Thematisiert wird städtische Ereignisüberlieferung, die Erinnerung an kriegerische Auseinandersetzungen, Schlachten und Belagerungen, und ihre Bedeutung für die Bürgerschaft. Die Beispiele setzen im frühen 14. Jahrhundert ein und berücksichtigen den Dreißigjährigen Krieg nicht mehr. Sie beziehen sich sowohl auf ober- als auch auf niederdeutsche Städte. In besonderem Maße beachtet wird das Ineinandergreifen der verschiedenen »Medien« der historischen Kultur: Riten, also die Jahrtage (Abschnitt 1), Zeichen und Bilder (Abschnitt 2) und literarische Formen, nämlich Historiographie, historische Überlieferungen (»Sagen«), Spruch und Lied (Abschnitt 3). Es geht aber auch um "Angst und Kriegertum" (Abschnitt 4). Die Schlachtengedenktage konstituierten die Stadt als "Erinnerungsgemeinschaft". Die Erzählungen von der Bedrohung und Verteidigung städtischer Freiheit waren gültige Lehrstücke, die in das vom städtischen Eigen- Diskurs entworfene Bild idealer städtischer Ordnung als historische Belege eingefügt oder ihm als Warnung gegenübergestellt werden konnten.
Seit mehr als zehn Jahren wird in Städten weltweit über die "Kreative Stadt" debattiert. Doch können Städte Kreativität fördern? Aus einer stadtsoziologischen Perspektive wird zunächst gefragt, welche Möglichkeiten die Stadt zur Entfaltung von Kreativität bietet. Das Verhältnis von Kreativität und Stadt wird als eine Wechselwirkung konzipiert, bei der Städte besondere Gelegenheitsstrukturen und Möglichkeitsräume für die Entstehung und Bewertung von Kreativität darstellen können, die mit Anthony Giddens Strukturationstheorie als Regeln und Ressourcen interpretiert und in den Interaktionen, Beziehungen und Institutionen verortet werden, die mit und zwischen Kreativtätigen in Städten entstehen. Aus einer Governanceperspektive wird dann gefragt, welche sozialen und soziopolitischen Arrangements sich zur Koordination von Kreativität in Städten herausbilden. Im Fokus der empirisch-analytischen Untersuchung stehen horizontale Kooperationsformen wie Netzwerke und Steuerungskreise von kreativwirtschaftlichen und öffentlichen Akteuren deren Ziel die Unterstützung der kreativwirtschaftlichen Branchen ist. Diese Governancestrukturen werden als intermediäre Strukturen betrachtet, die für die Beförderung von Kreativität wesentliche Koordinations- und Vermittlungsleistungen erbringen können. In einem explorativen, multimethodischen, qualitativen Fallstudienansatz werden jeweils zwei Governancearrangements in Berlin und London untersucht. Allen gemeinsam ist, dass sie eher symbolische Funktionen erfüllen, die Kooperationsbereitschaft anzeigen als Abstimmungs- und Aushandlungsprozesse und die Erarbeitung gemeinsamer Problemdefinitionen und Lösungsansätze. Trotz intensiver "Kreative Stadt" - Diskussionen bildet "Kreativität als Ressource der Stadtentwicklung" noch kein Deutungsrahmen, mit dem sich politische Mehrheiten für gezielte Strategien in den Städten mobilisieren lassen. ; In the last decade, creativity has been promoted as the new key resource of urban development. From a governance perspective, the empirical-analytical inquiry focuses on the question how the 'creative city' has been translated into new governance processes and how creativity can be governed in cities. The empirical research draws on four governance arrangements between creative industries stakeholders and public bodies in Berlin and London and is based on an embedded multi-case-study-design with different qualitative methods such as interviews, content analysis and participant observation. These unfolding governance arrangements share objectively several productive features for success and policy innovation in that particular policy field: they combine a diversity of new actors and stakeholders in open and inclusive designs, exhibit passion and endurance of key actors, display a common interest and are matched by supportive, new strategic objectives from the two urban governments. Nevertheless, they also miss several features: a common frame of reference for defining a problem and for integrating disparate knowledge between all stakeholders, no prior cooperation experiences, hardly any financial resources, and eventually, a rather opportunistic and week commitment by urban governments. As in many other cities, the idea of a 'creative city' was rather used a 'rhetorical device' by urban politics to refashion existing policies instead of appropriate policy-making that supports cultural production in its multifaceted ways.
