in dem Elemente aus beliebigen, unterscheidbaren Kulturen auf irgendeine Weise verbunden werden und dies ein zentrales Merkmal ist. Dabei sind viele Möglichkeiten denkbar: Etwa dass verschiedene Sprachen, Techniken, Stilmittel, Stoffe oder bestimmte Themen miteinander verknüpft oder die Gruppen personell interkulturell zusammengesetzt sind." (S. 42) Diese Definition ist sehr offen – und muss es sein, denn nur durch diese Offenheit sind die unterschiedlichen Formen des interkulturellen bzw. hybriden Theaters, wie sie in der internationalen Theaterpraxis zu finden sind, zu fassen. Der Vielfalt der interkulturellen Theaterformen und der damit verbunden theoretischen Annäherungen entgegnet Regus mit der klaren Struktur ihrer Arbeit. Der Einleitung folgt die Darstellung der "Theorie des interkulturellen Theaters", der zweite Teil bringt unter dem Titel "Interkulturelles Theater heute: Beispiele" drei Aufführungsanalysen. Im Schlusskapitel "Zu einer postkolonialen Ästhetik interkulturellen Theaters" werden schließlich die Erkenntnisse der Studie zusammengefasst. Schon aus dieser Struktur geht Regus' zentrale These hervor, die auf der Existenz eines neuen interkulturellen Theaters basiert. Bis in die 1980er, so die Autorin, sei es üblich gewesen, unbeschwert auf fremde Ästhetiken zurückzugreifen, wohingegen neuere avancierte Produktionen "stark selbstreflexive und theoretisch informierte Inszenierungen" seien, die "verdeutlichen, dass interkulturelles Theater immer auch politisches Theater ist". (S. 11) Durch diese neuen Formen sei klar geworden, dass auch die früheren Formen des interkulturellen Theaters nicht unpolitisch waren, sondern vielmehr "[.] ein häufig problematisches Konzept von kulturellen Identitäten, vom 'Eigenen' und 'Fremden' auf die Bühne brachten." (S. 11) Nach Regus wird in den aktuellen Formen des interkulturellen Theaters die politische Dimension nicht in Thesen oder Parolen dargelegt, vielmehr werden die Zuseher zur Reflexion angeregt durch "[.] genuin theaterästhetische Verfahrensweisen, die sie mit den eigenen identitätspolitischen, kulturellen und sozialen Hintergrundannahmen konfrontieren." Die Formen dieser Konfrontation sind dadurch gekennzeichnet, dass sie traditionelle Repräsentationstechniken ablehnen und damit dem Zuseher ein vollkommenes Verstehen verweigern – so aber eine "Basis für eine dialogische Annäherung" (S. 11) schaffen. In den Aufführungsanalysen wird dieser Ansatz deutlich; doch zuvor legt Regus die Theorie des interkulturellen Theaters in klar strukturierten Abschnitten dar. Sie umreißt die Auseinandersetzung mit interkulturellem Theater ausgehend von drei wissenschaftlichen Kontexten: Der "anthropologischen Performancetheorie", den "Postcolonial Studies" und der "jüngeren theaterwissenschaftlichen Forschung" - wie die Kapitelüberschriften lauten. Im Abschnitt zur "anthropologischen Performancetheorie" (= wissenschaftlicher Kontext I) beschreibt sie die Affinität der westlichen Avantgarde um 1900 sowie in den 1960er Jahren zum außereuropäischen Theater und zu Ritualen. Die "Postcolonial Studies" bilden für Regus den "wissenschaftlichen Kontext II". 'Postkolonialismus' wird deskriptiv und programmatisch benutzt, der Begriff beschreibt die Zeit nach der Unabhängigkeit der Kolonien, was – nach Regus – problematisch ist, da es unterschiedlichste Formen von Kolonialismus gibt. Programmatisch wird er insofern gebraucht, als er als kritische Reaktion auf den Kolonialismus gedacht ist und die Emanzipation der ehemals Kolonisierten zum Ziel hat. "Zentral für die postcolonial studies insgesamt sind also die Frage nach und die Kritik an der Repräsentation des Anderen." (S. 30) Und hier ist für Regus der Anknüpfungspunkt zu Theaterformen, die nicht der naturalistisch-psychologischen Ästhetik verbunden sind, die sich bewusst einer eindeutigen Dekodierung verweigern, wie es die neuen Formen des interkulturellen Theaters kennzeichnet. Das Problem in der Auseinandersetzung des postkolonialen Diskurses mit diesen neuen Formen liegt in der Fragestellung, denn in ersterem steht nicht die Frage nach der Ästhetik im Vordergrund, sondern die Zielrichtung ist eine politische: "Es geht um Hierarchien und Macht, um Repräsentation und