Mit dem Begriff Sozialer Wandel wird zum Ausdruck gebracht, dass sich soziale Strukturen in einem dauernden Fluss befinden. Sie verändern sich jedoch nicht nach einem gleichsinnigen Modus, sondern meistens so, dass sich die politischen, rechtlichen und kulturellen Tatsachen, der "Überbau" nach Karl Marx, gegenüber technischen Neuerungen und Innovationen im Produktionsbereich in einem Cultural Lag (Ogburn 1967) befinden.
Nach der Theorie der sozialen Identität (Tajfel 2010) sind zwei hauptsächliche Mechanismen auszumachen, mittels derer der aktuelle soziale Wandel soziale Identitäten bedrohen können. Zum einen vermehren sich durch Prozesse wie Individualisierung, Pluralisierung der Lebensformen oder kultureller Diversifizierung die Optionen sozialer Kategorisierung, was zu einer Art "kognitivem Overload" und damit zu Verunsicherung führen kann (Hermans, Dimaggio 2007). Zum anderen erfahren zahlreiche soziale Kategorien eine deutliche Umwertung: Beispielsweise werden neue Familienformen aufgewertet, traditionelle Lebensweisen und Geschlechterrollen abgewertet. Verunsicherung und sinkende soziale Anerkennung (insbesondere auch die Abwertung als vormals superior erachteter Kategorien) wecken aber für weite Teile der Bevölkerung das Bedürfnis nach Vereinfachung und Wiederherstellung alter Anerkennungsordnungen (Fukuyama 2019), was "populistischen" Politikstilen entgegenkommt. Obwohl sich diese These zunehmender Beliebtheit erfreut, stehen empirische Belege der Auswirkungen der Bedrohung sozialer Identitäten weitgehend aus. Die aktuelle Studie will dieses empirische Defizit vermindern. Basierend auf einer deutschlandweiten Online-Studie (n=1003, geschichtet nach alten/neuen Bundesländern) untersucht sie die Effekte von Identitätsverunsicherung und Anerkennungsdefiziten hinsichtlich vierer bedeutsamer sozialer Kategorien auf unterschiedliche Dimensionen populistischer Einstellungen. Die Ergebnisse machen deutlich, dass die bislang übliche Gegenüberstellung einer eher ökonomisch ausgerichteten "Modernisierungsverliererthese" (Bisbee et al. 2019) und eine kulturalistisch ausgerichteten "Backlash-These" (Inglehart, Norris 2017) zur Erklärung populistischer Einstellungen eher Scheingegensätze beschreiben. Zentral für die Ausbildung populistischer Einstellungen sind Identitätsbedrohungen. Diese resultieren aus Verlusten sozialer Anerkennung, die sich sowohl aus reinen Wertkonflikten ergeben können (z.B. Abwertung traditionaler Lebensformen), als auch aus ökonomisch fundierten Konflikten (Abwertung gering qualifizierter Arbeit etc.). Die Theorie sozialer Identität legt damit einen bedeutsamen psychologischen Mechanismus offen, der erklärt, wie und unter welchen Umständen Prozesse sozialen Wandels sich in populistischen politischen Einstellungen niederschlagen.