Dieser kurze Debattenbeitrag beantwortet die Fragen der Redaktion nach der Natur der Stadt und der Rolle der Kritik. Der Artikel pladoyiert für eine Öffnung der Stadt zum Städtischen. Was das städtische Leben zur Findung eines Stadtbegriffs beiträgt – anstatt diesen aus der (politischen) Ökonomie des Kapitalismus herzuleiten – weist über die Stadt hinaus, wie wir von Lefebvre (1972) wissen. Verstädterung und verstädterte Gesellschaft deuten auf einen Stadtbegriff, der prozessual ist, über die Stadt als singuläres Ding und Objekt hinwegzeigt. In meiner eigenen Forschungspraxis habe ich den Stadtbegriff immer an dieser Auflösung des Objektes in den Prozess hinein festgemacht.
Vorwort des Herausgebers: Das vorliegende Büchlein ist Resultat der Arbeit einer studentischen Gruppe an der Universität Potsdam. Sie übernahm im Rahmen des Seminars 'Bürgerkommune und Bürgerhaushalt', das im Wintersemester 2006/07 und im Sommersemester 2007 durchgeführt worden ist, die Aufgabe, eine aktivierende Bürgerbefragung in Rathenow durchzuführen. Der Auftrag dazu kommt vom Bürgermeister der Stadt, Ronald Seeger, und vom Projektleiter, Jens Hubald. Wir danken beiden für die freundliche Aufnahme und die Unterstützung, die wir erfahren haben. Die neun Studenten der Rathenower Gruppe möchte ich besonders loben: sie haben für wenig Geld engagiert und zuverlässig gearbeitet. Die Umfragen – die Imagebefragung, die aktivierende Bürgerbefragung und die Experteninterviews – sind kein Selbstzweck. Sie dienen den Arbeitsgruppen als Auftrag und Material für einen Prozess, den Jens Hubald in seinem Beitrag vorstellt. Dieser Prozess wird getragen von einer 'Stadt der Bürgerschaft' (den Aktiven) und soll zu einer erneuerten Stadt der Bürgerschaft unter heutigen Bedingungen hinführen. Der Weg vom Stadtforum zum Forum der Stadt ist das Ziel, innerhalb dessen Ergebnisse zum Wohl der Stadt und seiner Bürger erreicht werden sollen. Das vorliegende Büchlein ist ein kleiner Baustein im Leitbildprozess 'Rathenow 2020', der am 13. September mit einer ersten Stadtforums-Sitzung beginnen wird. Dieser Prozess wird für alle Teilnehmer und die Stadt aufschlussreich sein. Er könnte auch ein Beispiel für andere Kommunen werden. Diese müssen heute ihre eigenen Wege finden und zugleich kooperativer werden – interkommunal, regional und europäisch. Dafür benötigen sie allerdings auch Spielräume und Unterstützung. Die Kommunen und Städte dürfen nicht länger im toten Winkel der großen Politik liegen. Sie sind vielmehr Orte genuin bürgerschaftlicher Politik und Schulen der Demokratie. Wenn hier die Bürger wegbleiben oder demotiviert werden, entstehen gefährliche Leerstellen. Solchen Leerstellen kann nur gemeinsames ziviles Handeln begegnen, mit einer Handlungszuversicht, die auf einer realistischen Situationseinschätzung beruht. Beides ist in Rathenow vorhanden. Wir Potsdamer wünschen dem neuen Stadtforum und der Stadt Rathenow eine gedeihliche Entwicklung. Heinz Kleger Potsdam, Juli 2007