Konstruktion der Anderen als Subalterne." (S. 31) Die "jüngere theaterwissenschaftliche Forschung" gilt als "wissenschaftlicher Kontext III" – so etwa Christopher Balmes Untersuchungen, in welche die postkoloniale Theorie eingeflossen ist. Diese, so Regus' kritische Betrachtung der Vorgehensweise, bezögen sich aber auf die Dramentexte, weniger auf die Aufführungen, die Textualität stehe im Mittelpunkt. Die Problematik des interkulturellen Theaters als Ware auf dem globalen Theatermarkt; die Diskussion von Begriffen wie Exotismus und Orientalismus; die Suche des 'Westens' nach einer 'Authentizität' und 'Reinheit', die auch als Konstrukte schon überholt sind, werden ebenso diskutiert wie die Folgen der Globalisierung auf die Kulturen und die heutige Sicht von Kultur als offen und fließend. Im Weiteren werden das Konzept der Hybridität und das interkulturelle Theater als politisches untersucht. Die betreffenden Ausführungen fasst Regus folgendermaßen zusammen: "Die politische Erfahrung liegt hier in der ästhetischen Erfahrung." (S. 93) Unmittelbar bevor Regus zu ihren Analysebeispielen kommt, wird deren Problematik und Methodik umrissen. Die Aufführungsanalyse als Methodenproblem der Theaterwissenschaft und deren Verbindung mit interkulturellem Theater werden dargelegt, wobei Regus wieder das Fehlen der performativen Ebene in den Analysen kritisiert, was sie durch die hauptsächlich verwendete und auch hier im Zentrum stehende Methode der Analyse – der Theatersemiotik – begründet sieht. Weiters wird auf die Begriffe Performativität und Performance eingegangen; auf die 'Macht des Blickes' sowie auf die Problematik des 'Fassens des Flüchtigen', wie sie Theateraufführungen inhärent ist. Regus will in der Untersuchung des Performativen die sinnlichen Qualitäten einer Aufführung und deren Wirkung auf die Zuseher erfassen; der eigene Blickpunkt, das Bewusstsein, nicht objektiv sein zu können, sollen dabei nicht außer Acht gelassen werden; bewusst bleiben muss ebenfalls, dass – nach Wolfgang Iser – "beim Schreiben, wenn man es als Transformation einer Referenzwelt versteht, etwas Neues entsteht". (S. 111) Im zweiten Teil des Buches werden dann drei Aufführungsanalysen geboten. Unter dem Gesichtspunkt "Zur Performativität von Identität" - so eine weitere Kapitelüberschrift - wird Searching for Home analysiert, eine Theaterproduktion von Ralph Lemon, aufgeführt im Juni 2003 in Berlin. Regus geht von detaillierten Beschreibungen aus, wobei die eigene Subjektivität, wie im theoretischen Teil gefordert, bewusst bleibt. Analysiert werden vielfältige Bezüge der Aufführung, zu Themen wie Rassismus und dessen Begriff und Geschichte, besonders der afro-amerikanischen Bevölkerung der USA (denn um diese geht es vorrangig in Searching for Home). Regus stellt dar, wie hier rassistische Vorstellungen dekonstruiert werden; sie setzt auseinander, in welchen Punkten und mit welchen Methoden diese interkulturelle Produktion über ein kolonialistisches, naturalistisch inszeniertes Drama hinaus geht. Einbezogen wird auch die Performativität von Raum – dieser weiter in Hinsicht auf den Kolonialismus – und wieder 'zurück' zum Titel der Aufführung – Searching for Home – in dem es ja auch um Raum geht. "Geschichte tanzen, das Trauma bezeugen" ist der Ansatz der Analyse von Beyond the killing fields. Diese 'Doku-Performance' vom Regisseur Ong Keng Sen handelt vom Überleben unter dem Pol-Pot-Regime in Kambodscha, basierend auf Erinnerungen von Tänzerinnen. Sehr detailliert und wieder mit Berücksichtigung der eigenen Reaktionen sowie anderer Zuseher beschreibt Regus Tanz- und Darstellungsszenen. Auch hier wird eine Fülle von Thematiken vor den Zusehern bzw. Lesern ausgebreitet: Das Schicksal von Künstlern unter dem Pol-Pot-Regime in Kambodscha; die Ästhetik und Lehre des Khmer-Tanzes, der als Ausdruck der höfischen Klasse verboten wurde, die Tänzerinnen meist ermordet; die persönlichen Erinnerungen der überlebenden Tänzerin Em Theay (geboren 1932), die in der Aufführung mitwirkt. "Die Überlieferung performativer Kulturtechniken", seit 2003 von der UNESCO als schützenswert erklärt, wird ebenso diskutiert wie Oral History als Form von Geschichtsschreibung und der Themenkomplex um die Darstellbarkeit