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Das Verhältnis zwischen Öffentlichkeit und Religion ist einer der großen Klassiker der Geistesgeschichte, der bis heute nichts von seiner Bedeutung eingebüßt hat. Mit großer Regelmäßigkeit rekurrieren Soziologen und Politikwissenschaftler auf eine Rückkehr der Religionen in den öffentlichen Raum. Im Zuge von Säkularisierung, Globalisierung und Digitalisierung stehen moderne Öffentlichkeiten und Religionen in einem stetig komplexeren Netz wechselseitiger Transformation. Einen besonderen Kristallisationspunkt dieses intensiven Wechselverhältnisses bilden die beiden großen Schlüsselthemen öffentliche Bildung und universitäre Forschung. Die im vorliegenden Band versammelten Beiträge beleuchten schlaglichtartig einige ausgewählte Aspekte in diesem weiten Feld vom Ende des 18. Jahrhunderts bis in die Gegenwart.

Pierre Hayat
Laizität, Religionserziehung und Gesellschaft : zurück zu Dürckheim ?
Die Laizität wendet sich erneut Dürckheim zu, Vordenker für religiöse Erziehung und sozialen Zusammenhalt. Dürckheim hat zur Ausbildung der laizistischen Moralvorstellungen der Dritten Republik beigetragen, indem er eine gesellschaft liche Moral verknüpft mit Reformsozialismus und Patriotismus ohne Nationalismus vertrat. Diese Wertschätzung der sozialen Existenz wird begleitet von dem Eingeständnis der grundlegenden Bedeutung der Religion in der Gesellschaft. Als überzeugter Rationalist findet Dürckheim Zugang zu einer Dimension des Religionsverständnisses, die über den normalen kirchlichen Rahmen hinausgeht, und verleiht dem Bedürfnis der laizistischen Gesellschaft Ausdruck, als heilig erlebte gemeinsame Werte zu haben. Der Kult des Menschen als Person ist das Herzstück eines moralischen Individualismus, Werk der modernen demokratischen Gesellschaft. Wenn sie auch nicht die soziale Ordnung legitimieren will, trägt die etwas verwirrende Parallele von Göttlichkeit und Gesellschaft zu einer Neubeurteilung der Solidarität, der Liebe zur Gerechtigkeit und des gemeinsamen Handelns bei, in einer Gesellschaft, in der die Menschen individuell dazu angehalten werden, ihr Tun selbst zu rechtfertigen und zu begründen.