In der kritischen Stadtforschung wird die These der postdemokratischen Stadt aktuell immer wieder aufgegriffen und dabei eng mit Prozessen der Neoliberalisierung verknüpft. Ausgehend von einer kritischen Diskussion der konzeptionellen Zugänge bei Colin Crouch und Jacques Rancière geht der Beitrag anhand der Geschichte der kommunalen Selbstverwaltung in Frankfurt am Main dem Gehalt der beiden Begriffsbestimmungen in der konkreten historischen Analyse nach. Verwiesen wird dabei auf die unterschiedliche Analysetiefe der beiden Konzepte. Entgegen der bei Crouch vorherrschenden Annahme, dass es vor der neoliberalen Stadt eine demokratische Form städtischen Regierens gegeben hat, wird unter Rückbezug auf die Argumentation Rancières zur Demokratie betont, dass der Fordismus keinesfalls als egalitärer, inklusiver oder demokratischer charakterisiert werden kann. Vielmehr vertreten wir die These, dass die fordistische Stadt zwar aus anderen Gründen, aber vom Grundsatz her nicht weniger postdemokratisch gewesen ist als die neoliberale der Gegenwart und dass die demokratischen Momente am ehesten in den Brüchen und Spalten der sozialen Konflikte der 1970er und 1980er Jahre gefunden werden können.
Unterschiedliche Kulturen, Religionen, Herrschaftssysteme, Ethnien, Ökonomien, Planungen und Projekte haben die Herausbildung von unterschiedlichen Stadtpersönlichkeiten in Europa begünstigt. Gesellschaftlicher Wandel hat die Städte fortwährend verändert und Spuren, Verwerfungen sowie Überlagerungen befördert, die heute europäische Städte kennzeichnen. Städte bilden damit ein Spiegelbild der jeweiligen politischen, rechtlichen und administrativen Gegebenheiten sowie historischer Prozesse von langer Dauer. Mit Eindeutigkeit ist die europäische Stadt an sich nicht zu erfassen.
Hochschulen wie wissenschaftliche Einrichtungen generell gehören im 21. Jahrhundert nicht nur in Deutschland zu den Hoffnungsträgern für das Erreichen von Wachstums- und Wohlstandszielen. Dabei kommt ihnen vor allem zu Gute, dass 'Wissen' als Wettbewerbsfaktor weiter an Bedeutung gewinnt und dass die Aufgabe, Wissen zu produzieren, zu vermitteln und zu transferieren - trotz aller Probleme im Bereich der Hochschul- und Bildungspolitik - zu großen Teilen den Hochschulen zugeschrieben wird. Städte und Regionen ihrerseits sehen sich in Zeiten der Globalisierung einem zunehmenden nationalen und internationalen Wettbewerb untereinander ausgesetzt, der die Bedeutung von Standortfaktoren und ihrer Gestaltung ansteigen lässt. Städte und Regionen sind vor diesem Hintergrund besonders daran interessiert, der Bedeutung des Produktionsfaktors 'Wissen' Rechnung zu tragen und ein positives Umfeld für 'Wissen' und 'Lernen' zu schaffen - so wie es einige der zurzeit in den Regionalwissenschaften diskutierten Konzepte, insbesondere das der 'Lernenden Region', vorschlagen. Die Hoch-schulen rücken dabei naturgemäß in den Mittelpunkt des Interesses. Hochschulgründungen in Deutschland waren häufig regional motiviert und das nicht erst seit der Expansion und gleichzeitigen Dezentralisierung des Hochschulsystems in den 1960er und 1970er Jahren. Auch die Forschung in Deutschland nimmt sich seit den 1960er Jahren regelmäßig der Frage nach der Bedeutung von Hochschulen für Stadt und Region an. Betrachtet werden dabei zumeist unmittelbare ökonomische Effekte. In anderen Ländern, wie beispielsweise in Großbritannien ('Third Role of Universities'), wird die Frage breiter diskutiert. Die Arbeit will mögliche Effekte und Formen des Nutzens von Hochschulen erkennen, die über die für gewöhnlich diskutierten Aspekte hinausgehen. Gleichzeitig ist zu fragen, in welcher Weise auf der anderen Seite Stadt und Region 'ihrer'/'ihren' Hochschule(n) nutzen (können), und inwieweit eine Partnerschaft