von Traumata. "Zwischen Eigenem und Fremden: Translation, Transformation, Fremdverstehen" unter diesem Titel wird die Inszenierung El automóvil gris (Das graue Automobil) des mexikanischen Regisseurs Claudio Valdés Kuri aus dem Jahr 2002 analysiert. Vorrangig geht es hier um Translation und Kontextualisierung, um Übersetzung und Transformation, um Fremdverstehen von Sprache und Darstellung. In jeder der drei Aufführungsanalysen findet sich eine beeindruckende Zahl von Themen und Motiven; interessant ist auch die Berücksichtigung der eigenen Emotionen und Widerstände der Analysierenden. Im Schlusskapitel fasst Regus die Ergebnisse zusammen und konstatiert, dass das neue interkulturelle Theater postdramatisch und institutionskritisch ist. In dieser Rezension konnten nur einige Aspekte der wichtigen und interessanten Studie angesprochen werden, die Christine Regus vorgelegt hat. Sowohl die Theorie als auch die Praxis des interkulturellen Theaters sind durch Fülle, Vielfalt und Komplexität gekennzeichnet. Dennoch fehlt mir ein ganz spezifischer Aspekt: Interkulturelles Theater und seine Wirkung in einer bestimmten Region, etwa in einem bestimmten Stadtteil, in dem und für den es gemacht wird, mit und für die Menschen genau dort – also das interkulturelle oder hybride Theater in den Klein- und Mittelbühnen bis zu den Stadttheatern. Ist diese Form von Theater – wie sie in Wien etwa die Gruppe "daskunst" betreibt – notwendig? Was bedeutet sie in diesem regionalen Kontext? Und wie sehen hier die interkulturellen Aspekte aus? Vielleicht kann sich die Autorin in einem Folgeband mit diesen Fragestellungen befassen.
Christine Regus: Interkulturelles Theater zu Beginn des 21. Jahrhunderts. Ästhetik – Politik – Postkolonialismus Bill McDonnell: Theatres of the Troubles. Theatre, Resistance and Liberation in Ireland
Christine Regus: Interkulturelles Theater zu Beginn des 21. Jahrhunderts. Ästhetik – Politik – Postkolonialismus. Bielefeld: transcript 2009, 293 S., ISBN 978-3-8376-1055-0, € 29,80; Bill McDonnell: Theatres of the Troubles. Theatre, Resistance and Liberation in Ireland. Exeter: University of Exeter Press 2008, 254 S., ISBN 978-0-85989-794-5, USD 32,95
Inhaltsverzeichnis 3 1 Einleitung – F. Sionil Josés Rosales Novels, ein Abriss 4 2 Der Begriff des Diskurses 10 3 Postkolonialismus - Grundlegende Bemerkungen 13 3.1 Istak – Vom kolonialen Subjekt zum post-kolonialen Akteur 31 4 Grundbegriffe der postkolonialen Theorie 42 4.1 Hybridität und Authentizität in den Rosales Novels – The Subaltern speaks 52 4.2 Die Ilocanos – Stellvertretend für die Volksgruppen der Philippinen 67 4.3 Klerus und Religion – Die Hybridität einer kolonialen Institution 72 5 Postkolonialismus und die nationale Befreiung 79 5.1 Revolutionäre - Entwicklung des Hasses 83 5.2 Landreform – Grundlegende Wurzel der Ungerechtigkeit 99 6 Unabhängigkeit und Neokolonialismus 103 6.1 Oberschicht – "Der Kuchen gehört uns." 106 6.2 Staat, Militär und Politik – Wem gehört die Macht? 123 6.3 Ausländer – Für alles verantwortlich ? 129 7 Diaspora und Intelligentsia 137 7.1 Intellektuelle – Das Anderssein der Elite 140 8 Gender Studies und Gender Inequality in postkolonialen Gesellschaften 162 8.1 Frauen in den Rosales Novels – Eigentümlich passiv oder doch starke Frauen? 164 9 Orte der Handlung – Von der Peripherie ins Zentrum und zurück 175 9.1 Rosales - Auch die Peripherie hat ein Zentrum 179 9.2 Manila – Das neue Zentrum 186 9.3 Ausland – Traumziel oder Exil: Die wahre Peripherie 191 10 Die Benutzung der Englischen Sprache in post-kolonialer Literatur 193 10.1 Filipino, Englisch oder Spanisch – Sprache in den Philippinen 202 11 Fazit 205 Danke 213 Liste der verwendeten Literatur 214 ; Die Dissertation befasst sich mit der Einordung der fünfbändigen Rosales Sagas des philippinischen National Author Francisco Sionil José in die aiktuelle postkoloniale Theorie und stellt Fragen bezüglich der Bedeutung des Klassenbegriffs in der postkolonialen Theorie, der Notwendigkeit von sozialen Revolutionen in postkolonialen Gesellschaften und der Handlungsfähigkeit der intellektuellen Klasse in gesellschaftlichen Prozessen postkolonialer Nationen. Hierzu wird grundsätzlich eine Definition des Diskursebegriffs ...