Zuwanderung und eine Diversifizierung der städtischen Gesellschaft sind ebenso Kennzeichen von Kleinstädten wie von Mittel- und Großstädten. 2017 hatten knapp 20 Millionen Menschen (24 %) in Deutschland einen Migrationshintergrund, bei den Kleinstädten bis 20.000 Einwohnern lag ihr Anteil bei 18 %. Der vorliegende Aufsatz basiert maßgeblich auf Ergebnissen des Projektes "Vielfalt in den Zentren von Klein- und Mittelstädten - sozialräumliche Integration, städtische Identität und gesellschaftliche Teilhabe" des Deutschen Instituts für Urbanistik (Difu). Betrachtet wird eine Kleinstadt (Michelstadt) und drei kleinere Mittelstädte (Germersheim, Mühlacker und Zittau), die sich im Rahmen des Projektes an einer Auswertung der Einwohnermelderegister zu den sozialstrukturellen Merkmalen und zur sozialräumlichen Verteilung der zugewanderten Bevölkerung beteiligten. Die Kommunen haben aufgrund ihrer industriell geprägten Wirtschaftsstruktur einen vergleichsweise hohen Anteil zugewanderter Bevölkerung, wobei sich west- und ostdeutsche Städte hinsichtlich Anteil und Herkunft der Zuwanderergruppen unterscheiden. Es sind Konzentrationen von Zugewanderten vor allem in der Innenstadt feststellbar, doch homogene ethnische Viertel sind nicht vorzufinden. Die Fluchtzuwanderung in den letzten Jahren hat den Blick auf Migration und Integration in den Städten verstärkt, in einigen war sie Auslöser für den Erstaufbau von Strukturen kommunaler Integrationspolitik. Auch wenn das Zusammenleben zugewanderter und einheimischer Bevölkerung weitgehend konfliktfrei verläuft, wird es eher als ein Neben- denn als ein Miteinander wahrgenommen. In allen Städten ist die mangelnde Beteiligung der Zugewanderten an der Gestaltung des Gemeinwesens und der lokalen Politik als Thema virulent. Die Förderung von Begegnung und Dialog wird als ein zentraler Baustein zur Verbesserung der Integration und der Teilhabechancen der zugewanderten Bevölkerung erachtet. ; Immigration and the diversification of urban society are as characteristic of small towns as they are of medium-sized towns and cities. In 2017 almost 20 million people (24 %) in Germany had migration backgrounds, in small towns with up to 20,000 inhabitants they accounted for 18 % of the population. This article is primarily based on the results of the project 'Diversity in the centres of small and medium-sized towns - social-spatial integration, urban identity and societal participation' (Vielfalt in den Zentren von Klein- und Mittelstädten - sozialräumliche Integration, städtische Identität und gesellschaftliche Teilhabe) by the German Institute of Urban Affairs (Deutsches Institut für Urbanistik, Difu). The project examined one small town (Michelstadt) and three relatively small medium-sized towns (Germersheim, Mühlacker and Zittau). The registers of residents in these towns were evaluated in terms of the socio-structural characteristics and socio-spatial distribution of the immigrant population. Due to their industrial economic structure the municipalities have a comparatively high proportion of immigrant residents, although the West and East German towns differ in terms of the proportion and origin of migrant groups. Immigrants are particularly concentrated in the town centres although no homogenous ethnic neighbourhoods were found. The refugee migration of recent years has drawn attention to migration and integration in the towns, in some cases it triggered the hitherto neglected development of structures of municipal integration policy. Even though the immigrant and local populations largely coexist peacefully this is perceived as living alongside one another rather than with one another. In all the towns the lack of participation by immigrants in shaping municipal life and local politics is a virulent topic. Promoting contact and dialogue is thus seen as a central issue towards improving integration and opportunities for the participation of the immigrant population.
Die vorliegende Masterarbeit mit dem Thema "Sozialer Wandel im Kontext der Digitalisierung: Ist die Autonomie des Menschen in Gefahr?" soll einen Überblick über den Einfluss der Industriellen Revolution auf die Gesellschaft geben. Geprägt durch die Epochen der Industriellen Revolution 1.0 bis 3.0, steht der Gesellschaft ein weiterer Wandel bevor, nämlich die Digitale Revolution 4.0. Durch die bereits angelaufene Epoche erlebt die Menschheit eine neue Ära in Sachen Technologie. Neben Robotern und Künstlicher Intelligenz betrifft dieser Wandel nicht nur Bereiche wie Politik und Wirtschaft, sondern ganze Zivilisationen. Anzeichen findet man bereits im Kommunikationsverhalten der Menschen, welches sich stark durch die