von Stadt und Region einerseits und Hochschule(n) andererseits systematisch gestaltet werden kann. Dazu dienen Fallstudien in Aachen und Dortmund, die zudem Erfolgsfaktoren einer gedeihlichen Zusammenarbeit liefern sollen.Sowohl Aachen als auch Dortmund - das zeigt die Analyse - sind Beispiele für Hochschulstädte, in denen die Zusammenarbeit zwischen Stadt und Hochschule(n) überwiegend gut, in Teilen sehr gut funktioniert. Auffallend sind dabei bestimmte Gemeinsamkeiten, die in beiden Fällen als Erfolgsfaktoren zum Gelingen beitragen (Rolle der Rektoren, Rolle der Oberbürgermeister, Ausgestaltung der Steuerungsebene, Technologie- und Existenzgründungs-politik, Rolle der Industrie- und Handelskammern, Rolle engagierter Persönlichkeiten). Das mag vor dem Hintergrund z.T. sehr unterschiedlicher Bedingungen vor Ort (z.B. Traditionsuniversität versus 60er Jahre-Gründung oder integrierter versus peripherer Standort der Hochschule) überraschen.Was den gegenseitigen Nutzen und mögliche Barrieren angeht, haben die Fallstudien folgende generalisierbare Ergebnisse zu Tage gebracht: (1) Hochschulen sind von Nutzen für 'ihre' Städte und Regionen und das nicht nur (aber natürlich auch) als Wirtschaftsfaktor; sie sind Standortfaktor, Identifikationsmerkmal und Imageträger, 'Botschafter', Know-how-Träger, Aufklärer, Stifter einer Lern- und Erneuerungskultur, Motor von Clusterentwicklungen sowie Infrastrukturanbieter und Lebensqualität schaffende Einrichtung. (2) Auch die Hochschulen können nachhaltig von ihrer Umgebung profitieren, insbesondere wenn sie bereit sind, sich Stadt und Region zu öffnen: Stadt und Region eignen sich als 'Kooperations- und Referenzraum', Akteure in Stadt und Region, insbesondere Politiker und Funktionäre, können wertvolle 'Lobbying'-Partner für die Hochschulen sein, und Stadt und Region bieten den Hochschulen die Möglichkeit, auf ihre Umgebung Einfluss zu nehmen und sie zum eigenen Nutzen zu gestalten. Dass die Kommunen durch eine gezielte Politik die Bedingungen für die Hochschulen in der Stadt verbessern können - beispielsweise durch Maßnahmen, die die verkehrliche Infrastruktur betreffen -, sei hier nur am Rande erwähnt. (3) Trotz dieses gegenseitigen Nutzens sind Hindernisse im Umgang von Stadt und Hochschule nicht von der Hand zu weisen. Hierzu gehören die Unkenntnis von relevanten Akteuren 'beider Seiten' gegenüber der gegenseitigen Abhängigkeit bzw. die Ignoranz der entsprechenden Faktenlage, ein falsches Hol-/Bringschuldverständnis sowie systemimmanente Blockaden. Viele dieser Hindernisse lassen sich jedoch umgehen. Das Verhältnis von Stadt und Hochschule lässt sich als 'Partnerschaft' bewusst und systematisch gestalten. Zu denken ist dabei z.B. an Maßnahmen, die - bezogen auf die verschiedenen Akteurs- und Zielgruppen im Umfeld - identifikationsstiftend und integrationsfördernd sind, an die Förderung eines Prozesses wechselseitiger Einmischung oder an die Etablierung einer Netzwerkkultur. Systematik erhält die Partnerschaft vor allem durch institutionalisierende und steuernde Ansätze; die Einführung von 'Spitzengesprächen' und die Benennung von Ansprechpartnern in den Verwaltungen der Kommune und den Hochschulen sind Beispiele dafür. Steht ein solcher Rahmen, kann ein gemeinsames Arbeitsprogramm mit konkreten Projekten entwickelt und umgesetzt werden, von denen die Partner gleichermaßen profitieren.