Die vorliegende Arbeit behandelt zwei Untersuchungsgegenstände. Einerseits werden die Erfahrungen aus dem Krieg Italiens in Nordafrika behandelt und andererseits wird auf die kulturellen Unterschiede zwischen Italienern und Afrikanern näher eingegangen. Als Basis dafür dienen Il deserto della Libia von Mario Tobino, Tempo di uccidere von Ennio Flaiano, sowie Regina di fiori e di perle von Gabriella Ghermandi und Asmara addio von Erminia dellOro.Das Schaffen der vier AutorInnen ist dem Postkolonialismus zuzuordnen. Aus diesem Grund erfolgt eine Erklärung dieses Begriffes, ein Hinweis auf seine wichtigsten Kritiker und auf den italienischen Postkolonialismus. Weiters wird auf die Geschichte der Länder Libyen, Äthiopien und Eritrea näher eingegangen.Da die zwei männlichen Autoren selbst in der Zeit des Zweiten Weltkrieges gegen Nordafrika gedient haben, fließen ihre eigenen Erfahrungen in ihre Werke ein, und der Leser bekommt dadurch einen Einblick in den Kriegsalltag. Die beiden weiblichen Autorinnen gehören der zweiten Generation an, daher wurden ihnen die Ereignisse im Krieg nur erzählerisch vermittelt. In ihren Texten spielen die geschichtlichen Ereignisse eine größere Rolle als bei den beiden männlichen Autoren. Nichtsdestotrotz schaffen auch sie durch ihre Werke einen wichtigen Beitrag zur Verarbeitung der Geschichtsperiode, in der die vier Texte angesiedelt sind. Weitere Themen in der vorliegenden Arbeit sind die Kriegsverbrechen, der Rassismus, die militärische Ausrüstung, sowie eine Beschreibung der afrikanischen Widerstandskämpfer und der einheimischen Bevölkerung.Durch ihre Darstellungen leisten Mario Tobino, Ennio Flaiano, Gabriella Ghermandi und Erminia dellOro einen großen Beitrag zur Auslegung des italienischen Postkolonialismus und zum Verständnis der gemeinsamen Geschichte Italiens und Afrikas. ; The present thesis deals with two different objects of investigation. On the one hand the experiences of Italys war in North Africa are treated and on the other hand the cultural differences between Italians and Africans are discussed. The present work is based on the four postcolonial works Il deserto della Libia by Mario Tobino, Tempo di uccidere by Ennio Flaiano, Regina di fiori e di perle by Gabriella Ghermandi and Asmara addio by Erminia dellOro. As the four texts can be attributed to postcolonialism, the term of postcolonialism will be explained. Moreover, the present thesis will give an overview of the most important critics of it and describes the Italian postcolonialism. At least the history of the countries of Libya, Ethiopia and Eritrea will be discussed. Since the two male authors served against North Africa during the Second World War, their own experience influenced their works permitting the reader to get an insight into the experience of war. The two female authors belong to the second generation, because the events in the war were conveyed to them only on a narrative way. The historical events play a greater role in their texts than in the case of the two male authors. Nevertheless, the two females make an important contribution to the processing of the period of history in which the four texts are located. Other topics treated in the present thesis are crimes, racism, the military equipment, as well as a description of the African resistance fighters and indigenous population. Through their representations Mario Tobino, Ennio Flaiano, Gabriella Ghermandi and Erminia dellOro make a great contribution to the interpretation of Italian postcolonialism and the understanding of the common history of Italy and Africa. ; vorgelegt von Cornelia Flechl, Bakk. phil ; Abweichender Titel laut Übersetzung des Verfassers/der Verfasserin ; Zusammenfassungen in Deutsch und Englisch ; Karl-Franzens-Universität Graz, Masterarbeit, 2017 ; (VLID)2260767
