Der Verfasser gibt zunächst einen Überblick über das vielfältige Angebot an Ersatzreligionen, wobei er zwischen Ersatzreligion und Quasi-Religion differenziert. Er zeigt dann an einigen Beispielen auf, wie die These vom Säkularismus als Ersatzreligion verstanden werden kann, und greift hierzu auf den Bonner Fundamentaltheologen Albert Lang, auf Alfred Müller-Armack und Eric Voegelin zurück. Auch der Säkularismus weist, wie gezeigt wird, unterschiedliche Facetten auf. Dazu gehören der Wissenschaftsglaube als neue Religion, eine kämpferisch-religionskritische Variante und eine technokratische Variante. Der neue Säkularismus ist weniger eine Kritik an Religion als eine Kritik am Monotheismus. Ob er eine Basis für Freiheit und Humanität bilden kann, bleibt zweifelhaft. (ICE)
Der Autor setzt sich mit dem Säkularisierungstheorem als religionspolitischem "common sense" in der Politikwissenschaft kritisch auseinander. Mit diesem Theorem gingen insbesondere drei entwicklungstheoretische Annahmen einher: die Ausdifferenzierung von Politik und Religion, die Erosion des Christentums und der Rückzug der Religion in die private Sphäre. Angesichts der hohen Motivationskraft religiöser Überzeugungen hält es der Autor für notwendig, eine Korrektur des Säkularisierungstheorems und der normativen Bestimmung des Verhältnisses von Religion und Politik vorzunehmen. Er rekonstruiert hierzu zum einen die jüngere religionssoziologische Diskussion um das Säkularisierungstheorem und hinterfragt diese hinsichtlich ihrer Konsequenzen für die Interpretation des empirischen Verhältnisses von Religion und Politik. Er erörtert zum anderen die normative Forderung nach der Privatisierung des Religiösen als ein Beispiel des politikwissenschaftlichen Säkularismus. Nach seiner Auffassung sind weder der Säkularismus des liberalen und vermeintlich neutralen Staates, noch der Rekurs auf christlich-naturrechtliche Grundsätze eine geeignete verfassungsrechtliche Lösung des Verhältnisses zwischen Religion und Politik, da die fortschreitende Pluralisierung den politischen Grundkonsens zunehmend ausdünnt. Auch der von John Rawls vorgeschlagene "overlapping consensus", der auf eine verbindliche Letztbegründung verzichtet, ist seiner Meinung nach ungeeignet. Statt dessen schlägt der Autor vor, die Lösung dieser Konflikte dem Dialog der sich wechselseitig als Gleiche anerkennenden Parteien zu überlassen. Dies setzt eine Konfliktkultur mit entsprechenden politischen Tugenden voraus, die vom Christentum zehren könnte, aber es sollten auch neue Tugenden entwickelt werden. Ein solches Gemeinwesen wäre dann ein "vollends säkularisiertes, weil nicht säkularistisches Gemeinwesen". (ICI2)
Hinsichtlich der Leitfrage, ob die von Hermann Lübbe herausgestellte Bedeutungsdimension des "Secularism" für eine Religionsstiftung auch eine ausgesprochen religiöse Absicht einschloss, entwickelt der Autor einen sowohl empirischen als auch hermeneutischen Zugang zur Vorgeschichte der zeitdiagnostischen Verwendung dieses Begriffs. Er unternimmt dies auf der Grundlage von jüngst ausgewerteten Selbstzeugnissen zahlreicher Mitglieder eines britischen, zwischen den Jahren 1850 und 1885 aufgebauten Verbandes, dessen örtliche Mitgliedervereine sich als "Secular Society", "Secular Institute" oder als "Secular Federation" bezeichneten. Die Frage, ob der britische Verband möglicherweise selbst etwas Religionsartiges anstrebte, wird in drei Schritten untersucht: Der erste rekonstruiert eine zeitgenössische und von außen her eingenommene Sichtweise auf den Verband und seine Ziele. Der zweite stellt dieser Außenansicht das damalige Selbstverständnis einer kleinräumig strukturierten Öffentlichkeit gegenüber. Der dritte Schritt zeigt die Praxis auf, in der sich jenes Selbstverständnis herausbildete, festigte und schließlich in einer breiteren Öffentlichkeit behaupten konnte. (ICI2)