Die Polis ist tot, es lebe die kreative Stadt! Während die Stadt, zumindest in Teilen des städtischen Raums, blüht und gedeiht, scheint die Polis im idealisierten griechischen Sinn dem Untergang geweiht; in diesem Verständnis ist sie der Ort der öffentlichen politischen Auseinandersetzung und demokratischen Unterhandlung und somit eine Stätte (oft radikaler) Abweichung und Unstimmigkeit, an der die politische Subjektivierung buchstäblich ihren Platz hat. Diese Figur einer entpolitisierten (oder postpolitischen und postdemokratischen) Stadt im Spätkapitalismus bildet das Leitmotiv des vorliegenden Beitrags. Ich lehne mich dabei an Jacques Rancière, Slavoj Žižek, Chantal Mouffe, Mustafa Dikeç, Alain Badiou und andere Kritiker jenes zynischen Radikalismus an, der dafür gesorgt hat, dass eine kritische Theorie und eine radikale politische Praxis ohnmächtig und unfruchtbar vor jenen entpolitisierenden Gesten stehen, die in der polizeilichen Ordnung des zeitgenössischen neoliberalen Spätkapitalismus als Stadtentwicklungspolitik [urban policy] und städtische Politik [urban politics] gelten. Ziel meiner Intervention ist es, das Politische wieder in den Mittelpunkt der zeitgenössischen Debatten über das Urbane zu stellen. [.]
Im Zuge fortschreitender weltweiter Integrationsprozesse und der Globalisierung wirtschaftlicher Aktivitäten müssen sich nicht nur Länder, sondern zunehmend auch Städte globaler Konkurrenz stellen. Neue Arbeitsplätze entstehen in den Städten, die im Standortwettbewerb erfolgreich sind. Können sich die drei größten deutschen Städte – Berlin, Hamburg und München – hinsichtlich der Entwicklung der Erwerbstätigenzahlen mit den erfolgreichsten europäischen Großstädten messen? Wie sind die Standortbedingungen der deutschen Großstädte in diesem Zusammenhang zu beurteilen? Und welche Handlungsmöglichkeiten haben Städte, ihre Position zu verbessern?
Seit Ende 1999 gibt es im Rahmen der Städtebauförderung ein neues Programm: "Stadtteile mit besonderem Entwicklungsbedarf - die Soziale Stadt" (inzwischen: "Soziale Stadt - Investitionen im Quartier"). Es steht für den Versuch, eine sozialorientiertere Stadtentwicklungspolitik zu institutionalisieren, mit der Ressourcen und Kooperation in städtischen Problemgebieten gebündelt werden.