Salman Rushdie, Arundhati Roy und Aravind Adiga tragen mit ihren Romanen zu einem repräsentativen Querschnitt zeitgenössischer Anglo-Indischer Literatur bei. Die drei Autoren wuchsen unter ungleichen regionalen und sozioökonomischen Bedingungen auf und verfassten ihre Werke in unterschiedlichen Jahrzehnten nach der Unabhängigkeit Indiens, was sich in ihren Werken widerspiegelt. Daher ist das Ziel dieser Arbeit, durch die Analyse und die Gegenüberstellung der Werke, Rückschlüsse über postkoloniale Themen und ihre Erzähltechniken zu gewinnen. Hybridität, Macht in all ihren Ausprägungen, postkolonialer Feminismus und Globalisierung stellen grundlegende Aspekte in den behandelten Werken dar. Rushdies Midnight?s Children gilt aufgrund seiner Schilderungen über Indien, unter der Verwendung von magischem Realismus, historiografischer Metafiktion und der Koppelung von persönlicher und nationaler Geschichte, als Meilenstein auf dem Gebiet der postkolonialen anglo-indischen Literatur. Weiteres wird der Schreibprozess an sich problematisiert und durch den Protagonisten reflektiert, der genau um Mitternacht, als die neue Nation ausgerufen, geboren wird. The God of Small Things von Roy thematisiert die Rolle der Frau und das Kastensystem in der indischen Gesellschaft und macht auf Umweltprobleme des Subkontinents aufmerksam. Die Geschichte wird Großteils durch die Sichtweise von Kindern vermittelt und hinterlässt dadurch beim Leser einen noch dramatischeren Eindruck. Adigas The White Tiger spielt im 21. Jahrhundert und schildert die immer größer werdende Kluft zwischen arm und reich und den Kontrast zwischen Dörfern ohne Infrastruktur und den hochmodernen IT-Megastädten in Indien. Aufgrund der Fülle an vorliegenden Themen könnte das Spektrum dieser Arbeit problemlos durch politische Aspekte wie den Kommunismus und Marxismus, denen in allen drei Werken eine wichtige Rolle zukommt, erweitert werden. ; The Indian-English authors Salman Rushdie, Arundhati Roy, and Aravind Adiga contribute with their works to a representative cross section in postcolonial Anglo-Indian literature. They did not only write their stories in different decades after India?s independence, but they also come from different regional and social backgrounds, which are reflected in their novels. By analysing and comparing the novels with each other, this thesis aims at drawing representative conclusions about prevailing postcolonial themes and narrative techniques in contemporary Anglo-Indian literature. Hybridity, power in its various forms, postcolonial feminism, and globalisation are recurring and essential themes that shape these works; however, permitting the novels to preserve their individuality. Rushdie?s Midnight?s Children centres on the impact of its protagonist?s birth at the precise instant of India?s arrival at independence, which ties him closely to his nation?s faith. After the British left India, there are still conflicts and struggles for power and religiously motivated conflicts between Muslims and Hindus. These themes are presented through experimental narrative techniques such as magic realism, historiographic metafiction, the linking of personal and national history and a highly symbolic language. The God of Small Things by Roy is more concerned with power structures in Indian society, the role of women, the caste system and environmental issues by perceiving the world through children?s eyes. Adiga?s The White Tiger, however, portrays the gap between the rich and the poor in India and the contrast between rural villages and highly modernized IT cities. The novels? wealth of themes would easily permit to analyse further themes, e.g. communism and Marxism, which are strongly connected to postcolonialism in India and also play a prominent role in the novels. ; vorgelegt von Gudrun Hammer ; Abweichender Titel laut Übersetzung der Verfasserin/des Verfassers ; Zsfassung in dt. und engl. Sprache ; Graz, Univ., Dipl.-Arb., 2013 ; (VLID)226646