Internettechnologie in das World Wide Web verabschiedet hat. Des Weiteren drängen immer mehr Menschen in den urbanen Raum. Daher wird sich durch die Ansiedelung in den sogenannten "Smart Cities" eine intelligente Stadt -, die ressourceneffizient und umweltfreundlich gebaut wird, eine neue Gesellschaft entwickeln. Die Entscheidungsträger der Politik stehen vor der Herausforderung, die Gesellschaft auf diesen Wandel vorzubereiten. Auch gilt es das Gesellschaftssystem dahingehend anzupassen und vorzubeugen, um nicht durch die Eigendynamik der Digitalisierung überholt zu werden. Vor allem der Bildungssektor, das Rechtssystem und das Gesundheitswesen werden stark vor der digitalen Dynamik beeinflusst. Ausserdem wird durch die Digitale Revolution 4.0 das Autonomieverhalten der Menschheit stark in Frage gestellt werden, da künftig die Künstliche Intelligenz das Entscheidungsverhalten der Menschen abnehmen könnte. ; This thesis deals with the topic "Social Change in the Context of Digitalization: Is the Autonomy of the Human Being at Risk?" It provides an overview of the influence of the Industrial Revolutions of the human mankind. Previous Industrial Revolutions, such as the Industrial Revolutions 1.0, 2.0 and 3.0, brought changes and challenges to the human mankind. Society is facing now a new transformation by Digital Revolution 4.0. Through this period, which is already in progress, the human mankind is entering into a new era of technology, which also affects politics and the economy. This change will have an impact to entire civilizations. It has already reached the way of communication between people, which has been strongly pushed by the developments in internet technology, such as the World Wide Web. Furthermore, the people move more and more into urban areas. Therefore, the establishment of Smart Cities, are intelligent cities built resource-efficient and environmentally friendly, will develop a new society in the future. This will urge policymakers and lawmakers to prepare citizens for this change as they need to adapt their system accordingly. The public sectors, which will be influenced the most by this dynamics are the education sector, the legal system and the healthcare sector. Furthermore, the autonomy of human being will be strongly challenged by the Digital Revolution 4.0, because the artificial intelligence could take away the decision-making of humans in the future, if predictions are right. ; vorgelegt von Gernot Liebmann ; Zusammenfassungen in Deutsch und Englisch ; Abweichender Titel laut Übersetzung des Verfassers/der Verfasserin ; Karl-Franzens-Universität Graz, Masterarbeit, 2018 ; (VLID)2763543
In precolonial Minahasa, feasts served to represent the cosmological unity between the supematural world of ancestors and the world of living human beings. The changes introduced by Dutch colonization and Protestant missionary activities transformed both the tribal organization and animistic religion of Minahasans, there by establishing a Christian society based on perennial cash-crop agriculture. The differentiation in Minahasan villages caused by a monetarization of everyday life since the 1950s reduced the importance of feasts for the social cohesion of rural communities. However, feasts as ritualized performances became an instrument for the manifestation of Christian identity, setting Minahasa apart from a predominantly Islamic Indonesia. The central government tries to compensate this development by utilizing the communicative functions of feasts for the implementation of an all-Indonesian national consciousness. Recent trends indicate that an increasing portion of the younger generation will permanently withdraw from formalized festivities, while developing more casual forms of social gathering and entertainment.
Die Zielsetzung und leitenden Perspektiven des vorliegenden Beihefts [lassen sich] wie folgt skizzieren: Es geht zunächst um die Vergegenwärtigung der Wandlungen und Veränderungen in den sozialen Problemlagen und Lebensverhältnissen der Adressaten der Sozialpädagogik, wie sie sich im Zusammenhang der dramatischen Veränderungen auf der gesellschaftlichen Ebene in der zweiten Hälfte der neunziger Jahre darstellen; deswegen ist von den Erziehungsverhältnissen im sozialen Wandel die Rede. Aufgabe der wissenschaftlichen Analyse dieses Wandels ist es, die Art und Weise und die darin wirksamen Selektionen und Thematisierungsformen zu beschreiben, die dem damit angesprochenen Diskurs zugrunde liegen. Es geht um die Frage, wie Erziehungs- und Bildungsverhältnisse im Zeichen und im Kontext gesellschaftlicher Wandlungsprozesse sich verändern und welche Problemlagen daraus resultieren. (DIPF/Orig.)