Wenn ein Leitbild "Zeitgerechte Stadt" entwickeln werden soll, so muss danach gefragt werden, wie man eine raumzeitliche Verteilungsgerechtigkeit und eine ebensolche Verfahrensgerechtigkeit ermöglichen kann. Ausgehend von verschiedenen Gruppen, Räumen und Zeiten gilt es, die Kräfteverhältnisse der beteiligten Akteure zu erkennen, wobei der öffentlichen Hand bei der Umsetzung des Leitbilds eine zentrale Rolle zukommt. Es muss aber auch danach gefragt werden, für wen diese Stadt gestaltet werden soll. Dabei gilt es, Konflikte zwischen den verschiedenen Zielgruppen zu erkennen und abzuwägen, was eine große Herausforderung an die Zeitpolitik und die Raum-Zeit-Planung der Städte darstellt. Die Verzahnung von zeitlichen Aspekten und Rhythmen mit räumlichen Strukturen muss auf den verschiedenen räumlichen Skalen stattfinden. Bei der Umsetzung in konkrete Maßnahmen kann man an Sensibilisierungsstrategien, an Zeitverträglicheitsprüfungen oder auch an gesetzliche Regelungen denken. Langfristig sollten Raumzeitpolitik und Raum-Zeit-Planungen als integrative Ansätze den Bürgerinnen und Bürgern zu einem Recht auf Zeit und einem Recht auf Stadt verhelfen. ; The topics of space, time and justice come together in the ARL working group on temporal justice in the city, with a focus on temporal, spatial and social urban structures. The interdisciplinary working group aimed to use these central components to develop a concept of space-time justice. Particular attention was paid to two issues: spatial-temporal distributive justice, i.e. who can use and access which resources and services where and when, and what changes arise due to planning interventions, infrastructural interventions, the restructuring of institutional frameworks and the activities of private sector actors; procedural justice, i.e. who can participate in the spatial-temporal structuring and distribution of these supply. This determines how the ideal of temporal justice in the city can be achieved, how time prosperity and time sovereignty can be attained for as many people in the city as possible. In order to develop the notion of temporal justice in the city as a guiding principle, the papers published in this book analyse current structures and processes in the city in terms of their spatial-temporal components, considering various spaces, specific times, social groups and actors in detail, and inquiring into the balance of power between actors (e.g. between the market and the state). The guiding principle is outlined in an as-yet rough form as integrated spatial-temporal planning that can be implemented using time policy measures.
Reallabore gewinnen in der Forschung stetig an Aufmerksamkeit und werden als ein vielversprechendes Instrumentarium betrachtet, das im Sinne eines transdisziplinären Ansatzes gemeinsam mit Akteur_innen aus Zivilgesellschaft, Politik, Verwaltung und Wirtschaft 'realweltliche' Herausforderungen in Städten verstehen und lösen will. Allerdings stellt die Erforschung von sozialen Prozessen in Reallaboren noch Neuland dar, auf dem noch viele offene Fragen besonders hinsichtlich der gemeinsamen Wissensproduktion auszuhandeln sind. Am Beispiel eines konkreten Forschungsprojektes zur kooperativen Freiraumentwicklung in Ankunftsquartieren fragen wir für die kritische Stadtforschung, mit welchen theoretischen Vorannahmen, in welchen Machtkonstellationen und mit welchen Zielsetzungen Wissen in Reallaboren produziert wird. Diese Fragen diskutieren wir anhand der Debatten um eine kritische Wissensproduktion und die Gerechte Stadt. Der Artikel zeigt auf, dass Reallabore zwar stark in bestimmten förderpolitischen Strukturen verhaftet sind und damit die Gefahr der politischen Vereinnahmung besteht, sich aber dennoch Chancen eröffnen, mit ihnen zu einer kritischen Wissensproduktion und einer gerechten Stadtentwicklung beizutragen.