Mit Ankunft der Kolonialmächte begann für indigene Menschen in Brasilien 1500 der Prozess der Akkulturation. Die vorliegende Masterarbeit gibt eine Übersicht über die Lebensbedingungen und Perspektiven indigener Menschen innerhalb des Akkulturationsprozesses in Brasilien. Die Arbeit fragt zum einen nach der politischen Kultur und wie diese einem indigenen Emanzipationsprozess gegenüber eingestellt ist. Zum anderen erfolgt eine Beschreibung des Status quo der Akkulturation und zeigt wie sich die Lebensrealität der Indigenen entwickelt hat. Dies geschieht anhand einer mehrdimensionalen Analyse der brasilianischen Systemdeterminanten, welche die Situation der Indigenen maßgeblich gestalten. Dadurch werden politische, rechtliche, strukturelle, ökonomische und gesellschaftliche Herausforderungen deutlich. Das theoretische Fundament der Arbeit besteht aus verschiedenen Ansätze der Akkulturationsforschung, welche die Besonderheiten der indigenen Akkulturation, den Postkolonialismus, das Konzept der Hybridität, die Identitätspolitik und das Spannungsfeld von Authentizität und Indigenität einschließt.Die Ergebnisse der Forschung zeigen, dass indigene Menschen in Brasilien sich an einem entscheidenden Punkt innerhalb ihres Empowerment befinden. Es wurde deutlich, dass die politischen Sphären, Institutionen und große Teile der brasilianischen Zivilgesellschaft von einer postkolonialen Denkweise geprägt sind. Zusätzlich wurde erkannt, dass die indigene Bevölkerung grob in zwei Gruppen aufgeteilt werden kann: Indigene, die noch in Stammesgebieten wohnen und ihre traditionelle Lebensweise weitgehend fortführen sowie Indigene, die in urbanen Regionen leben und weitgehend die moderne Lebensweise übernommen haben. Die Akkulturationserfahrung Indigener kann nicht generalisiert werden, da jeder indigene Mensch und jedes indigene Volk auf einzigartige Herausforderungen innerhalb des Akkulturationsprozess trifft. ; For indigenous peoples worldwide the process of acculturation started with the arrival of the European colonial forces. This master thesis gives an overview of living conditions and the perspective of indigenous peoples within the process of acculturation in Brazil. This thesis investigates to what extent Brazils political culture supports the empowerment of indigenous people. Furthermore this work asks for the status quo of indigenous acculturation and shows the development of the life conditions of indigenous people. This is done by means of a multi-layered analysis of the position of the indigenous population within Brazilian society. Thereby political, juridical, structural, economic and social challenges become clear. The theoretical foundation of this work consists of different approaches of acculturation research, which includes amongst others the particularities of indigenous acculturation, post-colonialism, the concept of hybridity, identity policy and the area of tension of indigeneity and authenticity.The results of this research show, that indigenous people in Brazil have reached a critical point in their process of empowerment. It became clear, that political spheres, institutions and large parts of the Brazilian civil society are marked by a deeply rooted postcolonial way of thinking. This is complicating the emancipation as a marginalised population group. Indigenous people can be roughly subdivided into two groups: traditionally indigenous and modern-orientated people. The experience of acculturation itself can't be generalized, as every indigenous individual or every tribe encounters unique challenges within their process of acculturation. ; Sharin Mareike Elisabeth Kleeberg ; Zusammenfassungen in Deutsch und Englisch ; Abweichender Titel laut Übersetzung des Verfassers/der Verfasserin ; Karl-Franzens-Universität Graz, Masterarbeit, 2019 ; (VLID)3683244
In ihrem Buch "Cultivating Humanity" formuliert Martha Nussbaum folgenden Appell: "(…) die Welt um uns herum ist unausweichlich international. Themen vom Handel bis zur Landwirtschaft – über die Menschenrechte bis hin zu der Linderung von Hungersnöten – fordern uns dazu heraus, den Blick über eng gefasste Gruppenloyalitäten hinaus zu wagen und weit entfernte Lebenswirklichkeiten zu berücksichtigen. (…) Die Kultivierung unserer Menschlichkeit in einer komplexen und ineinander verflochtenen Welt, bedarf eines Verständnisses über die Art und Weise in der gemeinsame Bedürfnisse und Ziele in unterschiedlichen Lebensverhältnissen je verschieden identifiziert und verfolgt werden" (1997, 10). Diese Forderung, die das liberale westliche Individuum dazu aufruft, sich angesichts zunehmender globaler Interdependenzen für Belange verantwortlich zu zeigen, die über das jeweilige Eigeninteresse hinausgehen, erscheint auf den ersten Blick als ein überaus lobenswertes Unternehmen.