Josef Pokstefl ; Literaturverz. S. 483 - 508 ; Inhaltsverzeichnis ; Volltext // Exemplar mit der Signatur: München, Bayerische Staatsbibliothek -- Z 81.1567-5/6
Das Asylrecht ist und bleibt ein äußerst komplexes rechtspolitisches sowie emotionales Thema. Dass sich die Situation in Europa in den letzten Jahren um ein Vielfaches verschärft hat, lässt sich nicht abstreiten. Nicht umsonst wird der Terminus ?Festung Europa? verwendet. Flüchtlinge werden als Sicherheitsrisiko und als Konkurrenten auf dem Arbeitsmarkt gesehen. Der Gesetzgeber hat das österreichische Asyl- und Fremdenrecht mehrmals geändert, sodass es nur mehr von Experten zu überblicken ist. Auffallend ist, dass die Gesetze immer restriktiver geworden sind. Die vorliegende Diplomarbeit versucht die Entwicklung des österreichischen Fremdenrechts der letzten Jahren darzustellen. Das erste Kapitel behandelt die historischen Ursprünge des Asylrechts. Beginnend mit dem religiösen Hintergrund des Asylrechts, über die Wandlung zum Recht des Schutz gewährenden Staates. Dabei wird auf die Einflüsse des Ersten und des Zweiten Weltkrieges sowie auf die Genfer Flüchtlingskonvention eingegangen. Darüber hinaus versucht das zweite Kapitel die Frage zu klären, ob Österreich nun ein Einwanderungsland geworden ist. Mit einem Überblick über die relevanten Migrationsströme und die Darstellung der push- und pull- Faktoren, wird versucht eine Antwort auf diese Frage zu finden. Das vierte Kapitel geht auf die unzähligen Gesetzesänderungen des Fremdenrechts bis zum Jahr 2000 sowie die dafür verantwortlichen Faktoren ein. Der Schwerpunkt des letzten Kapitels liegt darin, die durch die Politik angeheizte Asylrechtsdebatte aufzuzeigen. Auf die Parteiprogramme der politischen Parteien und die aktuelle Migrationspolitik wird insbesondere Bezug genommen. Auffallend ist vor allem die Interdependenz zwischen dem Asylrecht und der inneren Sicherheit. Abschließend werden Ansätze für eine effizientere sowie maßvoll geregelte Migrationspolitik diskutiert. ; The right of asylum is an extremely complicated and emotional topic. Fact is that the situation in Europe has intensified during the last years. So it is understandable that people use the term ?Fortress Europe?. Refugees are seen as a security risk and as competitors on the job market. The legislator has changed the Austrian asylum and immigration law several times, so that only experts have the ability to understand it. It is noticeable that the laws have become more and more restrictive. The government has tightened the immigration law over the years. Overall more visa application were denied by the government. The master thesis carried out the changes of the Austrian asylum and immigration law over the last years. The first chapter describes the history of these laws. Further, the religious background and the right of the protection of granting state are discussed. In this regard the impacts of the Fist and Second World War as well as the Geneva Convention are covered. The research of the second chapter was focused on the question if Austria has become an immigration country. An overview of the Austrian migration movement and the description of the relevant push- and pull-factors will give an answer to the question stated above. The fourth chapter deals with the countless law changes as well as the factors responsible for it. The main topic of the last chapter indicates the debate about the asylum right, which is heated up by politics. In particular reference is made to the different party programs of the Austrian political parties. Above all, the interdependence between the right of political asylum and the internal security is given. Finally, solutions for a more efficient and moderately regulated migration politics are further provided. ; vorgelegt von: Amra Osmanbasic ; Abweichender Titel laut Übersetzung der Verfasserin/des Verfassers ; Graz, Univ., Dipl.-Arb., 2010 ; (VLID)211661
This introduction of the HSR Special Issue on "Critique and Social Change: Historical, Cultural, and Institutional Perspectives" addresses the question of how critique and social change are interrelated. Conflicts and disputes are considered to be a major source of critique. We distinguish three types of conflicts: (1) Value conflicts result from the ongoing process of rationalization and the differentiation of relatively autonomous "value spheres" (Weber) such as politics, economy, science, law, etc. (2) The growth and expansion of these value spheres, e.g. the growth of capitalism, in turn produce new forms of inequalities and leads to distributional conflicts. (3) As questions of distribution and inclusion are closely linked, critique also originates from identity conflicts, which address the social recognition of individuals and collectivities. In order to understand how critique is related to social change, we suggest that critique can be studied either as a condition for or as an effect from social change. Based on this distinction we provide an overview over the contributions of this volume.
It is regularly written that unemployment is one of Tibet's major problems in communist China and is intentionaJly used by the Chinese government to exclude Tibetans who oppose the system from working opportunities. The problem of un- and underemployment has certainly become serious within Tibetan society. It is, however, of a more complex nature. Traditional society having been almost entirely agrarian and pastoral the growing population meets the same social and economic problems as do other traditional societies which find themselves increasingly embedded in a globalized world. But this also offers new chances. With a population that has, within four decades, more than doubled and a limited natural endowment the Tibetans need to find new kinds of employment. With this aim, the land and its mineral resources are being prospected, new industries and commercial sectors introduced and the infrastructure improved. Tibetans find it difficult to grasp the new opportunities. An inadequate education system, lack of investment funds and structural problems within the Chinese state place them at a disadvantage.