Wo Menschen eng zusammenleben, gibt es Konkurrenz und Verdrängung. Beinahe selbstverständlich nehmen wir hin, dass viele öffentliche Räume nicht mehr von allen Bevölkerungsgruppen gleichermaßen genutzt werden. Dies geschieht ganz unbemerkt und widerspricht dem Ideal einer demokratischen, offenen Gesellschaft mit gleichberechtigten Mitgliedern. Wie erleben Menschen, die am Rande der Gesellschaft stehen (oder sich dort sehen) öffentliche Stadträume? Wo fühlen sie sich willkommen, wo nicht? Wo, wie und warum entstehen Nutzungskonflikte? Diesen Fragen geht das Projekt Die fragmentierte Stadt nach. Über drei Jahre hinweg stattfindende Beobachtungen, Spaziergänge und Begegnungen in Berlin, Graz und Zürich bilden die Grundlage von vier künstlerisch-ethnografischen Zugängen zu Exklusionserfahrungen und Aneignungsstrategien. In fotografischen, audiovisuellen, performativen und sprachlichen Untersuchungen entstanden Gedanken, Einsichten und Produkte, welche in diesem Band in Texten, Bildern und Videos vorgestellt werden. ; + ID: 583128 + Reihentitel: Schriftenreihe des Institute for Contemporary Art Research, ZHdK
Wo Menschen eng zusammenleben, gibt es Konkurrenz und Verdrängung. Beinahe selbstverständlich nehmen wir hin, dass viele öffentliche Räume nicht mehr von allen Bevölkerungsgruppen gleichermaßen genutzt werden. Dies geschieht ganz unbemerkt und widerspricht dem Ideal einer demokratischen, offenen Gesellschaft mit gleichberechtigten Mitgliedern. Wie erleben Menschen, die am Rande der Gesellschaft stehen (oder sich dort sehen) öffentliche Stadträume? Wo fühlen sie sich willkommen, wo nicht? Wo, wie und warum entstehen Nutzungskonflikte? Diesen Fragen geht das Projekt Die fragmentierte Stadt nach. Über drei Jahre hinweg stattfindende Beobachtungen, Spaziergänge und Begegnungen in Berlin, Graz und Zürich bilden die Grundlage von vier künstlerisch-ethnografischen Zugängen zu Exklusionserfahrungen und Aneignungsstrategien. In fotografischen, audiovisuellen, performativen und sprachlichen Untersuchungen entstanden Gedanken, Einsichten und Produkte, welche in diesem Band in Texten, Bildern und Videos vorgestellt werden. ; + ID: 583128 + Reihentitel: Schriftenreihe des Institute for Contemporary Art Research, ZHdK
Das vorliegende Werk beleuchtet das vielschichtige Wechselverhältnis von Stadt und Zeit. Ursachen und Auswirkungen der urbanen "Chronometrisierung" werden am Beispiel der öffentlichen Uhren Wiens von der Mitte des 19. Jahrhunderts bis heute dargestellt. ; The work at hand explores the successive chronometrisation of public space using the example of Viennas public clocks from the middle of the 19th century until today. ; The need for knowing the exact time steadily increased since the middle of the 19th century. As two centuries ago the clocks had only hour hands, the minute hands soon became essential. Industrialisation, urbanisation, but primarily the rapid development of the railroading promoted the trend towards the modern time management of the society. Schedules demanded a higher precision of time specification; circulations of goods and persons had to be adjusted to each other; professional and private activities became standardised, tacted and adjusted to the abstract rhythm of the clocks. The knowledge about the social and economic value of time became a central criterion for the level of western civilisation. Especially the members of the middle-class got more and more used to a chronometer. It was a high goodness for them to use their time as efficient as possible. Pocket watches and wrist watches became familiar and also the number of public clocks continously increased. Especially the more and more complex organised cities became pioneers in the sphere of public timepiece. The work at hand explores, for the first time in the German-speaking historical research, the successive chronometrisation of public space using the example of Vienna from the middle of the 19th century until today. On the one hand it deals with the "exterior chronometrisation", that is the visible aggregation of the infrastructure of time and the construction of different kinds of clocks. Spatial, architectural and design related aspects were argued, contexts of technical history as the search for the ideal drive system and of the political and representative functions of public clocks were discussed. On the other hand it deals with the "interior chronometrisation" which means social, psychological and cultural aspects of the perception of time and their contextualisation in phenomena of scaling and standardisation on a local basis to a world scale. The actual trend of visualising public time to the split second marks the (temporary) end of the development which shows the speedup of all areas of life in a visible and sensible way.