Welche Inspirationen und Anforderungen ergeben sich aus dem Projekt der 'Dekolonisierung' der Soziologie auf der theoretischen, konzeptionellen und empirischen Ebene für die deutsche soziologische Debatte? Die im Band versammelten Beiträge bieten erste Versuche zur Beantwortung dieser Fragen. Während Selbstreflexivität großgeschrieben wird, mangelt es auch diesem Band noch an empirischer Fundierung der postkolonialen Kritik. ; Which inspirations for and demands on the debate in German sociology spring from the project of "decolonizing" sociology at the theoretical, conceptual, and empirical levels? The collected essays in this volume offer an initial attempt at answering these questions. While self-reflexivity is treated with great importance, the volume still lacks an empirical basis in postcolonial critique.
Anfang des 20. Jahrhunderts regierte Europa über ca. 85% des globalen Territoriums in Form von Kolonien, Protektoraten und Dependancen. Die koloniale Expansion war ein exorbitanter und gewalttätiger Prozess, der durch Ausbeutung, Versklavung und Diebstahl charakterisiert war. Es stellt sich deswegen die Frage, warum sich innerhalb der westlichen wissenschaftlichen Disziplinen lange Zeit nur eine kleine Minderheit diesem Ereignis analytisch angenommen hat. Keine große intellektuelle Anstrengung ist vonnöten, um zu verstehen, dass eine solch massive territoriale Expansion, die zum Teil über Jahrhunderte gewaltvoll erhalten wurde, erstens nicht nur durch militärische Präsenz möglich war, zweitens nicht mit der bloßen formalen Unabhängigkeit der kolonisierten Staaten zu einem Ende kommen konnte und schließlich kaum nur Spuren in den kolonisierten Ländern hinterlassen haben kann, sondern auch den globalen Norden prägten. Postkoloniale Studien nähern sich dieser Komplexität und irritieren dabei die Vorstellung einer zwangsläufigen, geradezu naturwüchsigen, kolonialen Beherrschung durch Europa. Sie werfen einen Blick auf die Mannigfaltigkeit kolonialer Interventionen und deren Wirkmächtigkeit bis in die heutigen Tage (etwa Randeria/Eckert 2009).
Christine Löw setzt sich in ihrer politikwissenschaftlichen Dissertation mit dem postkolonial-feministischen Denken Gayatri C. Spivaks auseinander und zielt in ihren sorgfältigen, überwiegend affirmativen Ausführungen darauf, Spivaks Überlegungen für die Politikwissenschaft nutzbar zu machen. Hierzu diskutiert sie deren theoretische Verortung in kritischen Ansätzen von Marxismus, Feminismus und Dekonstruktion sowie ihre Reflexionen zur epistemischen Gewalt westlichen Denkens gegenüber dem Süden und illustriert ihre Thesen zur Subalternität an vier ausgewählten politischen Themenfeldern. Zentrale Verdienste des Buches liegen darin, Spivaks Arbeiten in den deutschsprachigen sozialwissenschaftlichen Kontext einzuschreiben und weiterführende Forschungsfragen zu Globalisierung und Erkenntnisproduktion aufzuwerfen. ; Christine Löw's dissertation (in the field of Political Science) examines Gayatri C. Spivak's postcolonial-feminist thinking. In her careful, mainly affirmative explanations she aims at utilizing Spivak's considerations for Political Science. To this end, she discusses their theoretical position within critical approaches of Marxism, feminism, and deconstruction as well as her reflections on epistemic violence of western thinking against the south while also illustrating her theses on subalternity with four selected political topics. Situating Spivak's works within the context of German-speaking social science and posing additional research questions on globalization and production of knowledge are the main achievements of this book.
Zunächst werden die Entstehung postkolonialer Kritik und ihre Basis früher antikolonialer Widerstände (Fanon) zeitlich, geografisch und disziplinär verortet. Saids Orientalismus- Kritik der westlichen Wissenschaft wird als Wende in der Kolonialismusanalyse aufgefasst. Hybridität, Mimikry, Differenz und Ambivalenz bei Bhaba sind Konzepte gegen Neonationalismen. Spivak fragt nach der Repräsentation der Subalternen, elaboriert epistemische Gewalt, Essentialisierung, 'Othering' und verbleibt in Säkularismus. Mbembe prägt wesentlich den Begriff Postkolonialismus und erarbeitet aus der Biopolitik die Nekropolitik. Dekoloniale Theorien beziehen sich geografisch auf 'Lateinamerika' und zeigen die Folgen der Kolonisierung seit dem 15. Jahrhundert bis in die Gegenwart (Quijano, Dussel, Mignolo). Die Ablehnung dekonstruktivistischer Zugänge in dekolonialen Ansätzen wird im Vergleich zu postkolonialen kritisiert. Insbesondere wird der Frage der Religion innerhalb postkolonialer Debatten nachgegangen. Damit verbunden ist das Ende der traditionellen Säkularisierungsthese (Casanova). Postkolonial erarbeitet Asad die Existenz verschiedener Säkularismen und kritisiert Neo-Orientalismus. Mahmood zeigte Subjektformation, Handlungsmacht und menschliches Blühen im Kontext von Religion. In meiner Arbeit, die epistemologisch vorgeht, verstehe ich Religion und Säkularität sowie Geschlecht als intersektionale, diskursive und performative Kategorien der Wissensproduktion. Subjektive deessentialisierte religiöse Erfahrungen und Perspektiven können als Beitrag zum radikalen sozialen Imaginären und zur Instituierung einer solidarischen Gesellschaft konzeptualisiert werden. Ein Sonderproblem der gegenwärtigen Forschung bleibt das Identitätskonzept.
In spite of its ironic posture, Christian Kracht's novel Imperium (2012) contains a serious criticism of civilization, which is illustrated along the protagonist August Engelhardt. Through the fictionalization of this historical character, the novel critically reflects German colonialism, but also the "German madness" (Setz 2015: 155). This way, Imperium highlights the dialectical dimensions of culture as well as of colonialism and thus calls for a postcolonial reading. The aim of this study is to work out that Kracht's novel Imperium by means of the fictionalization of the historical figure August Engelhardt offers a postcolonial perspective on the colonial as well as totalitarian ambitions of the Wilhelminian Era. This perspective is intensified through a critical view in sense of the cultural criticism that was developed by Horkheimer and Adorno in the Dialectic of Enlightenment (2006). Doing so, the novel presents the inhuman dimensions of unilateral concepts in a remarkable way. After mapping out the theoretical foundation of the study in the context of Postcolonial German Studies and outlining of the interrelations of cultural criticism and postcolonial approaches, I will investigate the critical dimension of the novel with regard to the progress optimism as well to the German colonial expansion politics at the end of the 19th and the beginning of the 20th century. Thereby, I will concentrate on the ambivalent protagonist August Engelhardt and his strange philosophical ideas, which celebrate the coconut as a sacred fruit. Based on the regression of the protagonist, the subversions of the colonial discourse will be explored with respect to the arguments of Horkheimer and Adorno.
Eritreas Hauptstadt Asmara beherbergt eine der größten Sammlungen von Architektur der Moderne weltweit und wurde 2017 von der UNESCO als Weltkulturerbe aufgenommen. Am Beispiel der Konstruktion von "Bella Asmara" lässt sich zeigen, wie sich hegemoniale kulturelle Repräsentationsregime auf lokaler und globaler Ebene des kolonialen Architekturerbes von Asmara bedienen. Handelt es sich dabei einzig und allein um ein Rebranding der kolonialen Architektur des Faschismus für die touristische Nutzung? Die Analyse wird aus diskurstheoretischer Perspektive durchgeführt, um das Problem in seiner Ganzheit fassen zu können. So lässt sich zeigen, welche Narrative verwendet werden, um Verbindlichkeiten zu erzeugen und wie kulturelle Identitäten in einem radikalen Sinn politisch werden. Der Text beleuchtet kritisch die illusorische Verortung von Authentizität im nostalgischen Rückbezug auf das nationale Erbe und die Strategien der global players in der "Jagd nach den Trophäen der Moderne in Afrika". Der Akt der Dekonstruktion von Bella Asmara die Offenlegung des Moments der Dislokation gibt den Blick frei auf die Antagonismen der hegemonialen diskursiven Ordnung der jeweiligen Repräsentationsregime, die beteiligten Akteure und deren Ziele. Anhand verschiedener fragmentarischer Porträts von Asmara außerhalb von Eritrea soll abschließend gezeigt werden, wie das koloniale Erbe im Kontext von Globalisierung, Migration und neuer Medien rezitiert wird und welche Diskursverschiebungen dabei stattfinden. ; Peter Volgger ; Refereed/Peer-reviewed ; (VLID)2218577